Review: Leatherman Juice CS4 als Vic-Ersatz

Chrisse242

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Der Anschaffungsgrund:

Ich trage seit Jahren eigentlich immer ein recht kleines Victorinox, hauptsächlich, um Flaschen auf zu machen (Korken und Kronkorken), oder mal eine Schraube schnell irgendwo rein- oder raus zu drehen. Auch die Säge kam hin und wieder mal zum Einsatz.
Die Messerklinge habe ich eigentlich nur dann benutzt, wenn ich es eh schon in der Hand hatte, und der Griff zum stabileren Folder länger gedauert hätte.
Ich bin allerdings immer wieder in die Situation gekommen, in der eine Zange ganz nützlich gewesen wäre. Nun, ein großes Tool wollte ich nicht rumschleppen, schon gar nicht zusätzlich. Ein Ersatz für das Vic musste her. Es sollte nicht wesentlich größer sein, musste unbedingt einen Korkenzieher, Säge, Kapselheber und eben eine Zange haben:
Ich habe seeehr lange gezögert und mir dann vor einigen Tagen das Juice CS4 angeschafft.
Inzwischen konnte ich es das ein oder andere Mal nutzen, deshalb jetzt hier eine erste Bewertung:


Werkzeug Nummer 1: Die Zange
zangegilt.jpg


Ich brauche die Zange weniger für wirklich schwere Aufgaben: Abgebrochene Plastikdartspitzen aus der Scheibe ziehen geht super, kleinere Drähte durch knipsen genau so. Bei einer Wäscheleine mit Drahtkern hat sich die Zange beim ersten Mal verklemmt, die folgenden Schnitte waren dann kein Problem mehr. Die Griffe rasten beim Aufklappen hörbar ein, auch wenn ich fest zupacke, verwindet sich nichts.
Fazit: Die Zange reicht für meine Bedürfnisse aus und hat noch Reserven.

Werkzeug Nummer 2: Die Schere

Kann ich nur mit der Schere aus einer Swisscard vergleichen, die hab ich nie benutzt, weil ich mir daran immer fast meine Wurstfinger gebrochen hab. Die CS4-Schere ist deutlich größer, schneidet Papier, mittelstarken Karton und Schaumstoff.
Fazit: Ein schöner Bonus zusätzlich zu meinen Mindestanforderungen, die kommt sicher häufiger zum Einsatz.

Werkzeug Nummer 3: Die Ahle
Die hätte ich vermutlich ignoriert, wenn sie nicht beim Öffnen der Säge im Weg gewesen wäre. Nun, nachdem ich das Ding schon mal ausgeklappt hatte, hab ich ein Stück von einem alten Gürtel damit malträtiert: Das Ding ist nicht spitz genug um damit viel auszurichten, dafür klappt es schnell ein und man kann sich fies den Finger quetschen. Da ist das Vic-Design mit einer wirklich spitzen Ahle, die senkrecht zum Griff steht in jeder Hinsicht besser.
Fazit: Weil ich das Ding aber auch beim roten Schweizer nie benutzt habe, ist es mir egal. Wer wirklich eine Ahle braucht wird mit dem Juice eher nicht glücklich.

Werkzeug Nummer 4: Die Säge
saegegilt.jpg


Die Säge gehörte zu meinen Mindestkriterien und sie schlägt sich hervorragend. (Gemessen an dem, was man von einer Minisäge für die Hosentasche erwarten kann). Sie steht den wirklich hervorragenden Sägen an den Victorinox-Messern in nichts nach. Der einige Jahre durchgetrocknete Ast auf dem Foto war in Sekunden durch.
Fazit: Anforderung erfüllt

Werkzeug Nummer 5: Das Messer
Wie schon eingangs erwähnt, das Messer war nicht wirklich wichtig, wie jeder vernünftig denkende Mensch trage ich mindestens ein stabiles Klappmesser mit Verriegelung. Die Klinge ist recht schmal, hat einen Hohlschliff und rasiert out of the box.
Fazit: Nice to have

Werkzeug Nummer 6: Der Korkenzieher

korkenziehergilt.jpg


Das Bild zeigt, wie es funktionieren sollte. Wie bei einem Kellnermesser soll der Kapselheber als Hebel dienen. Dahinter steckt der Gedanke, dass Mann richtig blöd aussieht, wenn er mit hochroten Kopf an einem Korken zerrt, wenn er seiner Liebsten einen Schluck vom guten Roten kredenzen will. Mit einem funktionierenden Kellnermesser sieht der Prozess dagegen höchst elegant aus, die Damenwelt schmilzt in der Regel schon vor dem ersten Schluck dahin.
Ganz anders beim CS4: Weil im Gegensatz zu guten Kellnermessern der Kapselheber hier nur an einer statt an zwei Stellen auf dem Flaschenhals aufliegt, rutscht das Werkzeug beim Aufziehen des Korkens hin und her. Keine Spur von Eleganz und keine Chance auf einen glorreichen Auftritt vor der Damenwelt. Dafür hat man gute Chancen auf viel Mitleid wenn man sich den Finger eingeklemmt hat, weil die ganze Sache einfach zusammengeklappt ist. Empfohlene Vorgehensweise: Die Weinflasche in der Küche auf die gute alte Weise öffnen. Korkenzieher rein und kräftig ziehen. Leider muss man den Kapselheber dafür trotzdem öffnen, denn er versperrt dem Korkenzieher den Weg.
Fazit: Es geht, aber es geht auch besser. So gut wie beim Schweizer Messer funktioniert er aber trotzdem.

Werkzeug Nummer 7: Der Kapselheber

Ja, er stört beim öffnen einer Weinflasche, aber ab und an will man ja auch mal ein "Kühles Blondes". Hier macht das Gerät erwartungsgemäß eine bessere Figur. Kunststück, was will man da auch falsch machen.
Fazit: OK

Werkzeug Nummer 8: Die Schraubendreher

Hier fasse ich mal Kreuzschlitz und Schlitz zusammen.
Das Tool hat einen Kreuzschlitzdreher, der aber von relativ kleinen bis zu großen Spax-Schrauben mit jedem Kopf klar kommt. Dazu drei Größen "normaler" Schraubendreher. Alle sind etwas fummelig aus dem Gehäuse zu bekommen, machen ihre Arbeit dann aber ordentlich. Bei fest sitzenden Schrauben merkt man, wie sich das Tool beim drehen leicht verwindet. Trotzdem hält es mehr Kraft aus als ein Schweizer Messer.
Fazit: in Sachen Schrauben deutlich vielseitiger und besser als Vic.

Sonstiges:
Die Öse für eine Kette oder Kordel ist nett

Zusammenfassung und Gesamtfazit: Als Ersatz für ein Victorinox-Messer absolut zu gebrauchen. Trotzdem gibt es konzeptionelle Schwächen, wie die Teile, deren Öffnung durch andere Teile blockiert wird und die absolut unausgereifte Kellnermesser-Funktion.
Auf eine Arretierung kann ich verzichten, aber auch nur weil ich die Ahle, bei der sich daraus wirklich eine Gefahr ergibt, nicht nutze. Dieses Werkzeug müsste m.E. sonst unbedingt arretieren.
Das kleine rote Messer bleibt in Zukunft zu Hause, das CS4 kommt ab jetzt immer mit.


Chrisse
 
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@ Chrisse242:

Danke :super: Solche Klasse Berichte machen dieses Forum aus.

Gruß
 
Ich fürchte nicht, alle meine Bilder sind in einem Doppel-gau untergegangen, sowohl die, die online standen als auch meine Sicherungskopien hier...

Ich hoffe, ich komme bald dazu, die neu zu machen...

Christian
 
Ich habe mir das Tool bei der Amazon-aktion für 50 Euro gekauft und jetzt ca. 1 Woche in Benutzung. Neben Standardaufgaben hat es bis jetzt eine Autobatterie tauschen müssen, mehrere fest sitzende Kreuzer im Auto lösen (ja, ich hatte eine panne ^^), das schnitzen eines Holzkrokodils aus Fichte, Fleischwenden beim grillen, Scherenschnitte mit dem Patenkind und den Bau einer Vogelfalle über sich ergehen lassen müssen.

Ich würde gern noch ein paar Sachen zu diesem guten Review ergänzen.

[Zange]
Der einzige richtige Negativpunkt bei mir war bisher die leicht verwundene Zange. Die beiden Griffe weisen ca 1 mm unterschied auf. Trotzdem packt die Zange gut und ich habe nicht den Eindruck das dies die Funktion mindert, es fühlt sich nur etwas komisch an. Die Zange ist auch definitiv kein Heavy Duty Tool aber um ab und an mal eine Mutter zu lösen oder wie ich hauptsächlich um heisse Sachen zu greifen ist sie wirklich gut geeignet.

[Säge]
Die Säge meines Juice greift annähernd so gut wie die meines Vic BW-Messers.

[Ahle]
Viele kritisieren diese Leathermanahle, ich kann das aber so nicht bestätigen. Ich "missbrauche" die Ahle am Schweizer und jetzt am Leahterman eigentlich immer nur um halbwegs exakte Löcher in Holz zu bohren und für diese Tätigkeit funktioniert das Leathermansystem etwas besser und bequemer als das meines Schweizers. Zum einen kann man die LM-Ahle nicht nur drehend verwenden sondern durch hin- und herbewegen des Handgelenks. Das entstehend Loch wird zudem gleichmäßiger da sie nicht so spitz zuläuft wie die am Vic. Man braucht aber etwas länger mit dem LM für ein Loch.

[Klinge]
Beim vorherigen belesen zu dem Kauf bin ich wieder auf die Unkenrufe bezüglich des "schlechten" 420er Stahls der Messerklinge gestossen. Ich muss sagen für den Anspruch den ich an diese Klinge habe ist der wirklich top. Er hat out-of-the-box rasiert und ich habe jetzt eine Woche lang recht viel geschnitzt und auch 2 lautsprecherkabel damit gekappt. Die Klinge rasiert immer noch. Bin mal gespannt wann wie lange sie das mitmacht.

[Etui]
Eine kleine Anmerkung, in den meisten Reviews im Netz und auf U-Tube sieht man nur die Trageweise mit aufgeklappter Zange. Es ist natürlich auch möglich das Tool zusammenzuklappt und somit platzsparender im Etui zu transportieren. Es hat einen recht straffen Clip und einen Druckknopf als Verschluss.

[Fazit]
Die Zusammenstellung ist genau die die ich gesucht habe auch wenn 3 flachschraubendreher 2 für mich zuviel sind. Säge, Messer, Schere und Zange sind für das Gewicht und den Preis von 50€ bisher top. Das ist ein im Netz absolut unterbewertetes Tool.
 
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