Gabriel
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Moin zusammen,
lange hats gedauert aber jetzt ist es endlich soweit und ich komme dazu das eher Bild-lastige Review zu einem Messer zu schreiben, um welches ich schon seit Jahren herumschleiche. In US-Foren wird es teilweise hoch in den Himmel gelobt, teilweise quasi zerrissen... stark unterschiedlich sind die Erfahrungen. Für Manche das "simply best western handled carbon gyuto in the world" und der Inbegriff von Ausgeglichenheit in einem Küchenmesser, für Manche ein schlecht verarbeitetes, nicht scharf werden wollendes überteuertes Stück Stahl mit einem schlechten Griff.
Sagen wir mal so... Masamoto hat im Laufe des Jahre einiges geändert, einiges wird sich aber anscheinend nie ändern. Mehr dazu jetzt im Folgenden.
Das Messer um welches es geht ist wie der Titel schon sagt das 210mm lange Masamoto HC Gyuto.
Über fast die gesamte Zeit, die ich mich jetzt intensiver mit Küchenmessern beschäftige, kommt mir dieses Messer immer wieder in Sinn. Bislang habe ich mich von den gemischten Meinungen aus US-Foren und der Nicht-Existenz von Erfahrungsberichten hierzulande abhalten lassen. Jetzt hat doch die Neugier gesiegt und ich habe mir das Messer gekauft, gedacht hauptsächlich als sekundäres Gyuto für Leute, die mit mir Kochen. Im Zuge der Testphase habe ich es allerdings jetzt 3 Wochen ca. fast ausschließlich auch selbst genutzt.
Der erste Eindruck: die Klinge
Zunächst keine Überraschungen, problemloser Versand, Masamotos gängige Verpackung etc.
Der erste Eindruck war sehr positiv- das hatte ich aber auch erwartet eigentlich da dies ja das Paradestück von Masamotos ist. Keine Spur schlechter Verarbeitung. Sämtliche Kanten sind sauber gearbeitet, keine rauen Übergänge zwischen Griff und Klinge. Zwar ist der Klingenrücken nicht gerundet aber weder scharfkantig noch rau. Das Finish der Klinge ist nichts besonderes aber gut und auf hohem Niveau.
Einziger Schwachpunkt in Sachen Verarbeitung war ein kleiner Schleiffehler auf der linken Klingenseite im Bereich der Spitze... kleiner Schönheitsfehler, nichts dramatisches.
Eine Überraschung war der Anschliff. Masamoto steht in dem Ruf relativ "stumpfe" Messer auszuliefern mit einem eher rudimentären Werksschliff. Bei näherer Betrachtung fiel dann doch das relativ hohe Finisch des Anschliffs auf. Grob geschätzt würde ich auf 6000er Finish tippen. Der Anschliff ist Masamoto-typisch 70/30 für Rechtshänder optimiert. Ich habe es inzwischen auf nahezu 50/50 umgeschliffen.
Der erste Eindruck: der Griff
...angeblich die Schwachstelle insbesondere der Yo-Masamotos. Umso größer die angenehme Überraschung, dass mein Exemplar (ich kann natürlich anhand eines Messers keine sichere Abschätzung für die ganze Baureihe liefern) einen sehr sauber verarbeiteten Griff hat. Die Größe ist eher für etwas zartere Hände als meine gemacht schien es mir zuerst. Allerdings liegt das Messer im Pinchgrip perfekt für mich in der Hand. Die IMHO absolut perfekte Balance des Messers trägt ihren Teil dazu bei.
Als Material kommt dunkles "Pakkawood", also ein Kunstharz-Holz-Verbundwerkstoff zum Einsatz. Offiziell kommt dieser zum Einsatz, da er zu dem ursprünglich in der HC-Reihe verwendeten Ebenholz Vorteile hinsichtlich Haltbarkeit und Robustheit bringt. Inoffiziell hat Masamoto dies wohl geändert, da sie die Verarbeitung der Ebenholzgriffe über die Jahre nicht wirklich in den Griff kriegen konnten. Nun gut... Ebenholz wäre mir lieber, aber auch das Pakkawood fasst sich gut an. Die Haptik ist in Ordnung, die Optik meiner Meinung nach auch. Das Pakkawood ist nicht hochglanzpoliert, allerdings verleiht das dem Messer auch eine gewisse Griffigkeit wie ich finde. Etwas schöner als der übliche POM-Kunststoff oder ähnliches... aber eben auch kein richtiges Holz...
Zum Vergleich habe ich mal den Griff eines Tojiro DP HQ (ein Honesuki... also eher zum Vergleich der allgemeinen Form, Materialien und Verarbeitung) herangezogen (der Griff des Masamotos ist auf den Aufnahmen nicht frisch aus der Packung, zeigt also schon leichte Patinaspuren).
Hier Masamoto unten - Tojiro oben:
Hier Masamoto rechts- Tojiro links:
Hier Masamoto oben - Tojiro unten:
Die Verarbeitung beider Griff ist jetzt nicht perfekt. Allerdings muss ich sagen, dass mir der Griff des Masamotos in jeder Hinsicht besser gefällt. Material und Passform sind aus meiner Perspektive deutlich überlegen (ok... das Messer ist ja auch teurer). Zudem gibt es an meinem Masamoto kaum spürbare Übergänge, Spalten etc.
Von der Perfektion eines Schanz-Griffes z.B. sind auch die Masamoto Griffe ein Ende weit entfernt. Am hinteren Ende des Griffes sind leichte Asymmetrien zu erkennen, die Nieten und der Stahl am Griffrücken weisen leichte Kratzer auf. Insgesamt aber ein gutes Ergebnis wie ich finde und für ein japanisches Gyuto mit westlichem Griff auf jeden Fall eher im oberen Bereich angesiedelt.
Die erste Benutzung: zu Stahl und Auslieferungsschärfe
Gut... wie bekannt sein sollte sind viele japanische Messer und insbesondere Masamotos nicht darauf ausgelegt, sie lange Zeit mit dem Auslieferungsschliff zu benutzen. Um einen Eindruck zu gewinnen wollte ich es dennoch ausprobieren. Die Ergebnisse haben mich positiv überrascht: wie man auf den folgenden Bildern erkennen kann, schneidet das Messer problemlos Papier und rasiert (Haare auf dem Papier falls man sie erkennt ), die einhändige Tomate funktioniert ebenfalls ganz anständig.
Der Stahl des HC's ist quasi ein kleines Mysterium. Masamoto beschreibt ihn als "High Virgin Carbon Steel", also angeblich ein besonders purer und meiner Interpretation nach ein Stahl mit hohem Kohlenstoffanteil und nur geringen weiteren Legierungsanteilen. Genaue Informationen um was es sich letztlich handelt sind mir nicht bekannt. Wenn man in US-Foren liest, lassen sich aber folgende gemischte Eindrücke gewinnen: etwas eigenartige Schärfbarkeit bis sehr leicht schärfbar, sehr reaktiv bis ziemlich inert... die widersprüchlichen Eindrücke sind genauso zahlreich wie die Anzahl der Berichtenden.
Nun gut... nach der ersten Zwiebel erstmal ein kleiner Wow-Effekt. Das Messer gleitet durch die Zwiebel fast so wie mein Suisin, dann die Reaktivität. Der Stahl ist reaktiv, das ist zu erwarten. In der ersten Zwiebel waren leichte braune Verfärbungen zu erkennen und ebenfalls hat die Klinge quasi sofort nach nur einer Zwiebel und sofortigem Abwischen angefangen eine Patina zu bilden. Für Freunde des sauber polierten Stahls also definitiv nicht das richtige Messer!
Die Entwicklung der Patina nach einer Tomate und einer Zwiebel:
...nach ca. zwei Wochen Zwiebeln, Paprika, Tomaten, blutigem Rindfleisch, Frühlingszwiebeln, Orangen, Zitronen, Kartoffeln und allem Möglichen hat sich eine wie ich finde sehr schöne Patina ausgebildet. Eine spürbare Reaktion mit Lebensmitteln fand lediglich die ersten zwei bis drei Tage lang statt. Insgesamt erwartungsgemäß und für mich als Freund von nicht-rostfreien Stählen sehr zufriedenstellend.
Von Klingenprofilen und Geometrie
Das Masamoto HC ist KEIN LASER wie Ashi Hamono, Konosuke oder Suisin Inox Honyaki!
Das war mir vorher klar. Stattdessen hat das Messer eine ausgeglichene und dennoch angenehm dünne Geometrie. Auf genaue Maßangaben habe ich jetzt erstmal verzichtet. In das Terrain der o.g. Laser-Gyutos kann es nicht vordringen. Ehrlich gestanden ist es auch etwas dicker als das was ich inzwischen von Suisin und Koraat gewohnt bin. Gefühlt ist das Messer dennoch ausreichend "dünn hinter der Schneide" und gleitet durch das Schnittgut fast so gut wie mein Suisin... natürlich nicht ganz so gut. Prinzipiell würde ich es mit Masamoto KS oder einem typischen Schanz Lucidus vergleichen vom Schnittverhalten. Vielen anderen japanischen Messern auf dem Markt wie z.B. meinem Tontenkan Santoku oder einem Tojiro DP3 HQ ist es in der Hinsicht aber dennoch überlegen. Wer also keinen Vollblut-Laser möchte aber dennoch eine gute Geometrie wünscht ist bei dem Masamoto HC genau richtig.
Vergleich Suisin Inox Honyaki - Masamoto HC (auf dem Bild wirken sie irgendwie beide recht dick... der Vergleich sollte aber klar machen, dass dies wohl eher an meinen gering ausgeprägten Fotokünsten liegt:
Vergleich Rückenstärke Masamoto KS 240mm Sujihiki - Masamoto HC 210mm Gyuto:
Das Klingenprofil des HC's ist für ein "kleines" Gyuto meiner Meinung nach ideal. Ausreichend flach und gut zum Choppen geeignet mit ausgeprägter dünner Spitze und ausreichendem Bauch, so dass es auch gut zum Wiegen geeignet ist. Im direkten Vergleich zum Suisin IH in 240mm sind die Ähnlichkeiten im Profil gut erkennbar:
Typisch Masamoto fällt die Klingenlänge mit 213mm "scharf" leicht größer aus als angegeben. Durch den etwas kürzeren Griff ist es mit einer Gesamtlänge von ca. 33,8 cm jedoch nahezu identisch lang wie mein Miyabi 5000s mit 20cm langer Klinge. Der Balancepunkt des HC's liegt exakt an der hinteren Ecke der Klinge.
Schnitthaltigkeit und Schärfbarkeit
Wie schon erwähnt macht Masamoto ein kleines Geheimnis daraus, welcher Stahl für das HC verwendet wird. Die Härte wird mit 61-62 HRC angegeben. Die Schnitthaltigkeit des Werkschliffs war ehrlich gesagt nicht überragend. Da dort aber ja gern mit etwas erwärmenden Methoden gearbeitet wird ist dies ja durchaus zu erwarten. Die Rasierschärfe ging nach 4-5 mittleren Benutzungen verloren. Um das ermüdete Material zu entfernen und "frischen Stahl" an der Schneide frei zu legen entschied ich mich, gleich einen neuen Grundschliff anzulegen und fing mit meinem Chosera 600er an. Bei der Gelegenheit hab ich versucht die Klinge im Bereich der Schneide auch noch etwas weiter auszudünnen um es eher meinen Gewohnheiten anzupassen.
Der Stahl bildet extrem schnell einen Grat und lässt sich sehr gut schleifen. Auf dem Stein stelle ich eigentlich keinen Unterschied zu Shirogami 2 fest (was in dieser Hinsicht mein Lieblingsstahl ist). Der Eindruck setzte ich auch auf den feineren Steinen fort. Geschliffen habe ich das HC nach dem Chosera 600er auf einem Chosera 1000, einem 3000er, 6000er King auf ca. 15-17 Grad pro Seite ohne Microphase. Zum Finish hab ich es kurz auf einem 10.000er Naniwa Superstone und auf Leder mit 1µm Diamantpaste abgezogen. Insgesamt ging das alles sehr einfach und sehr zügig.
Die erreichte Schärfe ist auf einem Niveau mit Shirogami. Der Hanging-Hair-Test war absolut kein Problem. Also volle Punktzahl in der Hinsicht.
Nach der ersten Benutzung (Boeuf Bourguignon für 4 Personen... also eine Menge Zwiebeln, Kräuter, Wurzeln und Rindfleisch ohne Knochen) war kaum ein spürbarer Verlust an Schärfe vorhanden. Das Messer hat immer noch den Hanging-Hair-Test bestanden, von Rasieren etc. mal ganz zu schweigen. Ich war beeindruckt. Insgesamt hat sich die Schnitthaltigkeit als recht gut herausgestellt. Seit dem Schliff wurde das Messer lediglich zweimal mit Diamantpaste kurz abgezogen und ist immer noch sauscharf (trotz hartnäckigem Gemüse, Citrusfrüchten und auch einmal Lamm mit Knochenkontakt) Wenn ich den Stahl mit Bekannten vergleichen müsste würde ich ihn am ehesten mit Shirogami 2 vergleichen. Allerdings ist die Schnitthaltigkeit eher schon fast auf Aogami- oder 1.3505-Niveau... Ausbrüche konnte ich bisher keine beobachten... ich bin sehr zufrieden
Fazit
Trotz gemischter aber hoher Erwartungen hat mich das Masamoto HC voll überzeugt. An rostenden Gyuto's mit eher ausgeglichener Geometrie und westlichem Griff ist mir bislang nichts Besseres begegnet. Allerdings würde ich nur Leuten zu diesem Messer raten welche 1. im Pinchgrip arbeiten oder eher kleine Hände haben 2. eine ausgeprägte Patinabildung akzeptieren oder gut finden 3. keine absolute perfekte Verarbeitung in jedem Detail (auch wenn das HC hier schon meine Erwartungen quasi übertroffen hat ehrlich gesagt, da ich auf einiges gefasst war...) erwarten und 4. in der Lage sind einen anständigen neuen Grundschliff anzubringen, denn diesen braucht das Messer IMHO definitiv um sein volles Potential zum Vorschein zu bringen.
Wiegesagt habe ich das Messer hauptsächlich für andere gekauft. Ich denke ich werde aber auch zwischenzeitlich mal von meinem Koraat, KS Suji oder Suisin zum HC greifen Die ersten Reaktionen meiner "Kochpartner" im Vergleich zu dem Miyabi 5000s welches sie früher immer bekommen haben sprachen auf jeden Fall Bände
Über konstruktive Kritik, Fragen und Anregungen freue ich mich natürlich wie immer. Zum Abschluss gibt es noch zwei "Familienbilder" mit dem frisch überholtem KS.
Gruß, Gabriel
lange hats gedauert aber jetzt ist es endlich soweit und ich komme dazu das eher Bild-lastige Review zu einem Messer zu schreiben, um welches ich schon seit Jahren herumschleiche. In US-Foren wird es teilweise hoch in den Himmel gelobt, teilweise quasi zerrissen... stark unterschiedlich sind die Erfahrungen. Für Manche das "simply best western handled carbon gyuto in the world" und der Inbegriff von Ausgeglichenheit in einem Küchenmesser, für Manche ein schlecht verarbeitetes, nicht scharf werden wollendes überteuertes Stück Stahl mit einem schlechten Griff.
Sagen wir mal so... Masamoto hat im Laufe des Jahre einiges geändert, einiges wird sich aber anscheinend nie ändern. Mehr dazu jetzt im Folgenden.
Das Messer um welches es geht ist wie der Titel schon sagt das 210mm lange Masamoto HC Gyuto.
Über fast die gesamte Zeit, die ich mich jetzt intensiver mit Küchenmessern beschäftige, kommt mir dieses Messer immer wieder in Sinn. Bislang habe ich mich von den gemischten Meinungen aus US-Foren und der Nicht-Existenz von Erfahrungsberichten hierzulande abhalten lassen. Jetzt hat doch die Neugier gesiegt und ich habe mir das Messer gekauft, gedacht hauptsächlich als sekundäres Gyuto für Leute, die mit mir Kochen. Im Zuge der Testphase habe ich es allerdings jetzt 3 Wochen ca. fast ausschließlich auch selbst genutzt.
Der erste Eindruck: die Klinge
Zunächst keine Überraschungen, problemloser Versand, Masamotos gängige Verpackung etc.
Der erste Eindruck war sehr positiv- das hatte ich aber auch erwartet eigentlich da dies ja das Paradestück von Masamotos ist. Keine Spur schlechter Verarbeitung. Sämtliche Kanten sind sauber gearbeitet, keine rauen Übergänge zwischen Griff und Klinge. Zwar ist der Klingenrücken nicht gerundet aber weder scharfkantig noch rau. Das Finish der Klinge ist nichts besonderes aber gut und auf hohem Niveau.
Einziger Schwachpunkt in Sachen Verarbeitung war ein kleiner Schleiffehler auf der linken Klingenseite im Bereich der Spitze... kleiner Schönheitsfehler, nichts dramatisches.
Eine Überraschung war der Anschliff. Masamoto steht in dem Ruf relativ "stumpfe" Messer auszuliefern mit einem eher rudimentären Werksschliff. Bei näherer Betrachtung fiel dann doch das relativ hohe Finisch des Anschliffs auf. Grob geschätzt würde ich auf 6000er Finish tippen. Der Anschliff ist Masamoto-typisch 70/30 für Rechtshänder optimiert. Ich habe es inzwischen auf nahezu 50/50 umgeschliffen.
Der erste Eindruck: der Griff
...angeblich die Schwachstelle insbesondere der Yo-Masamotos. Umso größer die angenehme Überraschung, dass mein Exemplar (ich kann natürlich anhand eines Messers keine sichere Abschätzung für die ganze Baureihe liefern) einen sehr sauber verarbeiteten Griff hat. Die Größe ist eher für etwas zartere Hände als meine gemacht schien es mir zuerst. Allerdings liegt das Messer im Pinchgrip perfekt für mich in der Hand. Die IMHO absolut perfekte Balance des Messers trägt ihren Teil dazu bei.
Als Material kommt dunkles "Pakkawood", also ein Kunstharz-Holz-Verbundwerkstoff zum Einsatz. Offiziell kommt dieser zum Einsatz, da er zu dem ursprünglich in der HC-Reihe verwendeten Ebenholz Vorteile hinsichtlich Haltbarkeit und Robustheit bringt. Inoffiziell hat Masamoto dies wohl geändert, da sie die Verarbeitung der Ebenholzgriffe über die Jahre nicht wirklich in den Griff kriegen konnten. Nun gut... Ebenholz wäre mir lieber, aber auch das Pakkawood fasst sich gut an. Die Haptik ist in Ordnung, die Optik meiner Meinung nach auch. Das Pakkawood ist nicht hochglanzpoliert, allerdings verleiht das dem Messer auch eine gewisse Griffigkeit wie ich finde. Etwas schöner als der übliche POM-Kunststoff oder ähnliches... aber eben auch kein richtiges Holz...
Zum Vergleich habe ich mal den Griff eines Tojiro DP HQ (ein Honesuki... also eher zum Vergleich der allgemeinen Form, Materialien und Verarbeitung) herangezogen (der Griff des Masamotos ist auf den Aufnahmen nicht frisch aus der Packung, zeigt also schon leichte Patinaspuren).
Hier Masamoto unten - Tojiro oben:
Hier Masamoto rechts- Tojiro links:
Hier Masamoto oben - Tojiro unten:
Die Verarbeitung beider Griff ist jetzt nicht perfekt. Allerdings muss ich sagen, dass mir der Griff des Masamotos in jeder Hinsicht besser gefällt. Material und Passform sind aus meiner Perspektive deutlich überlegen (ok... das Messer ist ja auch teurer). Zudem gibt es an meinem Masamoto kaum spürbare Übergänge, Spalten etc.
Von der Perfektion eines Schanz-Griffes z.B. sind auch die Masamoto Griffe ein Ende weit entfernt. Am hinteren Ende des Griffes sind leichte Asymmetrien zu erkennen, die Nieten und der Stahl am Griffrücken weisen leichte Kratzer auf. Insgesamt aber ein gutes Ergebnis wie ich finde und für ein japanisches Gyuto mit westlichem Griff auf jeden Fall eher im oberen Bereich angesiedelt.
Die erste Benutzung: zu Stahl und Auslieferungsschärfe
Gut... wie bekannt sein sollte sind viele japanische Messer und insbesondere Masamotos nicht darauf ausgelegt, sie lange Zeit mit dem Auslieferungsschliff zu benutzen. Um einen Eindruck zu gewinnen wollte ich es dennoch ausprobieren. Die Ergebnisse haben mich positiv überrascht: wie man auf den folgenden Bildern erkennen kann, schneidet das Messer problemlos Papier und rasiert (Haare auf dem Papier falls man sie erkennt ), die einhändige Tomate funktioniert ebenfalls ganz anständig.
Der Stahl des HC's ist quasi ein kleines Mysterium. Masamoto beschreibt ihn als "High Virgin Carbon Steel", also angeblich ein besonders purer und meiner Interpretation nach ein Stahl mit hohem Kohlenstoffanteil und nur geringen weiteren Legierungsanteilen. Genaue Informationen um was es sich letztlich handelt sind mir nicht bekannt. Wenn man in US-Foren liest, lassen sich aber folgende gemischte Eindrücke gewinnen: etwas eigenartige Schärfbarkeit bis sehr leicht schärfbar, sehr reaktiv bis ziemlich inert... die widersprüchlichen Eindrücke sind genauso zahlreich wie die Anzahl der Berichtenden.
Nun gut... nach der ersten Zwiebel erstmal ein kleiner Wow-Effekt. Das Messer gleitet durch die Zwiebel fast so wie mein Suisin, dann die Reaktivität. Der Stahl ist reaktiv, das ist zu erwarten. In der ersten Zwiebel waren leichte braune Verfärbungen zu erkennen und ebenfalls hat die Klinge quasi sofort nach nur einer Zwiebel und sofortigem Abwischen angefangen eine Patina zu bilden. Für Freunde des sauber polierten Stahls also definitiv nicht das richtige Messer!
Die Entwicklung der Patina nach einer Tomate und einer Zwiebel:
...nach ca. zwei Wochen Zwiebeln, Paprika, Tomaten, blutigem Rindfleisch, Frühlingszwiebeln, Orangen, Zitronen, Kartoffeln und allem Möglichen hat sich eine wie ich finde sehr schöne Patina ausgebildet. Eine spürbare Reaktion mit Lebensmitteln fand lediglich die ersten zwei bis drei Tage lang statt. Insgesamt erwartungsgemäß und für mich als Freund von nicht-rostfreien Stählen sehr zufriedenstellend.
Von Klingenprofilen und Geometrie
Das Masamoto HC ist KEIN LASER wie Ashi Hamono, Konosuke oder Suisin Inox Honyaki!
Das war mir vorher klar. Stattdessen hat das Messer eine ausgeglichene und dennoch angenehm dünne Geometrie. Auf genaue Maßangaben habe ich jetzt erstmal verzichtet. In das Terrain der o.g. Laser-Gyutos kann es nicht vordringen. Ehrlich gestanden ist es auch etwas dicker als das was ich inzwischen von Suisin und Koraat gewohnt bin. Gefühlt ist das Messer dennoch ausreichend "dünn hinter der Schneide" und gleitet durch das Schnittgut fast so gut wie mein Suisin... natürlich nicht ganz so gut. Prinzipiell würde ich es mit Masamoto KS oder einem typischen Schanz Lucidus vergleichen vom Schnittverhalten. Vielen anderen japanischen Messern auf dem Markt wie z.B. meinem Tontenkan Santoku oder einem Tojiro DP3 HQ ist es in der Hinsicht aber dennoch überlegen. Wer also keinen Vollblut-Laser möchte aber dennoch eine gute Geometrie wünscht ist bei dem Masamoto HC genau richtig.
Vergleich Suisin Inox Honyaki - Masamoto HC (auf dem Bild wirken sie irgendwie beide recht dick... der Vergleich sollte aber klar machen, dass dies wohl eher an meinen gering ausgeprägten Fotokünsten liegt:
Vergleich Rückenstärke Masamoto KS 240mm Sujihiki - Masamoto HC 210mm Gyuto:
Das Klingenprofil des HC's ist für ein "kleines" Gyuto meiner Meinung nach ideal. Ausreichend flach und gut zum Choppen geeignet mit ausgeprägter dünner Spitze und ausreichendem Bauch, so dass es auch gut zum Wiegen geeignet ist. Im direkten Vergleich zum Suisin IH in 240mm sind die Ähnlichkeiten im Profil gut erkennbar:
Typisch Masamoto fällt die Klingenlänge mit 213mm "scharf" leicht größer aus als angegeben. Durch den etwas kürzeren Griff ist es mit einer Gesamtlänge von ca. 33,8 cm jedoch nahezu identisch lang wie mein Miyabi 5000s mit 20cm langer Klinge. Der Balancepunkt des HC's liegt exakt an der hinteren Ecke der Klinge.
Schnitthaltigkeit und Schärfbarkeit
Wie schon erwähnt macht Masamoto ein kleines Geheimnis daraus, welcher Stahl für das HC verwendet wird. Die Härte wird mit 61-62 HRC angegeben. Die Schnitthaltigkeit des Werkschliffs war ehrlich gesagt nicht überragend. Da dort aber ja gern mit etwas erwärmenden Methoden gearbeitet wird ist dies ja durchaus zu erwarten. Die Rasierschärfe ging nach 4-5 mittleren Benutzungen verloren. Um das ermüdete Material zu entfernen und "frischen Stahl" an der Schneide frei zu legen entschied ich mich, gleich einen neuen Grundschliff anzulegen und fing mit meinem Chosera 600er an. Bei der Gelegenheit hab ich versucht die Klinge im Bereich der Schneide auch noch etwas weiter auszudünnen um es eher meinen Gewohnheiten anzupassen.
Der Stahl bildet extrem schnell einen Grat und lässt sich sehr gut schleifen. Auf dem Stein stelle ich eigentlich keinen Unterschied zu Shirogami 2 fest (was in dieser Hinsicht mein Lieblingsstahl ist). Der Eindruck setzte ich auch auf den feineren Steinen fort. Geschliffen habe ich das HC nach dem Chosera 600er auf einem Chosera 1000, einem 3000er, 6000er King auf ca. 15-17 Grad pro Seite ohne Microphase. Zum Finish hab ich es kurz auf einem 10.000er Naniwa Superstone und auf Leder mit 1µm Diamantpaste abgezogen. Insgesamt ging das alles sehr einfach und sehr zügig.
Die erreichte Schärfe ist auf einem Niveau mit Shirogami. Der Hanging-Hair-Test war absolut kein Problem. Also volle Punktzahl in der Hinsicht.
Nach der ersten Benutzung (Boeuf Bourguignon für 4 Personen... also eine Menge Zwiebeln, Kräuter, Wurzeln und Rindfleisch ohne Knochen) war kaum ein spürbarer Verlust an Schärfe vorhanden. Das Messer hat immer noch den Hanging-Hair-Test bestanden, von Rasieren etc. mal ganz zu schweigen. Ich war beeindruckt. Insgesamt hat sich die Schnitthaltigkeit als recht gut herausgestellt. Seit dem Schliff wurde das Messer lediglich zweimal mit Diamantpaste kurz abgezogen und ist immer noch sauscharf (trotz hartnäckigem Gemüse, Citrusfrüchten und auch einmal Lamm mit Knochenkontakt) Wenn ich den Stahl mit Bekannten vergleichen müsste würde ich ihn am ehesten mit Shirogami 2 vergleichen. Allerdings ist die Schnitthaltigkeit eher schon fast auf Aogami- oder 1.3505-Niveau... Ausbrüche konnte ich bisher keine beobachten... ich bin sehr zufrieden
Fazit
Trotz gemischter aber hoher Erwartungen hat mich das Masamoto HC voll überzeugt. An rostenden Gyuto's mit eher ausgeglichener Geometrie und westlichem Griff ist mir bislang nichts Besseres begegnet. Allerdings würde ich nur Leuten zu diesem Messer raten welche 1. im Pinchgrip arbeiten oder eher kleine Hände haben 2. eine ausgeprägte Patinabildung akzeptieren oder gut finden 3. keine absolute perfekte Verarbeitung in jedem Detail (auch wenn das HC hier schon meine Erwartungen quasi übertroffen hat ehrlich gesagt, da ich auf einiges gefasst war...) erwarten und 4. in der Lage sind einen anständigen neuen Grundschliff anzubringen, denn diesen braucht das Messer IMHO definitiv um sein volles Potential zum Vorschein zu bringen.
Wiegesagt habe ich das Messer hauptsächlich für andere gekauft. Ich denke ich werde aber auch zwischenzeitlich mal von meinem Koraat, KS Suji oder Suisin zum HC greifen Die ersten Reaktionen meiner "Kochpartner" im Vergleich zu dem Miyabi 5000s welches sie früher immer bekommen haben sprachen auf jeden Fall Bände
Über konstruktive Kritik, Fragen und Anregungen freue ich mich natürlich wie immer. Zum Abschluss gibt es noch zwei "Familienbilder" mit dem frisch überholtem KS.
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