Review und Diskussion zu Sturmschwalbe

JayS

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Ich hatte schon ein paar Messer von Mike, Sturmschwalbe in der Hand und darf auch welche mein Eigen nennen.
Diese Review ist darum etwas subjektiver als meine sonstigen

Sturmschwalbe UserFriendly PA

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Specs:
Stahl: 14c28n
239x58mm
208g
Grifflänge: 125mm
Gesamt: 372mm

Länge Griff zu Kehl: 14mm
Balancepunkt: 51mm vor Griff

Dicke:
Schneide:
0,23 – 0,17 – 0,22 – 0,19mm

Rücken:
aus Griff: 3,8mm/ Mitte: 3,02/ 5cm zur Spitze:1,64/ 2cm: 1,15/ 1cm: 0.64

Übergang in HK/Kante: 5,4mm - 5,7 – 6,1


Kehl 5cm 10cm 15cm 5cm zur Spitze
5mm über Schneide 0,79 0,78 0,80 0,790,76
10mm über Schneide 1,02 0,93 1,03 0,820,93



Griff und Handgefühl:
Der Griff hat eine „typische“ Sturmschwalben Western Form, eine Coke Bottle Form, mit einem schönen Stück Walnuss Maser.
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In der Breite ist er ziemlich schmal, was ich gerne mag. In der Höhe ist er etwas breiter, vor allem am Bauch und wird danach wieder schmäler, wodurch der Bauch prägnanter ist. Insgesamt sind Mikes Griffe Handschmeichler, aber nicht alle passen perfekt in meine Hand. Dieser hier ist nicht ganz ideal. Normalerweise drücke ich im Pinchgrip meinen Mittelfinger in den Übergang, die Runde vom Kehl, Daumen und Zeigefinger greifen die Klinge. Bei diesem Griff ist etwas mehr Druck am Fingerglied vom Mittelfinger. Ich habe gemerkt, dass dies nach einer gewissen Zeit minimal unangenehm wird. Wenn ich mit der Hand nach hinten rücke, dann drückt mein Mittlefinger nicht mehr an dem Kehl, was zwar angenehmer ist, aber für mich nicht ganz ideal vom Gefühl her ist. Für die leichte Unannehmlichkeit beim Griff gibt es verschieden Faktoren. Wie die Hohlkehle am Kehl verläuft, fließt nach unten rein und zusätzlich der Schwung des Kehls. Außerdem erzeuge ich zu viel Spannung in der Hand und drücke somit den Mittlefinger stärker an den Kehl. Zwei Gründe dafür. Der Griff ist nach vorne sehr schmal, was ich eigentlich mag, aber dadurch greife ich weiter vorne und pinche stärker. Desweiteren ist der Übergang vom bauchigen Teil vom Griff in den schmaleren hinteren Bereich prägnanter. Dadurch umschließe ich den Griff mit dem hinteren Fingern stärker und baue mehr Druck auf. Dies führt insgesamt dazu, dass ich den Griff nicht so entspannt halte und etwas unangenehmer wird.

Verarbeitung/ Fit and Finish:
Der Griff ist schön und sauber gearbeitet. Man sieht nirgendwo unsaubere Schleifspuren, matte Stellen. Der Griff hat einen leichten Glanz, ohne überpoliert zu wirken oder rutschig zu sein. Es lassen sich keine unangenehme Kanten finden, alles ist schön ab und angerundet. Der Erl ist sauber eingefasst, gerade für so einen schmalen Griff im vorderen Bereich mit wenig Spielraum. Der Rücken ist angenehm gerundet, fast komplett bis zur Spitze hin. Der Kehl ist auch gerundet, im Hohlkehlenbereich etwas weniger, auf der linken Seite noch etwas weniger als auf der rechten. Da könnte man noch minimal nacharbeiten. Mikes Hohlkehlen werden auch immer sauberer. Die Linienumrandung ist sauberer, geradliniger. Es gibt immer noch leichte Punktätzung außerhalb der Hohlkehle, aber marginal, vereinzelt und cleaner. Die Linienführung bei dem Messer gefällt mir gut, abgesehen von der typischen Spitze und Ferse, die zwar ein leichter Schönheitsmakel sind, aber funktionstechnisch gut funktionieren.

Profil und Schnitttechniken:
Das Profil weist eine schöne flüssige Rundung zu Spitze hin auf, die wie bei Mike üblich die letzten Millimeter nochmal etwas höher gezogen ist. Dadurch sind seine Spitzen nie ganz spitz und haben immer etwas leicht rundliches. Die Spitze liegt, wenn man vom flacheren hinteren Teil ausgeht, auf einer Höhe von 1,8cm. Kippt man weiter hinten zur Ferse erhält man eine Höhe im Bereich von 3-4cm ohne zu überkippeln. Die Ferse ist die letzten 10-15mm auch wie bei Mike üblich stark nach oben gezogen. Setzt man die Spitze fast vorne auf, erhält man hinten ein Höhe von 5-6cm zur Ferse. Ca 2,5cm vor der Ferse findet man einen ziemlich flachen Bereich vor, mit einer Länge von ungefähr 4,5cm. Ist definitv kein absoluter oder toter Flatspot und war für mich kein Problem.Die Frage ist nur ob das so gewollt war und ob man da nicht sogar fast von einem Overgrind sprechen kann. Im Praktischen war das für mich keine Problematik. Trotz des leichten Flatspots lief das Messer für mich angenehm und ziemlich flüssig beim Wiegeschnitt. Beim Druck- und Schubschnitt lief es auch sehr gut und knallte nicht unangenehm aufs Brett. Zugschnitt funktioniert auch gut. Choppen ist nicht so meins, habe da aber auch keine Probleme festgestellt.

Grind/Schliff:
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Das Messer hat ein DFEK-Konzept(Doppelseitige Flankenerosionskonturen). Das bedeutet Mike ätzt auf beiden Seiten eine Hohlkehle rein und bearbeitet sie noch mit dem Dremel nach. Da unterscheidet sich meist nur die Art wie er sie auslaufen lässt. Zum Beispiel verjüngend nach vorne oder hoch gezogen zum Rücken, wie hier.
Die Hohlkehlen sind diesmal auch ziemlich glatt, haben nicht wirklich Struktur. Auch ist bei diesem Messer die Kante, der Übergang Hohlkehle zu Klinge, Schneide, nicht sehr ausgeprägt. Der Übergang ist relativ abgerundet. Auf der rechten Seite im hinteren Bereich noch stärker als auf der linken. Der Taper, die Verjüngung zur Spitze , fällt bei diesem Messer weniger stark aus. Das Messer behält seine Stärke am Rücken ziemlich bei. Die letzten 4-5cm zur Spitze nimmt die Verjüngung zu. Der Taper ist moderat, aber sauber kontinuierlich. Die Spitze ist ausreichend dünn, ohne ein wirkliches Ausmaß an Flex. Das Messer hält relativ zu anderen Sturmschwalben ziemlich viel Masse, Dicke bei. Auch wenn man in die Hohlkehle und zur Schneide geht. Die Schneide selbst ist nicht nagelgängig, aber für den Gebrauch dünn genug. Das Messer ist definitiv klingenlastig, es liegt ordentlich Gewicht in der Klinge. Insgesamt hat das Messer, abgesehen von der Hohlkehle auch einen konvexen Schliff.
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Schnittgut:
Zwiebeln: Juliennes gingen gut, sind nur leicht kleben geblieben, bei größeren Zwiebeln ziemlich auf dem Brett gelassen. Es ging leicht und schnell zu choppen, unter anderem dank dem klingenlastigen Gewicht. Super dünne Scheiben liefen nicht ganz so präzise. Brunoises waren jedoch auch kein Problem. Das Messer ist gut horizontal durch die Zwiebel im Bauchbereich, als auch im Spitzenbereich gegangen. Vertikale Schnitte waren auch ein Klacks und die Spitze dünn genug. Außerdem hat die Klinge die Zwiebelschichten kaum mit hoch gezogen. Es ist zwar kein Messer, welches ich als Zwiebelvernichter bezeichnen würde, aber sorgenfrei Zwiebeln schneiden geht damit alle Male.
Karotte: Beim halbieren längs oder quer war etwas Druck von Nöten. Auch bei dickeren Stücken hat das Messer etwas gekeilt und das Schnittbild der Karotte war nicht glatt. Je größer und härter die Karotte, desto unsauberer die Schnittoberfläche beziehungsweise ist die Karotte auseinander gebrochen worden.
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Dünne Längsscheiben gingen gut, aber ich habe mich schwer getan hauchdünne Scheiben zu schneiden. Juliennes und Brunoises gingen ordentlich und auch der Foodrelease war dabei relativ gut. Dünne Karottenscheiben gingen angenehm von der Hand und wurden nach rechts, weg von der Klinge, gedrückt. Sie blieben in einem ziemlich sauberen Haufen in Reihe liegen.
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Sellerie: Dünne Schieben zu schneiden ging ordentlich, aber nicht 100% präzise. Dickere Scheiben zu schneiden war auch mühelos. Wenn man mehrere dickere Scheiben aufeinander gestapelt hat um größere Würfel zu schneiden, hat sich das Messer die letzten Millimeter etwas verhakt und man musste etwas mehr drücken. Alles blieb so ziemlich an seinem Platz. Der Foodrelease klappt gut.
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Bei dickeren harten Pastinaken war auch ein Widerstand zu spüren, je größer die Stücke, Scheiben waren. Dünnere Scheiben gingen deutlich besser.
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Bei geschälten Kartoffeln war die Schnittgutfreisetzung meist solide bis gut. Ab und an sind Stücke die Klinge hoch gewandert.
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Auch bei Zucchini war der Foodrelease nicht ideal. Je weicher und saftiger die Zucchini, desto schlechter der Foodrelease. Dabei sind teils die Scheiben hoch und die Klinge entlang gewandert.
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Bei dickeren, größeren Scheiben sind diese meist jedoch stehen geblieben.
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Knoblauch und Ingwer in kleine und feine Brunoises zu schneiden war kein Problem und ging auch relativ präzise.
Schnittgut lies sich immer entweder von der Klinge schütteln oder recht leicht abstreifen.

Fazit:
Dies ist eine klingenlastige, workhorsey Sturmschwalbe. Ich würde es in den Bereich Middleweight einsortieren, definitiv kein Laser, in die Richtung von Workhorse aber nicht ganz, auch durch das Gewicht. Wenn man mir die Augen zubinden würde und ich mit dem Messer am Griff haltend schneiden müsste, würde ich nicht darauf kommen, dass es eine DFEK hat und würde es als ordentlich konvex benennen. So fühlt sich das Messer an. Es ist definitiv klingenlastig und der Balancepunkt etwas weiter vorne als normal, aber das ist kein Problem. Ich finde aber die Gewichtsverteilung nicht optimal. Der Griff ist sehr schlank, hinzu kommt die Walnuss, die in Relation ein leichtes Holz ist. Ein etwas schwereres Holz hätte dem Messer besser getan. Der Griff ist wie bereits beschrieben für meine Hände nicht ideal, trotzdem nicht generell schlecht. Die Spitze ist für ihre Aufgaben dünn genug und ich finde es prinzipiell gut, dass die Klinge etwas mehr Gewicht hat. Nicht jedes Messer muss schnell, stark tapern. Das Verhältnis zwischen leichtem Schnitt und gutem Foodrelease ist bei dem Messer nicht schlecht, aber da geht noch was. Die Kante zur Hohlkehle ist nicht markant genug, der Übergang etwas zu flüssig, überrundet. Auch ist der Übergang von Dicke der Klinge zu Dicke am Anfang der Hohlkehle gering. Dadurch bleibt der Abschereffekt etwas aus. Gleichzeitig sind die ersten Millimeter von der Schneide aufwärts relativ dick und konvex und es findet eine Verdrängung statt. Dadurch schneidet das Messer nicht ganz so leicht. Meiner Meinung nach macht sich auch die fehlende Struktur in der Hohlkehle bemerkbar. Wenn Schnittgut die ersten Millimeter und die Kante überwindet, hat es leichteres Spiel sich etwas an der Klinge fest zu saugen.
Auch wenn sich dies alles nach einigermaßen viel Kritik anhört, ist es doch ein gutes und sorgenfreies Messer. Kein Laser mit Foodrelease, sonder ein zuverlässiges und stabiles Messer mit dem man gut arbeiten kann. Man wird vielleicht nicht geflasht, trotzdem macht es Spaß damit zu arbeiten. Ästhetisch spricht mich das Messer auch sehr an.

Grüße,
Julian
 
Klasse! Ich kann mich @Taka nur anschließen. Dein Beitrag gibt mir das Gefühl, das Messer selbst in der Hand gehabt zu haben. Auch wenn meine Hände sicher anders sind, als deine. Danke für deine Mühe.
 
Das Konzept Hohlkehle finde ich spannend und scheint bei dem Messer von Sturmschwalbe gut umgesetzt zu sein.
Ist Die Kehle tief genug, um auch nach häufigem Schärfen und dem danach notwendigem Ausdünnen noch zu funktionieren?

Liebe Grüße,
Andrea
 
Das Konzept Hohlkehle finde ich spannend und scheint bei dem Messer von Sturmschwalbe gut umgesetzt zu sein.
Ist Die Kehle tief genug, um auch nach häufigem Schärfen und dem danach notwendigem Ausdünnen noch zu funktionieren?
Hab meine Sturmschwalbe jetzt seit so 2,5 Jahren. Hat einmal eine Steinprogression gesehen, nen 1000er und 3000er Chosera. Sonst eigentlich nur Wetzstahl. Da kommt nicht viel Material weg. Schlimmer sind bei so was Ausbrüche. Wenn man sorgfältig umgeht, kein Problem. Allgemein wenn man nur daheim in der Küche mit sowas arbeitet, kriegts du da bestimmt 10 Jahre raus, wenn nicht mehr und dann schleifst halt die Kante weg und kannst es so weiter benutzen. Ich hab genug Messer, dass dies so was von keinem Problem ist, auch auf Arbeit.

Grüße,
Julian
 
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