richtig Nähen - ein paar Tips

chamenos

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Hallo.
Aus aktuellem Anlass mal ein paar grundsätzliche Tips zum Thema "Nähen von Leder".

Als erstes empfehle ich die Lektüre folgenden Threads:
http://www.messerforum.net/showthread.php?t=45466

(an dieser Stelle möchte ich mich von meiner damals gemachten Äußerung zur Verwendung von Bohrmaschinen bei dickem Leder distanzieren:D Ich steche mittlerweile auch Material über 15mm. Einfach weil die Naht schöner wird)

Da ist eigentlich schon fast alles gesagt.

Da ich nicht fähig bin, mich beim Arbeiten zu fotografieren habe ich mal eine schnelle Skizze gemacht und hänge die hier an.

Zusammenfassend folgende Regeln:

Die Schwertahle muss so groß sein, dass sie ein Loch macht in das die Garnstärke zwei Mal passt.
Ist sie kleiner wird es eine elende Quälerei und der Zwirn wird über Gebühr beim Arbeiten belastet.
Ist sie größer sieht die Naht fürchterlich aus.

Die Stiche werden in einem Winkel von 15 bis 30 Grad zum Nahtverlauf gestochen.
Je kleiner der Winkel desto gerader wird die Naht.
Je größer der Winkel desto "stufiger" wird die Naht.

Im Bild sollen die roten Striche den Zwirn darstellen. Ich hoffe ihr versteht, wie das gemeint ist.

Ist der Winkel kleiner als 15° besteht die Gefahr, dass der Zwirn ins Leder schneidet und das Loch vergrößert.
Je stumper der Winkel zum Nahtverlauf wird, um so mehr "stuft" die Naht.
Man muss also den Lochabstand verkleinern und bei 30 ist dann wirklich Schluss.

Wichtig ist das regelmäßige Einstechen (Einführen, - das Loch ist ja schon da:D) der beiden Nadeln.
Wer da nicht im richtigen Rhythmus arbeitet wird kein anständiges Nahtbild hinbekommen.
Jetzt sollte auch klar werden, warum eine zu groß dimensionierte Schwertahle nicht taugt. Der Zwirn bleibt nicht da, wo ihr ihn hinnäht sondern zieht sich aneinander vorbei.

In vielen Büchern wird empfohlen, beide Nadeln gleichzeitig ins Leder zu stechen und so die Ausrichtung des Zwirns über die Positionierung der Nadeln zueinander festzulegen.
Das braucht Übung! Und zwar jede Menge.
Einfacher ist es für den Gelegenheitsnäher erst einen Stich sauber zu legen und dann den zweiten zu machen. Dauert etwas länger, aber das Ergebniss lässt sich einfacher steuern.
Wichtig dabei ist aber, dass ihr vermeidet beim zweiten Stich in den Zwirn vom ersten Stich zu pieksen. Bei einer sauber abgerundeten Sattlernadel ist das aber eher kein wirkliches Problem.

Dann noch ein paar kleine Tips aus meiner täglichen Arbeit:

Stecht und Näht erst einen Tag nach dem Verkleben. Dann ist der Kleber ausgehärtet und "zieht" nicht so an Ahle und Zwirn.

Wenn ihr richtig fette Sachen stecht, dann hilft es, die Ahle ab und zu über ein mit Öl getränktes Stück Watte zu ziehen (ich habe für sowas eine Filmdose mit Watte gefüllt und Ballistol drauf geträufelt)

Eine polierte Ahle sticht einfacher. Zur Not tut es Zahncreme:D

Ein Nahtabstandsmarkierer kostet viel Geld. Ein Kopierrädchen in der kurzwarenabteilung vom Kaufhaus kostet 1,99€.
Einfach jeden zweiten Zahn mit ner Schlüsselfeile entfernen und schon habt ihr ein Nahtabstandsmarkierer für eine Stichlänge von knapp 5 mm, was bei den allermeisten Scheiden ein wirklich gutes Maß ist.

Gewachstes Garn ist richtig teuer. Ich nehme ausschließlich ungewachstes (ich habe mal eine Rolle gewachstes im Auto vergessen. Sommer, - 30°C im Schatten. War eine teure und ärgerliche Erfahrung) und ziehe es vor dem Einfädeln mehrfach über ein Stück Bienenwachs.
Ein Wachskerzenstummel tut es genauso.

Wenn ihr eine Zange zum Durchziehen der Nadeln braucht, dann nehmt auf jeden Fall eine ohne gezahnte Backen. Ihr versaut euch sonst die Nadeln und die versauen euch dann das Garn an dem sie "vorbeischrammen".
Eine Nadel sollte glatt wie ein Babypopo sein. Sonst ab in den Müll.

Nach dem Nähen läßt sich eine etwas unregelmäßige Naht immer noch mit einem spitzen Falzbein "ausrichten" und dann glattbügeln.

Wenn noch Fragen sind, immer her damit.

Schönes Wochenende
chamenos
 

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Danke für die Tipps, chamenos.Wieder mal ein Schritt für mich zu guten Scheiden.
Ich habe Scheiden mit ganz gut aussehenden Nähten, dann wiederum welche, die - auf der Rückseite - echt, hm, na ja, eben nicht gut aussehen.

Ich hatte mal vor Jahren einen größeren Vorrat an gewachsten Garnen bekommen.

Bei kleinen, dh. dünnen, Sachen nehme ich oft Zahnseide (ohne Minzgeschmack). Ich mache eine Schlinge (verknotet), und ziehe die auf zwei Nadeln, bzw. auf zwei Stahlborsten (damit nähe ich sehr gern, auch wenn manchmal eine dabei ist, die vorn gespalten ist). Der faden wird dann vierfach. Das hält, wird niemals schmutzig, und ist fein und dünn. Die Zahnseide ist ja nicht rund, sondern wie ein Flachband.

Übrigens habe ich das von Dir in dem verlinkten Thread gezeigte Buch von Robert Friedrich gerade hier liegen, gab es in meiner Stadtbücherei. Ist leider fürs Scannen sehr unhandlich vom format her.
Aber das ist wirklich ein Klasse Buch.
 
Danke für die Tipps, chamenos.Wieder mal ein Schritt für mich zu guten Scheiden.
Ich habe Scheiden mit ganz gut aussehenden Nähten, dann wiederum welche, die - auf der Rückseite - echt, hm, na ja, eben nicht gut aussehen.[...]

Da hilft es [mir zumindest] die Naht von beiden Seiten zu stechen - Stichkanal sollte sich dann in der Mitte (also im Keder) treffen. Erfordert aber Übung, und klappt bei mir auch nicht perfekt.

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Florian - was die Fädelungsgeschichte angeht - ich habe das gerade mal getestet; ich denke, das war die Lösung. Das, und doch noch sauberer stechen ;)

Gruss, Keno
 
Das macht einen ja süchtig. Ich habe gerade in meiner Lederverarbeitungsbox mal aufgeräumt, erst mal die Falzbeine (eins normal, eins gebogen) gesäubert, meine Schwertahle geschärft, die Schwertahle und die Rundahle poliert, und dabei noch ein Stück (unbenutztes) Schusterpeck aus Schweden gefunden. Also, eigentlich muß man den Faden ja pichen und wachsen, bis das richtige Maß an klebrigkeit und Glätte gefunden ist. Da ich als echter Faulpelz natürlich gewachste Fäden nehme, hab ich das mit dem Pech noch nie probiert. Hat jemand von Euch da Erfahrung?
 
Moin.

Pech ist ne feine Sache, wenn Du mit erstklassige Sattlerzwirn aus Leinen störrische Sachen vernähst.
Der ist dann nämlich extrem langfasrig und somit extrem glatt. Wenn man mit solchem Zwirn (ich habe noch eine heilige Spule und ein kleines Stück Sattlerpech) etwas nähen möchte, was unter Spannung steht, dann geht die Naht beim Nähen wieder auf:D
Und die Klebrigkeit von Bienenwachs kann u.U. nicht reichen, bzw. man muss beim Nähen dauernd nachwachsen.

Für das meiste heutzutage im Handel befindliche Leinenwirn (und Kunstfaserzwirn sowieso) ist Bienenwachs ausreichend klebrig.

Das Pech nimmst Du (wie Bienenwachs) in die Hand und ziehst den Zwirn ein paar Mal drüber. Mit dem Daumen drauf drücken reicht. Durch die Reibungswärme wird das Zeug dann ausreichend weich, damit was am Zwirn haften bleibt. Das Zwirn ist fertig gepicht/gewachst, sobald es "quitscht" wenn Du es zwischen den Fingern langziehst.

Viel Spaß beim Nähen.

Gruß
chamenos
 
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