Richtschwert

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Manni

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hallo zusammen,
hiermit wage ich mich auf unbekanntes Terrain. Ich habe mittlerweile mit Messern und Saxen einige Erfahrung im Schmieden gesammelt und möcht mich an einem Schwert versuchen. Es soll ein Richtschwert werden (kennt einer von euch das Buch "Der Blutvogt" , wos um den Henker Martin Stockmann geht? DAS ist schuld!). Problem dabei ist, ich hab zwar viele Bilder von Realstücken gesehen, aber noch keines life, geschweige denn, eines in der Hand gehabt. Die Maße an sich sind nicht das Problem, an die kommt man problemlos. Nirgend wird aber die Klingengeometrie beschrieben! Kann mir einer von euch sagen, wie dick die Klingen etwa waren? Schließlich waren sie recht breit, man liest so zwischen 6-8 (!) cm. Da man damit durch die Halswirbelsäule musste, sollten sie recht dünn gewesen sein. Waren sie flach oder ballig geschliffen? Die meisten haben keine Hohlkehle, aber auch keinen Mittelgrad.
Würd mich freuen, wenn jemand von euch was genaueres wüßte.
Gruß
Manni
 
zumindest in thüringer und sächsichen museen, habe ich schon öfters richtscherter gesehen. meist auf dem land, oder in diversen schlössern und burgen.

aus der erinnerung waren die stücke die ich sah sozusagen komplett leicht ballig, also eine gleichmäßige krümmung. ob dann vorne noch ne phase war-leider keine erinnerung.

lg
 
Hier im Nürnberger Museum gibt es eines, ist ballig geschliffen und zumindest nach der Parierstange sehr dick, mindestens 10-12 mm. Ich weis noch als ich es das ersten mal sah, dachte ich: Wau was für ein Oschie :steirer:
Wichtig ist dass die Meisten keinen Ort haben also keine Spitze meist sind sie vorne einfach fach oder abgerundet.
Zeig dein Ergebnis, bin schon gespannt.
 
Servus,

Falls du mal per Zufall in der Schweiz bist lohnt sich ein Besuch bei www.henkermuseum.ch. Er hat eindrückliche Stücke in seinem Museum und weiss auch entsprechendes dazu zu erzählen.
Nebenbei ist er noch ein grossartiger Tattookünstler.

Grüsse,
Urs
 
Mir geht es wie feuervogel69.
In Erinnerung das Richtschwert der Berner: "Normale" Länge, keine Spitze, ballig geschliffen, keine Kehlen, keine Blutrinnen. Die gibts aber auch mal mit Kehle und Blutrille, kein Mittelgrat oder mit und sonst was. Kommt wohl ganz auf die Gegend an.
Die Schneide sehr/eher stumpf. Durch solch ein stumpfes Schwert möchte ich nicht den Kopf verlieren..... Aber wenn man gekonnt damit zuschlagen kann, ist auch das wohl kein Problem. Und darin waren die Henker zum Teil gut in Form. In Sissach bei Basel gibt es sogar ein "Henkermuseum". Google mal. Evtl. können die dir dort weiterhelfen.

Ein interessantes Projekt!

Gruss, Worber

Da war skalder doch schneller. ...
 
Hört sich verdammt gut an... :steirer:
Da du aus Bayern kommst, kann ich zur Vor-Ort-Studie
wärmstens und aus ureigenster Überzeugung das Kriminal-
museum
in Rothenburg o.T. empfehlen, da war ich schon
zig mal. Die haben Henkerbeile sicher und meines Wissens auch
Richtschwerter.
 
Hallo zusammen,
zunächst mal vielen Dank für die Antworten. Leider leider leider ist die Schweiz zunächst mal ausserhalb meiner Reichweite, zu schade! Nürnberg aber nicht! Hamurra-e, welches Museum denn? Ich kenn nur das Germanische Nationalmuseum, ist es das?
Allen Antworten ist gemeinsam, dass die Dinger einen balligen Schliff haben. Das erstaunt mit einerseits, andererseits haben Metzerbeile auch so einen Schliff. Nun, bei denen gehts aber auch um was anderes, die wollen spalten und möglichst keine Scharten kriegen. Ausserdem ist das zu zerhackende Tier mehr oder weniger fixiert. Der zu Köpfende dagegen kniete oder saß bei der Hinrichtung, dh. sein Kopf mit Hals kann frei schwingen, man haut sich mit einer stumpfen Hiebwaffe das Ziel weg, nicht ab. Auch erstaunt mich die massive Klingen"wurzel". Angeblich wurden an manchen Schwertern Gewichte an der Spitze befestigt, um die Hiebeigenschaften zu verbessern (deshalb Bohrungen an der Spitze). Eine am Griff schwere Klinge wäre genau gegenteilig.
Nun, wir werden sehen.
Merci einstweilen.
Manni
 
Hi Manni!

Wenn du in der Nähe von München bist:

Im Deutschen Museum in München hängen auch welche.

Gruß
Andi
 
Ich habe im Laufe der Zeit zwei drei von den Teilen befingern dürfen. "Stumpfe Hiebwaffe" : Nicht die Bohne. Die Klingen sind scharf.
Was immer wieder angenommen wird sit das ein balliger Schliff absolute Schärfe verhindert. Das stimmt aber so nicht. Siehe Henkersschwerter oder auch japanische Klingen z.B.
Abgerundete Spitzen mit Löchern : Es gibt zwei Theorien : Die eine begründet die Löcher damit, das es verhindert werden sollte das "unehrliche "Richtschwert zu einer scharfen, "ehrlichen" Waffe umzuschleifen.
Die zweite Theorie wie sie von einem Scharfrichter überliefert wurde sagt, daß man Bleikügelchen vorne drangehängt hat um die Klinge beim Schlag zu stabilisieren.
Übrigens es wurde probiert zwischen den Halswirbel zu treffen, da ist die ballige Form mit ihrer Spaltwirkung natürlich optimal zum Auseinanderkeilen.
Allerdings funktionierte das sehr häufig nicht. D:h. Der Mythos der Kopf war mit einem Hieb ab stimmt nicht :Wenn der Verurteilte sehr, sehr viel Glück hatte reichte ein Hieb.
Es war die selbe Problematik wie mit dem Richtbeil.
"Schönes" Beispiel die Enthauptung Maira Stuarts : Der erste Schlag ging so gründlich daneben das sie den zweiten auch noch bei vollem Bewußtsein ertragen mußte.
Aber ich glaube das reicht erstmal.
 
Richtschwerter war schon mal ein Thema in "Schwert und Klinge".
Da waren die Schwerter zu sehen welche in Solingen im Klingenmuseum zu sehen sind.
Drei sind ausgestellt, drei weiter befinden sich im Magazin.
Alle diese Richtschwerter sind relativ schwer.
Gewichte sind zwischen 1,8 und etwas über 2 Kg !

Alle diese Klingen haben einen Linsenformigen Querschnitt in der Klingenform. Dazu haben diese Klingen sehr wenig bis fast gar kein Tapering in der Klingenbreite. Die Stärke/Dicke der Klingen verjüngt sich von ca 4,5/5mm auf 2,5/3mm im Bereich der Schlagzone. Der Ort ist rechtwinkelig verrundet. Dadurch ist der Balancepunkt des Schwert relativ weit vorne. Anders formuliert : Die Schwerter sind recht Kopflastig was aber für den gedachten Zweck einen wuchtigen Hieb ausführen zu können optimal.
Vor ein paar Jahren hatte ich zwei der Richtschwerter aus Solingen selbst mal in die Finger bekommen......und kann Stefan bepflichten . Die Klingen sind scharf und auf keinen Fall stumpf.

Maria Stuart wurde aber, soweit glaube ich das zu wissen , mit einem Beil hingerichtet und nicht mit dem Schwert.
Zielsicherheit im Umgang mit dem Schwert mußte ein Henker oder jemand der diesen Beruf machen wollte in einigen Städten mit einer Prüfung nachweisen. Dabei mußte er einen handbreiten Faden der senkrecht gespannt wurde mit einem Probehieb treffen. Bestand er diese Prüfung nicht wurde er nicht zugelassen. Gibt ein Buch zu dem Thema . Der Titel war irgendwas mit Geschichte der Todesstrafe oder so ähnlich .....befindet sch in der Bibiliothek im Klingenmuseum Solingen.
Es gibt genug Beispiel in der Geschichte in der der Scharfrichter bei dem finalen Schlag versagte....in einem Fall der sich in Nürnberg zugetragen haben soll, ist der Henker mit seinem Gehilfen von einer aufgebrachten Menschenmenge totgeschlagen worden.

Ein typisches Richtschwert befindet sich auch auf der Veste Coburg.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ähm, du hast aber hoffentlich keine Praxistests vorgesehen :confused:

Grüße
Rainer

Hallo zusammen,
doch! Genau darum gehts mir. Natürlich will ich keinem meiner lieben Mitmenschen den kürzesten Haarschnitt verpassen. Ich dachte eher an ein Spanferkel (bereits geschlachtet und tot, natürlich!), das im Hals- oder Beckenbereich etwa Delinquenten-Hals-Stärke haben sollte. Das kann man dann als Lohn für Müh und Plag gleich auf den Grill legen.

Den Artikel in "Schwert und Klinge" hab ich auch gelesen. Leider schreiben die auch nix zur Klingengeometrie, ausser dass die Schneiden meißt parallel waren.
"Zwischen den Wirbeln durch" ist auch etwas, was mich sehr beschäftigt. Als Jäger hab ich öfter Gelegenheit, an Halswirbelsäulen von Rehen rumzuschneiden, bzw. der Kopp abzuschneiden. Der Hals ohne Fell ist im Bereich unter dem Kinn etwa Handgelenk-dick. Mit einem Messer geht meistens nichts, weil die Wirbel, äh, "halbkugelig" ineinander greifen und auch sonstwie verbuchselt sind. Ein nicht mal sehr kräftiger Hieb mit besagtem Metzerbeil geht durch wie nix, ABER NUR WENN MAN DEN HALS AUF EINEN HACKKLOTZ LEGT!

An diejenigen, die schon mal so ein Schwert in der Hand hielten: kann es sein, dass die Klingen von Haus aus linsenförmigen Querschnitt hatten, oder einfach nur vom vielen Nachschärfen so geworden sind? Der Henker von Paris, ein Mann namens Henri Sanson, führte nämlich Klage, dass sich seine Schwerter so schnell abnutzten.
Manni
 
Wie schon geschrieben....... Linsenförmiger Querschnitt.
Der ist nicht durch häufiges Nachschleifen entstanden.

http://www.hammaborg.de/de/archiv/cuts_and_thrusts.php

Der Link fürht zu einem lesenswerten Artikel der Deine Frage nach der Wirkung einer Schwertklinge an Gewebe Knochen etc mehr als ausreichend beantworten sollte. Die Bilder sind hier ebenfalls völlig ausreichend.

(Hoffe das ich mir jetzt hiermit keinen Ärger mit den MOD eingehandelt habe )
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hier hab ich vor Jahren mal im Solinger Klingenmuseum geschossen:



Ich fand die kurze Hohlkehle Interessant =)
 
Zunächst mal was zu den Richtschwertern: im Historizismus wurden etliche Richtschwerter zu Dekozwecken gefertigt, die heute natürlich mit Patina aussehen wie Realstücke und dann natürlich stumpf sind und ggfs auch eine schlechte Balance aufweisen.
Zum Schneiden damit: die Realstücke sind linsenförmig und scharf.

Da ich Anthropologe bin kenne ich eine menschliche Halswirbelsäule ganz genau, und da kann man nirgendwo dazwischen treffen. Irgendwas Knochiges hat man immer dazwischen. Im Studium hatten wir genug Knochen mit Hiebspuren auf dem Tisch.

Schau Dir mal die Cold-Steel Videos an, da sieht man, was man mit Schwertern an Knochen zerteilen kann. Ich habe mal versuchsweise einem Stück Rehwild, das frei hängt, das Haupt mit einem Weidblatt abgeschlagen. Die Stärke der Wirbel sind vergleichbar. Wenn man weiß was man tut, wenn man keine Angst vor der Klinge hat und sauber trifft, dann macht es Klack und das Ding ist durch, und die Klinge hat keine Scharten, vergleichen kann man das mit dem zölligen Hanfseil.

Wenn man sich intensiver mit dieser Materie beschäftigt, dann wirst Du feststellen, daß heute in Saudi-Arabien die Mörder immer noch auf offener Straße enthauptet werden und zwar mit einem leichten Säbel, der nur mit einer Hand geführt wird. Die europäischen Richtschwerter sind für den Zweck reichlich überdimensioniert, aber die Hinrichtung sollte ja abschrecken, und da macht ein so riesiges Ding auf die Menge natürlich mehr Eindruck.
 
Hallo zusammen,
Nürnberg aber nicht! Hamurra-e, welches Museum denn? Ich kenn nur das Germanische Nationalmuseum, ist es das?
Manni

Ja Manni, da war das. Ist aber schon Lange her. Das teil war nicht bei den Üblichen Waffen im Keller/Untergeschoss sondern In einem der oberen Stockwerke. Dort gab es auch Osmanische Bögen usw. Wie gesagt ich war selber schon lange nicht mehr drin, das letzte mal als ich dort war sah es ziemlich mau aus. Viele Exponate haben gefehlt oder sind vielleicht ausgelagert worden. Denn in der Burg ist jetzt eine Waffenausstellung zu sehen, die man sich anschauen sollte. Kostet zwar mächtig eintritt, glaub 8 Eumel(kann mich auch irren), aber es lohnt sich doch. Ha muss da auch mal wieder hin, hab ja jetzt Urlaub :steirer:

Wie gesagt die Klinge war am Wehr sehr Dick aber hat sich mit Sicherheit nach vorne verjüngt. Linsenförmig stimmt auch.
 
Wie schon geschrieben....... Linsenförmiger Querschnitt.
Der ist nicht durch häufiges Nachschleifen entstanden.

http://www.hammaborg.de/de/archiv/cuts_and_thrusts.php

Der Link fürht zu einem lesenswerten Artikel der Deine Frage nach der Wirkung einer Schwertklinge an Gewebe Knochen etc mehr als ausreichend beantworten sollte. Die Bilder sind hier ebenfalls völlig ausreichend.

(Hoffe das ich mir jetzt hiermit keinen Ärger mit den MOD eingehandelt habe )

Ich danke für den Link! Schon klar war mir, dass ich nicht der erste bin, der ausprobieren will, was Klingen anrichten können. NIcht klar war mir, wieviel Technik hinter einen guten Schwerthieb steckt...
Manni
 
Ich gehe davon aus, dass die wichtigen Fragen durch die fachlich sachlichen Beiträge von Kajihei, Dieter und cbo mit Hinweisen zu Originalstücken und weiteren Quellen vorerst beantwortet sind.

Sollten noch weitere lesens- oder wissenswerte Quellen oder Ausstellungsstücke hier mitgeteilt werden, dann PN, mail oder ein Einzelbeitrag mit Hinweis im Titel in diesem Unterforum - kann hier jederzeit angehängt werden ;)

Bevor das obligatorische *mimimi* zu diesem aus historischer und schmiedetechnischer Sicht sicherlich interessanten Thema kommt, schließe ich wohlweislich :glgl:
Es gibt auch einen alten thread zum Thema, da ging es um einen Fernsehbericht, in dem ein solches Richtschwert geschmiedet wurde, ist schon etwas älter, so ca. 5-6 Jahre.

Gruß Andreas
 
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