Rostfreudigkeit, Klingenfinish und ein gepimptes Subcom - ein Experiment

beagleboy

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Bevor jetzt die Lacher losgehen: ich weiß, gepimpt sieht anders aus, und wenn jemand auf "gespoilt" besteht - bitte, ich kann damit leben. :D

Aber mich hat einfach mal interessiert, wie die altbekannte und oft zitierte Tatsache, daß gestrahlte Klingen korrosionsfreudiger sind als andere, im direkten Vergleich aussieht.

Als Testobjekt dient mein Subcom Folder (noch aus der ersten Serie, d.h. Klingenstahl 420).

Ich trage das Messer ja recht häufig während der Arbeit, und das Wetter der letzten Wochen hat meine Transpirationsfreude erst richtig in Wallung gebracht.
Dementsprechend herrscht auch in meinen Hosentaschen (im Fall des Subcom die Gesäßtasche) ein eher feuchtwarmes Klima, quasi schon subtropisch. :p

Und siehe da:
nachdem ich mein Subcom im Werkszustand bei diesem Wetter zwei Trage getragen hatte, haben sich um den Thumbstud herum deutlich sichtbare Korrionsspuren gebildet.
Das war genau der Bereich der Klinge, der in eingeklapptem Zustand nicht durch die Griffschale abgedeckt ist und dem Körper zugewandt in der Tasche steckt.

Nicht daß mich das überrascht hat; diese Eigenschaft gestrahlter Klingen wird ja allgemein als bekannt vorausgesetzt.

Mich hat jetzt allerdings interessiert, wie sich eine Änderung der Oberflächenbeschaffenheit genau der selben Klinge auswirken würde.

Auf die Idee gebracht hat mich mein vorsichtiger Versuch, mit einem Q-Tipp und einer winzigen Spur Flitz Politur die Rostflecken zu entfernen.
Daß dies (natürlich :rolleyes: ) zu einigen etwas blankeren Stellen geführt hat, hat mich dann völlig enthemmt. :haemisch:

Ab in den Baumarkt, ein paar Filzköppe für den Dremel gekauft, in die Standbohrmaschine eingespannt, ordentlich Flitz drauf, und los ging´s mit der demontierten Klinge.

Das Ergebnis würde ich vorsichtig mal als "schleierpoliert" bezeichnen. :lach:

Nachdem ich dann gerade im Fieber war, habe ich am Griff noch den Lockbar und die gesamte Griffkante überpoliert.

Das Ergebnis ist sicher nicht verkaufsfähig, aber ich finde es ok, zumal es ja im Dienste der Wissenschaft und Kenntnisvermehrung geschehen ist. ;)

Und das Ergebnis?

Einerseits vorhersehbar, andererseits doch irgendwie aufschlußreich.

Ich trage das Subcom seit der Politur jetzt eine Woche, und obwohl sich fast jedes Mal, wenn ich das Messer aus der Tasche ziehe, im wörtlichen Sinne Schweißperlen auf der Klinge angesammelt haben (im Ernst!), ist von Korrosion keine Spur zu sehen.

Wohlgemerkt, das selbe Messer, das vorher innerhalb von zwei Tagen munter am Rosten war.

Außerdem habe ich diese Tropfenbildung auf der gestrahlten Klinge nie feststellen können, was meine These ja aber nur untermauert, da der Schweiß keine Möglichkeit mehr hat, sich in der Klingenoberfläche anzulagern.

Das einzige andere Messer, das bei mir bisher (dezent!) Rost angesetzt hat, ist übrigens ein Lone Wolf T2 mit gestrahlter S30V-Klinge.
Und das Ding lag nur im Regal, bei allen anderen Messern, und wurde noch nie getragen.

Mein persönliches Fazit:

Mal wieder ist nicht der Klingenstahl entscheidend für bestimmte Eigenschaften eines Messers, sondern das, was man damit macht.

Weshalb ich an dieser Stelle einen großen Kreis schließe und allen (insbesondere Neulingen, die sich mit Kaufentscheidungen schwertun) rate, sich bei der Auswahl eines Messers nicht primär am Klingenstahl zu orientieren, sondern die anderen, wichtigeren Eigenschaften zu betrachten.

Und eine weitere Ergänzung:
während der ganzen Testzeit trage ich einen zweiten Folder in der rechten Vordertasche, zur Zeit meist ein Benchmade Pinnacle mit ATS34-Klinge (Satin Finish).
Von Korrosion keine Spur. ;)

Edit:
Das dritte Bild gibt das Finish am besten wieder.
Und der liebevoll zurechtgestutzte Thumbstud bewährt sich schon seit vielen Monaten, weil sich das Messer so besser in die Tasche zurückstecken läßt.
 

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Zuletzt bearbeitet:
beagleboy schrieb:
...
Und das Ergebnis?

Einerseits vorhersehbar, andererseits doch irgendwie aufschlußreich.

Ich trage das Subcom seit der Politur jetzt eine Woche, und obwohl sich fast jedes Mal, wenn ich das Messer aus der Tasche ziehe, im wörtlichen Sinne Schweißperlen auf der Klinge angesammelt haben (im Ernst!), ist von Korrosion keine Spur zu sehen.

Wohlgemerkt, das selbe Messer, das vorher innerhalb von zwei Tagen munter am Rosten war.

Außerdem habe ich diese Tropfenbildung auf der gestrahlten Klinge nie feststellen können, was meine These ja aber nur untermauert, da der Schweiß keine Möglichkeit mehr hat, sich in der Klingenoberfläche anzulagern.
...
Mein Fazit lautet: Flitz ist schon ein tolles Zeug! Ich pflege mein Messing schon lange ausschließlich und mit wachsender Begeisterung damit. Und Wasser perlt von Flitz-polierten Messern einfach ab - fast so, wie von der Autopolitur im Teleshopping...
Flitz schrieb:
...
Provides Tough, Durable Protection up to 6 Months in Fresh Water and up to 3 Months in Salt Water.
...
Ich vermute sogar, daß Du garnicht hättest einkaufengehen und die Polierköpfe zum Einsatz bringen müssen - Flitz konserviert auch gestrahlte Oberflächen.


Was mich allerdings stutzig macht ist, daß Du die Klinge mit Flitz mehr oder weniger ;) poliert bekommen hast, lautet die ganze Beschreibung der Paste doch:
Flitz schrieb:
PASTE METAL, PLASTIC, FIBERGLASS POLISH & PAINT RESTORER
Flitz Paste Metal Polish is a concentrated cream that is unequaled in its ability to Clean, Polish, Deoxidize and Protect Brass, Copper, Silverplate, Sterling, Chrome, Stainless Steel, Nickel, Bronze, Solid Gold, Aluminum, Anodized Aluminum, Beryllium, Magnesium, Platinum, Pewter, Factory Hot GunBluing, Painted Surfaces, Glass, Plexiglas®, Fiberglass® and Armatel®.

Removes: Tarnish, Rust, Water Stains, Chalking, Lime Deposits, Heat Discoloration, Lead and Powder Residue, Oxidation, Bugs, Tar, Oil, Fingerprints, Tree Sap, Bird Droppings, Graffiti, Dyes and Black Streaks. Provides Tough, Durable Protection up to 6 Months in Fresh Water and up to 3 Months in Salt Water. Non-Abrasive Formula. Non-Toxic and Non-Flammable. USDA Authorized.
Und wenn's doch "Abrasive" ist? Wie steht es um die verbleibenden Eigenschaften "Ungiftig" und "Unbrennbar" - pflege ich damit doch schließlich auch meine Küchenmesser. Ob nun giftig oder nicht, wollte ich nun nicht mehr unbedingt heute im Selbstversuch herausfinden, also habe ich mich darauf beschränkt, zumindest die Brennbarkeit zu überprüfen: Nein, da braucht's schon ne Extraportion Thermit, um die Paste, die eigentlich riecht, so als ob sie brennen könnte, zu zünden. Aber davor ist sie sicherlich verdampft. Also zumindest in diesem Punkt Entwarnung! Und das "Non-Toxic" und die anderen Attribute glaube ich dem Hersteller einfach mal, kann ja zur Not immer noch in die Staaten ziehen und sie verklagen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Thema hatten wir bei NevrDull auch schon einmal - es gibt nix, was poliert und dabei völlig aufs abrasive verzichtet. Es ist ein sehr, sehr mildes Mittel, aber es trägt sicher auch Material ab.
 
Osterguentermann schrieb:
... es gibt nix, was poliert und dabei völlig aufs abrasive verzichtet.

So ist es - Zahnpasta ist auch abrasiv, aber sehr mild. Wie agressiv/abrasiv ein Poliermittel auf ein Werkstück wirkt, hängt auch von den anderen Zusatzstoffen im Poliermittel ab.

Gruß Andreas
 
OK OK, geb's ja zu! Eigentlich wollte ich mit meinem Beitrag dezent darauf hinweisen, daß dieses "Experiment" durch den Aufbau eher wenig bezüglich "Rostfreudigkeit" im Verhältnis zum "Klingenfinish" auszusagen imstande ist. Die konservierenden Eigenschaften von Flitz finden darin nämlich keine Beachtung, was schnell zu falschen Schlüssen bezüglich Oberflächenbeschaffenheit zu Rostfreudigkeit führen kann. Tendenziell ist sicherlich davon auszugehen, daß die glatte, kleinere Oberfläche in der Korrosionsfestigkeit Vorteile gegenüber der rauhen aufweist - nur ist sie in diesem Fall zusätzlich versiegelt, was wohl auch erklärt, warum das Kondenswasser die Oberfläche nicht mehr zu benetzten imstande ist. Um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, ist die Oberfläche nach der Politur/dem "Pimpen", die/das mit einem Stahlreiniger à la "MOC Edelstahlreiniger" sicherlich einfacher von der Hand gegangen wäre, wieder gründlich zu Entfetten/Entwachsen. kA wie Flitz zusammengesetzt ist, nur die konservierende Komponente wird halt gesondert betont und ist aus eigenen Erfahrungen bei diesem Produkt besonders hervorzuheben.

Die nicht berauschenden, aber wohl immerhin nennenswert vorhandenen abrasiven Eigenschaften von Flitz haben mich dann aber doch überrascht, stehen sie doch diametral zu der Aussage des Herstellers. Was mich bewog, den Gedanken ein wenig weiter zu spinnen, weitere zugesicherte Attribute in Frage zu stellen, ohne allerdings von meiner eigentlichen Intention, die Schlußfolgerung dieses Experiments aufgrund im Aufbau unberücksichtigter wesentlicher Faktoren anzuzweifeln, abzurücken. Um Beagleboy, dessen bildreiche Testberichte ich vor allem aufgrund der schönen Bilder sehr zu schätzen weiß, nicht vor den Kopf zu stoßen, habe ich meine Anmerkungen bezüglich des Aufbaus dieses Experiments wohl zu subtil angebracht - aber so bin ich nun einmal. :D
 
Zuletzt bearbeitet:
KaffeeSüßSauer schrieb:
- nur ist sie in diesem Fall zusätzlich versiegelt, was wohl auch erklärt, warum das Kondenzwasser die Oberfläche nicht mehr zu benetzten imstande ist. Um Vergleichbarkeit zu gewährleisten, ist die Oberfläche nach der Politur/dem "Pimpen", die/das mit einem Stahlreiniger à la "MOC Edelstahlreiniger" sicherlich einfacher von der Hand gegangen wäre, wieder gründlich zu Entfetten/Entwachsen.


Deubel Anna - wo Du Recht hast, hast Du Recht!
 
Wo er recht hat...

Und ich bin der letzte, der nicht treudoof nickt, wenn einer vor mir steht und zu recht sagt "Du Depp, Du". :ahaa:

Allerdings habe ich das versäumte heute umgehend nachgeholt und die Oberfläche mit recht aggressivem Bremsenreiniger und textil unterstützter mechanischer Einwirkung von (hoffentlich) so ziemlich jedem Schutzfilm befreit.

Ich halte Euch auf dem laufenden.

Flitz habe ich übrigens nur genommen, weil ich hier zuhause noch zwei Probepäckchen liegen hatte und ich ja anfangs nur die Rostflecken entfernen wollte.

War also letztendlich Zufall.
Ansonsten wäre ich in der Werkstatt wahrscheinlich bei Chrompolitur gelandet. :hehe:
 
Kleiner Zusatz

Ich wollte nur mal eben anmerken, das es bei den derzeitigen Temperaturen und der entsprechenden Transpiration auch um die AUS8-Variante dieses wunderschönen Zwerges leider nicht besser bestellt ist. Meins sieht nicht mehr viel besser aus als deins, Marc. Jedes mal wenn ich wieder kleine Rostflecken mit viel Geduld und billiger polierpaste entferne, verschwinden Chad's Inizialen weiter und weiter...
 
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