güNef
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Servus,
ich poste hier mal wieder was in der Kochmesserecke, weil ich dieses Konzept genauso exotisch wie spannend finde. Im Folderbau ist CNC, Fräsen und 3D-Druck bereits etabliert, bei Kochmessern noch nicht wirklich und Luke Scheepers von Scheepersbuild aus Australien kommt vom Folder und Fixed Segment und komplettiert sein Portfolio seit einer Weile mir CNC gefertigten Kochmessern.
Ich habe mir aus brennendem Interesser eines seiner Gyuto's gekauft, in das er alles reinpackt, das nach seiner Ansicht Sinn macht und gut funktioniert. Gefrästes Feather-Surface, asymmetrischer S-Grind und ein angedeutetes K-Tip-Profil ist bei diesem Gyuto Programm.
Zuerst ein paar Bilder zur Einstimmung:
Zum Finish brauch ich nicht viel sagen, dass sieht jeder selber. Ich vergebe hier die Höchstnote für handwerklich sauberes Finish. Gewicht sieht man, Balancepunkt auch. Schneidenlänge knapp 220mm, Höhe 53mm. Holz hab ich jetzt vergessen, Spacer aus G10 und Zwinge aus Ivory-Micarta, poliert. 52100 Steel @62RC (Tested)
Zuerst mal gebe ich wieder, was Luke Scheepers Beweggründe sind, Kochmesser auf diese Art und Weise zu fertigen:
Luke Scheeper denkt sich was dabei, wenn er eine Klinge fertigt. Er hat den Einfluss von Geometrie, Schliff und Oberfläche einer Klinge und dessen Wirkung und Eigenschaften einer aktiven Schnittgutfreisetzung weitgehend verstanden und versucht genau deshalb Messer einfach anders zu bearbeiten als die Konkurrenz. Dieser Zugang ist der eigentliche Grund meines Interesses an seinen Arbeiten. Er prüft unterschiedliche HK-Varianten und fräst dazu unterschiedliche Oberflächen in seine Klingen und testet dann, ob es neue, spürbare Effekte gibt, die Schnitt und FR verbessern. Er sieht in einem S-Grind den Versuch bzw. die einzige Möglichkeit, ein Gleichgewicht zwischen Schnittgutfreigabe und verkeilen herzustellen. Es ist aus seiner Sicht recht einfach mit einem groben V-Schliff FR zu erzielen, aber darunter leidet massiv ein leichter Schnitt, auch stark ballig geschliffen verkeilt sich wenig, aber braucht eben mehr Schmackes, Tempo und Druck um akzeptabel zu schneiden, einen wirklich leichten Schnitt gibt’s aber auch dabei nicht. Das von mir gekaufte Messer ist die vierte Überarbeitung seines S-Grindes, aber sicher nicht die Letzte.
Luke geht es um subtile Nuancen, über die nur wenige der mir bekannten Messermacher, die sich für komplexe Geometrien begeistern können, Überlegungen angestellt haben. Alle seine Messer haben S-Grind-Klingen weil er von diesem Prinzip überzeugt ist. Er skaliert jeweils angepasst an die Länge, Höhe und Oberfläche der Klingen die eingefräste Hohlkehle nach unten und oben.
Aus seiner Sicht liegt der Schlüssel in einer sehr dünnen Primärfase ,die aber immer noch einen ausreichenden topographischen Übergang in die HK garantiert. Bleibt er zu dick ( bezogen auf die tiefste Stelle der HK ) leidet der Effekt, wird er zu dünn, ist die Mitte der HK wie Papier und die Instabilität der ganzen Klinge wird beeinflusst und es könnte im Extremfall zum Bruch kommen. Klar ist, das bei forcierter Schnittgutfreisetzung immer auch der leichte Schnitt darunter leidet, wie sehr hängt von der Abstimmung ab.
Die Radikalste Form eines HK-Einstiegs ist der Hook, den Kippington eingeführt hat, Kamon hat dann einen Prototypen gebaut und einen Hook in seine geführt geschliffenen HK integriert. Klarerweise sieht man die radikalste aller Abrisskanten deutlich, was ästhetisch nicht jedermann’s Sache ist.
Das die Tiefe und die Höhe der Hohlkehle skaliert wird und daher Einfluss auf den FR-Effekt hat, wissen auch andere ( der Höhe der unteren Kante einer HK kommt entscheidende Bedeutung zu ), aber Luke hat auch für sich herausgefunden, das der Innenradius einer HK sich unterschiedlich auswirkt und hat begonnen diesen Radius asymmetrisch zu fräsen. Nach oben läuft die HK in einem weiten Bogen zum Rücken hin abgeflacht aus, während sie nach dem Primärschliff an der rechten Flanke einen kurzen und scharfen Radius ( Bogen ) macht. Man stelle sich den Radius unten in der Form eines leicht geöffneten „J“ vor. Der enge Radius erlaubt es, die Primärfase dünn zu gestalten ( Pfeilspitze ), aber immer noch einen starken Wechsel zwischen Primärfase und dem Hohlraum darüber zu generieren. Das Schnittgut wird durch die Primärfase von der Klinge weggeführt und gleichzeitig entsteht jetzt ein Luftspalt der eine adhesive Wirkung unterdrückt, minimiert bzw. verhindert, je nach dem wie das Schnittgut beschaffen ist ( dünne, nasse Gurkenscheiben, Kartoffelspalten, Möhrenscheiben ). Das Wirkprinzip ist soweit klar und ähnliches haben schon andere versucht. Allerdings unterstützt Luke Scheeper diese Wirkung, in dem er auch die Oberfläche innerhalb der HK wirkungsvoll gegen ansaugen/ankleben bearbeitet, in dem er Rillen mit scharfen Kanten in die HK fräst ( Feather-Surface ) Dadurch werden auch weiche, saftige und dünne Scheiben nur über die dünnen Stege geführt, also der Flächenkontakt reduziert und kleine Luftfelder erzeugt, falls die Form vom Abschnitt nicht stabil genug ist und deshalb Richtung Klinge kippt, oder sich hochschiebt und sich dort dann in der Regel festsaugt. Wie immer ist die Wirkung natürlich sehr von der Größe und Beschaffenheit des Schnittgutes abhängig und kann überraschend gut funktionieren ( Kartoffelscheiben, Zucchini, Gurken ) und praktisch nicht ( Zwiebel fein schneiden )
Soweit die Theorie und seine Gedanken, hier ein Kehlshot der seine Aussagen nachvollziehbar machen soll:
Also weiter....
mit ein paar Messwerten, die die Situation verdeutlichen. Am Ende des Satinfinish-Streifens, also genau am Beginn J-Abstreifkante rechts und der einsetzenden Fräslinien liegt die Materialdicke bei 1,4mm gemessen 12mm über der Schneide. Jeder der dünne Messer kennt und weiß wie die schneiden runzelt jetzt vielleicht die Stirn. Das ist nicht wenig, ich habe Messer die messen an dieser Stelle 0,7mm Dicke. Diesen Anstieg von einer knapp nagelgängigen Wate bis 1,4mm am Beginn der HK bildet die Grundlage für ein abdrängen, weg von der Klinge und erhöht somit die Kraft, die notwendig ist um zu schneiden. Nur damit wir uns richtig verstehen, dass schneidet nicht schlecht, gewinnt aber durch das geringe Eigengewicht und die, asymmetrische Pfeilspitze einen völlig anderen Charakter, als ein auf reine Schneidfähigkeit getrimmtes Messer. Bei dieser Art Messer wurden Massnahmen in eine Grundschwäche investiert, die jedes leichte, dünne und deshalb nicht wirklich ballig geschliffenes Messer hat, die Schnittgutfreigabe. Dieses Ziel wurde aus meiner Sicht in Etappen erreicht, aber nicht revolutioniert. Ankleben und saugen wird durch diese komplexen Flanken bei bestimmten Lebensmitteln schon auffällig reduziert und wenn man einen Faible für unkonventionelle Lösungen hat, dann darf man das durchaus als ehrenwerten Versuch ansehen, der innerhalb seiner Grenzen gelungen ist.
Die Klingendicke am Erl beträgt 2,7mm, also noch klassische Lasergene in der Mitte der gleiche Wert, an der Spitze geht es dann radikal nach unten, ganz vorne liegen 3/10mm an. Einen homogenen Taper gibt es bei dieser Konstruktion nicht. Der blanke Streifen ist ballig angeschliffen, direkt über der Wate gemessen hat das an die 0,18mm, 1mm drüber 0,30mm. Hier gibt‘s noch Potenzial, weil ich das dünner gewohnt bin. Somit schneidet das etwas schwerer als gewohnt und durch das geringe Gewicht verstärkt sich der Eindruck noch. Das ist eine aus Vergleichen mit ähnlichen Konzepten resultierende Wahrnehmung und die lasse ich jetzt mal so stehen, weil jeder Aufgrund seiner Erfahrung anders bewertet. Klar ist, das Luke gute Ansätze hat, es aber anscheinend an Rückmeldung von Köchen und Freaks fehlt um das Potential voll auszuloten. Es dauert noch, bis ich eine verfestigte Meinung habe und bin erstmal nicht unzufrieden, aber auch nicht euphorisch. Die Umstellung auf dieses Messer kann seine Zeit dauern, aber das Konzept und die Umsetzung, wie auch Passungen und Finish sind ganz weit vorne. Möglicherweise sehe ich das Messer fragmentiert genial, hat in Summe aber noch Schwächen, die nicht nötig wären, wenn Luke kritische Rückmeldung bekommen würde, von Leuten die sie erkennen können.
Was ist aus meiner Sicht zu verbessern:
Der satinierte Streifen ist an den Schneide nach meinem Geschmack eine Spur zuviel auf Sicherheit geschliffen, da kann noch ein bissl was weg, was die Schneidfähigkeit heben würde, vielleicht ein Versäumnis, weil hier die richtigen Freaky-Tester fehlen, die das Rückmelden. Die Kehrseite, das Messer kann ohne Vorkenntnisse benutz werden, ohne gleich die Schneide zu schrotten. Im Übrigen ist der Schliff ok, poliert, geschlossen und maschinell gemacht.
Reinigung der ungewöhnlichen Flanken:
Nachlässiges abspülen und trocknen, wie bei einem glatten Messer, klar, da kann was haften bleiben. Sorgfältiges spülen mit Schwamm oder weicher Bürste und eine Sichtkontrolle beim abtrocknen würde ich schon empfehlen. Mikroschmutzpartikel, da würde ich mir an einer groben Zunderschicht mehr Sorgen machen, als an diesen gewollt symmetrisch angebrachten Riefen. Die Täler zwischen den Stegen sind sehr glatt und mit Einschlaglupe und 6x Vergrößerung konnte ich bei meiner üblichen Handhabung keine Lebensmittelrückstände sehen.
Ich denke, das kann je nach Anwender problemlos funktionieren, oder grauslich enden.
. Einen Mehraufwand nehme ich für mich nicht wahr, außer einmal genauer über beide Flanken zu schauen. Wem das zu viel Aufwand ist, oder wer seine Messer nur kurz ablaufen lässt, entweder das Prozedere nachschärfen, oder weitergehen.
Fazit mit Stand heute:
Interessantes Messer mit Potential. Der leichte Schnitt ist nicht ausgereizt und kann noch verbessert werden. FR funktioniert klar besser als an konventionellen Messern, ist aber wie immer abhängig vom Schnittgut, also wurde auch hier nicht der heilige Gral gefunden, dennoch gut und unkonventionell umgesetzt. Die Stege könnten beim Vorgreifen über längere Zeit unangenehm werden, dass ist aber eine Vermutung und ich schneide nicht stundenlang um das beurteilen zu können und Varianten in der Griffhaltung können hier auch ihren Teil beitragen. Der technoide Look kann einem gefallen so wie mir, oder Grauen hervorrufen. Ich finde die Oberfläche außergewöhnlich gut gemacht.
Ich halte euch auf dem laufenden und gebe dem Messer fairerweise eine Eingewöhnungszeit. Mal sehen, was an Erkenntnis noch so dazukommt.
Gruß, güNef
ich poste hier mal wieder was in der Kochmesserecke, weil ich dieses Konzept genauso exotisch wie spannend finde. Im Folderbau ist CNC, Fräsen und 3D-Druck bereits etabliert, bei Kochmessern noch nicht wirklich und Luke Scheepers von Scheepersbuild aus Australien kommt vom Folder und Fixed Segment und komplettiert sein Portfolio seit einer Weile mir CNC gefertigten Kochmessern.
Ich habe mir aus brennendem Interesser eines seiner Gyuto's gekauft, in das er alles reinpackt, das nach seiner Ansicht Sinn macht und gut funktioniert. Gefrästes Feather-Surface, asymmetrischer S-Grind und ein angedeutetes K-Tip-Profil ist bei diesem Gyuto Programm.
Zuerst ein paar Bilder zur Einstimmung:
Zum Finish brauch ich nicht viel sagen, dass sieht jeder selber. Ich vergebe hier die Höchstnote für handwerklich sauberes Finish. Gewicht sieht man, Balancepunkt auch. Schneidenlänge knapp 220mm, Höhe 53mm. Holz hab ich jetzt vergessen, Spacer aus G10 und Zwinge aus Ivory-Micarta, poliert. 52100 Steel @62RC (Tested)
Zuerst mal gebe ich wieder, was Luke Scheepers Beweggründe sind, Kochmesser auf diese Art und Weise zu fertigen:
Luke Scheeper denkt sich was dabei, wenn er eine Klinge fertigt. Er hat den Einfluss von Geometrie, Schliff und Oberfläche einer Klinge und dessen Wirkung und Eigenschaften einer aktiven Schnittgutfreisetzung weitgehend verstanden und versucht genau deshalb Messer einfach anders zu bearbeiten als die Konkurrenz. Dieser Zugang ist der eigentliche Grund meines Interesses an seinen Arbeiten. Er prüft unterschiedliche HK-Varianten und fräst dazu unterschiedliche Oberflächen in seine Klingen und testet dann, ob es neue, spürbare Effekte gibt, die Schnitt und FR verbessern. Er sieht in einem S-Grind den Versuch bzw. die einzige Möglichkeit, ein Gleichgewicht zwischen Schnittgutfreigabe und verkeilen herzustellen. Es ist aus seiner Sicht recht einfach mit einem groben V-Schliff FR zu erzielen, aber darunter leidet massiv ein leichter Schnitt, auch stark ballig geschliffen verkeilt sich wenig, aber braucht eben mehr Schmackes, Tempo und Druck um akzeptabel zu schneiden, einen wirklich leichten Schnitt gibt’s aber auch dabei nicht. Das von mir gekaufte Messer ist die vierte Überarbeitung seines S-Grindes, aber sicher nicht die Letzte.
Luke geht es um subtile Nuancen, über die nur wenige der mir bekannten Messermacher, die sich für komplexe Geometrien begeistern können, Überlegungen angestellt haben. Alle seine Messer haben S-Grind-Klingen weil er von diesem Prinzip überzeugt ist. Er skaliert jeweils angepasst an die Länge, Höhe und Oberfläche der Klingen die eingefräste Hohlkehle nach unten und oben.
Aus seiner Sicht liegt der Schlüssel in einer sehr dünnen Primärfase ,die aber immer noch einen ausreichenden topographischen Übergang in die HK garantiert. Bleibt er zu dick ( bezogen auf die tiefste Stelle der HK ) leidet der Effekt, wird er zu dünn, ist die Mitte der HK wie Papier und die Instabilität der ganzen Klinge wird beeinflusst und es könnte im Extremfall zum Bruch kommen. Klar ist, das bei forcierter Schnittgutfreisetzung immer auch der leichte Schnitt darunter leidet, wie sehr hängt von der Abstimmung ab.
Die Radikalste Form eines HK-Einstiegs ist der Hook, den Kippington eingeführt hat, Kamon hat dann einen Prototypen gebaut und einen Hook in seine geführt geschliffenen HK integriert. Klarerweise sieht man die radikalste aller Abrisskanten deutlich, was ästhetisch nicht jedermann’s Sache ist.
Das die Tiefe und die Höhe der Hohlkehle skaliert wird und daher Einfluss auf den FR-Effekt hat, wissen auch andere ( der Höhe der unteren Kante einer HK kommt entscheidende Bedeutung zu ), aber Luke hat auch für sich herausgefunden, das der Innenradius einer HK sich unterschiedlich auswirkt und hat begonnen diesen Radius asymmetrisch zu fräsen. Nach oben läuft die HK in einem weiten Bogen zum Rücken hin abgeflacht aus, während sie nach dem Primärschliff an der rechten Flanke einen kurzen und scharfen Radius ( Bogen ) macht. Man stelle sich den Radius unten in der Form eines leicht geöffneten „J“ vor. Der enge Radius erlaubt es, die Primärfase dünn zu gestalten ( Pfeilspitze ), aber immer noch einen starken Wechsel zwischen Primärfase und dem Hohlraum darüber zu generieren. Das Schnittgut wird durch die Primärfase von der Klinge weggeführt und gleichzeitig entsteht jetzt ein Luftspalt der eine adhesive Wirkung unterdrückt, minimiert bzw. verhindert, je nach dem wie das Schnittgut beschaffen ist ( dünne, nasse Gurkenscheiben, Kartoffelspalten, Möhrenscheiben ). Das Wirkprinzip ist soweit klar und ähnliches haben schon andere versucht. Allerdings unterstützt Luke Scheeper diese Wirkung, in dem er auch die Oberfläche innerhalb der HK wirkungsvoll gegen ansaugen/ankleben bearbeitet, in dem er Rillen mit scharfen Kanten in die HK fräst ( Feather-Surface ) Dadurch werden auch weiche, saftige und dünne Scheiben nur über die dünnen Stege geführt, also der Flächenkontakt reduziert und kleine Luftfelder erzeugt, falls die Form vom Abschnitt nicht stabil genug ist und deshalb Richtung Klinge kippt, oder sich hochschiebt und sich dort dann in der Regel festsaugt. Wie immer ist die Wirkung natürlich sehr von der Größe und Beschaffenheit des Schnittgutes abhängig und kann überraschend gut funktionieren ( Kartoffelscheiben, Zucchini, Gurken ) und praktisch nicht ( Zwiebel fein schneiden )
Soweit die Theorie und seine Gedanken, hier ein Kehlshot der seine Aussagen nachvollziehbar machen soll:
Also weiter....
mit ein paar Messwerten, die die Situation verdeutlichen. Am Ende des Satinfinish-Streifens, also genau am Beginn J-Abstreifkante rechts und der einsetzenden Fräslinien liegt die Materialdicke bei 1,4mm gemessen 12mm über der Schneide. Jeder der dünne Messer kennt und weiß wie die schneiden runzelt jetzt vielleicht die Stirn. Das ist nicht wenig, ich habe Messer die messen an dieser Stelle 0,7mm Dicke. Diesen Anstieg von einer knapp nagelgängigen Wate bis 1,4mm am Beginn der HK bildet die Grundlage für ein abdrängen, weg von der Klinge und erhöht somit die Kraft, die notwendig ist um zu schneiden. Nur damit wir uns richtig verstehen, dass schneidet nicht schlecht, gewinnt aber durch das geringe Eigengewicht und die, asymmetrische Pfeilspitze einen völlig anderen Charakter, als ein auf reine Schneidfähigkeit getrimmtes Messer. Bei dieser Art Messer wurden Massnahmen in eine Grundschwäche investiert, die jedes leichte, dünne und deshalb nicht wirklich ballig geschliffenes Messer hat, die Schnittgutfreigabe. Dieses Ziel wurde aus meiner Sicht in Etappen erreicht, aber nicht revolutioniert. Ankleben und saugen wird durch diese komplexen Flanken bei bestimmten Lebensmitteln schon auffällig reduziert und wenn man einen Faible für unkonventionelle Lösungen hat, dann darf man das durchaus als ehrenwerten Versuch ansehen, der innerhalb seiner Grenzen gelungen ist.
Die Klingendicke am Erl beträgt 2,7mm, also noch klassische Lasergene in der Mitte der gleiche Wert, an der Spitze geht es dann radikal nach unten, ganz vorne liegen 3/10mm an. Einen homogenen Taper gibt es bei dieser Konstruktion nicht. Der blanke Streifen ist ballig angeschliffen, direkt über der Wate gemessen hat das an die 0,18mm, 1mm drüber 0,30mm. Hier gibt‘s noch Potenzial, weil ich das dünner gewohnt bin. Somit schneidet das etwas schwerer als gewohnt und durch das geringe Gewicht verstärkt sich der Eindruck noch. Das ist eine aus Vergleichen mit ähnlichen Konzepten resultierende Wahrnehmung und die lasse ich jetzt mal so stehen, weil jeder Aufgrund seiner Erfahrung anders bewertet. Klar ist, das Luke gute Ansätze hat, es aber anscheinend an Rückmeldung von Köchen und Freaks fehlt um das Potential voll auszuloten. Es dauert noch, bis ich eine verfestigte Meinung habe und bin erstmal nicht unzufrieden, aber auch nicht euphorisch. Die Umstellung auf dieses Messer kann seine Zeit dauern, aber das Konzept und die Umsetzung, wie auch Passungen und Finish sind ganz weit vorne. Möglicherweise sehe ich das Messer fragmentiert genial, hat in Summe aber noch Schwächen, die nicht nötig wären, wenn Luke kritische Rückmeldung bekommen würde, von Leuten die sie erkennen können.
Was ist aus meiner Sicht zu verbessern:
Der satinierte Streifen ist an den Schneide nach meinem Geschmack eine Spur zuviel auf Sicherheit geschliffen, da kann noch ein bissl was weg, was die Schneidfähigkeit heben würde, vielleicht ein Versäumnis, weil hier die richtigen Freaky-Tester fehlen, die das Rückmelden. Die Kehrseite, das Messer kann ohne Vorkenntnisse benutz werden, ohne gleich die Schneide zu schrotten. Im Übrigen ist der Schliff ok, poliert, geschlossen und maschinell gemacht.
Reinigung der ungewöhnlichen Flanken:
Nachlässiges abspülen und trocknen, wie bei einem glatten Messer, klar, da kann was haften bleiben. Sorgfältiges spülen mit Schwamm oder weicher Bürste und eine Sichtkontrolle beim abtrocknen würde ich schon empfehlen. Mikroschmutzpartikel, da würde ich mir an einer groben Zunderschicht mehr Sorgen machen, als an diesen gewollt symmetrisch angebrachten Riefen. Die Täler zwischen den Stegen sind sehr glatt und mit Einschlaglupe und 6x Vergrößerung konnte ich bei meiner üblichen Handhabung keine Lebensmittelrückstände sehen.
Ich denke, das kann je nach Anwender problemlos funktionieren, oder grauslich enden.
Fazit mit Stand heute:
Interessantes Messer mit Potential. Der leichte Schnitt ist nicht ausgereizt und kann noch verbessert werden. FR funktioniert klar besser als an konventionellen Messern, ist aber wie immer abhängig vom Schnittgut, also wurde auch hier nicht der heilige Gral gefunden, dennoch gut und unkonventionell umgesetzt. Die Stege könnten beim Vorgreifen über längere Zeit unangenehm werden, dass ist aber eine Vermutung und ich schneide nicht stundenlang um das beurteilen zu können und Varianten in der Griffhaltung können hier auch ihren Teil beitragen. Der technoide Look kann einem gefallen so wie mir, oder Grauen hervorrufen. Ich finde die Oberfläche außergewöhnlich gut gemacht.
Ich halte euch auf dem laufenden und gebe dem Messer fairerweise eine Eingewöhnungszeit. Mal sehen, was an Erkenntnis noch so dazukommt.
Gruß, güNef