Schmiedebericht: Der erste Damast

painless potter

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Schmiedebericht: Der erste Damast

Hallo,

weil es mein erstes richtiges Schmiedeerlebnis war, möchte ich hier gern einen kleinen Bericht davon veröffentlichen.

Seit etwas ziemlich genau einem Jahr beschäftige ich mich mit dem Thema Messer. Begonnen hat es mit einem Fertigbausatz von Dick, ging über das Griffe-dran-machen mit Fertigklingen bis zum Erlernen des Schleifens und die Stock-Removal-Technik. Was lag da näher, als endlich auch mal selbst zu schmieden?
Fast von Anfang an hatte ich Kontakt zu Xzenonbenz hier aus dem Forum, und über das Jahr ist eine Freundschaft mit einigen Treffen zwischendurch entstanden. Wir waren uns schnell sympathisch, und er lud mich ein, ihn mal zu besuchen um zu schmieden. Nach anfänglichen Terminschwierigkeiten beiderseits war es dann am letzten Wochenende endlich soweit. Bremen-Fulda ist ja auch nur ein Katzensprung…
Erstmal total von den Socken war ich, als Xzenon mir die Schmiede zeigte. Wir durften nämlich in einer benachbarten Schlosserwerkstatt schmieden, schön unter einem trockenen Dach mit allen Maschinen, die des Messermachers und des Hobbyschmiedes Herz begeht. Eine professionelle Stahlsäge, diverse Schraubstöcke, Autogenschweißgerät, Säulenbohrmaschine ein Flex – sagte ich eine Flex?- 4 Winkelschleifer hingen an der Wand…
Und dann der Oberhammer, besser bekannt unter der Bezeichnung Federhammer! Xzenon hatte mir ja vorher schon die Leiden des Morgens nach den ersten Schmiedeversuchen mit dem Handhammer in den schillerndsten Farben geschildert, von Megamuskelkater bis zur aufkeimenden Sehnenscheidenendzündung. Über das mechanische Hammerwerk schwieg er heimtückischerweise.
Ich bitte zu entschuldigen, wenn ich hier aus fachlicher sicht die Vorgänge nicht perfekt schildern kann, dafür war es von den Eindrücken her einfach zu viel. Dieser Bericht soll einfach nur meine Begeisterung zeigen und vor allem auch Andere begeistern, es auch mal mit dem Schmieden unter fachkundiger Anleitung zu versuchen.

Tag 1:

Am Samstagmorgen gingen wir zunächst daran, die Stähle zu verschweißen. Unser Paket sollte 11 Lagen haben, und wir hatten uns vorgenommen, einen Torsionsdamast herzustellen. Es war auch für Xzenon, der schon viel Erfahrung gesammelt hatte, unter anderem in der Schmiede von Peter Stienen, das erste Mal, den Stahl zu verdrehen. Da ich der Lehrjunge war, durfte ich die Platten metallisch rein schleifen. Lehrjahre sind ja bekanntlich keine Herrenjahre… :D:D:D:D:D Nachdem die Platten stirnseitig verschweißt waren und Xzenon den Schraubstock seines Nachbarn, den ich praktischerweise dabei zugeschweißt habe, wieder aufgeflext hatte, konnte das Paket mit reichlich Borax bestäubt in die Gasesse. Ich stand die ganze Zeit immer extrem ungeduldig davor und wollte immer zu früh wieder auf den Stahl hauen, aber Xzenon hat mich natürlich immer mit einem bedächtigen „Gemach, gemach“ gebremst. Der Barren wurde unter dem Handhammer und dem Federhammer dann perfekt verschweißt und anschließend ausgereckt. Nach dem Rundschmieden kam der spannende Teil, das tordieren des glühenden Stahls, was echt beeindrucken ist. Ich kannte den Prozess im Kleinen ja vom Mokumemachen, aber das war hier natürlich eine andere Etage. Nach dem Tordieren wurde wieder flach geschmiedet, dann geteilt und es gab Material für 2 schöne große Steckerlklingen, die wir beide dann anschließend abwechselnd ausgeschmiedet haben. Der Nachmittag endete mit dem Normalisieren und anschließenden Weichglühen.! Weil wir natürlich extrem gespannt waren ,wie es geworden ist, mussten wir Spätnachmittags die Klingen noch flachschleifen, um sie probeätzen zu können. Und wir waren total begeistert, obwohl es sich hier ja nur über eine einfach aufgebauten Torsionsdamast aus zwei Stählen handelt. (Die genauen technischen Bezeichnungen reicht Xzenon hier bestimmt nach, Stähle, Temperaturen etc.)
Ergänzung von Xzenon: 75Ni8 + 1.2842

Tag 2:

Am zweiten Tag kam das Schleifen der Klingen dran. Scherzhaft hatte ich angemerkt, gestern habe Xzenon mir gezeigt, wie man Damast schmiedet, heute würde ich ihm mal zeigen, wie man Klingen schleift. Kam aber gar nicht so gut an der Scherz, komisch… Es war jedenfalls sehr gemütlich in dem kalten dunklen Keller, wir beide jeder an seinem Metabo BS200 (ich hatte meinen mitgebracht), die so vor sich hin schnurrten, knietief im Schleifstaub. Xzenon merkte an, demnächst müsse er sich wohl endlich mal eine Absaugung bauen, und ich prophezeite ihm, dass wenn er mal ausfegen würde, der Altmetallhändler ihn wohl zu einem wohlhabenden Mann machen würde.
Nachdem unsere beiden Klingen fertig waren, haben wir im Garten die Gasesse angeschmissen und die Wärmbebehandlung durchgeführt. Auch das war wieder sehr lehrreich und informativ für mich, da ich mich damit bisher bis auf einmal Zugucken bei Sven noch nicht beschäftigt hatte. Xzenon weiß soviel ich das beurteilen kann eine Menge über Stahl, besonders in Anbetracht seine noch jungen Jahre, und er konnte immer alles sehr gut erklären. Aber am Besten hat mir gefallen, dass sich seine und nicht meine Klinge beim Härten leicht verzogen hat und gerichtet werden musste. Er has sie dann professionell im glühenden Zustand gerichtet und anschließend neu gehärtet. Dann noch mal Finish und Ätzen, und die Klingen erstrahlten in ihrer ganzen Pracht!

Abschließend kann ich nur jedem empfehlen, sucht euch einen Kumpel, der schmieden kann, das ist viel besser als Komasaufen, ehrlich!!!

Xzenon möchte ich für seine Gastfreundschaft und das perfekte Rahmenprogramm danken, auch seiner zukünftigen Frau, die alles so treu ertragen hat. Und wenn Du nächstes Mal etwas früher die Heizung anschmeißt, dann wird’s bestimmt noch besser… Es war ein Superwochenende, noch viel besser als ich es mir vorher vorgestellt hatte. Ich freue mich schon auf unser nächstes Treffen, da zeige ich Xzenon, wie man Mokume macht und dann kann er mich hier hinterher in die Pfanne hauen.;)

Dieser Bericht dient mehr der Unterhaltung und der Motivation, ich hoffe dennoch er ist nicht OT. Obwohl, wie könnte Schmiede je hier OT sein…

Unten seht ihr meine klinge, ich hoffe Xzenon zeigt seine hier auch noch.

Viele Grüße

PP
 

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Jawoll Painless,

wieder einmal höchst Unterhaltsames von Dir...

Freue mich immer, so nen Bericht lesen zu dürfen, na klar interessiert´s... :D


Schöne Grüße vom See,
Dom


PS: Tolle Klinge übrigens...:super:
 
Gratulation und der zweite Gruß vom See! Da wird man richtig neidisch!
Leider ist Bremen/Fulda ein bisschen weit weg, sonst würde ich Euch meine geballte Inkompetenz zur Verfügung stellen und helfen den Rest der Schraubstöcke zu zu schweißen!

Edit: Könnt ihr nicht eine A3 große Damastplatte schmieden, dann könnte ich das wenigstens mal vernünfig in den Laser spannen.... ;)
 
Achtung! Suchtgefahr! :D

@erebos
Ich hab noch ein paar Damastplatten in 700 x 700 mm, wären die groß genug?
 
Zu spät Achim, zu spät!!!

Muss wohl an diesem weißen Pulver liegen, was Xzenon auf das Damastpaket gestreut hat *ROTFL*

Was Erebos nicht erwähnt hat, ist dass der Laserbetreiber um seine Maschine und den Arbeitsraum nicht zu verunreinigen nur rostfrei Stähle schneidet, leider, leider...

PP
 
Zuletzt bearbeitet:
Hey Painless,

ich finde es immer faszinierend, dass Deine Klingen auf Deinen Fotos noch besser aussehen als in Echt (war als Kompliment für die Fotos gemeint und nicht als Kritik an der Klinge!)

Danke für das Lob und Vertrauen in mein metallirgisches Wissen... für irgendwas muss ja die penetrante und jahrelange Fragerei hier im Forum gut gewesen sein :D

Fotos von unseren klingen vor dem Härten, meiner fertigen Klinge und ein paar Fotos vom "Kellerloch" reiche ich nach :super:

Ergänzend möchte ich nur noch was über das Ergebnis sagen:
Die Klingen ritzen selbst nach dem Anlassen problemlos Glas und federn bei 20° Biegung (mehr hab ich mich nicht getraut) ohne Verzug zurück in die Ausgangsform. Mit einer Feile ist den Klingen nicht mehr beizukommen und ich bin sicher, dass sie den Buckeltest auch bestehen werden. (kommt dann wenn die Klingen scharf geschliffen sind)
Insgesamt würde ich die Härte auf 62-64 HRC schätzen.


Liebe Grüße

Xzenon

PS: Das "Pulver" war natüüürrlich Kokain und nicht etwa Borax! :rolleyes::glgl::eek: Leider haben wir nicht ausprobiert was passiert wenn Du es Dir in die Nase ziehst... aber ich wette das wäre ein Foto wert gewesen *gggg*
 
....Was Erebos nicht erwähnt hat, ist dass der Laserbetreiber um seine Maschine und den Arbeitsraum nicht zu verunreinigen nur rostfrei Stähle schneidet, leider, leider...

stimmt, das hatte ich nicht erwähnt! Aber das wird sich durch die (hoffentlich zeitlich nahe) Anschaffung des Wasserstrahlschneiders ändern.
Außerdem hatte ich nicht erwartet, dass es wirklich jemand gibt, der Damastplatten in dieser Größe herstellt (bzw. Herstellen kann). Eigentlich dachte ich ich könnte da einen Lacher ernten...:eek:
Aber man sollte Fourumsmitglieder nie unterschätzen...
 
Hallo PP,
Glückwunsch zu dem gelungenen Schmiedeabenteuer.
Es ist doch äußerst befriedugend am Ende etwas geschaffen zu haben!
Grüße, Hartzahn
 
Hallo PP,

vielen Dank für Dein Bericht, ich finde solche unterhalsame Sachen immer interessant :super:

Und natürlich Deine Klinge ist auch :super:

Mach weiter so!


Schönen Gruß

Charles
 
@Xzenon Das erste mal schmieden und du lässt ihn gleich an den Federhammer? Versaut fürs Leben:hmpf:

@painless Es macht auf jeden Fall Spaß deinen Bericht zu lesen. Man riecht geradezu das Schmiedefieber:)

Auch von mir ein macht weiter so:super:

Ciao Sven
 
@Sven
Wir sind ja hier unter uns, also kann ich ganz offen sein:
Schleifen kann er wie ein ganz großer, aber wenn er von Hand ausgereckt hätte, dann wären wir heute noch nicht fertig :super:
Überraschenderweise hat er sich am Federhammer aber recht gut gemacht! Wenn er nicht so ein kleines Kerlchen wäre, dann würde er einen recht passblen Schmied abgeben *duck*:super:
 
Jetzt schlägts jawohl 13 :argw:

Mickriges Kerlchen... das hat auch mal ein Orthopäde zu mir gesagt, der war eine Kopf kleiner als ich! Jetzt ist er Frührentner!;)

Also ernsthaft, ohne den Federhammer wärs wahrscheinlich böse ausgegangen und ich hätte am nächsten Tag nichtmal mehr die Klinge an den Bandschleifer halten können, bis dahin hat Xzenon recht. Aber mickrig? Ich meine, ich bin 183cm groß ohne Schuhe...

Ich Danke Euch allen für die netten Worte und es freut mich, das auch mal so ein Bericht viele Leser findet. Xzenon hat mir gestern noch die Bilder gemailt, und die möchte ich euch heute zu meinen einjährigen Forumsjubiläum schenken (wo bleiben eigentlich die Glückwünsche?:)) Zum Glück ist Xzenon ein besserer Schmied als Fotograf, liegt wahrscheinlich an den Riesenpranken, Hände wie Kohlenschaufeln, Finger wie Baseballschläger...

Kurze Erklärung der Bilder:

1. Schmiedeplatz
2. Warm machen...
3. Suchtgefährdeter Schmiedeanfänger
4. Warm machen...
5. Schmieden (lassen)
6. Profischmied (seht ihr den Handhammer? Ich auch nicht...)

Bis hierher hatte noch Niemand etwas Dummes getan...
 

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Zweiter Tag:

Klingenschleifen, Härten und Finish.

( Das erste Bild wollte Xzenon unbedingt zur Ehrenrettung seiner Werkstatt gezeigt haben, leider gucke ich auf diesem Foto wirklich wie Forrest Gump! Ich kann aber auch schlau gucken ,wers nicht glaubt kann mich ruhig mal besuchen.)

7. Lauf Forrest Lauf! Untertitel: "Der Herr der Zwinge"
8.+9. Zwei stolze Klingen im hessischen Nachmittagslicht
10. Feinjustierung der Härteeinrichtung
11. Kritischer Blick der richtigen Glühfarbe eines erfahrenen Härters
12. Ab ins Öl
13. Gefühlvolles vorsichtiges Richten

Damit keine Missverständnisse aufkommen: es sind nicht alle Arbeitsschritte fotografiert worden, dies sind nur einige Impressionen. Ausserdem wurde das hier im Forum ja schon aus vielfach berufenerem Munde mehrfach gezeigt, erklärt usw.
Natürlich hat Xzenon trotz meiner jugendhaften Ungeduld auf das Einhalten aller notwendigen Schritte geachtet. Normalisieren, Weichglühen, Spannungsarmglühen und was weiss ich nicht alles.

Mir hat es sauviel Spaß gemacht, und ich hab mir in der Bucht schon einen Federhammer ausgeguck...:rolleyes: Nein, Spaß, nicht übertreiben.

Ich hoffe, das war nicht unser letztes Schmiedetreffen, und danke für alles, Großer!

Viele Grüße

Painless Potter
 

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Hallo, sieht nach "superinfiziertem" Schmied aus. Gutes Ergebnis, den Bildern nach zu urteilen. Schöne Form und gute dichte Oberfläche. Und wer hat hier was gegen Federhammer?- nur der Neidische-
Gruß
Uwe
 
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