Spyderco Starmate Y2K - A Magical Mystery Tour

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"Everything should be as simple as possible, but not simpler." Albert Einstein

Boas,

es ist nie zu spät. Auch nicht für ein original Spyderco Terzuola Starmate. Wir hatten keine Ahnung, wer Bob Terzuola ist. Aber am Design des Messers hatten wir schon sehr früh einen Narren gefressen. Bereits ganz zu Anfang im Besitz eines Para-Military 2 und von der überwältigenden Vielfalt an Spyderco-Foldern angetan, haben wir uns sehr intensiv mit diversen Modellen beschäftigt. Für und wider, ja und nein, hin und her. Es waren dann erst mal andere Messer wichtiger. Aber die Spydies lassen einen ja nicht los. Um es kurz zu machen - das Starmate entwickelte sich zu einem unserer Design-Lieblinge. Daß es ein altes und ein neues Starmate gibt, hatten wir zunächst mal überhaupt nicht mitbekommen.

Bei näherer Recherche stießen wir dann auf die Fakten und beim Original auf angebliche Liner-Lock-Probleme. Damit war der Gedanke an einen Erwerb abrupt beerdigt. Auf sowas hatten wir keinen Bock, aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Das Starmate war bereits auf der „Festplatte“ unter Vorlieben abgespeichert und drängte bei nächster Gelegenheit wieder an die Oberfläche.

Wir kamen auch langsam dahinter, um wen es sich bei Bob Terzuola handelt - einen Rockstar der Messerszene - den geistigen Vater des Taktischen Folders (Terzuola, Robert - 2000; The Tactical Folding Knife: A Study of the Anatomy and Construction of the Liner-Locked Folder). Den ersten Custom-Knife-Maker, mit dem Spyderco eine Kooperation einging. Und der 1979 sein erstes Messer fertiggestellt hat. 1990 war das „Spyderco C15 Bob Terzuola“ das erste Spyderco Linerlock und das erste in USA produzierte Spyderco überhaupt. Ihm folgte 1993 als „kleiner Bruder“ das „Spyderco C19 Bob Terzuola Jr.“ nach. Auf Basis seiner populärsten Customs „ATCF“ (designed 1985) und „Century Starfighter“ (ab 1998) betrat dann 1999 das „Spyderco C55 Starmate“ die Szene.

Am 19.04.2013 tauchte passend zum Thema ein sehr detaillierter und exzellent bebilderter Bericht im Forum auf (Vergleich Starmate I & II von MarcusH: http://www.messerforum.net/showthre...e-alt-und-neu-im-Vergleich&highlight=starmate), den wir uns ausführlich zu Gemüte geführt und anschließend - erneut motiviert - noch mal bezüglich des Linerlocks recherchiert haben. Von „geht gar nicht“ über „weicher“ Liner, „unkorrigierbar“, „kann ich nur von abraten“ bis zu „in bester Ordnung“ findet sich alles zu diesem Thema im weiten Web. Die Existenz einer exzentrischen Achsschraube wird für den Ernstfall als Option genannt, von Anderen wiederum als „auch keine Lösung“ dargestellt. Wenn man ein Starmate der ersten Stunde will, bleibt offenbar nur der Mut zum Risiko. Und ganz abgesehen davon, scheint das Drankommen an sich nicht einfach zu sein. But …

Fünf Tage später, am 24.04.2013 - das Forum verweilte fußballbedingt im Zustand annähernden Komas - sahen wir kurz mal rein in die spärlichen „News“ und gerieten so (nicht wirklich interessiert) in ein unspezifiziertes Verkaufsangebot diverser nummerierter Spyderco-Folder. Plötzlich wurden wir lebendig: „Spyderco C55GPE - Starmate, Seriennummer 795“. Aus dem ersten Produktionslauf also und da die Variante Plain Edge nur 2000 und 2001 produziert wurde, vermutlich aus dem Jahr 2000 (Y2K). War noch nicht weg! Und auch noch zu einem Da-denkt-man-nicht-lange-nach-Preis. Wir haben nicht lange nachgedacht! Da wir nicht zu gierig sein wollten, haben wir das „Spyderco C46PS - Bob Lum, Seriennummer 235“ liegengelassen. Ein wenig ärgern wir uns mittlerweile über diese „Dummheit“. Dem glücklichen Erwerber wünschen wir bei dieser Gelegenheit viel Freude an dem schönen Stück ;). Und „zorc“ gebührt unser Dank für seinen freundlichen Kontakt, die zügige Abwicklung und die sichere Verpackung. Bei *der* Qualität des Messers war der Preis TOP :super:.

Das länglich rautenförmige Griffdesign des Starmate folgt der strikt rechteckigen Grundlinie von C15, C19 und deren Varianten, wie sie sich beim ATCF und beim Century Starfighter finden. Bei der Klinge sehen wir im Gegensatz zur Sheepfootform des C15 & C19 - wie beim ATCF und Century Starfighter - eine langgestreckte modifizierte Clippoint-Form (mit Spyder-Hole), die sich ähnlich beim „Spyderco C48 Tim Wegner“ (1997-2001) findet, das seinerseits wiederum ein vollkommen anderes - annähernd „bananenförmiges“ - Griffdesign aufweist.

Dieses Jagdmesser, speziell die Klingenform, hatte uns vor einiger Zeit schon in der Gestalt des „BLADE-TECH Professional Hunter Magnum“ (Nachfolgemodell des C48 vom ehemaligen Spyderco-Chef-Designer Tim Wegner in Kooperation mit BLADE-TECH) derart begeistert, daß wir es unbedingt haben mußten (http://www.messerforum.net/showthre...CH-Professional-Hunter&highlight=orange+beast). Bis auf das „BLADE-TECH V-Hole“ sehen wir auch hier im wesentlichen die gleiche Klinge. Nur der Schliff ist unterschiedlich. Das PRO Hunter verfügt über einen hochgezogenen Flachschliff (mit fabelhaften Schneideigenschaften), während das Starmate mit einem Hohlschliff daherkommt. Und damit zurück zu unserer „Neu-Erwerbung“.


The Feathered Serpent

Unverwechselbares Erkennungszeichen ist das in die G-10-Griffschale eingesetzte Terzuola-Logo, das dem Original-Starmate als Design-Element eine besondere Note verleiht. Das Messer ist dadurch schon aus der Entfernung zwischen diversen ähnlichen Spydercos eindeutig identifizierbar. Während es auf dem Starmate von den Namen Spyderco und Terzuola eingerahmt ist, tragen die Terzuola-Customs neben „Robert Terzuola Knives“ die Inschrift „Nunquam Secundum“ (Second to none - Es gibt nichts, was es zum Zweitbesten machen würde). Das eigentliche Logo aber ist der Kopf eines Drachen, der auch auf der Klinge abgebildet ist. Inhaltlich übereinstimmend findet sich dafür an verschiedenster Stelle diese Erklärung: „The Terzuola logo is the Mayan Dragonhead also called the Etz‘Nab. This symbol represents the god of edged weapons.” Das klingt gut, hält aber einer Überprüfung nicht stand. Irgendjemand hat es mal in die Welt gesetzt, der Rest - Händler eingeschlossen - hat es einfach übernommen.

Spürt man den Maya-Göttern und dem Begriff Etz’Nab nämlich nach, so findet sich kein Gott dieses Namens und Etz’Nab stellt sich als Tages-Archetyp 18 der 20 Nahuales oder Glyphen im Maya-Kalender Tzolk‘in heraus. Der Tzolk’in spielt bis heute eine Rolle bei den Quiché in Guatemala, indem er z.B. zur Analyse von Geburtstagen herangezogen wird. Ein Etz’Nab-Geborener wird dabei mit den Begriffen Spiegel, Messer, Obsidian und Feuerstein in Verbindung gebracht, was die Charaktereigenschaften, geistigen Anlagen und die Berufung der betreffenden Person in bestimmter Weise prägen soll. Aber Etz‘Nab ist kein Drachengott, sondern ein Tages-Archetyp und hat als *eigenständiges* Bildzeichen mit dem Terzuola-Logo nichts gemein (vgl. beispielsweise hier: http://www.ancientscripts.com/maya.html).

Auf der Suche nach den Göttern der Maya stößt man dagegen auf „The Feathered Serpent“, eine „Gefiederte Schlange“, die mit den Federn des heiligen Quetzal-Vogels Guatemalas geschmückt ist und bei den Maya Yukatans Kukulcán, bei den Quiché Guatemalas Gucumatz und bei den Azteken Quetzalcoátl heißt. Im Logo Terzuolas sind die spitzen Giftzähne und die Greifzähne einer Klapperschlange deutlich herausgearbeitet. Es ist dem in Stein gehauenen Abbild Quetzalcoátls, das sich überall in und an den alten Pyramiden und Tempeln in Zentralamerika (z.B. Chichén Itzá, Teotihuacán …) findet, wie aus dem Gesicht geschnitten (siehe Bild 4 im folgenden Link: http://www.pacal.de/teotihuacan.htm). Folglich dürfte es sich bei dem Drachen-Logo um „The Feathered Serpent“, den Gefiederten Schlangengott Quetzalcoátl handeln.

Terzuola selbst, der viele Jahre inmitten des Maya-Gebietes in Guatemala gelebt und gearbeitet hat, trägt seitdem aufgrund persönlicher Jagderfolge ehrenhalber den Titel „Chapoi Kumatz, the Serpent Hunter“. Gut mit den Mythen und Legenden, die sich um ihn ranken, harmoniert - wie wir finden - auch die Tatsache, daß er keine eigene Webseite unterhält. Und daß er bis heute seine Messer in alter handwerklicher Manier ohne CNC-Maschine baut (http://www.monkeyedge.com/Bob-Terzuola-ATCF-Liner-Lock-OD-Green-p/btk0001.htm). Alles in allem eine Menge an individuellen Merkmalen, die ein Messer von Robert Terzuola - neben der hochgelobten Qualität - interessant, begehrenswert und rar machen. Spannend zu lesen ist in diesem Zusammenhang ebenfalls die „leidenschaftliche“ Auseinandersetzung um die Authentizität des von ihm verwendeten Walker-Linerlock, die hier im Forum geführt worden ist (http://www.messerforum.net/showthread.php?20507-Liner-Lock-System).

Wer - zur „Entmystifizierung :hehe:“ - einen Blick in die Werkstatt Bob Terzuolas während der Vorbereitungen zur East Coast Custom Knife Show 2010 (New York) werfen möchte, kann das hier tun: http://theknifewife.blogspot.pt/2010/01/3-generations-in-shop-handmade-family.html. Einige weitere Bilder seiner Werkstatt in Albuquerque (New Mexico) vom August 2012 finden sich hier: http://rollerderby-mars.tumblr.com/ - etwas runterscrollen). Die Grafikerin Lydia Roberts, die diese Aufnahmen anläßlich eines Workshops gemacht hat, hat auch einen Entwurf für ein T-Shirt gezeichnet, auf dem der Terzuola-Drache - die „Gefiederte Schlange“ - sehr schön ins Bild gesetzt worden ist (http://lydiarobotica.tumblr.com/).


Out of the box

Am 8. Mai war es da. Selten waren wir so gespannt - bei *der* Vorgeschichte!! Was würde da auf uns zukommen? Hat das Starmate eine besondere Ausstrahlung? Wie sieht es aus? Verarbeitung, Klingenfinish, G-10, der Linerlock … Wie scharf ist die Klinge, wie schneidet CPM® S60V? Gut schärfbar? Wie hält sich ein Tactical der ersten Stunde im Vergleich mit aktuelleren Artgenossen? Fragen über Fragen! Aber der Reihe nach …

Am späten Nachmittag haben wir es - gerade noch vor Schalterschluß - entgegengenommen und ehrfürchtig ins Roadhouse getragen. Die angemessene „Paket-Eröffnung“ hat das PRO Hunter übernommen. Als wir es in der Hand hatten, kam spontan das Gefühl von idealem Gewicht bei angenehmer Haptik auf und wir sahen befriedigt, daß der Eindruck des etwas „unglücklichen“ Klingenfinishs vom Verkaufsfoto daher rührte, was wir angenommen hatten: Die Klinge des Starmate badete in Öl und hatte daher auf den Fotos etwas diffus gewirkt. Auch ansonsten war es leicht „vitrinös“, d.h., es fanden sich Flecken und kleine angebackene Spurenelemente vom langen Lagern. Nach einer kleinen „Behandlung“ mit einem geöltem weichen Tuch und anschließendem Metall-Poliertuch sah es wieder so gut wie nagelneu aus.

Ein beeindruckend einfaches Messer!! Was für eine herrliche Klinge: Groß, langgestreckt, schlank und von hoher Ästethik!! Eine befriedigende Handlage. Das G-10 deutlich unaggressiver als bei den meisten heutigen Messern, so auch die grob strukturierten Jimpings - die nicht aus dem Griff herausstehen. Nach smoothem Klingengang rastet der Liner mit sattem Klack im ersten Drittel der Klingenrampe ein. Und zwar ohne Fehl und Tadel. Die Klinge steht felsenfest. Sollte an der Geschichte mit den Linern mehr dran sein - unser Starmate mit der Nummer 795 ist davon nicht betroffen. Wie dieses einen Millimeter starke, grundsolide und konvex auf den Klingenrücken zulaufende Stück Stahl - sicherungsmäßig gesehen - „versagen“ sollte, erschließt sich uns bei unserem Exemplar jedenfalls nicht. Und wie von Anderen schon zutreffend festgestellt wurde: Wenn ich beispielsweise eine Kiste aufbrechen will, nehme ich ein Brecheisen!

Beim BLADE-TECH PRO Hunter findet sich exakt der gleiche Linerlock (Nested Stainless Steel Liner, 1 mm stark, konvex auf die Klingenrampe zulaufend). Der flache Stahl ist hier sogar nur halb so breit wie beim Starmate und verriegelt das Jagdmesser dennoch einwandfrei. Wir haben es selbst mehrfach intensiv genutzt. Auch bei unserem Para-Military 2 sieht die Sache, was die Art und Stabilität des Liners angeht, nicht anders aus. Ein Mehr an Stahl scheint für die Sicherheit - hohe Material- und Verarbeitungsqualität vorausgesetzt - nicht notwendig zu sein. Eine letzte Anmerkung hierzu. Wenn Bob Terzuola gewollt hätte, daß man seine Messer zu sogenannten Testzwecken mit dem Rücken auf die Werkbank hämmert, hätte er gesagt: „I build knives to be mistreated!“

Das Entsperren des - unter beruhigender Spannung stehenden - Liners erfolgt blockadefrei. Bleibt der Daumen auf dem Liner liegen, läuft die Klinge mit dem kurzen, aber ausreichenden Ricasso auf ihn auf, so daß keine Verletzungsgefahr besteht. Nach Umgreifen kann sie gefahrlos geschlossen werden, wobei sie mit deutlichem Klick unter dem „einrastenden“ Detentball sicher zur Ruhe kommt. Sie ist perfekt zentriert und verläuft am Klingenrücken - von der Spitze beginnend - fast waagerecht, um kurz vor dem Spyderhole (13 mm Durchmesser) stark akzentuiert in einem Winkel von annähernd 90 Grad anzusteigen, was dem Starmate zusammen mit dem - in den Griff eingelassenen - Logo eine unverwechselbare Note verleiht. Diese wird durch die ausgesprochen schön herausgearbeitete „Top-Swedge“ noch unterstrichen. Ein wirklich rundum schönes Messer :).

Das zudem sehr groß ist (7 mm größer als das Umnumzaan) und zum Greifen reichlich Platz läßt. Verschiedenste Positionen lassen sich bequem einnehmen und hinterlassen stets das Gefühl sicherer Handhabung. Die 120 Gramm sind leicht hecklastig, was sich bei Nutzung eines Lanyards noch etwas verstärken dürfte. Das 5 mm starke Lanyardhole ist hülsenfrei, der Edelstahlclip mit Spyder-Emblem Tip-Down ausgelegt. Keine Deep-Carry-Version, da etwa 2 cm Griff aus der Hosentasche herauslugen. Und mit ihnen ein kleines, dezent aus dem Griffende herauslugendes Stück Klingenrampe. Diese kann - wenn man das Starmate von der Seite betrachtet - überhaupt in jeder Hinsicht als herausragend bezeichnet werden! Die Silhouette des geschlossenen Messers erinnert uns (wie auch das Para-Military 2) an die Konturen eines Kanus. Und deutlich an unser erst kürzlich neu erworbenes Chris Reeve Umnumzaan. Wenn man sich dessen Klinge mal mit Spyderhole vorstellt :D

Die 3,6 mm starke Klinge des Starmate ist hohlgeschliffen. Sie trägt auf der Clip-Seite mittig im Bereich des Hohlschliffs die Aufschrift „Golden, Colorado USA“ und darunter „CPM 440V“. Auf der anderen Seite - ebenfalls mittig im Hohlschliffbereich - das Drachen-Logo und dahinter untereinander „SPYDERCO TERZUOLA“. In der oberen Klingenhälfte ist die Nummer „795“ eingelassen, die auch bei geschlossenem Messer sichtbar bleibt. Die Kanten des Klingenrückens sind nicht gebrochen. Beim Spyderhole nur im oberen Halbkreis, so daß sich die Klinge „schmerzfrei“ öffnen läßt. Das Starmate kommt leidlich scharf aus der Box , schneidet problemlos in freihändig gehaltenes Papier, rasiert aber nicht.


At work

Bob Terzuola meint: „I build knives to be used.“ Wir sind da ganz bei ihm! Und haben uns erst mal ‚ne Knifte gemacht. Ein paar Scheiben Körnerbrot, Butter und Käse drauf, drei Tomaten. Wenn’s schnell gehen soll und bei knapp 30 Grad im Schatten genau richtig. Und mit dem Starmate geht es schnell. Ruckzuck sind die Scheiben geschnitten, geschmiert und belegt, die Tomaten geachtelt. Große Klinge, Hohlschliff, hinreichend scharf.

Aber eben nicht rasurscharf. Und das hat uns keine Ruhe gelassen. Wir haben also nach dem Abendbrot den Sharpmaker aufgebaut und ein paar Züge gemacht. Wir waren ernsthaft erstaunt und gut zufrieden mit dem Ergebnis. Feinste Rasurschärfe nach vielleicht 30 Zügen je Seite auf den grauen und weißen Steinen. Also auch hier Entwarnung. Kein Problem, S60V zu schärfen. Es sei allerdings angemerkt, daß wir hier über HRC 56-57 reden. Mal sehen, wie lange der Spaß anhält. Den Frühstücksapfel wird es ja sicher überdauern :eek:. Wir haben uns dann erst mal hingelegt.

Am anderen Morgen stand es schon da und wartete auf seinen Einsatz. Nach dem vorbereitenden Schälvorgang hat es dann aber klargestellt, was sein Erbauer gemeint hatte, als er sagte: „I build knives tob be used.“ Äpfel hatte er NICHT gemeint. Beim ersten Ansatz flogen die beiden Apfelhälften quer durchs Roadhouse. Wir haben den Vorgang dann konsequent zu Ende gebracht und uns - wie schon beim Umnumzaan - für KEINEN Wiederholungsfall entschieden. Nach dem „Säurebad“ sah die Klinge noch besser aus, als nach unserer Grundreinigung vom Vortag. Letzte Anmutungen von Restspuren der langen Lagerung waren verschwunden, die Klinge jetzt wirklich wie neu.

Wir sind dann erst mal weg. Zu Augusto auf einen Espresso - bei hochsommerlichen Temperaturen. Und ein paar Fotos schießen. An der alten Werft und im Fischereihafen Doca Pesca. Das dortige Potential an Material, auf dem sich Messer ablichten lassen, reicht für die nächsten Jahre. Und da es sich beim Starmate ja um ein Jagdmesser handelt, haben wir zur Feier des Tages anschließend ein ordentliches Stück Fleisch eingekauft. Mal sehen, wie das Starmate im Vergleich zu unserem BLADE-TECH Pro Hunter abschneidet, das durch eine Schweinelende gleitet, wie heißer Draht durch gute Butter. Doch zunächst das übliche Prozedere: Zwiebeln und Knoblauch schneiden. Sowieso halten wir nach 13 Jahren Regal oder Vitrine und bei den Mythen und Dämonen, die das Starmate umwehen, Knoblauch für das geeignete Dekontaminierungsmittel.

Es kam, wie vermutet. Zwiebeln und Knoblauch gingen gut von der Hand - das Starmate gleitet durch die Schweinelende, wie heißer Draht …. und schon waren die Fleischbrocken schön knusprig braun. Zu guter Letzt und zur Beruhigung die „Nagelprobe“: Es rasiert noch! Am nächsten Tag wollten wir diesem Zustand näher auf den Grund gehen und haben uns nach einer geeigneten Herausforderung umgesehen. Ein paar Objekte mittlerer Güte waren schnell zur Hand. Nach einer guten Stunde Holzbearbeitung haben wir mal nachgesehen. Nichts! Die Klinge lief unterbrechungsfrei über den Daumennagel. Es rasiert immer noch! Alle Achtung. Ein paar Züge über die weißen Keramiksteine haben wir ihm aber gegönnt - der Odnung halber. Den Abschluß unserer „Magical Mystery Tour“ bildeten einige vergleichende Fotos mit Foldern etwa gleichen Kalibers.

Das Starmate ist stilbildend - ein großes, dabei leichtes, sehr solides, wertiges und schönes Messer mit guten Gebrauchseigenschaften, das alles Notwendige hat, ohne irgendwo zu übertreiben. Es ist so einfach gehalten, wie möglich - aber nicht einfacher. Wer es dabei hat, dürfte den überwiegenden Herausforderungen des Alltags gewachsen sein. Wir wissen seinen Charme zu schätzen und werden - im Sinne Bob Terzuolas - angemessen mit ihm umgehen :cool:.


Spyderco Starmate C55GPE (Y2K)

Gesamtlänge geöffnet: 221 mm
Länge geschlossen: 126 mm
Klingenlänge: 96 mm (scharf 93 mm, die Schneidfase entlang gemessen)
Klingenstärke: 3,6 mm
Klingenhöhe: 30 mm max., zur Spitze hin auf Null zulaufend
Klingenmaterial: CPM® S60V (440V), 56-57 HRC
Klingen-Design: laut Spyderco-Katalog Y2K „Hollow Ground Modified Clip-Point Blade With A Top Swedge“, Jimpings, Satin-Finish; Schneide mit glattem Schliff (wurde auch mit Teilwellenschliff 60/40 produziert); mit Spyderhole (Durchmesser 13 mm)
Exzentrische Achsschraube
Arretierung: Walker Linerlock
Griffhöhe: zwischen max. 32 (vorne), 25-27 (Mitte und hinten)
Griffstärke: 10 mm
Griffstärke mit Clip: 14 mm max.
Griffmaterial: Schwarzes, texturiertes G-10 mit integriertem Terzuola-Trademark-Logo (Drachen-/Schlangengott aus der Maya-Mythologie); Lockseite mit Nested Stainless-Steel-Liner; Clip-Seite nur G-10; Griffrücken mit Spacer geschlossen
Clip: Edelstahl (tip-down) mit Spyder-Emblem
Fittings (Schrauben & Klingenachse): Stainless Steel
Washer: Bronze
Gewicht: 120 Gramm
Lanyard-Hole ohne Hülse: 5 mm
Produktionsdatum: Das Starmate wurde von 1999-2001 hergestellt, die Variante mit glattem Schliff nur in 2000 und 2001. Die ersten 1200 der koproduzierten Spyderco-Modelle werden nummeriert, die ersten 200 davon für Sammler. Da unser Messer die Nummer 795 trägt, sollte es aus dem Jahr 2000 stammen (Y2K) und somit „magische“ 13 Jahre alt sein.



Das Album


A Das Starmate von allen Seiten
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B Das Starmate „at work”


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C Das Starmate im Vergleich (A Relation"ship")


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Aus der Jukebox Cream: “Tales of Brave Ulysses”. Viel Vergnügen wünschen


Johnny & Rock’n’Roll
 
Zuletzt bearbeitet:
Lustiger Bericht. Ich hab nie verstanden, warum Spyderco das Messer nicht in die Dauerproduktion genommen hat, war es doch mit Abstand das beste Spydie. Meins hat Anfang der 2000er ein paar Jahre gute Dienste geleistet, bis es als Werkstattmesser sein Leben ausgehaucht hat. Ich hätte ein Neues genommen, wenn es denn eins gegeben hätte.
 
Sehr schöner und lesenwerter Bericht, Rock'n'Roll, hat mir den gestrigen Abend versüsst. Vielen Dank dafür!
Das Starmate 2 ist beileibe kein schlechtes Messer, nur m.E. völlig überteuert.
Ich habe meins mittlerweile mal demontiert, die scharfkantigen Liner nachbearbeitet und poliert sowie die unschöne Stelle am Ricasso verschliffen.
Nun sieht es auch optisch richtig schön aus, technisch ist es sowieso besser als das Starmate 1, ohne allerdings den Charme dessen zu erreichen.

Ich hab nie verstanden, warum Spyderco das Messer nicht in die Dauerproduktion genommen hat, war es doch mit Abstand das beste Spydie.

Das ist manchmal nicht so richtig nachzuvollziehen, aber zum damaligen Einstellungszeitraum gab es halt viele neue Modelle aus Golden/Colorado/Earth und die Produktionkapazität ist dort knapp.
Das beste Spydie?! Na, es ist schon weit vorne, aber in meiner persönlichen Lieblingsliste steht es doch noch hinter dem Calypso jr., dem big Calypso, dem big Manix 1, dem Zowada, dem Lum Tanto, und den Persians, nur um mal einige zu nennnen.

cheers,
Marcus
 
Die Geschmäcker sind halt verschieden .... glücklicherweise! Denn sonst gäb es wohl nur 1 Spydie. :D
 
Schließe mich an - netter Bericht, wie von R&R gewohnt. Ich hatte mir seinerzeit, nachdem das Starmate 1 aus dem Vergleichstest des Messermagazins als Sieger hervorging, auch bald eins zugelegt. Es war ein "must have": CPM440V war da noch gänzlich unüblich bei Serienmessern und Bob Terzuola war im MM auch schon gewürdigt worden.
Aber - das Starmate wurde eher eine Enttäuschung unter den Spydercos, es wollte einfach nicht in meine Hand passen. Zu gerade gebaut. Der Griff war mir zu kantig, und die Linien des Klingenschliffs vorn auf dem Klingenrücken gefielen mir auch nicht. Und CPM440V zu schärfen war echt $(#**wierig.:glgl:
Folglich war es das erste, das ich irgendwann wieder verkauft habe. Mußte ein Sebie finanzieren, sonst hätte ich es sicher als Sammlerstück aufbewahrt.
Heute denkt man dann des öfteren mal "hättest du bloß..."
 
Ich hab diesen tollen Bericht vor einer Woche gelesen und mir jetzt auch ein Starmate 1 gekauft.



Ich hätte da mal eine Frage: bei meinem Starmate ist der Clip Chrom.
Ich habe auch schon Bilder gesehen da ist der Clip schwarz?

Vielleicht weis jemand warum das so ist.

Hans
 
Ich hätte da mal eine Frage: bei meinem Starmate ist der Clip Chrom.
Ich habe auch schon Bilder gesehen da ist der Clip schwarz?
Beim C55 Bob Terzuola Starmate gibt es beide Cliparten (blank und schwarz beschichtet). Ich erkenne keine Regelmäßgkeit, wann und warum welcher Clip verbaut wurde. Wahrscheinlichste Variante ist, dass man in Golden einfach in die Box gegriffen hat und den Clip anschraubte, der grad greifbar war. Es ist ja der gleiche Clip wie beim Military und auch da gibt es beide Varianten.

Glückwunsch zum neuen "alten" Starmate; das ziehe ich der nachgeschobenen Variante jederzeit vor. Ist, von der Haptik her gesehen, nicht vergleichbar.

Möglicherweise kann peter1960 das Rätsel lösen??
Kann er, der Peter1960 :p
 
Hallo Peter,

danke für Deine Antwort. Ich glaube auch das es sich so verhält wie Du schreibst.

Grüsse Hans
 
Lieber Rock'n'Roll,

vielen Dank für diesen abermals sehr ausführlichen und bestens recherchierten Bericht. Toll, dass du die Zeit für die Recherche des Logos investiert hast. Einen Exkurs in die Mythologie/Religion der südamerikanischen Ureinwohner habe ich wirklich nicht erwartet, aber Überraschungen sind doch immer am schönsten. Außerdem halten genau diese kleinen Details das Hobby „Schneidwerkzeug“ so interessant. Deine Interpretation des Logos ist es jedenfalls. Herr Terzuola würde dem sicher zustimmen. Selbst wenn deine These nicht den Tatsachen entspräche, so wäre sie allemal begründeter, schlüssiger und einfallsreicher als die bisherige Version.
Deine Beiträge übermitteln immer viel mehr als nur Informationen, womit ich keineswegs andeuten möchte, dass du dich nicht mit Stählen, deren Pflege und den Lock-Mechanismen und Griffmaterialien etc. auskennst. Das Gegenteil scheint mir der Fall zu sein, da du zumeist mehr Informationen über die Messer anbietest, als das in den meisten anderen Berichten der Fall ist. Wie auch immer, du schaffst es jedes Mal, dass deine Beiträge innerhalb kürzester Zeit die 1000 Klicks übersteigen und hast dich innerhalb von kurzer Zeit zu einem sehr beliebten Schreiberling in diesem Forum etabliert. Wird wohl an dem „mehr als nur Informationen“ liegen, nehme ich mal an.
Daher ist es mir eigentlich immer egal, welches Messer du gerade vorstellst und ob es mir persönlich gefällt oder nicht. Die Geschichte drum herum, die tollen Fotos und ein kleiner Musiktipp verschaffen mir ganz entspannte 15-20 Minuten, in denen ich mich bestens unterhalten wie auch informiert fühle. Dafür meinen aufrichtigen Dank!
 
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