Stabilität der Klinge

Zwischen dem Dauerbruch (bei nominell elastischer Verformung) und dem Gewaltbruch liegt der Bereich der sogenannten Niederzyklischen Ermüdung, neudenglich LowCycleFatigue, LCF.

Trotz Nennbelastung unter der Elastizitätsgrenze sorgen ungünstige Geometrien für lokale plastische Verformung. Kerbgründe sind da besonders beliebt.

Je nach Ausprägung genügen wenige Lastwechsel. Bruch.

Insofern ist dem Bedeutung beizumessen.
 
LCF, das ist mal eine schöne neue Bezeichnung für das was man aus Gefühl schon immer kennt wenn man einen rostigen Nagel ein paar mal hin und herbiegt bis er endlich abbricht.

Ich sage ja auch nicht, dass Kerben garnichts ausmachen, aber eine reingeschlagene Macke am Messerrücken oder ein moderates Filework nicht gerade an der Stelle größter Biegespannung sollten doch vernachlässigbar sein.

Im Übrigen ist dachte ich immer die Belastung bei klassischem Dauerbruch sei immer im elastischen Bereich und auch 10 Zyklen können ein Dauerbruch sein oder?
Braucht man da LCF strengenommen überhaupt?
 
Ja ok, vielleicht schießen wir hier ein bisschen über das Ziel hinaus.
Aber LCF braucht man schon bei allen zyklisch belasteten Bauteilen und immer dann, wenn ein Bauteil plastisch verformt wird, und sei es auch nur lokal an einer kleinen Stelle.

Die Sache mit dem Nagel stimmt, viel schlimmer ist es z.B. bei Behältern unter Innendruck.

Zur Abgrenzung von den Dauerexperimenten dient hier die Forderung, dass plastisch verformt wird. Durch ungünstige Geometrie kann das schnell passieren, auch wenn man zunächst von aussen nicht sieht.

Und: Dauerfestigkeitsexperimente haben ihren Belastungshorizont immer im elastische Bereich, sie sind spannungsgesteuert, und sie sind integral formuliert.
LCF ist lokal formuliert und dehnungsgesteuert.

Inwieweit eine Kerbe im Rücken des Messers gefährlich ist, hängt von ihrer Art ab, ihrer Tiefe, und vom Werkstoff, d.h. von der Legierung, von der Wärmebehandlung.

Hört sich alles dramatisch an. Ist es auch.
 
Auch wenn das jetzt mit Messern direkt nichts mehr zu tun hat:

Spricht man auch von LCF wenn sich die lokale plastische Verformung nur beim ersten Mal einstellt und dann durch die Geometrie- oder Gefügeänderung bei den folgenden Belastungen nur mehr elastische Verformung bis exakt an die Streckgrenze auftritt?

Z.B. eine Druckfeder, die unzulässigerweise auf Block belastet wird.
Oder ein Zugelement das sich bei der ersten Überlastung plastisch verformt und dabei so verfestigt dass es die nachfolgenden Belastungen elastisch nimmt.
 
1) Hallo Exodos:
RESCHPEKT!
Klasse, so eine Simulation zuhause machen zu können.

2) Da könntest Du jetzt dem Jürgen Schanz ausrechnen, wieviele Panzer er auf seine Messerklingen stellen könnte, bis sie krumm werden!
Gerhard

Hallo Gerhard,

1) jetzt kennst Du ja einen jüngeren, den Du fragen kannst!

2) Panzer WERDEN nicht krumm, egal wie dick Jürgens Messer sind!

Hans
 
Hallo Exodos:
Bei der 2. Geometrie ist doch einiges an Material weg. Dass da nur so 12 bis 15% Unterschied in der Durchbiegung sind ist doch bemerkenswert!

Jetzt wäre natürlich noch interessant, wenn das Profil sich (wie bei den meisten Klingen) nach vorne verjüngen würde:
Möglicherweise würden die Unterschiede dann deutlicher werden.

Über die Belastung der einzelnen Klinge sagt die Durchbiegung ja noch nichts aus. Deshalb wären die Dehnungen bzw. Spannungen an der Einspannung interessant.

Hans
 
Guten Abend!
Ich denke, dass eine ballige Schneidengeometrie einen guten kompromiß zwischen Stabilität (auch bezüglich Biegebelastung) und Schneidleistung bietet.
Die Einflussfaktoren (Schneiden-, Klingen-)Geometrie, Material und WB sowie Oberflächenbeschaffenheit (Ecken, Kerben, Risse) und nicht zuletzt der Krafteinbringung sind nicht immer von einander getrennt zu betrachten.

Zum Beispiel: Durch WB entstehende Risse und/oder Grobkörnigkeit in Abhängigkeit vom Klingenwerkstoff und desser Zusammensetzung(Legierungbestandteile und deren Verbindungen); Messergestaltung mit Filework, Klingen-Griff-Übergang und/oder der Oberflächenrautiefe (Schleifriefen mit Kerbwirkung)

Mir kommt das alles sehr komplex vor.
 
Müsste man bei dieser (überaus interessanten) Betrachtung nicht auch noch die Wirkung der "Kante" auf 3/4 bzw. 4/5 Höhe mit einbeziehen? Im Endeffekt haben wir an dieser Stelle doch sowas wie einen "Knick" - wenn ich mich jetzt an Versuche erinnere, eine Profilleiste mit 90° Winkel zu "knicken" - da kam es mir immer so vor, als ob es nochmals wesentlich schwerer wäre, als die gleiche Menge des gleichen Materials als Flachmaterial, oder auch als Rundmaterial zu knicken...
Auch wenn wir hier von einem wesentlich kleineren Winkel ausgehen, sollte diese Kante doch eine gewisse (dadurch ja, abgesehen vom zusätzlichen Material, vollständig der Geometrie zuzuschreibende) Auswirkung auf die Stabilitätseigenschaften haben. Oder bin ich da gerade auf nem völlig falschen Dampfer?!?
Wenn man im Praxistest zwei "Klingen" machen würde, die bis auf die unterschiedliche Geometrie (Dreieck, oder "Haus") gleich viel Material je Querschnitt haben, müsste dann nicht das "Haus" aufgrund der zusätzlichen "Kanten" biegestabiler sein, als das Dreieck des durchgezogenen Flachschliffs??

Gruß tribernium
 
Dann könnte man auch gleich noch eine Klinge mit beidseitiger Hohlkehle, in dem "Rechteckigen" Bereich, betrachten :cool:.
Ich würde annehmen, das zu dem ohne Kehle, kaum ein Unterschied besteht.:argw:
 
Müsste man bei dieser (überaus interessanten) Betrachtung nicht auch noch die Wirkung der "Kante" auf 3/4 bzw. 4/5 Höhe mit einbeziehen?

Die Steifigkeit des Profils wird durch das Widerstandmoments des Querschniitts beschrieben, die Kante alleine bringt keinen eigenen Steifigkeitszuwachs.

Was Du vielleicht meinst sind Kanten, Sicken etx. bei Blechen. Die bringen einen Steifigkeitszuwachs, aber auch nicht durch die Kante (von der Kaltverfestigung mal abgesehen), sondern weil das Blech durch die insgesamt grössere Profilhöhe ein grösseres Widerstandsmoment besitzt.
 
Ja, genau diesen Steifigkeitszuwachs von Profilblechen meinte ich (insbesondere in meinem Beispiel) - das es (eben neben einer evtl. Kaltverfestigung) nur an "der dritten Dimension" - also der erhöhten Tiefe/Stärke des Materials liegt und kein weiterer Effekt beteiligt ist, wusste ich bis jetzt noch nicht.

Gruß tribernium
 
also der erhöhten Tiefe/Stärke des Materials liegt

Nicht des Materials, in meinem Beispiel des Bleches: Wenn es z. B. 0.7 mm dick ist ist es auch am Knick/Sicke 0.7 mm dick.
Der Steifigkeitszuwachs kommt aus der Veränderung der FORM.

Ein gutes Beispiel ist ein Rollmassband: Es hat keinen Knick und ist überall gleich dick, seine Steifigkeit erhält es ausschliesslich aus der Wölbung, die aus dem ebenen dünnen Blech ein Profil mit grosser Höhe macht.
 
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