Stahlfragen zu 1.2235 und mehr

Erka

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Ich habe zwei erste Messer aus diesem Stahl (1.2235) gemacht, da ich ein 2mm-Blech ergattern konnte.
Wärmebehandlung erfolgte im Rahmen meiner Möglichkeiten mehr schlecht als recht auf dem Grill bis unmagnetisch, abkühlen in Öl und 2 x 1 h im Backofen bei 190-200°C.
Da ich diese ersten Versuche recht ermutigend fand, möchte ich auch weitermachen, das nächste Werk soll z.B. ein Geschenk für meinen Neffen werden. Also zum Schnitzen, Obst/Wurst/Brotzeit und gelegentlich mal einen Pappkarton schneiden etc.
Das Ganze ist ja doch ziemlich arbeitsaufwenig, so dass ich lieber vorher fragen wollte, was von diesem Stahl eigentlich zu halten ist, oder ob ich mir von einem anderen Stahl deutlich mehr (im Sinne erzielbare Schärfe / sinnvoller = stabiler Schneidenwinkel, Schnitthaltigkeit, Rostempfindlichkeit...) erwarten dürfte. Schön wäre ein Stahl, der auch nach einer primitiven WB was leistet (weils einfach Spaß macht), aber wenn sich das Ergebnis lohnt würde ich das Messer notfalls auch zum Härten geben.
Da ja nicht jeder alle Stähle im Kopf hat: Bei Bestar habe ich folgende %-Angaben gefunden:
C 0,8-0,85
Si 0,25 - 0,4
Mn 0,35 - 0,7
P < 0,025
S < 0,012
Cr 0,5 - 0,7
V 0,15 - 0,25

Wär schon, wenn mir jemand was zu diesem Stahl oder guten Alternativen sagen könnt.

Grüße
Rainer
 
Hallo Erka,

wie es scheint bist Du garnicht soweit weg von einer sehr guten WB. Mit ein wenig Erfahrung kannst Du den Stahl zu sehr guten Leistungen bringen mit deiner Methode.
Mein Tipp: weiter experimentieren damit und dir Erfarungen verschaffen. z.B. Probestücke härten und anlassen und dann brechen und das Gefüge ansehen.
Zu dem angesprochenen Härten wie du es machst, das ist ja keine absolut geaue sache mit den einfachen mitteln, das wird auch nie was richtig 100%iges werden.
Daher solltest Du dir bewusst sein dass deine Ergebnisse auch stark voneinander Abweichen können.
Jeden Tag sieht man z.B die Glühfarben anders... auch dein Herd kann massive Teperaturabweichungen von der eigendlich eingsetellten TEmp haben.
Z.B. mein Herd lasse ich erstmal 1-2h vorlaufen bevor ich die Klingen reinlege weil die Abweichungen bei den Küchenherden zum Teil schon mal 70-80 Grad sein können in der Anheizphase.
Der Charakter des Stahles ist maximale Härte bei maximaler Zähigkeit weil er wenn überhaupt nur ganz feine Karbide hat. Er lässt sich daher sehr fein ausschleifen siehe Herder und ganz leicht schärfen.
Richtig behandlet (WB, Geometrie) sollte er ein wirklich gutes Messer geben, das viel kann aber auch abkann.
Grüße Roman
 
1.2235 ist wie jeder leicht legierte eutektoidische Stahl für Messer mit feinen und stabilen Schneiden bestens geeignet.
Die vorgeschlagene Härtemethode mit Temperaturkontrolle mit dem Magneten ist auch in keiner Weise zu beanstanden. Wenn das sorgfältig und gleichmäßig gemacht wird, kann es man auch mit der besten Ausrüstung nicht viel besser machen. Ob man bei den kleinen Abmessungen einer Messerklinge in kaltem, warmem oder heißem Öl abschreckt, in altem Motorenöl oder richtigem Härteöl oder feinstem kaltgepressten Nußöl, macht nur marginale Unterschiede. Auch das Anlassen im Backofen oder auf Farbe oder wie auch immer macht keine wirklichen Unterschiede in der Leistung aus. Da sollte jeder experimentieren und seine Methoden entwickeln, mit denen er gut zurecht kommt, im Zweifel werden sie sich alle nicht viel geben.
Wichtiger ist die Vorgeschichte des Stahls. Wird er nur geschliffen, wie wird er geschliffen, wurde er geschmiedet-in welcher Temperaturspanne- mit welchem Verformungsgrad- wurde er vernünftig normalisiert, gegebenenfalls weichgeglüht- das sind Einflußgrößen, die den Erfolg massiv beeinflussen können.
Ich würde an Erkas Stelle so weitermachen, wie bisher und die Ergebnisse beobachten.
MfG U. Gerfin
 
Danke für Eure Tipps und die Ermutigung. Peinlich, dass es zu diesem Stahl schon einen Beitrag gibt hätte ich eigentlich auch merken können ;)
Dann werde ich mal mit dem Material weitermachen. 30° dürften doch mit diesem Stahl eine gute Gebrauchsschneide geben?
Vielleicht noch eine Frage (Thema "Vorgeschichte des Stahl"): Es handelt sich um alte Holzsägeblätter. Der Stahl ist also bereits irgendwie vergütet / wärmebehandelt und wurde von mir bisher einfach so weiterverarbeitet (geschliffen etc.), was ja auch für den Anfang schon ganz gut geklappt hat. Wäre es dennoch angeraten, hier noch einmal vor dem Bearbeiten und Härten zu normalisieren und / oder weichzuglühen? Wenn's nicht sein muss lasse ich es, da ich sonst nur wieder einen Schritt mehr habe bei dem ich etwas falsch machen kann. Denn was mir mangels Erfahrung und Übung sicher nicht so gut gelingt, ist eine Temperatur gleichmäßig über die Klinge und einigermaßen konstant über einen gewissen Zeitraum zu halten.

Grüße Rainer
 
Nun wenn Du den Stahl einfach rausschleifst kann er noch nach der bearbeitung spannungen aufweisen die dann beim Härten in Verzug enden.

Nachdem der Stahl ja vorvergütet ist brauchst Du von diesem Standpunkt aus gesehen ansich kein Normal und Weichglühen zu machen, denn man kann von eine brauchbaren WB ausgehen und du hast ansich ein gutes Ausgangsgefüge zu erwarten.

Allerdings wäre es schon sinnvoll nach der schleiferei zumindest spannungsarm zu glühen um das Verzugsrisiko zu vermindern.

Noch besser wäre natürlich das weichglühen denn dann könntest Du das Stück auch besser bearbeiten vom Zeitaufwand dem Spannungsarmglühen gleichzusetzen nur mit ein wenig höherer Temp.

Persönlich mache ich das WG immer da ich einen möglischt genau definierten Zustand im Materail haben möchte und speziell bei diesem Stahl ist der Aufwand gering da er noch an der eutektischen Grenze liegt und somit in 2-3 stunden alles erledigt ist.

Es liegt bei Dir ..

RGDS Roman
 
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