Hallo Dimm !
Deine Frage greift ein allgemeines Problem der Ledeburitstähle auf: Durch die hohe Legierung und insbesondere den hohen C- Gehalt entstehen schon in der Schmelze sogenannte Primärkarbide, die durch einfache Wärmebehandlungen nicht zu verfeinern sind. Sie werden beim Walzen und Schmieden zertrümmert und die "Trümmer" werden in Verformungsrichtung mitgenommen. Oft entsteht dann hinter den Karbidresten noch ein Vakuumschwänzchen. Der Stahl im Endzustand ist dann von Karbidschlieren durchzogen, die der Verformungsrichtung folgen. Im rechten Winkel zur Verformungsrichtung sieht man dann nur die jeweils angeschnittenen einzelnen Karbide. Wie Du richtig bemerkt hast, führt das zu erheblichen Unterschieden in Längs- und Querrichtung. Als Faustregel kann man sagen, daß die mechanischen Eigenschaften in der Längsrichtung doppelt so gut sind, wie in der Querrichtung-oder besser-daß die Eigenschaften in Querrichtung nur halb so gut sind, wie in Längsrichtung. Man hat versucht, diesen unerwünschten Zustand durch gleichmäßiges Verformen in alle Richtungen- also abwechselnd Strecken und Stauchen- zu vermeiden, letztlich aber weder mit dem gewünschten Erfog noch mit vernünftigem Aufwand. Dies hat dann unter anderem zur Entwicklung der PM-Stähle geführt, die diese unerwünschte Eigenschaft der Anisotropie nicht haben.
Konkret für eine Messerklinge bedeutet die Anisotropie: wird die Klinge aus einem Stahlstück gefertigt, bei dem die Karbidschlieren parallel zur Schneide laufen-Längsrichtung- so ist die Stabilität des Klingenkörpers kaum beeinträchtigt, die Schneide selbst ist aber gegen Seitdruck sehr empfindlich. Folgt die Klinge selbst der Querrichtung, so ist die Schneide stabiler, der Klingenkörper selbst hat aber nur ca 50 % der Festigkeit im Vergleich zur Längsrichtung.
MfG U. Gerfin