Stahlsorte für handgefertigtes Jagdmesser

Thorsten S.

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Moin, Moin zusammen!

Bis ich das Forum entdeckt habe, dachte ich, ich hätte mich schon "schlaugelesen"
in Sachen Messer und Material. Aber jetzt muss ich gestehen, dass ich mir vorkomme wie Goethes Faust :irre: !
Nach einigen Suchen im Forum frage ich nun doch direkt:

Ich möchte mir ein Jagdmesser handfertigen lassen und suche nach dem passenden
Stahl. Die Aufgaben des Messers sollen sein:
Kaninchen, Geflügel zu zerlegen und ggf. soll es auch mal mit auf einen Ausflug ins Grüne mitgenommen werden. Ich werde aber mit dem Messer keine Bäume und Strauchwerk umhauen oder das Messer als "Wagenheber" missbrauchen.
Außerdem soll es rostträge sein und sich von mir mit japanischen Wassersteinen
nachschärfen lassen ohne das ich Blasen an den Fingern bekomme.

Einige Stahlsorten wie 1.4111 und Elmax wurden mir bereits empfohlen.
Wie sieht Eure Meinung aus? Welchen Stahl kann ich für diese Aufgaben am
besten benutzen?

Gruß

Thorsten
 
RWL-34 ist stark verbreitet, recht rostbeständig, nicht zu grobkörnig und läßt sich auch mit Feld-/Wald- und Wiesenmitteln nachschärfen.
 
Hm, den RWL 34 hätte ich spontan nicht empfohlen, weil der aus meinem Bestand am schwersten zu schärfen ist. (Hinweis: subjektive Erfahrung).

Wichtig wäre, dass Du Dir über die Geometrie im klaren bist. Eine Klinge, die (bei einem V-förmigen Schneidenwinkel) über der Schneide 0,5 mm dick oder ein wenig dünner ist, bietet Dir eine schmale Schneidenfase (die Fläche, die beim Schärfen auf den Stein gelegt wird). Je schmäler, je besser zu schärfen, weil weniger Material abgetragen werden muss. Eine solche Überlegung wird Dir weiter helfen, als die Stahlwahl. Von Deiner geplanten Verwendung her würde sich das sicher anbieten. Mit dickeren Klingen wärst Du nicht so glücklich.

So dünn, wie ein Chef - Knife würde ich nicht gehen, 0,5 bis 0,3 mm sollte reichen.

Als Stahl bietet sich Dir jeder, der einige Karbide enthält, wegen der Verschleißbeständigkeit. Macht sich bestimmt besser, wenn Du im Dreck arbeitest und nicht viel wert auf eine superfeinenSkalpelschnitt legst, sondern mehr darauf, dass viel Hase abezogen wird, bevor geschärft wird.

Ein 1.4111 ist eine gute Wahl. Wenn Du einen Macher hast, der sich mit dem Stahl auskennt, brauchst Du nicht mehr weiter zu lesen.

Alternativ ginge auch ein 1.2379. In jedem Fall würde ich mich von dem Messermacher beraten lassen und den nehmen, den er selbst oft verarbeitet. Das sollte sichern, dass er eine gute Bezugsquelle hat. Denn diese Stähle unterscheiden sich je nach Herstellung stark in ihrer Qualität als Klingenstahl.

Bevor jetzt jemand Schreit:"Wie kannst Du nur einen 1.2379 empfehlen, wenns einfach zu schärfen sein soll?"

Ein 1.2379 bietet bei der Wärmebehandlung die Möglichkeit, ihn im Sekundärhärtemaximum anzulassen. Eine solch behandelte Klinge nenne ich mein eigen und finde, sie ist leicht zu schärfen, obwohl die Schneidfase ernorm ist. Die Schneide wird auch bei längerem Gebrauch nicht so grob, wie ich es von einer "normal" behandelten 1.2379 Klinge her bemerkt habe. Sie bleibt aber lange scharf. Bei der von mir vorgeschlagenen Geometrie spielt die geringere Zähigkeit des 1.2379 noch keine Rolle. Die Rostbeständigkeit ist auch im SHM noch gut.

Wenn Du noch keinen Macher hast: Peter Abel und Jürgen Schanz kennen sich mit 1.2379 gut aus.

Markus Balbach meinte mal: "Wenn Du jemandem ein Messer aus 1.2379 gibst und nicht sagst, was es ist, sind die Leute meistens hellauf begeistert."

Wenn Du auf Rostbeständigkeit verzichten kannst, weil Du keine dreckigen Messer wegsteckst. Also Du wischt Sie an der Hose oder nem Lappen vorher mal ab, schau Dir mal an, was über Stähle wie 1.2550 oder so gesagt wird.

Du hättest den Vorteil der höheren Biegsamkeit, heißt, du könntest eine dünnere Klinge kriegen, die biegt bevor sie bricht (wobei ich gerne mal eine Statistik hätte, die aussagt, wie weit man einen 1.2379 biegen muss, bevor er bricht. Denn: Wenns bis 20° geht, ist m. E. jeder selbst dran Schuld, wenns zweiteilt. Keine Ahnung, ich probiers nicht aus.), die wegen der geringen Stärke eine feine Fase bietet, die leicht zu schärfen ist und verschleißfest ist wegen dem enthaltenen Wofram.

Uli Hennicke wäre da eine Adresse, Peter Abel weiß ich nicht.

Die schwedischen rostfreien lasse ich Snob mal außer Acht. M. E. ist die Verschleißfestigkeit bei Chromstählen zwar vorhanden aber nicht so berühmt, wie die von Chrom - Molybdän - oder Chrom - Molybdän - Vanadium - oder Wolfram - Stählen. Das ist auch subjektiv und soll Dich nicht über Gebühr beeinflussen.

Ich denke, schau dass Du weißt, wie das Messer aussehen soll, welche Eigenschaften sehr wichtig oder weniger wichtig sind und lerne mal ein paar Macher kennen. Danach entscheide Dich für die Stahlsorte.

Hast Du vor einiger Zeit die Reportage von Bednartz über Sibirien gesehen? Da sind einige Jäger gefilmt worden und deren Messer. Mann, die waren dünn! Die haben das gleiche "Problem", wie Du und verwenden Klingen, na so etwa 3 bis 3,5 mm am Rücken und sehr dünn auslaufend. Biegsam, aber nicht wabbelig.

Hoffe, das hilft.
 
also ich denke, das läuft immer wieder auf die Frage nach der persönlichen Vorliebe hinaus.
Entweder feine Schärfen mit feinen Winkeln und etwas höheren Härten ~61-62HRC aus weniger verschleissfesten aber fein strukturierten Werkstoffen (12c26, AEB-L z.B.). Das sind dann eher dünnere Klingen, die man mit Bedacht einsetzt und die empfindlicher auf Dreck reagieren. Viele Leutz aus den nordischen Regionen schwören auf sowas. Und die von exilant genannten messer aus dem Tv-Beitrag werden wahrscheinlich aus derartigem Materail gemacht sein.
Oder aber abriebfeste Karbidhaltige Stähle wie z.B. 440C (1.4125), D2, RWL 34(1.2379), Ats34 (154Cm), die Cpm Familie oder eben Elmax.
Diese Stähle unterscheiden sich schon noch einmal erheblich voneinander, doch allen gemein ist, dass sie im Verhältnis zu den o.g. keine feinen geschlossenen Schneiden bilden und dann überzeugen, wenn ein Art "Sägerauhigkeit" an der Schneide erwünscht ist. Das bedeutet für eine Klige aber auch eine etwas massivere Ausführung und Zugabe an Schneidenwinkel etc. Diese Stähle sind hierzulande recht beliebt. Sie sind weniger empfindlich bei Dreck und Sand, nehmen aber eben nicht so feine Schärfen an und schleifen sich auch schwieriger.
Ich selber bin kein Jäger, aber die paar Male, die ich einen Hasen abgezogen habe, hat mich mein großes Lindermesser aus Ats 34 nicht überzeugt.
Ich würde mich von der Rostträgheit verabschieden und für die "roten Sauereien" ein Messer aus 1.2552 oder 1.2519 machen, Klinge zwischen 6-7cm lang, Flacherl und Kohlefaser oder g-10 Griffschalen. Ich bin an sich kein Freund der künstlichen Materialien, aber bei solchen Arbeiten finde ich es einfach praktisch. Diese Stähle aus der 1.25xx Familie sind wolframhaltig und haben einiges an feinen Karbiden, was feine Winkel zulässt und trotzdem auch verschleissfest ist.

gruß,
torsten
 
Naja, mein Jagdmesser ist hier zu sehen, aber 52100 kann man wohl kaum empfehlen wenn nach rosträgheit gefragt wird. Zudem ist es für Niederwild (haben wir hier kaum, außer Rehwild) völlig überdimensioniert.

Ich habe kein Problem mit Rost und, daß ich gelegentlich über's Abziehleder muß das stört mich auch nicht, aber die Geschmäcker sind verschieden. Wenn "Thorsten S." mit einem jap. Wasserstein schleift, dann wird er auch keine Probleme mit einem RWL-34@60HRc haben.
 
Meine Frage noch einmal präziser

Hallo,

und danke für die ausführlichen Antworten! :D
Leider habe ich das schon fast beführchtet, dass mir die Werkstoffnummern nur so um die Ohren fliegen. Ich kenne diese leider nicht auswendig.

Daher muss ich meine Anforderungen noch genauer beschreiben und hoffe, dass ich darauf noch einige Antworten bekomme!

Wie bereits beschrieben möchte ich mit dem Messer Kaninchen und Geflügel zerlegen und außerdem beim Picknick den Schinken dünn abschneiden können.
Ich mag es, wenn die Klinge schön scharf ist und auch möglichst lange so bleibt.
Das Messer soll mit einem Holschliff versehen werden, damit die "Schneide" schön dünn ist. Außerdem soll das Messer mit Gravuren versehen werden, denn es sollen noch Generationen nach mir das Messer bestaunen. Da ich es allerdings benutzen werde, darf ich natürlich nicht so häufig Nachschleifen, dass in ein paar Jahren von dem Messer nur noch ein "Eispickel" übrig geblieben ist.
Ich hoffe das ich meine Anforderungen genau genug gestellt habe!?
Es müssten jetzt nur noch wenige Stähle übrig bleiben. Wenn Ihr mir einen Stahl nennt, so bitte ich um ein paar Merkmale des Stahles, damit
ich mir ein Bild davon machen kann!
Danke schon mal im Voraus!

Gruß

Thorsten
 
xtorsten schrieb:
Oder aber abriebfeste Karbidhaltige Stähle wie z.B. 440C (1.4125), D2, RWL 34(1.2379), Ats34 (154Cm), die Cpm Familie oder eben Elmax.

Da hast du wohl RWL, D2 "und" 1.2379 etwas durcheinandergewürfelt.
D2 = 1.2379
RWL34 = RWL34

:D
 
stimmt, du hast recht! :super:
ich habe beim Durchlesen gemerkt, dass ich den RWL vergessen habe und ihn noch mal eben schnell eingefügt!!

gruß,
torsten
 
exilant schrieb:
Hast Du vor einiger Zeit die Reportage von Bednartz über Sibirien gesehen? Da sind einige Jäger gefilmt worden und deren Messer. Mann, die waren dünn! Die haben das gleiche "Problem", wie Du und verwenden Klingen, na so etwa 3 bis 3,5 mm am Rücken und sehr dünn auslaufend. Biegsam, aber nicht wabbelig.

Hoffe, das hilft.

Leider habe ich den Film nicht gesehen!
Aber nach Deiner Beschreibung könnten es auch Messer aus dem Metzgerbedarf sein! Ein befreundeter Jäger benutzt solche auch! Die zieht er ein paar Mal auf dem Wetzstahl ab und dann sind diese auch scharf. Die Messer haben aber einen (nein zwei) große Nachteile:
Erstens werden diese im nu wieder stumpf (leider kenne ich den Stahl nicht) und zweitens sehen die Messer nicht besonders schön aus.

Gruß

Thorsten
 
hi thorsten,

Da ich es allerdings benutzen werde, darf ich natürlich nicht so häufig Nachschleifen, dass in ein paar Jahren von dem Messer nur noch ein "Eispickel" übrig geblieben ist.

rwl-34, d-2, ats34(154cm) sind alles ordentliche stähle für den alltagsgebrauch. doch wenn du einen wirklich verschleißfesten
stahl mit hoher schnitthaltigkeit suchst, dann lass dir ein messer
aus cpm, oder elmax. (muss ja nicht unbedingt s90v sein) s30v oder
die deutsche variante vom s60v(m-pm440mod) fertigen.

;) natürlich werden jetzt einige ihre einwände äussern ist ja ok.

lass dich am besten von einem "Veteranen" der Messermacher wie
Peter Herbst o. Richard Hehn beraten.

frohes fest

mic
 
Zuletzt bearbeitet:
doch wenn du einen wirklich verschleißfesten
stahl mit hoher schnitthaltigkeit suchst, dann lass dir ein messer
aus cpm, oder elmax. (muss ja nicht unbedingt s90v sein) s30v oder
die deutsche variante vom s60v(m-pm440mod) fertigen.


Hallo Michael,

so trifft man sich wieder! :)
Wir hatten gestern miteinander telefoniert! Ich muss schon sagen in
diesem Forum komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus!

Du hattest mir den elmax superclean empfohlen. Kann ich diesen auf
japanischen Wassersteinen nachschleifen? Und kann man den elmax mit
dem 154 CM vergleichen (Ich glaube mein Buck-Knife ist aus diesem Stahl gefertigt) ?
So habe ich einen direkten Vergleich!

Danke noch einmal für Deine nette Beratung! :super:

Gruß

Thorsten
 
selbstverständlich kannst du elmax auf einem wasserstein schärfen.

aber elmax u. 154cm sind zwei völlig unterschiedliche stähle.
154cm ist die amerikanische variante des ats-34

elmax kannst du mit s30v vergleichen, wobei ich denke, der
elmax ist tendenziell hochwertiger einzustufen ist.
elmax wird übrigens viel in der chirurgie als "schnittwerkzeug"
eingesetzt.

nun habe ich soviel von elmax geschrieben, das heisst aber nicht,
das ich ein vertreter von uddeholm bin. sind halt meine erfahrungen
mit diesem stahl. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
elmax kannst du mit s30v vergleichen, wobei ich denke, der
elmax ist tendenziell hochwertiger einzustufen ist.

Wie sieht es mit dem Gravieren aus? Wir hatten darüber gesprochen,
dass ein CPM 420 V sehr schwierig zu gravieren ist und desshalb wohl
auch sehr teuer ist.
Wie sieht es beim Elmax aus? Gibt es auch einen größeren Nachteil wenn ich diesen Stahl für meine Zwecke einsetze?
(Ich denke event. an einen sehr breiten Messerrücken, weil vielleicht das
Blatt sehr dick gewählt werden muss um nicht zu "brechen"?)

Gruß

Thorsten
 
nach aussage meiner bevorzugten graveurin lässt sich dieser
stahl ganz gut gravieren.

ich glaube bis du ein messer zerbrichst werde ich noch einmal neu
geboren, ist eher unwarscheinlich. hängt auch zu einem grossen
teil an der erfolgen wärmebehandlung ab. aber ich denke
das brauch dich nicht zu beunruhigen, das du es unter normalen
bedingungen schaffts das messer abzubrechen. wäre auch schade um die gravur :(

so muss scnell in die urne, sonst verschlafe ich morgen wieder:)

bis dann

gruß
michael
 
Kauft euch ein weisser Misarka Stein von www.feinewerkzeuge.de ! Der Stein benutzt man trocken (mit Gummi halter!) und es schneidet alle Stähle sehr schnell. Pronto hast du ein Grat. Dann auf einen schwarzen Arkansas Stein (mit Öl auch in Gummihalter) und Grat weg, dann Schneide polieren. Dann kannt ihr machen wie ich: alle die lästige Wasserstein verkaufen! :lach:
 
Für die Administratoren und Moderatoren

Moin, Moin nochmal!

Ich bin schon ein Schritt weitergekommen. :super:
Nun aber noch ein Wort an die Moderatoren:
Für mich ist es im Moment so, dass sehr viel über die Werkstoffnummern
gesprochen wird und es vorausgesetzt wird, dass man diese kennt. Leider
kenne ich mich nicht so gut mit den Werkstoffnummern und Materialbezeichnungen
aus wie einige Forenmitglieder.
Jetzt habe ich versucht über die FAQs (dort funktionieren übrigens einige Links
nicht mehr!) oder über die Suchfunktion näheres über einzelne Stahlsorten
wie 1.4111, 1.25xx, 1.23xx usw zu erfahren. Es wäre sehr hilfreich für Messerliebhaber wie mich in den FAQs eine komplette Liste zu finden, in der nicht
nur die Zusammensetzung sondern auch Informationen über Schnitthaltigkeit,
Eigenschaften beim Zug- oder Druckschnitt Korrosionsbeständigkeit, Brucheigenschaften, etc. beschrieben sind.
Ich glaube, dass diese Fragen auch immer wieder aufgeworfen werden.
Übrigens solche Datenblätter wie im Anhang von Romans Buch sind ganz gut.

Gruß

Thorsten
 
Du meinst sowas? http://www.messerforum.net/_sonstiges/stahltabelle.html

Wenn Du es noch genauer brauchst, kann ich Dir Romans Buch empfehlen. Da steht alles drin. "Messerklingen und Stahl".

Hallo WalterH,

im Prinzip meine ich solch eine Tabelle. Die habe ich auch schon gefunden. Aber
wie gesagt, sagen mir die reinen "Zutaten" nicht sehr viel. Da fehlen mir die Beschreibungen zu den Eigenschaften.

Das Buch von Roman habe ich wie gesagt auch gelesen. Es behandelt allerdings nur einige Stahlsorten. Außerdem habe ich ein seltsames Gefühl bei der Bewertung der Stähle, da einige ansonsten hoch im Kurs stehenden Stähle nicht sehr gut wegkommen. Wie zum Beispiel die CPM T440 Stähle. Richard Hehn zu beispiel
bewertet diese Stähle ganz anders.

Gruß

Thorsten
 
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