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Moin,
während der Recherchen zum Vintage Weltersbach Weidmannsheil fiel mein Blick auch auf die kleine Solinger Manufaktur Josef Th. Diefenthal. Sie hatte 1997 nach dem Betriebs-Ende von Weltersbach die europäischen Markenrechte an der Marke „Weidmannsheil“ übernommen.
In den Foren werden die Jagdmesser von Diefenthal durchweg gelobt. Pitter beispielsweise hat sich 2009 wie folgt dazu geäußert:
„Try Diefenthal, if you are searching for classic knives, which are made in germany - very well made. But widely unknown. I recently had some models here for my work on the 2010 knife katalog of the "Messermagazin" - and I was quite impressed.“
Um Mißverständnissen gleich von Anfang an vorzubeugen - Diefenthal hat keine Weltersbach-Messer nachgebaut, sondern das Label „Weidmannsheil“ lediglich zu Marketingzwecken genutzt. Chargen herkömmlicher Diefenthal-Messer wurden anstelle des hauseigenen Markenzeichens (drei rotierende Klingen) mit dem Weidmannsheil-Logo versehen.
Ein Diefenthal Weidmannsheil hat also vom Grundsatz her nichts zu tun mit einem Weltersbach Weidmannsheil. Es ist und bleibt ein eigenständiges Messer. Es gibt ein- und dieselben Modelle sowohl mit dem einen wie mit dem anderen Logo. Auch Mischversionen sind in Umlauf, mit Diefenthal-Logo auf der Klinge und Weidmannsheil-Logo auf der Griffschale.
Was dem Umstand geschuldet sein mag, daß Diefenthal kurz davor ist, aus Altersgründen zu schließen. Und noch Altbestände abverkauft werden. Teilweise wohl aus Restbeständen zusammengebaut. Große Händler wie Frankonia werden nicht mehr beliefert.
Ich habe nach intensiver Recherche aktuell nur bei drei Händlern noch kleine Bestände vorgefunden: Toolshop, Rockys Messershop, Jagdhütte Sachsen. Ein älteres Exemplar in einem Auktionshaus.
Ich hatte genau drei Versionen des mich interessierenden 3-teiligen Modells 120 - neu und gebraucht, so oder so gelabelt - zur Wahl: Neu mit Weidmannsheil-Logo, so gut wie ungebraucht mit Weidmannsheil-Logo, alt und gebraucht mit Diefenthal-Logo auf der Klinge.
Und habe mich für das so gut wie unbenutzte Exemplar in bester Verfassung mit Weidmannsheil-Logo (auf Griff und Klinge) entschieden. Wesentlich für die Entscheidung waren hierbei nicht zuletzt auch die im Vergleich exzellenten Hirschhornschalen. Der Verkäufer hat das Messer in der zweiten Hälfte der 90er erworben. Es ist also rund 20 Jahre alt und gehört zu einer Charge der ersten mit Weidmannsheil gelabelten Exemplare.
Es gibt die Modelle in zwei Versionen. Einmal eher breit ausgelegt mit eckigem Heck und eckigen Backen. Zum anderen schlanker bauend und vorne wie hinten abgerundet.
Über das Unternehmen Diefenthal gibt es im Netz so gut wie keine erhellenden Informationen. Die Jagdhütte Sachsen vermeldet: Tradition seit 1908. Laut Rockys Messershop steht es kurz vor der Schließung. Das Handelsregister in Solingen listet die Firma nicht mehr. Der Anrufbeantworter ist noch aktiv geschaltet. Anfragen werden nicht beantwortet.
Das Diefenthal 120 Weidmannsheil
Ich war sehr neugierig auf das Messer. Wie würde es im Vergleich zu einem Weltersbach dastehen? Als erstes fiel mein Blick auf den Karton, der mit dem Diefenthal-Logo gelabelt ist, während die Griffschale das Weidmannsheil-Logo trägt. Das Messer selbst ein respektables Trumm. Mit 205 Gramm 20 Gramm schwerer als das Weidmannsheil. Obwohl es als 3-Teiler keine Aufbrechklinge hat.
Der Grund wird alsbald ersichtlich. Während die vier Messingplatinen des Weltersbach mit je 0,6 mm Stärke zusammen 2,4 mm aufweisen, bringen die drei Platinen des Diefenthal mit je 1 mm es auf 3 mm Messing. Was noch dadurch verstärkt wird, daß das Diefenthal insgesamt höher baut. An den Backen stehen 20,4 mm den 17,6 mm des Weltersbach gegenüber. Was wiederum den (handfreundlichen) Neben-Effekt hat, daß beim Diefenthal die - zudem am Ende leicht abgeflachten - Wurzeln von Klinge und Säge so gut wie ganz im Griff verschwinden.
Ein weiterer Grund für den Gewichtsunterschied sind die Dimensionen der Hirschhornschalen. Beim Diefenthal ist opulent die treffende Klassifizierung. An der Aussparung für den Korkenzieher messe ich satte 9 mm. Während die Schalen auf der Schauseite moderat verrundet sind, tut sich auf der Korkenzieherseite ein wahres Faltengebirge auf. Sehr schön!
Das Messer macht auf den ersten und zweiten Blick einen ausgezeichneten Eindruck und liegt gut in der Hand. Platinen, Backen und die Klingen und Federn aus rostträgem Stahl glänzen wie neu. Geköpfelte Messingnieten. Angenehme mittlere Federspannung, smoother Klingengang, Säge und Klinge verschwinden sauber im Griff. Insgesamte Verarbeitung und Spaltmaße 1A!
Die Klinge trägt einen 2/3-Hohlschliff mit V-Fase. Gesamtschneidenwinkel 40 Grad, 0,5 mm hinter der Wate. Sie hat vorne einen akzentuierten Bauch, der zum knappen Ricasso hin in einen ausgeprägten Recurve übergeht. Über dem Nagelhieb sehen wir einen Schor von 4 cm Länge.
Beim mit „D 2000 Razor Steel“ gekennzeichneten Stahl können wir von 440 C ausgehen. Ältere Versionen wurden nachweislich damit gebaut und D 2000 ist - wie schon mal behauptet wird - keine spezielle Legierung für Diefenthal, sondern dient - wie auch das Weidmannsheil-Logo - lediglich Marketing-Zwecken.
Cut hat dazu 2006 folgendes geschrieben:
„Als Kleinsthersteller ist Diefenthal bei der Herstellung von Messerklingen auf die einschlägigen Solinger Gesenkschmieden angewiesen und auf deren Stahlvorrat oder handelsübliches Material der Stahlhändler.
Darüber hinaus ist Diefenthal auf Grund der Losgrößen überhaupt nicht in der Lage, eine eigene Stahlsorte fertigen zu lassen. Schließlich ist Diefentahl auch von der Unternehmensstruktur gar nicht in der Lage, eine "Eigenentwicklung" im Stahlbereich zu erforschen oder zu schaffen.
Ohne Zweifel versucht Diefenthal, sich durch die Stahlbezeichnung vom Wettbewerb abzzusetzen, verwendet aber genau das gleiche Klingenmaterial wie die anderen Solinger Hersteller.“
Eine weitere Behauptung, die sich durch mehrere Foren zieht, bemängelt die angeblich schwierige Schärfbarkeit der Diefenthal-Klinge. Was sich - wie von mir erwartet - als gegenstandslos erweist. Die eigenwillige Klingenform mag nicht gerade banksteinfreundlich sein. Aber einem Sinter-Rubin oder Sharpmaker bietet sie keinen ungewohnten Widerstand, wird im Gegenteil alsbald rasurscharf. Auch einem Abzug auf Mousepad mit Schleifleinen - einer leichten Verballifizierung - steht nichts im Weg.
Die doppelt verzahnte Säge ist mit Schraubenzieherspitze und Kapselheber ausgestattet. Sie trägt einen ausgeprägten Hohlschliff, ist an den Zähnen 2,5 mm stark und verschlankt zum Rücken hin auf 1,75 mm.
Diefenthal 120 (3-teilig) und Weltersbach 504 (4-teilig) in der Gegenüberstellung
Was Anmutung und Verarbeitung anbetrifft, sind beide mir vorliegenden Messer über jeden Zweifel erhaben. Und die ausgesuchten Hirschhornschalen sind echte Hingucker.
Von der Bauart her unterscheiden sie sich insofern, daß das Diefenthal etwas höher (1-3 mm) und dafür schlanker (2-3 mm) baut. Was - im Zusammenspiel mit dem Schliff der Hirschhornschalen - dazu führt, daß das Diefenthal leicht rechteckig, das Weltersbach eher rundlich scheint, wenn man von vorn auf das Griffende schaut.
Die Klingen unterscheiden sich grundsätzlich bezüglich Gestalt, Schliff und Stahl. Der eher geraden, gestreckten Form des Weltersbach mit flachgeschliffenem 420 steht die kurvige Klinge des Diefenthal mit „Hängebauch“, ausgeprägtem Recurve und hohlgeschliffenem 440 C gegenüber. Was - abgesehen von individuellen Vorlieben und Gebrauchsvor- oder Nachteilen - dazu führt, daß sich die Klinge des Diefenthal beim Schärfen etwas schwerer tut.
Die Federn des Diefenthal sind rostträge, diejenigen des Weltersbach nicht. Rostträge Federn sind gegebenenfalls anfälliger für Bruch, nicht rostträge unterliegen der Korrosionsgefahr. Bei einem nicht demontierbaren Jagdmesser möglicherweise problematisch. Was sich zumindest beim Blick ins Innere meines Vintage Weltersbach aber als gegenstandslos erweist. Handelt es sich bei den nicht rostträgen Federn zudem um Federstahl, wäre das als Vorteil zu werten.
Was die Säge anbetrifft, verschlanken beide Blätter zum Rücken hin, was sie vor Verklemmen schützt. Beim Diefenthal wird diese Eigenschaft noch durch den beidseitigen Hohlschliff unterstützt.
Der Korkenzieher ist beim Diefenthal voll im Griff integriert (steht beim Weltersbach etwas raus) und auf der Rückseite untergebracht, was sich bezüglich der Handlage positiv auswirkt. Beim Weltersbach liegen bei geöffneter Klinge die Fingerspitzen von Mittel-, Ring- und kleinem Finger auf dem Korkenzieher. Gleichzeitig liegt der Zeigefinger hier auf den bis zu 3 mm herausstehenden Klingenwurzeln. Beim Diefenthal sind sie versenkt. Die Handlage beim Diefenthal ist dadurch insgesamt deutlich entspannter.
Das um 20 Gramm unterschiedliche Gewicht fällt so gut wie nicht auf. Man spürt einen leichten Unterschied, wenn man beide Messer gleichzeitig in den Händen wiegt, im Einzelgebrauch ist das jedoch unerheblich.
Das Diefenthal ist „glatter“, handfreundlicher, durchkonstruierter, moderner. Dagegen steht der Charme des Vintage beim Weltersbach. Es mutet etwas feiner und gefälliger an durch die insgesamt kompaktere Bauweise und die in den Jahren erarbeitete Patina.
Ist das Diefenthal sammelwürdig? Kommt darauf an, nach welchen Kriterien man unterwegs ist:
Weidmannsheil, Jagd-Klapp-Messer, Hirschhörner, Vintage, Solinger, alte Solinger, Messer im allgemeinen, Carbonstahl, Serienmesser …
Wie schon gesagt, wer „wahre“ Weidmannsheil sucht, wird nur bei Weltersbach fündig. Wer auf der Suche nach grundsoliden und bestens verarbeiteten Hirschhorn-Klappjägern aus Solingen ist, liegt in beiden Fällen richtig. Am Ende keine Frage der Qualität sondern der persönlichen Präferenz.
Diefenthal 120 Weidmannsheil 3-teilig
Länge geöffnete Klinge: 190 mm
Länge geschlossen: 110 mm
Klinge: D 2000 / 440 C, Rostträge, Nagelhieb, Entriegeln der Arretierung durch klassischen Back Lock
Klingenlänge: 80 mm (80 mm scharf - die Schneidfase entlang gemessen)
Klingenhöhe: 16,2 vor dem Ricasso, 19,7 mm maximal vorne am „Bauch“
Klingenstärke: 3 mm (durchgehend)
Klingenschliff: 2/3 Hohlschliff mit V-Fase, Gesamtschneidenwinkel 40 Grad (0,5 mm hinter der Wate)
Doppelt verzahnte Säge mit Schraubendreher und Kapselheber 83 mm (davon 60 mm Säge), Nagelhieb; ausgeprägter Hohlschliff; von 2,5 mm an der Säge zum Klingenrücken hin auf 1,75 mm abnehmend, damit sich die Säge nicht verklemmen kann; rostträge
Korkenzieher, rostträge
Federn rostträge
Drei Messingliner von je 1 mm mit Griffschalen aus Hirschhorn, geköpfelte Messingnieten, massive Neusilber-Backen; Weidmannsheil-Logo in der Griffschale
Griffstärke: 24 mm max. am Griffende, 16 mm an den Backen
Griffhöhe: 25,2 mm max. am Griffende, 20,4 mm an den Backen
Gewicht: 205 Gramm
Lanyardhole 4,5 mm
Baujahr: Ende 90er
Diefenthal 120 ...
Die Jukebox mit US3 - Cantaloop
Aus sunny Monte Gordo
R’n‘R
während der Recherchen zum Vintage Weltersbach Weidmannsheil fiel mein Blick auch auf die kleine Solinger Manufaktur Josef Th. Diefenthal. Sie hatte 1997 nach dem Betriebs-Ende von Weltersbach die europäischen Markenrechte an der Marke „Weidmannsheil“ übernommen.
In den Foren werden die Jagdmesser von Diefenthal durchweg gelobt. Pitter beispielsweise hat sich 2009 wie folgt dazu geäußert:
„Try Diefenthal, if you are searching for classic knives, which are made in germany - very well made. But widely unknown. I recently had some models here for my work on the 2010 knife katalog of the "Messermagazin" - and I was quite impressed.“
Um Mißverständnissen gleich von Anfang an vorzubeugen - Diefenthal hat keine Weltersbach-Messer nachgebaut, sondern das Label „Weidmannsheil“ lediglich zu Marketingzwecken genutzt. Chargen herkömmlicher Diefenthal-Messer wurden anstelle des hauseigenen Markenzeichens (drei rotierende Klingen) mit dem Weidmannsheil-Logo versehen.
Ein Diefenthal Weidmannsheil hat also vom Grundsatz her nichts zu tun mit einem Weltersbach Weidmannsheil. Es ist und bleibt ein eigenständiges Messer. Es gibt ein- und dieselben Modelle sowohl mit dem einen wie mit dem anderen Logo. Auch Mischversionen sind in Umlauf, mit Diefenthal-Logo auf der Klinge und Weidmannsheil-Logo auf der Griffschale.
Was dem Umstand geschuldet sein mag, daß Diefenthal kurz davor ist, aus Altersgründen zu schließen. Und noch Altbestände abverkauft werden. Teilweise wohl aus Restbeständen zusammengebaut. Große Händler wie Frankonia werden nicht mehr beliefert.
Ich habe nach intensiver Recherche aktuell nur bei drei Händlern noch kleine Bestände vorgefunden: Toolshop, Rockys Messershop, Jagdhütte Sachsen. Ein älteres Exemplar in einem Auktionshaus.
Ich hatte genau drei Versionen des mich interessierenden 3-teiligen Modells 120 - neu und gebraucht, so oder so gelabelt - zur Wahl: Neu mit Weidmannsheil-Logo, so gut wie ungebraucht mit Weidmannsheil-Logo, alt und gebraucht mit Diefenthal-Logo auf der Klinge.
Und habe mich für das so gut wie unbenutzte Exemplar in bester Verfassung mit Weidmannsheil-Logo (auf Griff und Klinge) entschieden. Wesentlich für die Entscheidung waren hierbei nicht zuletzt auch die im Vergleich exzellenten Hirschhornschalen. Der Verkäufer hat das Messer in der zweiten Hälfte der 90er erworben. Es ist also rund 20 Jahre alt und gehört zu einer Charge der ersten mit Weidmannsheil gelabelten Exemplare.
Es gibt die Modelle in zwei Versionen. Einmal eher breit ausgelegt mit eckigem Heck und eckigen Backen. Zum anderen schlanker bauend und vorne wie hinten abgerundet.
Über das Unternehmen Diefenthal gibt es im Netz so gut wie keine erhellenden Informationen. Die Jagdhütte Sachsen vermeldet: Tradition seit 1908. Laut Rockys Messershop steht es kurz vor der Schließung. Das Handelsregister in Solingen listet die Firma nicht mehr. Der Anrufbeantworter ist noch aktiv geschaltet. Anfragen werden nicht beantwortet.
Das Diefenthal 120 Weidmannsheil
Ich war sehr neugierig auf das Messer. Wie würde es im Vergleich zu einem Weltersbach dastehen? Als erstes fiel mein Blick auf den Karton, der mit dem Diefenthal-Logo gelabelt ist, während die Griffschale das Weidmannsheil-Logo trägt. Das Messer selbst ein respektables Trumm. Mit 205 Gramm 20 Gramm schwerer als das Weidmannsheil. Obwohl es als 3-Teiler keine Aufbrechklinge hat.
Der Grund wird alsbald ersichtlich. Während die vier Messingplatinen des Weltersbach mit je 0,6 mm Stärke zusammen 2,4 mm aufweisen, bringen die drei Platinen des Diefenthal mit je 1 mm es auf 3 mm Messing. Was noch dadurch verstärkt wird, daß das Diefenthal insgesamt höher baut. An den Backen stehen 20,4 mm den 17,6 mm des Weltersbach gegenüber. Was wiederum den (handfreundlichen) Neben-Effekt hat, daß beim Diefenthal die - zudem am Ende leicht abgeflachten - Wurzeln von Klinge und Säge so gut wie ganz im Griff verschwinden.
Ein weiterer Grund für den Gewichtsunterschied sind die Dimensionen der Hirschhornschalen. Beim Diefenthal ist opulent die treffende Klassifizierung. An der Aussparung für den Korkenzieher messe ich satte 9 mm. Während die Schalen auf der Schauseite moderat verrundet sind, tut sich auf der Korkenzieherseite ein wahres Faltengebirge auf. Sehr schön!
Das Messer macht auf den ersten und zweiten Blick einen ausgezeichneten Eindruck und liegt gut in der Hand. Platinen, Backen und die Klingen und Federn aus rostträgem Stahl glänzen wie neu. Geköpfelte Messingnieten. Angenehme mittlere Federspannung, smoother Klingengang, Säge und Klinge verschwinden sauber im Griff. Insgesamte Verarbeitung und Spaltmaße 1A!
Die Klinge trägt einen 2/3-Hohlschliff mit V-Fase. Gesamtschneidenwinkel 40 Grad, 0,5 mm hinter der Wate. Sie hat vorne einen akzentuierten Bauch, der zum knappen Ricasso hin in einen ausgeprägten Recurve übergeht. Über dem Nagelhieb sehen wir einen Schor von 4 cm Länge.
Beim mit „D 2000 Razor Steel“ gekennzeichneten Stahl können wir von 440 C ausgehen. Ältere Versionen wurden nachweislich damit gebaut und D 2000 ist - wie schon mal behauptet wird - keine spezielle Legierung für Diefenthal, sondern dient - wie auch das Weidmannsheil-Logo - lediglich Marketing-Zwecken.
Cut hat dazu 2006 folgendes geschrieben:
„Als Kleinsthersteller ist Diefenthal bei der Herstellung von Messerklingen auf die einschlägigen Solinger Gesenkschmieden angewiesen und auf deren Stahlvorrat oder handelsübliches Material der Stahlhändler.
Darüber hinaus ist Diefenthal auf Grund der Losgrößen überhaupt nicht in der Lage, eine eigene Stahlsorte fertigen zu lassen. Schließlich ist Diefentahl auch von der Unternehmensstruktur gar nicht in der Lage, eine "Eigenentwicklung" im Stahlbereich zu erforschen oder zu schaffen.
Ohne Zweifel versucht Diefenthal, sich durch die Stahlbezeichnung vom Wettbewerb abzzusetzen, verwendet aber genau das gleiche Klingenmaterial wie die anderen Solinger Hersteller.“
Eine weitere Behauptung, die sich durch mehrere Foren zieht, bemängelt die angeblich schwierige Schärfbarkeit der Diefenthal-Klinge. Was sich - wie von mir erwartet - als gegenstandslos erweist. Die eigenwillige Klingenform mag nicht gerade banksteinfreundlich sein. Aber einem Sinter-Rubin oder Sharpmaker bietet sie keinen ungewohnten Widerstand, wird im Gegenteil alsbald rasurscharf. Auch einem Abzug auf Mousepad mit Schleifleinen - einer leichten Verballifizierung - steht nichts im Weg.
Die doppelt verzahnte Säge ist mit Schraubenzieherspitze und Kapselheber ausgestattet. Sie trägt einen ausgeprägten Hohlschliff, ist an den Zähnen 2,5 mm stark und verschlankt zum Rücken hin auf 1,75 mm.
Diefenthal 120 (3-teilig) und Weltersbach 504 (4-teilig) in der Gegenüberstellung
Was Anmutung und Verarbeitung anbetrifft, sind beide mir vorliegenden Messer über jeden Zweifel erhaben. Und die ausgesuchten Hirschhornschalen sind echte Hingucker.
Von der Bauart her unterscheiden sie sich insofern, daß das Diefenthal etwas höher (1-3 mm) und dafür schlanker (2-3 mm) baut. Was - im Zusammenspiel mit dem Schliff der Hirschhornschalen - dazu führt, daß das Diefenthal leicht rechteckig, das Weltersbach eher rundlich scheint, wenn man von vorn auf das Griffende schaut.
Die Klingen unterscheiden sich grundsätzlich bezüglich Gestalt, Schliff und Stahl. Der eher geraden, gestreckten Form des Weltersbach mit flachgeschliffenem 420 steht die kurvige Klinge des Diefenthal mit „Hängebauch“, ausgeprägtem Recurve und hohlgeschliffenem 440 C gegenüber. Was - abgesehen von individuellen Vorlieben und Gebrauchsvor- oder Nachteilen - dazu führt, daß sich die Klinge des Diefenthal beim Schärfen etwas schwerer tut.
Die Federn des Diefenthal sind rostträge, diejenigen des Weltersbach nicht. Rostträge Federn sind gegebenenfalls anfälliger für Bruch, nicht rostträge unterliegen der Korrosionsgefahr. Bei einem nicht demontierbaren Jagdmesser möglicherweise problematisch. Was sich zumindest beim Blick ins Innere meines Vintage Weltersbach aber als gegenstandslos erweist. Handelt es sich bei den nicht rostträgen Federn zudem um Federstahl, wäre das als Vorteil zu werten.
Was die Säge anbetrifft, verschlanken beide Blätter zum Rücken hin, was sie vor Verklemmen schützt. Beim Diefenthal wird diese Eigenschaft noch durch den beidseitigen Hohlschliff unterstützt.
Der Korkenzieher ist beim Diefenthal voll im Griff integriert (steht beim Weltersbach etwas raus) und auf der Rückseite untergebracht, was sich bezüglich der Handlage positiv auswirkt. Beim Weltersbach liegen bei geöffneter Klinge die Fingerspitzen von Mittel-, Ring- und kleinem Finger auf dem Korkenzieher. Gleichzeitig liegt der Zeigefinger hier auf den bis zu 3 mm herausstehenden Klingenwurzeln. Beim Diefenthal sind sie versenkt. Die Handlage beim Diefenthal ist dadurch insgesamt deutlich entspannter.
Das um 20 Gramm unterschiedliche Gewicht fällt so gut wie nicht auf. Man spürt einen leichten Unterschied, wenn man beide Messer gleichzeitig in den Händen wiegt, im Einzelgebrauch ist das jedoch unerheblich.
Das Diefenthal ist „glatter“, handfreundlicher, durchkonstruierter, moderner. Dagegen steht der Charme des Vintage beim Weltersbach. Es mutet etwas feiner und gefälliger an durch die insgesamt kompaktere Bauweise und die in den Jahren erarbeitete Patina.
Ist das Diefenthal sammelwürdig? Kommt darauf an, nach welchen Kriterien man unterwegs ist:
Weidmannsheil, Jagd-Klapp-Messer, Hirschhörner, Vintage, Solinger, alte Solinger, Messer im allgemeinen, Carbonstahl, Serienmesser …
Wie schon gesagt, wer „wahre“ Weidmannsheil sucht, wird nur bei Weltersbach fündig. Wer auf der Suche nach grundsoliden und bestens verarbeiteten Hirschhorn-Klappjägern aus Solingen ist, liegt in beiden Fällen richtig. Am Ende keine Frage der Qualität sondern der persönlichen Präferenz.
Diefenthal 120 Weidmannsheil 3-teilig
Länge geöffnete Klinge: 190 mm
Länge geschlossen: 110 mm
Klinge: D 2000 / 440 C, Rostträge, Nagelhieb, Entriegeln der Arretierung durch klassischen Back Lock
Klingenlänge: 80 mm (80 mm scharf - die Schneidfase entlang gemessen)
Klingenhöhe: 16,2 vor dem Ricasso, 19,7 mm maximal vorne am „Bauch“
Klingenstärke: 3 mm (durchgehend)
Klingenschliff: 2/3 Hohlschliff mit V-Fase, Gesamtschneidenwinkel 40 Grad (0,5 mm hinter der Wate)
Doppelt verzahnte Säge mit Schraubendreher und Kapselheber 83 mm (davon 60 mm Säge), Nagelhieb; ausgeprägter Hohlschliff; von 2,5 mm an der Säge zum Klingenrücken hin auf 1,75 mm abnehmend, damit sich die Säge nicht verklemmen kann; rostträge
Korkenzieher, rostträge
Federn rostträge
Drei Messingliner von je 1 mm mit Griffschalen aus Hirschhorn, geköpfelte Messingnieten, massive Neusilber-Backen; Weidmannsheil-Logo in der Griffschale
Griffstärke: 24 mm max. am Griffende, 16 mm an den Backen
Griffhöhe: 25,2 mm max. am Griffende, 20,4 mm an den Backen
Gewicht: 205 Gramm
Lanyardhole 4,5 mm
Baujahr: Ende 90er
Diefenthal 120 ...
Die Jukebox mit US3 - Cantaloop
Aus sunny Monte Gordo
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