Virgil4
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N'Abend liebe Gemeinde,
der kleine SPA-Aufenthalt eines alten Kombattanten gab mir die Gelegenheit, einige Wissenslücken bezüglich eines Altmeisters der Messerzunft zu schließen – das fast zeitgleiche Eintreffen seines Buchs "The Tactical Folding Knife" half definitiv dabei.
Kenner der Szene, aber auch Leser von Themen-Überschriften, wissen, wen ich meine: Robert "Bob" Terzuola.
Und der alte Recke (also das Messer), um den es hier geht, ist das ATCF von Excalibur, der zurecht meinte, es bräuchte etwas TLC und eine neue Schraube für den Clip.
Zwei fette Abkürzungen und dazu noch amerikanisch, bedürfen der Aufklärung:
Interessanter fand ich die Geschichte zu seinem Familienmotto, entnommen aus dem o. g. Buch. Er hat es sich von einem Freund entwerfen lassen, der ihm erklärte, daß sein Name Terzuola "der Dritte" bedeutet. Amerikaner haben ja oft dieses Competition-Gen, deswegen wurde es wohl passend hingedreht:
Tertius Sum Nunquam Secundum .... "Third I may be, but second to none"
Einen Teil dieses Familienspruchs verwendet er in seinem Logo, mit seinem Namen und dem Bild des Maya Gottes Etz Náb, Ressortleiter für Steinwerkzeuge und "Waffen mit Schneiden" im Zentrum.
Edit: Dank R‘n‘R weiß ich nun, daß der hübsche Drachenkopf leider nicht Etz‘Nab darstellt - Details in den folgenden Posts.
Und bevor einer fragt oder sucht: die Koordinaten des Aufklebers sind die von Maniago, Italien - wahrscheinlich haben ihm die Jungs ein paar Kilo davon geschickt, im Rahmen der verschiedenen Kooperationen - und er steckt sie in seine Bücher.
Zurück zur Technik: Bob, ein bekennender Linerlock-Fan, wohl geprägt durch Michael Walker, bei dem er "gelernt" hat, war in den 80ern ein Wegbereiter vieler technischer Neuerungen im Klappmesserbau, über die sich heutzutage keiner mehr wundert. Ein paar Beispiele:
• Titan als Material für Klappmesser
• "The Terzuola Thumbdisk"
• G10 als Schalenmaterial für Klappmesser
Wer sich für mehr Informationen hinter dem Macher und seinen Gedanken zur Philosophie und Herstellung von Linerlock-Messern interessiert, dem kann ich sein Buch "The Tactical Folding Knife: A Study of the Anatomy and Construction of the Liner-Locked Folder" wärmstens ans Herz legen. Vor allem Linerlock-Messerbauer finden hier jede Menge Tricks und Tipps.
Die erste Version kam 2000 bei Krause Publishing heraus für 16,75 $. Das Buch ist schon seit langem vergriffen und wird gebraucht im Internet für ca. 50 – 350 $ gehandelt.
Mein Tipp: besorgt euch die "Expanded Version" direkt bei Bob für 40 $ + Versand, klick. Sie kam in 2019 heraus und wurde in einigen Kapiteln überarbeitet und erweitert – und ist deswegen auch 40 Seiten dicker.
Und wenn ihr bei der Bestellung das Häkchen richtig setzt, bekommt ihr sogar ein von Bob himself handsigniertes Exemplar. Ob er nach D versendet, kann ich nicht sagen, aber dafür gibt es ja entsprechende Dienstleister, wie ich von chamenos gelernt habe.
Jetzt aber weiter mit Excali's Schätzchen.
Das erste ATCF kam 1985 heraus, dieses hier hat über 20 Jahre auf'm Buckel.
So sieht ein gut genutztes Messer innen aus:
Interessantes Detail, das ich so noch nicht gesehen hatte: das D-förmige Achsloch wird einfach durch punktuelle Verformung des Liners erzeugt – muss ich auch mal ausprobieren. Grad gecheckt – wird im Buch auch erklärt!
Etwas enttäuschend: der Backspacer ist ein Spritzgußteil aus glasfaserverstärktem, schwarzem Kunststoff.
Der Detent war etwas abgenudelt: rausklopfen – säubern – umgedreht wieder reindrücken - feddich
Der Laserzuschnitt des Liners war noch nicht so ganz optimal, wie sich am Freischnitt der Feder erkennen läßt.
Die Befestigung des Clips, sorry to say so, Bob, ist in meinen Augen suboptimal für ein Messer dieser Größe.
Neuere Versionen haben inzwischen andere, bessere Lösungen für die Clip-Befestigung, wie ich gesehen habe
Reparatur: Loch bis in den Liner erweitern, M3 Gewinde reinschneiden und dem Kunden ein paar Möglichkeiten zur Schrauben-Auswahl geben.
Wer Excalibur kennt, weiß, daß er der Titanschraube links oben nicht widerstehen konnte.
Dann die Schalen, Liner und Clip beim Meister Maresch geglasperlt (merci encore!), alles schön sauber gemacht und wieder zusammengebaut – läuft wunderbar, nix wackelt, Feder steht bei 50 %, Klinge schön mittig.
Auch hier sollte man auf jeden Fall die passenden Allen Keys verwenden, da die Schrauben zwar keine Sicherungspaste hatten aber doch recht schwergängig waren.
After SPA:
Zum Schluss noch ein paar technische Daten (gemessen):
• Klingenmaterial: keine Ahnung, wahrscheinlich ATS34
• Klingenform und –finish: spearpoint, satin
• Thumbdisk Öffnung
• Klingenschliff: Hohlschliff (yep, geprüft wegen Yammoo)
• Schalen aus Titan
• ein Liner: 1,8 mm Titan
• Gesamtlänge: 220 mm
• Klingenlänge: 99 mm
• Klingenhöhe: 23,6 mm
• Klingenstärke: 3,7 mm, 0,5 (in Griffnähe) – 0,9 (Spitze) mm hinter der Wate
• Grifflänge: 121 mm
• Verhältnis Griff/Klinge: 1,39
• Griffdicke ohne Clip: 10,8 mm
• Lagerung der Klinge: Teflonscheiben
• Backspacer: Spritzgußteil aus glasfaserverstärktem, schwarzem Kunststoff
• Gewicht: 138 g
• nicht umsetzbarer Clip aus gebogenem Titanblech, 1,1 mm mit Terzuola-Schriftzug
• Lanyardhole, 4 mm
Wirklich ein gut durchdachtes und gemachtes Messer, das seinen Nimbus zurecht besitzt, wie auch die Gebrauchtmarktpreise belegen. Diese Version in Volltitan liegt bei ca. 1000 $ für ein gebrauchtes Messer.
Congrats zu diesem tollen Schmuckstück deiner Sammlung, @excalibur .
Aber ich hab jetzt ein Problem: wie komme ich an ein günstiges Terzuola-Design-Messer? (Nein, das ist keine Bitte um Kaufberatung )
Greetz
Virgil
der kleine SPA-Aufenthalt eines alten Kombattanten gab mir die Gelegenheit, einige Wissenslücken bezüglich eines Altmeisters der Messerzunft zu schließen – das fast zeitgleiche Eintreffen seines Buchs "The Tactical Folding Knife" half definitiv dabei.
Kenner der Szene, aber auch Leser von Themen-Überschriften, wissen, wen ich meine: Robert "Bob" Terzuola.
Und der alte Recke (also das Messer), um den es hier geht, ist das ATCF von Excalibur, der zurecht meinte, es bräuchte etwas TLC und eine neue Schraube für den Clip.
Zwei fette Abkürzungen und dazu noch amerikanisch, bedürfen der Aufklärung:
- TLC = tender love and care, also "zärtliche Liebe und Pflege"
- ATCF heißt nicht "American Titanium Cutting Folder" oder "As the crow flies" (unsere "Luftlinie") sondern wurde von Bob als Bezeichnung für einen seiner Klassiker gewählt: "Advanced Technology Combat Folder"
Interessanter fand ich die Geschichte zu seinem Familienmotto, entnommen aus dem o. g. Buch. Er hat es sich von einem Freund entwerfen lassen, der ihm erklärte, daß sein Name Terzuola "der Dritte" bedeutet. Amerikaner haben ja oft dieses Competition-Gen, deswegen wurde es wohl passend hingedreht:
Tertius Sum Nunquam Secundum .... "Third I may be, but second to none"
Einen Teil dieses Familienspruchs verwendet er in seinem Logo, mit seinem Namen und dem Bild des Maya Gottes Etz Náb, Ressortleiter für Steinwerkzeuge und "Waffen mit Schneiden" im Zentrum.
Edit: Dank R‘n‘R weiß ich nun, daß der hübsche Drachenkopf leider nicht Etz‘Nab darstellt - Details in den folgenden Posts.
Und bevor einer fragt oder sucht: die Koordinaten des Aufklebers sind die von Maniago, Italien - wahrscheinlich haben ihm die Jungs ein paar Kilo davon geschickt, im Rahmen der verschiedenen Kooperationen - und er steckt sie in seine Bücher.
Zurück zur Technik: Bob, ein bekennender Linerlock-Fan, wohl geprägt durch Michael Walker, bei dem er "gelernt" hat, war in den 80ern ein Wegbereiter vieler technischer Neuerungen im Klappmesserbau, über die sich heutzutage keiner mehr wundert. Ein paar Beispiele:
• Titan als Material für Klappmesser
• "The Terzuola Thumbdisk"
• G10 als Schalenmaterial für Klappmesser
Wer sich für mehr Informationen hinter dem Macher und seinen Gedanken zur Philosophie und Herstellung von Linerlock-Messern interessiert, dem kann ich sein Buch "The Tactical Folding Knife: A Study of the Anatomy and Construction of the Liner-Locked Folder" wärmstens ans Herz legen. Vor allem Linerlock-Messerbauer finden hier jede Menge Tricks und Tipps.
Die erste Version kam 2000 bei Krause Publishing heraus für 16,75 $. Das Buch ist schon seit langem vergriffen und wird gebraucht im Internet für ca. 50 – 350 $ gehandelt.
Mein Tipp: besorgt euch die "Expanded Version" direkt bei Bob für 40 $ + Versand, klick. Sie kam in 2019 heraus und wurde in einigen Kapiteln überarbeitet und erweitert – und ist deswegen auch 40 Seiten dicker.
Und wenn ihr bei der Bestellung das Häkchen richtig setzt, bekommt ihr sogar ein von Bob himself handsigniertes Exemplar. Ob er nach D versendet, kann ich nicht sagen, aber dafür gibt es ja entsprechende Dienstleister, wie ich von chamenos gelernt habe.
Jetzt aber weiter mit Excali's Schätzchen.
Das erste ATCF kam 1985 heraus, dieses hier hat über 20 Jahre auf'm Buckel.
So sieht ein gut genutztes Messer innen aus:
Interessantes Detail, das ich so noch nicht gesehen hatte: das D-förmige Achsloch wird einfach durch punktuelle Verformung des Liners erzeugt – muss ich auch mal ausprobieren. Grad gecheckt – wird im Buch auch erklärt!
Etwas enttäuschend: der Backspacer ist ein Spritzgußteil aus glasfaserverstärktem, schwarzem Kunststoff.
Der Detent war etwas abgenudelt: rausklopfen – säubern – umgedreht wieder reindrücken - feddich
Der Laserzuschnitt des Liners war noch nicht so ganz optimal, wie sich am Freischnitt der Feder erkennen läßt.
Die Befestigung des Clips, sorry to say so, Bob, ist in meinen Augen suboptimal für ein Messer dieser Größe.
- Die Schraube ist kleiner als M2
- Die Einschraubtiefe in der Schale beträgt nur ca. 1,3 mm, da die Ausparung für den Clip die Materialstärek reduziert
- Das Schraubloch geht nicht bis in den Liner - bei starkem Anziehen der Schraube drückt sich diese am Liner ab und zerstört damit das Gewinde
Neuere Versionen haben inzwischen andere, bessere Lösungen für die Clip-Befestigung, wie ich gesehen habe
Reparatur: Loch bis in den Liner erweitern, M3 Gewinde reinschneiden und dem Kunden ein paar Möglichkeiten zur Schrauben-Auswahl geben.
Wer Excalibur kennt, weiß, daß er der Titanschraube links oben nicht widerstehen konnte.
Dann die Schalen, Liner und Clip beim Meister Maresch geglasperlt (merci encore!), alles schön sauber gemacht und wieder zusammengebaut – läuft wunderbar, nix wackelt, Feder steht bei 50 %, Klinge schön mittig.
Auch hier sollte man auf jeden Fall die passenden Allen Keys verwenden, da die Schrauben zwar keine Sicherungspaste hatten aber doch recht schwergängig waren.
After SPA:
Zum Schluss noch ein paar technische Daten (gemessen):
• Klingenmaterial: keine Ahnung, wahrscheinlich ATS34
• Klingenform und –finish: spearpoint, satin
• Thumbdisk Öffnung
• Klingenschliff: Hohlschliff (yep, geprüft wegen Yammoo)
• Schalen aus Titan
• ein Liner: 1,8 mm Titan
• Gesamtlänge: 220 mm
• Klingenlänge: 99 mm
• Klingenhöhe: 23,6 mm
• Klingenstärke: 3,7 mm, 0,5 (in Griffnähe) – 0,9 (Spitze) mm hinter der Wate
• Grifflänge: 121 mm
• Verhältnis Griff/Klinge: 1,39
• Griffdicke ohne Clip: 10,8 mm
• Lagerung der Klinge: Teflonscheiben
• Backspacer: Spritzgußteil aus glasfaserverstärktem, schwarzem Kunststoff
• Gewicht: 138 g
• nicht umsetzbarer Clip aus gebogenem Titanblech, 1,1 mm mit Terzuola-Schriftzug
• Lanyardhole, 4 mm
Wirklich ein gut durchdachtes und gemachtes Messer, das seinen Nimbus zurecht besitzt, wie auch die Gebrauchtmarktpreise belegen. Diese Version in Volltitan liegt bei ca. 1000 $ für ein gebrauchtes Messer.
Congrats zu diesem tollen Schmuckstück deiner Sammlung, @excalibur .
Aber ich hab jetzt ein Problem: wie komme ich an ein günstiges Terzuola-Design-Messer? (Nein, das ist keine Bitte um Kaufberatung )
Greetz
Virgil
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