Tomaten, Papier, Rasierklinge und andere Merkwürdigkeiten

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Hallo zusammen. Ich bin nur Hobbykoch, stehe also zur Freude meiner Frau in der Küche und benutze die darin enthaltenen Gerätschaften. Zu letzteren gehören natürlich - Messer! Ich habe - unter anderem - ein Kai Shun DM 0717(19cm Santoku), ein Herder Santoku rostfrei (damals um die 60€), ein Zwilling Rocking Santoku, ein 27cm Myabi...Solicut....Wüsthof. Ich habe mir nun von Culilux zwei Messer dazugekauft, das Petty und das 20 cm Kochmesser.

Schärfe bei Messern teste ich grundsätzlich zuerst mit dem Aufstellen auf den Haaren. Frisst sich die Klinge hinein und rutscht nicht ab, ist es für mich sehr scharf. Dann folgt der akustische Papiertest (Schreibblockpapier). Je leiser es durchtrennt wird, desto schärfer. Dann noch der Küchenpapiertest. Dazu stelle ich die Rolle hin und halte ein Blatt fest, setze die Klinge oben an und versuche, das Blatt mit einem möglichst glatten Schliff zu durchtrennen. Danach halte ich den abgeschnittenen Streifen in die Luft und versuche auch diesen Streifen zu durchtrennen.

Zuletzt mache ich dann einen Tomatentest. Ich setze die Klinge einfach an den Rand einer Tomate und prüfe, ob sie abrutscht oder stehen bleibt. Sind diese Tests alle zu meiner Zufriedenheit bestanden, darf ich davon ausgehen, dass das Messer herausragend scharf ist.

Soweit die Einleitung.

Komme ich zurück zu den zuletzt gekauften Culiluxe. Das Petty bestand alle Tests und eroberte sofort mein Herz. Das Zertifikat wies eine "Schärfe" von 50 aus. Es musste daher zwingend das Kochmesser folgen. ;) Nun kam das Kochmesser und ich testete zuerst die Haarbremse, die völlig erwartungsgemäß funktionierte. Aber beim Küchenkrepp musste ich schlucken. Da schnitt gar nichts. Vielmehr wurde das Küchenpapier zerrissen. Der Papiertest funzte dann wieder gut. Der Tomatentest geriet dann komplett daneben, das Messer rutschte aus jeder Position herunter und ich musste auch deutlich mehr Druck beim Zugschnitte ausführen, als bei allen anderen Messern.

Also habe ich recherchiert und in Erfahrung bringen können, dass die Schneide womöglich zu glatt wäre (??). Also habe ich diese Theorie überprüft und mir 2 Rasierklingen geholt und eine davon auf einem Korken entgratet. Beide Rasierklingen konnte ich auf den äußersten Rand legen, ohne abzurutschen. Alleine durch das Eigengewicht wurde die Tomatenhaut sofort verletzt und die Klinge glitte widerstandslos ins Fleisch. Beide Klingen funktionierten bei meinen üblichen Tests in besonderem Maße. Küchenkrepp brauchte ich gar nicht schneiden, es reichte, die Rasierklinge einfach durch das Papier zu drücken.

Dann ging ich hin und habe das Kochmesser mit einfachsten Mitteln nachgeschliffen, indem ich es nur mit dem Eigengewicht über einen mit Ballistol eingeölten Wetzstahl (Sakari 44cm oval) zog und danach auf einem glatten Leder kurz abzog. Danach wurden alle Tests problemlos bestanden und auch das Abrutschen auf der Tomate gehörte der Vergangenheit an. Das Messer fällt durch sein Eigengewicht durch das Küchenkrepp und die Schnittkante sieht aus, wie mit dem Laser gezogen.

Nach der Internet Logik müsste die Rasierklinge also sehr rauh gewesen sein. Das Petty mit Index 50 stumpfer als das Kochmesser mit Index 85. Die Rasierklinge sah unter meinem Taschenmikroskop auch nicht sägezahnartig aus. Sie war nicht spiegelblank, aber feiner als alle anderen Klingen.

So, nun tobt euch mal aus. :haemisch:

PS. Korrekturlesen mache ich später.
 
Das Kochmesser hatte wohl einfach einen kleinen Restgrat, der sich umgelegt hatte.
Hast Du mit oder ohne Mikrofase gekauft?
Welches Modell?
 
Bin ebenfalls der Meinung dass es ein Grat war, sowas ist mir auch hin und wieder passiert. Ich teste aber hauptsächlich nur ob Küchenkrepp hängend horizontal geschnitten werden kann, dann bin ich zufrieden. Zu glatt würde ich erst ab 8000-10000 JIS aufwärts (< 1.0 Micron) vermuten, damit wird Culilux nicht den Schliff oder die Mikrophase angelegt haben.
 
H. Gordner, der hier regelmäßig mitliest, ist der Meinung, dass die Schneide in diesem Fall tatsächlich zu fein und geschlossen war.
In der letzten Serie der Kobe Messer scheint dies der Fall gewesen zu sein.
Er behebt das üblicherweise durch Abziehen auf einem mit 4 Micron Diaspray besprühten Leder bei der 100% Kontrolle.
Wie auch immer.
Der Vorgang würde beides erzielen. Entweder eine zu geschlossene Schneide wieder ein wenig agressiver machen, oder einen ggf.
noch vorhandenen Restgrat entfernen.
 
Danke für eure rege Resonanz. :)
. Gordner, der hier regelmäßig mitliest, ist der Meinung, dass die Schneide in diesem Fall tatsächlich zu fein und geschlossen war.
Genau. Das wurde mir auch so mitgeteilt. Das erklärt meiner - nicht fachmännischen - Meinung nach aber nicht das seitliche Abrutschen. Ich habe es heute noch einmal "simuliert". Ich habe mein herder leicht stumpf gemacht und habe es dann immer weiter geschärfte, schritt für Schritt. Und je feiner die Schneide wurde, desto besser "stand" die Klinge auf der abfallenden Seite einer nicht ganz frischen Tomate. Irgendwann war das Messer dann sehr fein und ich konnte es auf die äußerste Fläche stellen. Und je feiner, desto leichter und geräuschloser wurde das hängende Küchenkrepp geschnitten und desto aggressiver rastete die Schneide am Haaransatz ein. Mit anderen Worten, es trat das exakte Gegenteil von dem ein, was ich mehreren Ausführungen habe entnehmen müssen.

Dann habe ich einen Drucktest gemacht. Ich habe die Schneiden auf eine Tomate gestellt und nur gedrückt, nicht geschnitten. Die Schale wurde verformt, aber nicht durchtrennt. Das Gleiche geschah bei den Rasierklingen! Aber die leichteste Zugbewegung genügte, und die Messer glitten sofort tief ins Fleisch. Transparent dünne Tomatenscheiben sind bei meinen Messern problemlos möglich. Sogar bei Karotten.

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Hast Du mit oder ohne Mikrofase gekauft?
Welches Modell?

Ich habe das Kobe 2.0 Petty und das 20 cm Kochmesser gekauft
  • Artikelnummer: KNC0200-2
  • EAN: 8720648178016
. Ob die Messer eine Mikrofase hatten, weiß ich nicht. Soweit ich weiß, soll diese bei den neueren Modellen ja nicht mehr vorhanden sein.



Grundsätzlich, basierend auf meine physikalischen Grundkenntnisse, bedeutet für mich, dass eine Schneide umso schärfer sein muss, je spitzer der Winkel und je feiner sie ausgeschliffen ist. Kein Messerhersteller auf diesem Planeten schleift seine Messer solange fein, dass sie gar keine Mikrounebenheiten aufweist, was ohnehin technisch unmöglich ist, schon alleine aufgrund der Körnung des Stahls. Anders könnte eine Rasierklinge auch gar nicht arbeiten. Sie muss maximal scharf sein, um nicht zu "reißen". Denn genau das fängt sie an zu tun, wenn die Schneide nicht mehr fein genug ist. Dann genügt auch oftmals ein Abzug auf einem Geschirrhandtuch, vorzugsweise Halbleinen, und die Rasierklinge ist wieder arbeitsfähig.


Da ich aber kein Physiker, kein Metaller und auch kein Messerschärfengutachter bin, bleibt mir eine umgelegte Schnittkante die kausalste Erklärung zu sein. Denn nach dem Hauch von Schliff mit dem Wetzstahl und dem Abzug auf Leder, war das Messer wie erwartet. Aber warum bedient man sich dann Erklärungsmodellen der zu feinen Politur? Zu scharf um zu schneiden? Das wäre wie zu leicht um zu schweben. :glgl:
 
Zu scharf um zu schneiden?
Wenn man beim Schärfen mit der Körnung immer feiner wird, dann geht der Schneide irgendwann der "Biss" verloren. Bei einem Rasiermesser will man das, um eine sanfte Rasur zu erreichen. Die Barthaare werden im Druckschnitt gekappt, bei gleichzeitig relativ geringer Gefahr in die Haut zu schneiden.
Bei einem Kochmesser will man diesen gewissen "Biss" behalten um im ziehenden Schnitt durch feste Paprikahaut, fasriges Gewebe, Fett und Kollagen zu schneiden. Da kann eine zu fein polierte Klinge schon mal über das Schnittgut rutschen und mehr Bewegung zum Schneiden brauchen, als wenn noch eine gewisse Mirkosäge vorhanden ist.

Gruß, Andreas
 
Ich teste aber hauptsächlich nur ob Küchenkrepp hängend horizontal geschnitten werden kann, dann bin ich zufrieden.

Du lässt dabei das Küchenkrepp frei hängen? :eek:
Oder hälst du unten, das lose Ende fest?

Und machst du dabei eine Schneidebewegung vor- und zurück oder einfach nur horizontaler "Druckschnitt"?

Für mich, egal wie, beeindruckend. So scharf hatte ich glaub noch kein Messer, habs aber auch nicht probiert.

Grüße NineFinger
 
Für mich, egal wie, beeindruckend. So scharf hatte ich glaub noch kein Messer, habs aber auch nicht probiert.
Ich auch nicht, bin aber auch nicht am Schärfe-Weltrekord interessiert. Durchsichtige Tomatenscheiben sind ebensowenig meine Spezialität. Messer sind für mich primär Werkzeuge und nicht Hochleistungsgeräte. Aber das kann man durchaus anders sehen.

Die Frage ist halt immer, wie’s nach ein paar Kontakten auf dem Schneidebrett aussieht.
 
Zuletzt bearbeitet:
@NineFinger Mach dir keinen Kopf. Küchenkrepp geht bei mir auch nicht. Macht aber auch nicht satt.
Wer mit einem Küchenmesser Küchenkrepp frei hängend horizontal schneidet, möge ein Video davon posten.
Wer es nicht gesehen hat, wird es nicht glauben. Mich eingeschlossen.
Ich vermute aber, die Rolle ist im Rollenhalter horizontal liegend fixiert, und das herabhängende Blatt wird von unten gehalten, während horizontal geschnitten wird.
Das geht auf jeden Fall leichter, als ein frei hängendes Blatt von außen oben schräg nach unten einzuschneiden, was mit einem guten Schliff durchaus möglich ist.
 
Warum ölst du den Wetzstahl?
Weil ich weniger Abrieb erzeugen möchte. Ich bilde mir ein, geölt wird mehr geglättet, als abgetragen. Und der Kohlenstoffstahl, den ich verwende, wurde bereits in einer geölten Kunststoffhülle geliefert.

Wer mit einem Küchenmesser Küchenkrepp frei hängend horizontal schneidet, möge ein Video davon posten.
Ich stelle eine Küchenrolle frei auf und wickele sie etwas ab und halte dann das zu schneidende Blatt an der oberen Kante fest. Dann schneide ich von oben nach unten das Papier in einem Zug durch. Ich habe ein Video davon gemacht, kann es aber wohl nicht hochladen. Vielleicht klappt der folgende Link: Video

Nur, damit keine Mißverständnisse aufkommen. Mir geht es auch nicht um Schärfrekorde. Mir geht es nur um Hintergrundwissen. Mein J3000 Keramikstab von Wüsthof reicht für das Schärfen auf praxistaugliche Topwerte völlig aus, guter Grundschliff natürlich vorausgesetzt. Alles andere ist reines "Hobby". Auf YT habe ich auch einen Film entdeckt, wo jemand mit einer Rasierklinge eine Tomate schneiden will und es nicht schafft. Vermutlich hat er die Klinge vorher 20 Jahre lang benutzt. Eine frische Astra Klinge gleitet praktisch drucklos durch eine Tomate. Für mich grenzt das an Volksver*****ung, wie die Damastmesser aus China mit > 100 Lagen und Pulverstahlkern für 85€.
 
Das Petty war ein Kobe. Von welcher Serie war das Kochmesser? Kyoto?
Die Bess Werte sind nur ein einzelner Aspekt bei Messern. Auch ich hatte Messer mit sehr niedrigen Besswerten, die Filzer und Radieschen konnten, aber bei Paprika versagten. Die Haut wird igendwie anders sein. Die Messerform oder Kontur kommt ja beim Anritzen der Paprikahaut nicht wirklich zum Tragen.
Also das Messer mit dem 600er Diamantrad nachgeschliffen und auf dem Lederrad abgezogen. Danach hatte ich eine Art "Mikrosäge", die Zwiebeln, Tomaten und Paprika mühelos zerteilte und trotzdem unter 100 Bess lag. Seit dem poliere ich die Gemüsemesser nicht mehr maximal aus.
 
oder einen ggf.
noch vorhandenen Restgrat entfernen.
Ich glaube, das ist es gewesen. :super: Ich hatte zuletzt noch andere Messer nachgeschärft und trotz gefühlt spiegelblanker Schneide, biss das Messer nicht. Dann habe ich es kurz über einen lederriemen in deutlich größerem Winkel abgezogen und ich hatte wieder eine Rasierklinge. :D So langsam lerne ich. Danke für eure Unterstützung.
 
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