Vor einigen Jahren habe ich mir meine ersten
Waldviertler Jaga gegönnt-
genähte österreichische Lederstiefel; Runterscrollen und nicht erschrecken- Du hast einen haufen Lederfarben zur Auswahl, von hellbeige bis schwarz, bist also nicht auf diesen Panama-Jack-Farbton festgelegt.
Anlass waren einige größere Reisen, ich wollte dafür möglichst einfache und robuste Schuhe mit vintage-Optik.
Der erste Eindruck im Laden war kein Guter, ich war einfache Plastikstiefel gewohnt und war von der Idee, einen Stiefel wirklich einlaufen zu müssen, etwas überfordert. Das hat sich grundlegend geändert.
Mittlerweile trage ich keine anderen Schuhe mehr.
Das ganze läuft in etwa so ab:
Man bekommt dann einen sehr passguten Stiefel, der aber in den ersten zwei Wochen tragen ziemlich steif wirkt, klotzig und grobgeschneidert aussieht- und man fragt sich permanent, ob denn diese Knubbel der orthopädischen Sohle an der richtigen Stelle sitzen. Bis auf die Sohle komplett aus Leder- auch das Fußbett.
Nach zwei Wochen wird das Leder immer weicher, verliert aber nichts an Festigkeit; der Waldorfschulen-Groblook verliert sich, weil die Schuhe mehr und mehr die Kontur Deines Fußes annehmen.
Hier passt sich der Schuh an den Fuß an, nicht umgekehrt!
Die Knubbel spürt man nicht mehr, dafür ist der Fuß spürbar relaxter nach langen Wanderungen.
Nach etwa drei Monaten ist der Schuh voll an Dich gewachsen- das Lederfußbett ist blankgerieben und fühlt sich an wie Seide, die Stiefel haben Charakter bekommen und Fußschweiß ist passé, weil das Leder mitatmet.
Ich hatte früher wirkliche Probleme mit Fußschweiß- jetzt riechen meine Socken nach 12 Stunden in den Waldviertlern, auch an heißesten Tagen, ein wenig nach Leder und eventuell leicht nach meinem Waschmittel.
Drei Nachteile haben die Waldviertler aber :
- Kein Absatz, deswegen begrenzt Steigeisentauglich.
Dafür läuft man "flach" anstatt wie auf Stöckelschuhen- mich haben die 'hohen Absätze' an Bergschuhen immer etwas gestört.
- Je nachdem, wie man es will, sind Waldviertler und andere Echtlederstiefel pflegeintensiv-
Je mehr Du Dich um sie kümmerst, um so länger kümmern sie sich um Dich.
Wasserdicht sind sie nur, wenn Du sie so einfettest. Meine alten Jagas haben jetzt etwa vier Jahre auf dem Buckel und sehen vergleichsweise echt gut aus- ich werde später berichten, was sie alles mitgemacht haben.
- Die Sohlen sind auf Trittsicherheit und beste Haftung optimiert, deswegen ist die Gummimischung etwas weicher. Somit wird sich die Sohle auf Teer etwas schneller ablaufen.
Dafür halten sie auf Fels und Glitsch wie ne eins!
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Meine Jagas waren mit mir in Spanien, Griechenland, Österreich, Neuseeland und Thailand. Ich bin überall intensiv mit ihnen gewandert, bei 40° plus und bei 15° minus. Ich war am Strand und im Sand unterwegs, mehr als einmal stand ich im Meer, ich war auf Gletschern, im Fels und auf Vulkanen damit, hab mit ihnen zwei Dächer gedeckt und mehrere Häuser renoviert, war auf acht Rockkonzerten (in den ersten Reihen) - egal was da kam, die Schuhe ham gut gehalten.
Ich hab sie kein bischen geschont, und an einem Vulkan, an dem zwei Mitwanderer ihre Bergschuhe im scharfkantigen Geröll beschädigt haben (Risse im Obermaterial und abgerissene Sohlenteile) ist meinen Schuhen bei gleicher Belastung nix passiert- einmal mit Lederfett drüber und gut wars.
Sie sind dicht- die Zunge ist auf beiden Seiten bis ganz oben mit Laschen abgenäht, damit muß Dreck, Sand und (wenn gut gefettet) Wasser erst von oben in den Schaft kommen.
Jetzt lauf ich quasi als Werbemensch herum, weil mich die Dinger so begeistert haben- zwei enge Freunde tragen auch keine anderen Schuhe mehr.
Meine Jagas heute, live und ungeschönt, ein wenig staubig und grad ohne Schnürsenkel,
dafür mit einem Haufen Erinnerung, Höhenmeter und Kilometer aufm Buckel:
mfg
Tct II