Verzug und Härterisse bei Dreilagenstahl

wagtho

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Ich habe versucht, eine Klinge für ein Küchenmesser im japanischen Stil anzufertigen. Dazu habe ich einen Dreilagenstahl der Fa. Hitachi verwendet (weißer Papierstahl Nr. 2, beidseitig mit Eisen verschweißt, Gesamtstärke 3,6mm, Lieferant: Dick). Die Klinge habe ich durch Sägen, Feilen, Schleifen und Schmirgeln erzeugt, also kein Schmieden. Beim Härten bin ich im Prinzip den Anweisungen der Fa. Dick gefolgt, allerdings mußte ich auf eine Temperaurkontrolle verzichten und habe den Eintritt der Austenitisierung mit einem Magneten geprüft. Sodann habe ich die Klinge in warmem Wasser (ca. 40 Grad) abgeschreckt, Schneide voran. Dabei hat sich nicht nur ein erheblicher seitlicher Verzug gebildet - das hätte man vielleicht noch richten können - sondern auch mehrere von der Schneide ausgehende Härterisse. Ansonsten hat die Schneide gut Härte angenommen, eine neue Feile greift so gut wie nicht mehr.

Ist Wasser doch das ungeeignete Härtemittel? Für den blauen Papierstahl empfiehlt auch Dick Öl zum Abschrecken.
 
Hallo Wagtho

Im Prinzip hast Du Dir die Frage schon selbst beantwortrt: Das wasser war das falsche Medium. Generell sollte man das bei den feinen Messergeometrieen vermeiden, denn das gibt nur große Spannungen und damit viel Verzug und sehr leicht Risse.
Nächstes mal auf die Empfehlung achten und Öl verwenden.
 
Naja, ich habe mich ja gerade an die Empfehlung gehalten. Dem Stahl lag eine ganzseitige Anleitung der Fa. Dick für die WB bei weißem und blauem Papierstahl bei - und für den weißen Papierstahl wird warmes Wasser als Abschreckmedium empfohlen, für den blauen Öl. Wasser hätte ich sonst kaum genommen. Aber vielleicht ist auch eine gewisse Erklärung für die Risse in der "feinen Schneidengeometrie" zu suchen. Aber den seitlichen Verzug hätte ich mir bei dem Dreilagenmaterial so nicht vorgestellt.
 
Hi Wagtho,

im Prinzip war deine Vorgehensweise schon nicht falsch ( warmes Wasser, Magnettest...). Bei dem weißen Papierstahl der Firma Hitachi und dem nicht unwesentlichen Kohlenstoffgehalt von 1,1-1,2 %C ist Wasser jedoch am wenigsten anzuraten und ich fragte mich schon öfter, warum Fa. Dick das so empfiehlt. Wie Arno ja auch schon erklärt hat fordert man bei den geringen Abmessungen in der Schneide, dem C-Gehalt sowie dem Härtemedium Wasser (ob angewärmt oder nicht) den Totalverlust der Klinge nahezu heraus. Besser ist da auf jeden Fall warmes Öl, was nicht heißen soll dass das immer perfekt funktioniert. Mir ist auch vor kurzem eine handgeschmiedete Klinge aus selbst verschweißtem und gefaltetem weißen Papierstahl beim Härten in Öl gerissen, jedoch passiert das wesentlich seltener, da es einfach schonender ist und trotzdem sehr akzeptabele Härten bringt.
Für den nächsten Versuch wärst du also mit Öl wesentlich besser bedient... :super:

Gruß

Mirco, Mitsutada
 
Bei den kleinen Massen und Dimensionen von Messerklingen genügt Ölabschreckung zur Erzielung der vollen Härte. Ich habe selbst mit aufgekohltem Armcoeisen und Ölhärtung Glashärte erzielt.
Auch Verhoeven warnt vor der Wasserhärtung.
Das heißt nun nicht, daß Wasserhärtung unbedingt schiefgehen muß. Gerade bei Dreilagenklingen ist der Stahl ja weitgehend geschützt. Wer am letzten Wochenende Havard Bergland beim Schmieden zugesehen hat, konnte das gut beobachten. Havard hatte halt kein Öl da, also hat er Wasser genommen. Die Klingen waren immerhin stabil genug, um damit nach dem Härten und Anlassen (im Feuer und auf Farbe) eine Eisenstange von 8 x 8 vierkant durchzuschlagen. Bei japanischen Kohlenstoffstählen, die meist besonders frei von Beimengungen sind, wird Wasserhärtung oft empfohlen und traditionell auch durchgeführt. Dabei empfiehlt es sich aber dringend, alle Regeln der Technik einzuhalten, insbesondere sorgfältiges Weichglühen, exakte Einhaltung der richtigen-möglichst niedrigen- Härtetemperatur, gleichmäßige Erwärmung, kurze Haltezeit und Abdecken mit einer Schutzschicht.
Gerade das Abdecken mit einer Schutzschicht und die durch eine partielle Härtung entstehenden Druckspannungen in der Schneide können auch die von Verhoeven geschilderten inneren Mikrorißchen, die die Zähigkeit negativ beeinflussen, vermeiden helfen. Da es mit der Ölhärtung aber gefahrloser geht, sollte man die "Wasserspiele" Leuten mit Erfahrung und guten Nerven überlassen.
Auch der aufgetretene Verzug spricht für eine nicht optimale Vorbereitung, beispielsweise Einbringen starker Spannungen durch einseitiges heißes Schleifen.
MfG U. Gerfin
 
Der grosse Härteverzug deutet m.E. ganz klar auf eine nicht homogene Materialstruktur vor dem Härten hin. Hatte früher gleiche Fehler gemacht und insbes. die "Bandschleifer-Bearbeitung" ist ein garant für Härterisse, denn der Stahl ist sehr temperaturempfindlich. Hier ist darauf zu achten, dass vor dem Härten durch nochmaliges Normalisieren und Weichglühen eine durchgehend spannungsfreie Gefügestruktur erzeugt wird ="Wärmebehandlung"

Wird erst nach dieser nochmaligen WB gehärtet, ist das Problem i.d.R. erled. U.Gerfin hat vollkommen Recht, wenn er sagt, dass die Wasserhärtung nicht das unbedingte "Muss" bei diesen Stählen ist. Es ist halt das "Sahnehäubchen" auf dem Kuchen. Aber bevor ich über die Sahne nachdenke muss erst einmal der Kuchen als solches schmecken. Also übe evtl. mit Öl und taste dich an's Wasser und für die Hardcore-Variante an's Härten mit Salzwasser heran :super:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe den gleichen Stahl und würde gerne in Wasser härten.

Kann mir jemand am besten ganz genau erklären wie ich die Wärmebehandlung durchführen soll ? Ich arbeite mit einer alten Feldschmiede und richte mich nach dem Magnettest/Glühfarben und meinem Bauchgefühl :hehe:

Sagt mir einfach ob meine Herangehensweise richtig ist und falls nicht bitte verbessert mich einfach!!!

1. Schmieden, Formen, schleifen ect. (Schneide 0,5mm dick lassen)
2. Auf 600 Grad erhitzen (Stahl glüht nicht sichtbar)und einige Zeit (ca.
2-3 min.) halten
3. Erhitzen auf die erste Rotfärbung des Stahls die ich bei Tageslicht
erkennen kann
4. Die Klinge in nichtbrennender Kohle abkühlen lassen bis ich das
messer wieder anfassen kann
5. langsam und gleichmässig auf 750-800 Grad erhitzen (etwas hellere
Glühfarbe als die erste, die ich bei Tageslicht erkennen kann ) und
dann ins Wasser (mit der Schneide zuerst) und die Klinge vor und
zurückbewegen damit keine Luftblasen bein "abschrecken" stören.

Ok... wäre das so richtig ???
 
Sorry Xzenonbenz,

aber steht da nicht mindestens 1 mal Wasserhärten ist nich das richtige für den Stahl bei Messern?
 
ja steht es.. aber ohne wasser bekomme ich lauf der Anleitung der Firma Dick keine 60HRC hin sofern ich nicht mindestens auf 850 Grad erhitze zum Härten... und 850 Grad ist bei dem Stahl abzuraten da kein feinkörniges gefüge entsteht wenn ich das tue (steht extra als Hinweis dabei!!!)

Was soll ich also tun ?
 
Hallo

Du solltest:

- In Öl härten
- Die 850°C nicht, wie in den Versuchen des Herstellers sehr wahrscheinlich geschehen, 20 min halten, sondern max. 3 min (1 min pro mm Stärke ist eine übliche Faustformel, die sehr gut anwendbar ist). Dann hat nämlich das Material eigentlich überhaupt keinen Grund dafür, ein "grobes" Gefüge auszubilden.

Wenn das dann wider Erwarten nicht ausreichend sein sollte, kannst Du die Sache immernoch mit Wasser versauen. Außerdem würde ich mal ein bis zwei kleine Stücke von dem Material abknapsen und Vorversuche machen, wenn du den Aussagen der Profis nicht trauen willst...

Übrigens:

Der Stahl entspricht ziemlich genau unserem 1545, der sich durchaus in Öl gut härten lässt und wesentlich günstiger zu bekommen wäre...
 
Nochwas:

Der Querschnitt ist mit 3 mm eigentlich nicht mehr wirklich dafür geeignet, mit der Schneide voran eingetaucht zu werden (hängt aber davon ab, wie viel "Fleisch" du stehen lässt), das kann in Wasser und ohne vieeeel Erfahrung fast nur in die Hose gehen. Entweder "hängend" eintauchen, oder mit dem Rücken voran.
Mit der Schneide voran riskierst Du Verzug, starke Wellen, und Risse.
 
Ich glaub man mus es Dir genau sagen,

Die Härteanleitung für diesen Stahl ist B... S...!

ich weis ja nicht wie viele das schon so gemacht haben aber mehr als Schrott kann da nicht rausgekommen sein.

Härten: 780-800°C halten 5-3 min
Abschrecken in warmen öl (60°C)

das macht mal 67HRC satt

Anlassen 160-200°C dann sind wir bei 65-62 HRC

Ist das jetz klar genug?

RGDS Roman
 
Zuletzt bearbeitet:
hehe, das waren doch mal klare Aussagen :D :super:

Warum habt Ihr nicht gleich gesagt, dass das Gefüge nicht grobkörnig wird wenn man es nur ein paar minuten lang erhitzt, dann häötte ich mir die ganze zulaberei und störrische dagegenplapperei sparen können :irre:

Also ich fasse nochmal zusammen:

-white paper steel ist fast identisch mit 1545er
-Ölhärten bringt bei 850 Grad mehr als 62 HRC
-Wenn man 850 Grad nur 3 Minuten hält wird das Gefüge nicht grobkörnig
-Eintachen mit der Schneide zuerst is Kacke weil mehr Verzug, lieber mit der Spitze zuerst oder mit dem Rücken (was is besser ????)


Jetzt bin ich sehr viel Schlauer und danke erstmal allen die ich penetrant in den Wahnsinn getrieben habe mit meiner Fragerei! :hehe:


Meine letzten Fragen wären nun noch:

1. Woher bekomme ich 1545er in kleineren Mengen günstig
2. Kann ich mit einem "Lehmmantel" aus feuerfestem Mörtel den Verzug verhindern wenn ich mit der Schneide zuerst eintauchen will um eine Hamon zu bekommen ???
 
Xzenonbenz schrieb:
1. Woher bekomme ich 1545er in kleineren Mengen günstig
2. Kann ich mit einem "Lehmmantel" aus feuerfestem Mörtel den Verzug verhindern wenn ich mit der Schneide zuerst eintauchen will um eine Hamon zu bekommen ???
Hi

Peter Abel (Claymore) verkauft 1.1545 (C105) in Kleinmengen.

Verzug kann es immer geben, ich denke mal folgendes sind die Hauptgründe :
- wenn die Klinge bei den Glühbehandlungen auf der Seite liegt und nicht hängt bzw. auf dem "Rücken steht".
- wenn sie nicht symetrisch geschliffen ist
- wenn einseitig geschmiedet wurde und die Wärmebehandlung unzureichend war
- wenn die Wärmebehandlung allgemein unzureichend war
- wenn der Lehmmantel sehr unterschiedlich aufbetragen wurde
- wenn die Klinge beim Härten ungleichmäßig erwährmt wurde bzw. beim
abschrecken unterschiedlich warem Zonen vorhanden waren
- eventuell wenn man beim Abschrecken sehr schräg eintaucht (könnt ich mir zumindest vorstellen)

edit: - wenn die Klinge beim erhitzen schräg gehalten wird

Ein paar der Punkte sind mir auch schon zum Verhängnis geworden :rolleyes:

Um einen eventuellen Verzug zu richten, hast direkt nach dem Abschrecken kurz Zeit (sobald sich das Öl nicht mehr durch die Klingenwärme bewegt). In dieser Zeit hat sich das Gefüge noch nicht komplett stabilisiert. Ein Richten funktioniert dann noch recht gut.
Danach drohen Risse oder gar ein Klingenbruch.

Wenn ich grad Stuss geschrieben hab, dann korregiert mich bitte.
Die Ehrfahrung mit dem oben beschriebenen hab ich so aber schon gemacht :argw:

nochmal edit: Zwecks Richten, hier sind gute Erklärungen: http://www.messerforum.net/showthread.php?t=30812&highlight=Richten

Gruß

Simon
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur kurz:

Wie Roman schon sagte, sind 850°C eigentlich schon deutlich zuviel. Ich würde auch auf max. 820 gehen, aber auch nur, wenn ´s mangels Übung o.ä. vom Ofen zum Bad etwas dauert...was es nicht sollte! Übung ist hier mal wieder gefragt. Deshalb auch mein Hinweis mit dem günstigeren Stahl.
An das Härten mit Lehm würde ich mich erst wagen, wenn `s auch ohne schon klappt, die Sache hat so ihre eigenen Gesetze (per Suchfunktion ist da einiges zu finden).
Ich würde das dünne Ding übrigens am ehesten Spitze voran eintauchen.
 
Also leute jetzt sagt mir mal bitte ob meine Tastatur noch in Odrnung ist :glgl:
scheinbar Tippe ich 780-800°C macht....

und der Xzenonbenz schreibt:

-Ölhärten bringt bei 850 Grad mehr als 62 HRC
-Wenn man 850 Grad nur 3 Minuten hält wird das Gefüge nicht grobkörnig
-Ölhärten bringt bei 850 Grad mehr als 62 HRC

Ist das jetzt die Standardabweichung die man beim Internetsurfen hat?

Ich glaub mein Computer ist kaputt wer kann mir helfen :confused:
 
@roman

Schon komisch, man könnte echt meinen er ignoriert deine Vorschläge... ich verstehs auch nicht :argw:

Man könnts höchsten nochmal mit Schriftgröße 20 in rot blinkend probieren :irre:

Gruß

Simon
 
Ups, ich bitte um Entschuldigung! Ich habe irgendwie Dein Post und das von Ahrno durcheinandergewürfelt ... jetzt stelle ich mir die Frage ob das die normale Abweichung beim Surfen meinerseits ist wenn man sich nicht mehr Konzentrieren kann vor lauter neuen Infos :lechz:

Ahrno schrieb ich solle die 850 Grad nur kurz halten und nicht 20 Minuten... Kurz danach hast Du 780-800 geschrieben und ich habe die Zahlen durcheinandergewürfelt beim schreiben... *lol* sorry ich hab in letzte Zeit aus arbeitstechnischen Gründen nur 4 Stunden Schlaf die Nacht... das hinterlässt Spuren bei mir :eek:

@Roman: Du (und alle Anderen hier) könnt sicher sein dass ich Eure Ratschläge nicht ignoriere, sondern sie dankend annehme und versuche alles genauso zu befolgen!!! Alles was Ihr bisher geschrieben habt war bisher super hilfreich und ich habe nur Eurer Hilfe zu verdanken dass ich gerade dabei bin meinen Griff an meiner ersten gelungenen Klinge zu bearbeiten :super: :)

Ich poste Euch nacher oder morgen mal ein Foto meiner Arbeit hier rein, damit Ihr seht wozu Ihr soviel Nerven bei mir gelassen habt um meine (teils überflüssigen) Fragen zu beantworten!

Nochmal ein fettes DANKE an Euch!

so genug geredet... es wartet noch ein Ahorngriff auf mein Schleifpapier :argw:

Gruß

Xzenon
 
Hallo Leute,

Auf die Gefahr hin, daß Ihr mich jetzt schlagt (geht so was im www?:) ):
Ich habe mit diesem 3-Lagen-Stahl (3,5mm stark) bei Wasserhärtung ein scheinbar ganz anders Problem: Längsrisse in der Mittellage, sehr exakt in der Mitte der Mittellage, und sehr gerade und so dünn, daß ich die immer erst beim Feinschleifen entdecke.
Dachte die kommen von zu kaltem schmieden, war aber nie ganz sicher. Da kein Verzug oder sonstige Probleme auftraten, bin ich nicht auf Härterisse gekommen. Mit C105 habe ich das Problem nicht ( dafür verzieht der sich leicht mal beim Wasserhärten).

Wer hat so was schon mal gehabt, oder 'ne idee?

Gruß Martin
 
Warum ist der Glaube an das Härten in Wasser so unausrottbar ? Weil Stähle in Büchern oder im Stahlschlüssel als Wasserhärter bezeichnet werden ? Weil es der Opa immer so gemacht hat ?- Dem Opa wäre es noch am ehesten zu verzeihen. Er- oder besser noch sein Uropa-hatten es mit sehr reinen fast legierungsfreien Stählen zu tun, die extrem umwandlungsfreudig waren und deshalb in größeren Dimensionen nur mit Wasserhärtung richtig hart wurden. Selbst die reinsten C-Stähle, die heute hergestellt werden, erreichen bei der viel schonenderen Ölhärtung in den Dimensionen einer Messerklinge die volle martensitische Härte- bei weniger Härteverzug, verminderter Gefahr von Härterissen und der Freiheit von den bei Wasserhärtung von Stählen mit mehr als 0,6 % C regelmäßig auftretenden Mikrorißchen. John Verhoeven hat dazu eine ganz ausgezeichnete Abhandlung geschrieben - als dvd im schmiedecafé nachzulesen. Härten in Wasser kommt m.E. nur bei hochreinen C-Stählen nach sehr präziser Vorbereitung- Behandlung auf Feinkorn und mindestens partieller Abdeckung der Klinge oder allenfalls noch bei nur partieller Härtung in Betracht.
Das ist hier auch schon ausführlich diskutiert worden.
MfG U. Gerfin
 
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