Auf meine an Herrn Prautzsch von zukuri gestellten Fragen habe ich nun ausführlich Antwort bekommen:
Wofür ist das Loch in der Klinge?
Häufig ist zu lesen, dass es sich dabei um ein Designmerkmal handelt. Ebenso oft ist zu lesen, dass es sich um eine stilisierte Blutrinne handeln soll. Beide Antworten sind richtig. Auf direkte Nachfrage erklärt ROCKSTEAD selbst, dass das Loch mit der länglichen Nut oder Ausfräsung eine Blutrinne symbolisieren soll. Solche "Bilder" gibt es ja auch bei einzelnen Modellen. Beim CHI die Tantoklinge oder beim CHOU die Naginata. Warum eine Blutrinne allerdings ein Loch haben muss, bleibt ungeklärt.
Blick zurück:
Das ganz frühe Modell MANTIS hatte weder ein Loch noch einen Schlitz. Die folgenden Modelle Cricket und Beetle hatten zwar ein Loch, doch wurde es durch eine Einlage, auf der ein Steinbock (meine Interpretation dieser kleinen Figur) abgebildet ist, verschlossen.
Der Lochdurchmesser ist bei den frühen Modellen identisch mit den Lochdurchmessern der heutigen Modelle. Die Schlussfolgerung, dass es sich hier um eine Eigenheit handelt, die während des Produktionsprozesses erforderlich ist, liegt also nahe. Bleibt nur noch die Frage, warum das Modell MANTIS bei der Herstellung kein Loch brauchte bzw. die Frage, was sich mit der Einführung der Modelle CRICKET und BEETLE geändert hat.
Die Antwort: Ihre besondere Klingengeometrie erhalten die ROCKSTEAD Messer mittels einer speziell entwickelten „Schleifmaschine“. Für den Schleifprozess muss das Werkzeug eingespannt werden. Das funktionierte beim Modell MANTIS, das einen einfachen Flachschliff hatte, noch sehr gut über eine Klemmung, so dass ein Loch für die Aufnahme des Werkstücks nicht erforderlich war. Mit der Einführung der Klingengeometrien HONZUKURI und SHINOGIZUKURI genügte die Klemmung nicht mehr um den Klingenrohling ausreichend zu fixieren, da die beim Schleifvorgang auftretenden Kräfte wesentlich größer waren. Um sicher zu stellen, dass es während des Bearbeitungsprozesses zu keinerlei Verschiebung des Werkstücks kommt, musste eine andere Form der Fixierung genutzt werden und für diese Art der Fixierung muss ein Loch in die Klinge.
Zusammenfassend ist also zu sagen, dass es sich bei diesem Loch um einen Steckplatz zur Aufnahme in die Schleifvorrichtung handelt und dass nur mittels dieser Art der Fixierung die Verarbeitungsgenauigkeit auf dem angestrebten Niveau gewährleistet werden kann. ROCKSTEAD hat aus der Not ein Tugend gemacht und aus dem Loch eine stilisierte Blutrinne.
Wie macht ROCKSTEAD die Spiegelpolitur?
Die Spiegelpolitur gehört, allgemein betrachtet, sicher nicht zu den Besonderheiten der ROCKSTEAD Messer. Andere Hersteller veredeln ihre Messer auch auf diese Weise. Zum Beispiel verdient auch die Politur, die Koji Hara seinen Klingen gibt, den Präfix „Spiegel“. Auf gleichem, sehr hohem Niveau waren schon die Polituren der frühen ROCKSTEAD Modelle (BEETLE, NEHAN, REI, JIN oder GI). Bei den Fixmessern sind die Spuren der Handpolitur noch gut zu sehen. Damals wurde bis zu einer Körnung von 2000 poliert und im Anschluss daran gab es einen letzten Arbeitsschritt, den ROCKSTEAD nie offen gelegt und als Betriebsgeheimnis behandelt hat.
(Vielleicht war dieser Arbeitsschritt so ähnlich wie die traditionelle ZARATSU-Politur, die bei den SEIKO Topmodellen ja auch Blade-Polissage genannt wird. Dabei wird das zu polierende Werkstück gegen eine rotierende Zinnplatte gepresst. Letzteres ist aber nur eine Vermutung, da ich mir vor vielen Jahren eine SEIKO dieser Klasse geschenkt habe und noch immer von deren Politur beeindruckt bin.)
Heute, so hat mir ein Mitarbeiter von ROCKSTEAD bestätigt, handelt es sich um eine maschinell durchgeführte Politur. Mir ist kein anderer Hersteller bekannt, der mittels Politurverfahren eine so geringe Oberflächenrauheit erreicht. Die Politur der aktuellen Modelle ist nicht mit der Politur der früheren zu vergleichen. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes perfekt. Um das Geheimnis vielleicht doch zu lüften, erlaubte ich mir die Frage, ob es sich um eine spezielle Form der Laserpolitur handelt, bei der die Randschichten des Materials umgeschmolzen werden. Dies wurde ausdrücklich verneint. Damit bin ich leider immer noch so schlau wie am Anfang. Aber vielleicht müssen auch nicht alle Geheimnisse gelüftet werden. Einfach staunen, kann auch sehr schön sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zwar nicht die Spiegelpolitur an sich, sehr wohl aber deren Qualität eine Besonderheit der ROCKSTEAD Messer ist. Eine Eigenschaft, die nicht eine Frage des Designs ist, sondern vielmehr ein wichtiges Merkmal, um eine langanhaltende Schnitthaltigkeit zu gewährleisten.
Brett mit Jeansstoff bespannt + Metallpolitur - Kann ich so mein ROCKSTEAD Schärfen oder dient diese Methode der Pflege?
Schärfen lässt sich ein Messer damit nicht, auch ein ROCKSTEAD nicht. Mit dieser Methode lassen sich jedoch die beim Gebrauch entstehenden, mikroskopisch kleinen Ausbrüche auf einfache und kostengünstige Weise beseitigen. Auf einem Holzbrett lässt sich Jeansstoff einfach befestigen. Der Jeansstoff wiederum ist ein gutes Trägermaterial für die Metallpolitur, das sich flexibel an die Klinge bzw. den Anstellwinkel anpasst.
Wie oft pflege ich mein ROCKSTEAD auf diese Weise? Nach jedem intensiveren Gebrauch! Das Brett liegt bei mir immer griffbereit.
Verwende ich das Messer in einem größeren Zeitraum selten bzw. weniger intensiv, können die Abstände auch mal größer werden. Gelegentlich mache ich den Papiertest: Dabei zerschneide ich ein Blatt Papier ganz besonders langsam, praktisch in Zeitlupe und nutze die gesamte Klingenlänge. Dabei sind schon kleinste Ausbrüche spürbar, die nach Nutzung des Jeansstoffbrettchens wieder verschwunden sind. Besser ist es jedoch nicht so lange zu warten, sondern das ROCKSTEAD regelmäßig in der beschriebenen Weise zu pflegen. Wer diese wichtige Pflegemethode regelmäßig anwendet, der wird sein ROCKSTEAD über viele Jahre hinweg mit einer beeindruckenden Gebrauchsschärfe nutzen können