polaris1977
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So, numal das Ganze nach endgültigem Abschluß der Verfahrens und mit etwas Ruhe und Abstand.
15 Monate zweifelhafter Spasss wegen ein paar offensichtlich ebenso übermotivierter wie unterqualifizierter Staatsdiener.
Das Wesentliche dazu folgend, der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit halber mal chronologisch, teilweise nach zwischenzeitlicher Akteneinsicht und sonstiger Erkenntnisse rekonstruiert:
Ich hoffe, daß dieser Bericht dem ein oder anderen zukünftig Betroffenen vielleicht etwas hilft. Zusammenfassend läßt sich sagen: Nur nicht kirre machen lassen. Und wenn man sich zwischendurch immer mal wieder fragt, ob man doch irgendwas total übersehen hat oder ob die wirklich alle so doof sind, ist es bestimmt gut zu wissen, das dem leider durchaus so sein kann.
:grief:
Als Steuerzahler stell ich mir natürlich die Frage: Wenn bei den Staatsschutzabteilungen von LKA uns StA offensichtlich soviel lange Weile herrscht, warum wird die unausgefüllte Dienstzeit nicht lieber mit rechtlicher Nachschulung von Mitarbeitern gefüllt, um eklatante Ausbildungsmängel zu verringern?!
Übrigens:
Ich habe den Leuten von Böker das LKA-Gutachten zum Bulldog neulich zugeleitet und stelle es bei Bedarf natürlich jedem Interessenten zur Verfügung, es wurde ja schließlich aus Steuergeldern bezahlt!
15 Monate zweifelhafter Spasss wegen ein paar offensichtlich ebenso übermotivierter wie unterqualifizierter Staatsdiener.
Das Wesentliche dazu folgend, der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit halber mal chronologisch, teilweise nach zwischenzeitlicher Akteneinsicht und sonstiger Erkenntnisse rekonstruiert:
- 2 Kriminalbeamten des Staatsschutzes fiel letztes Jahr bei einer öffentlichen Veranstaltung mein nicht auf dem Präsentierteller, aber wie üblich auch nicht verdeckt getragenes Böker+/Krein Bulldog -EDC auf 5 Uhr an meinem Gürtel auf, die mir deshalb ein strafbares Verhalten unterstellten. Nachdem im Rahmen der sich daraus ergebenen Diskussion deutlich wurde, daß die Beiden mir zwar eine unvollständige Paragraphenkette aus dem WaffG als Tatvorwurf für eine beabsichtige Anzeige und Sicherstellung nennen konnten, aber ansonsten offenbar lediglich über Halb- bzw. eher Viertelwissen verfügten, erschien mir das Ganze wenig zielführend, so daß ich es bei einem formalen Widerspruch gegen die quittierte Sicherstellung und ein entschiedenes Verwahren gegen den geäußerten Tatvorwurf beließ. Während ich solche Wissenslücken bei einfachen Schupos ja durchaus noch verständlich finde, bewerte ich es als erschreckend, wenn Beamte der Staatsschutzabteilung des LKA, die dienstbedingt typischerweise mit solchen Fragen zu tun bekommen, hier offensichtlich für ihren Dienst weitgehend unqualifiziert agieren und mit ihrem Unwissen unter Zuhilfenahme ihrer gesetzlichen Befugnisse und Verweis aufs Legalitätsprinzip Bürger belästigen.
- Später, nach der Veranstaltung habe ich dann nochmal nachgeschlagen und versucht den etwas wirren Tatvorwurf zu rekonstruieren. Es ergab sich daraus (wie ich mittlerweile weiß, auch zutreffend), daß man mir eine Straftat gem. §52 Abs. 3 Nr. 9 WaffG vorwarf, über den dann der Tatbestand des § 42 Abs. 1 i.V.m. dem Waffenbegriff des §1 Abs 1 WaffG einschlägig wird.
- Ich habe dann in der betreffenden Wache zu Protokoll erklärt, daß der Anzeige offensichtlich eine rechtsfehlerhafte Subsummtion des von mir geführten Messers unter dem Begriff "Waffe" i.S.d. WaffG zugrunde lag und den Tatvorwurf bestritten und meinen Widerspruch gegen die Sicherstellung explizit aufrecht erhalten.
- Binnen 2 Wochen hat das LKA das dann mit einem Behördengutachten selber festgestellt, was ihre Kollegen da für einen rechtlichen Blödsinn verzapft hatten denn die KTU hatte explizit festgestellt, daß das vorliegende Bulldog "ein Gebrauchsmesser" sei, für das waffenrechtliche Vorschriften nicht zuträfen.
- Das hielt aber eine von rechtlichem Fachwissen zu den für ihre Abteilung regelmäßig einschlägigen Rechtsvorschriften offenbar unbeeinträchtigte Staatsanwältin nicht davon ab, es hilfsweise mit dem Vorwurf eines Verstoßes gegen § 27 Abs 1 VersG zu probieren und mit dieser Begründung (lange nach Ablauf der ordentlichen Frist von 3 Tagen) eine Beschlagnahme als Beweismittel zu beantragen, was auch zu einem entsprechenden Beschluß des Gerichtes führte. Leider hatte damals Aufgrund anderweitiger wichtiger+dringlicher Angelegenheiten keine Zeit, dagegen gesondert Vorzugehen, was bei einem Beweißmittelbeschluß im Zweifel auch eh wenig gebracht hätte. Mich pressierte es auch nicht sonderlich, da ich eh noch ein weiteres Bulldog und auch noch genug andere EDC-Fixed hatte und einem etwaigen Verschlampen des Sichergestellten durch Behörden bis zu einer Verfahrenseinstellung durch den Beweißmittelbeschluß ja einigermaßen vorgebeugt war.
- Gut 2 Monate später kam dann eine Vorladung zu einer Vernehmung ins Polizeipäsidium, zu der ich natürlich nicht dumm und unwissend genug war um hinzugehen.
- Nach ~8 Monaten seit dem Vorfall kam in dieser Sache dann ein Strafbefehl über 30 Tagessätze bei mir an, gegen den ich natürlich fristgemäß Widerspruch einlegte und Akteneinsicht beantragte. Der Antrag der StA für den Strafbefehl enthielt allerdings nur rudimentäre Ausführungen zur "Beweislage" für den "Tatvorgang", war allerdings jedwede Ausführung zur behaupteten Einschlägigkeit des vorgeworfenen Tatbestandes über ein blankes Zitat des 27 Abs. 1 VersG hinaus schuldig geblieben. Da die StA hier anscheinend von der herrschenden Meinung der Literatur sowie der vorliegenden Rechtsprechung des BGH abweichen wollte, ist das ziemlich seltsam. Es drängt sich auch der Gedanke auf, daß das Gericht den Strafbefehl wohl ohne jedwede sachliche Prüfung auf rechtliche Plausibilität ausfertigte.
- Die erste, 10 Monate nach dem Vorfall anberaumte Termin zur Eröffnung der Hauptverhandlung platzte dann recht kurzfristig, die Gründe erreichten mich aufgrund des gleichzeitigen Poststreiks bis heute nicht, wie auch so ziemlich alle andere Post aus ~6 Wochen. Da Später aber ein Neuer Termin angesetzt wurde, habe ich dann auch einen Anwalt mit der Angelegenheit beauftragt.
- Der zweite, ~13 Monate nach dem Vorfall angesetzte Termin platzte dann ebenfalls kurzfristig , da die Feiglinge von der StA am Tag vor dem Termin gekniffen und die Anklage zurückgezogen hatten!
- Nach weiteren Wochen wurde dann das Verfahren wegen mangelndem Tatverdacht eingestellt und die dem Beweißmittelbeschlagnahmebeschluß zugrundeliegende Sicherstellung aufgehoben.
- Ich durfte dann das betreffende Bulldog nach 14 Monaten in der Asservatenkammer abholen, was mir trotz des Aufwandes lieber war, als ein möglicher Verlust auf dem Postweg mit nervigem Schadensersatzverfahren. Der Abholvorgang selber war ob der Sicherheitsvorkehrungen im betreffenden Gebäude dann mit u.a. einer konspirativen Übergabe durch einen Mitarbeiter in der Sicherheitsschleuse auch so kaffkaesk, daß es für den Aufwand weitgehend entschädigte. Das Bulldog war wieder zu Hause.
- Das zuständige Gericht sprach mir auf Antrag dann auch einen vollumfänglichen Entschädigungsanspruch nach StREGzu. Der Nutzungsausfall für das Beschlagnahmte Bulldog und der Zeit- und Nervenaufwand lassen sich leider schwer beziffern und belegen und ich bin dafür zu faul aber für die Anwaltskosten muß der Steuerzahler halt bluten.
- Immerhin habe ich jetzt ein explizites Behördengutachten zur Nichtwaffeneigenschaft des Bulldog vorliegen. Leider hatte ich es verpennt, mir durch entsprechenden rechtzeitigen Beweisantrag einen BKA-FB auf Staatskosten zu beschaffen.
Ich hoffe, daß dieser Bericht dem ein oder anderen zukünftig Betroffenen vielleicht etwas hilft. Zusammenfassend läßt sich sagen: Nur nicht kirre machen lassen. Und wenn man sich zwischendurch immer mal wieder fragt, ob man doch irgendwas total übersehen hat oder ob die wirklich alle so doof sind, ist es bestimmt gut zu wissen, das dem leider durchaus so sein kann.
:grief:
Als Steuerzahler stell ich mir natürlich die Frage: Wenn bei den Staatsschutzabteilungen von LKA uns StA offensichtlich soviel lange Weile herrscht, warum wird die unausgefüllte Dienstzeit nicht lieber mit rechtlicher Nachschulung von Mitarbeitern gefüllt, um eklatante Ausbildungsmängel zu verringern?!
Übrigens:
Ich habe den Leuten von Böker das LKA-Gutachten zum Bulldog neulich zugeleitet und stelle es bei Bedarf natürlich jedem Interessenten zur Verfügung, es wurde ja schließlich aus Steuergeldern bezahlt!