Wie viele Hitzen verträgt Stahl?

Günther

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Wie oft kann ich Stahl z.B. 1.3505 oder auch CK60 erhitzen, ohne das das Material Schaden nimmt.
Ich habe Rundmaterial mit 30 und 35mm Duchmesser und das dauert natürlich, bis das ausgebreitet ist.

Ich arbeite mit einer Gasesse, von daher dürfte Entkohlung nicht das große Problem sein.Gibt´s außer dem noch etwas, das den Stahl schädigen kann?

Ich mache nach dem Schmieden mehere Glühvorgänge:Mehrmals Normalisieren, Weichglüchen, Spannungsarmglühen.
 
Hallo Günther !
Wenn Du alles richtig machst, kannst Du viele Male erhitzen, ohne den Stahl zu schädigen. Das ist die Theorie, die Praxis sieht u.U. etwas anders aus. Du hast sicher in einem Bericht von Achim gelesen, wie viele Schmiedezyklen erforderlich sind, um die Wootzstruktur zu erzeugen. Dabei handelt es sich um die Verformung kohlenstoffreicher Stähle bei niedriger Temperatur. Eine Schädigung tritt dabei nicht auf. Anders wäre es, wenn bei hoher Temperatur geschmiedet wird und keine ausreichende Verformung stattfindet. Hier wäre mit einer Kornvergröberung zu rechnen und möglicherweise mit Rissen. Bei ausreichender Verformung und der von Dir dargestellten Wärmebehandlung bist Du aber auf der sicheren Seite. Ich habe mir in Solingen von Achim Wirtz ein Stück des Eisens aus dem Rennfeuer geben lassen und habe es 1o mal gefaltet und verschweißt. Mein Eindruck ist, daß es erst ab der 6./ 7. Faltung hinreichend homogen geworden ist.
Eine kleine Anmerkung zur Warnung: Die Vorstellung, daß Gasessen vor Entkohlung schützen, ist nicht in allen Fällen richtig. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen Verzunderung und Entkohlung. Bei starker Verzunderung läuft sie schneller als die Entkohlung. D. h. was nicht weggezundert ist, ist nicht entkohlt. Bei weitgehend neutraler Atmosphäre kann es dagegen geschehen, daß zwar die Verzunderung weitgehend unterdrückt wird, nicht aber die Entkohlung. Bei Rapatz ist das sehr schön nachzulesen. Ich höre gerade von sehr sorgfältig arbeitenden Fachleuten immer wieder mal von unbefriedigenden Härteergebnissen und denke dann zu allererst an eine Weichhaut durch Entkohlung (die im übrigen auch bei übertrieben langem Einformen eingetreten sein könnte).
MfG U. Gerfin
 
Hallo Uli,

ich hab bis jetzt immer extra darauf geachtet den Stahl relativ hoch zu erwärmen, um möglichst lange bei einer Erwärmung schmieden zu können.
Ich bin immer so um orange herum gegangen.
 
Hallo Günther !
Gegen Orange als Farbe der Schmiedeanfangstemperatur ist nichts einzuwenden, wenn die Verformung hinreichend stark ist und die Schmiedeendtemperatur nicht zu hoch ist. So wie Du dein Vorgehen beschreibst, hast du sicher noch keine negativen Erfahrungen gemacht.Also: Never change a winning team.
MfG U. Gerfin
 
Hallo Uli !

was würdest du als hinreichend stark beschreiben?
z.b. ein 30x15x150mm stück
wie oft "darf/soll" man es maximal wärmen um die doppelte länge zu erhalten und um noch in die kategorie hinreichend stark geformt zu haben zu fallen?

15-20 mal ? (handarbeit :D )

Grüße daniel
 
Hallo Daniel !
Bitte erschrick nicht, aber 2o Hitzen finde ich denn doch zuviel. Mit einem Federhammer oder noch besser Lufthammer schaffst Du die Verformung auf die doppelte Länge in maximal zwei Hitzen. Ich selbst arbeite ausschließlich mit Handhämmern bzw einer umgebauten Lederwalze mit Muskelantrieb. Das schränkt die Größe der zu verarbeitenden Damastpakete natürlich schon ganz schön ein. Bei einem Paket von ca 25 x 5o x 100 mm = etwa 1 kg kann ich nach der dritten bis fünften Hitze wieder falten. Als Faustregel für die erforderliche Verformung sollte die Querschnittsabnahme schon mindestens 1/5 tel- besser mehr- betragen. Wenn man das mit größeren Paketen nicht schafft, ist es sicherer, kleinere Pakete zu verarbeiten. Wenn man bis Nähe Endformat ausschmiedet, ist es erstaunlich, wieviel man aus einem Paket herausholen kann.
MfG U. Gerfin
 
:staun:

wow, wenn ich ein ca 600gr paket bearbeite, dann brauch ich mal 2-3 hitzen zum verschweißen und dann noch 2-3 zum recken....

Da muß ich wohl an meiner schlagkraft und technik üben :irre: :lach:

Danke :super:
 
Entschuldigt wenn ich den etwas älteren Beitrag nochmals hochhole, aber meine Frage passt einigermaßen zum Thema.

Gerade als Schmiedeanfänger braucht man, mangels unausgereifter Technik und teils mangelnder Kraft, mehr Hitzen als der routinierte Schmied.

Was schadet dem Stahl mehr:

Wenn man beim Temperaturfenster eher auf der sicheren Seite bleibt und ein paar Hitzen mehr in Kauf nimmt?

oder

Mit der Gefahr hin zu kalt zu schmieden, das Temperaturfenster strapaziert um Hitzen einzusparen?

MfG Klaus
 
Hitzen einsparen zu wollen ist meist uneffektiv. Zu kalter Stahl macht einfach nicht mehr das was er soll, und du plagst dich ab ohne dass noch allzuviel vorwärtsgeht.
 
Hallo,

mir fällt auf, dass der Begriff "Hitze" fachlich nicht immer richtig benutzt wird.

Wenn ein Stahl auf Schmiedetemperatur zum Ausschmieden gebracht wird, spricht man von der "Wärme".
Wenn ein Stahl auf Schweißtemperatur gebracht wird, spricht man von der "Hitze".

Markus Balbach
 
:lechz:Markus:super: Ich hab hier auch schon einiges gelesen wovon ich noch nie was gehört habe - und ich behaupte das gelernt zu haben....also Feile, mach dir keinen Kopf, aber sei froh kein Lehrling zu sein!
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für die Erklärungen.
Also das Hauptaugenmerk auf die Temperatur legen. Des Weiteren zügig arbeiten.
Mir ist aufgefallen, dass ein routinierter Schmied die Wärme/Hitze besser ausnutzt. Während man als Anfänger noch mit dem Werkstück jongliert (Zangengrip, richtige Haltung, ect.) hat ein richtiger Schmied schon mit dem Schmieden angefangen. Das macht sich dann vor allem bei Schmiedestücken mit geringerer Masse bemerkbar. Die haben es an sich schnell auszukühlen, bevor man richtig zu schmieden begonnen hat. :hmpf:
Mit ordentlichen Feuerzangen und mehr Üben wird sich das wohl zum Besseren wenden.

Grüße Klaus

P.S.: Das ganze Leben ist eine Lehre.
 
Probier es einfach mal mit einer Gripzange oder mach dir eine Klemme für die Feuerzange, dass spart Kraft und Energie, in Zweifel eben auch Nerven.
Zur richtigen Haltung kommst du von ganz alleine wenn dein Amboss die richtige, für dich passende Höhe hat.
Wichtig ist auch, nicht einfach nur "platt draufkloppen", sondern zu bedenken, dass du Material verdrängst welches ja irgendwo hin will, du mußt ihm die Möglichkeit geben sich zu strecken!
Üben läßt sich das prima an vierkant spitz - mach Nägel und du hast bald raus wie du stehen mußt.
Wie sich Metall streckt und reckt erkennt man wenn man nur auf der Bahn versucht einen Reifen zu machen oder ein "S" wie Schlange.

Das erste Jahre verbringt man immer damit seine Sinne zu schulen und den fliegenden Hämmern des schreienden Meisters auszuweichen wenn man wieder mal ne Delle in die Bahn gehauen hat:steirer:
 
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