Abziehriemen selbstgemacht (billigvariante)

LessLemming

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Auf Wunsch erkläre ich kurz die Version eines Abziehriemens,
die ich benutze. Ich verwende kein Leder, weil ich einfach keines habe
und auch zu faul bin mir welches zu suchen.
Stattdessen benutze ich einfach Papier!

Man benötigt:

-Eine ebene Unterlage (Holz, Metall, ein kleines Buch.... irgendetwas)
-Ein Stück Papier (Druckerpapier, Zeitungspapier...)
-Polierpaste


Man schaut sich an Ort und Stelle um und sucht nach einem viereckigen,
kleinen Ding, worüber man ein Papier spannen kann
und das ein angenehmes Format geben würde.
Die Unterlage muss lediglich eben und flach sein.
Ich habe dazu einen Messingblock verwendet,
aber alles andere funktioniert genauso.
Ich könnte mir sogar vorstellen,
dass man das Papier auch flach auf den Tisch legen könnte.

DSC00885.JPG


fangen wir an:
man wickelt das Papier straff um den Block und fixiert es mit zwei Gummies
oder klebt es fest (nicht empfehlenswert wegen Austauschen)

DSC00887.JPG


Rückseite:
DSC00889.JPG



Damit haben wir schonmal unseren Riemen fertig.
Die Unterlage ist absolut eben und unnachgiebig,
womit auch eine mögliche *Gefahr* der Verrundung der Schneide
durch nachgebendes Leder eliminiert wäre.
Das Papier nimmt Polierwachse und pasten erfahrungsgemäß sehr gut auf.
Am besten funktionieren die Polierwachse, für die Pasten nehme ich meist
Karteikarten oder Karton, weil diese nicht aufweichen.

Wir brauchen jetzt nur noch pasten:

Ich verwende als Pasten Polierwachse die es beispielsweise bei der Firma dick.biz gibt.
Sie werden in kleinen Blöcken verkauft, die ein leben lang halten (2,99€).
Auf folgendem Bild der rechte Block ist von Dick:

DSC00891.JPG


Die Blöcke lassen sich benutzen, wie ein Wachsmalstift.

DSC00893.JPG


Sie werden über das Papier gerieben bis man eine schöne Schicht
Poliermittel darauf verteilt hat

DSC00894.JPG


Diese Kombination hält eine Ewigkeit; die Poliermittel nutzen sich nicht ab,
lediglich das Papier wird mit der Zeit in Mitleidenschaft gezogen
und muss alle paar Monate ausgewechselt werden.
Hier zum Vergleich mein benutztes:

DSC00895.JPG


Verwendet wird der Block zum Beispiel nach dem Schleifen eines Messers.
Jenachdem welche Körnung man dafür benutzt hat bleibt ein Grat stehen.
Zieht man nun das Messer in leicht höherem Winkel, als man es zuvor geschliffen hat, über den Block entfernt man jeden seitlichen Grat
und "schließt" die Schneide. Man bekommt sehr schnell eine Ultrafeine rasurfähige Schneide, die jeden Haartest bestehen kann.
Aber vorsicht ist geboten, diese Pasten erzeugen schnell eine Schneide die viel zu fein ist und sich einfach umlegt.
Ich benutze sie daher folgendermaßen:
War ich unsauber oder faul beim Schleifen ziehe ich das Messer kurz
mit maximal 2 Zügen auf jeder Seite mit wenig Druck über die Paste,
um die Schneide zu ebnen.
Wenn ich richtig faul bin, schleife ich nur sauber auf 1K oder 3K
und ziehe danach (etwas öfter) auf dem Block ab und erhalte schon eine fantastische Schärfe.
Wofür sich dieser Block ebenfalls sagenhaft eignet ist,
um die Messer vor/nach Gebrauch sofort wieder instand zu halten.
Dieser Block kann jederzeit griffbereit liegen,
muss nicht gewässert werden und kann sofort genutzt werden.
Vor/nach dem Schneiden einfach das Messer mit wenig Druck über den Block
und zack ist die Schärfe wieder da, in wenigen Sekunden.
Kein Schmutz, kein Schlamm.


Ich sagte übrigens "ziehen", also gegen die Schneidrichtung aus dem einfachen Grunde,
dass man sonst in das Papier schneiden würde.

Was eignet sich alles als Polierpaste?
Im Prinip alles. Ich benutze meist was mir in die Hände fällt;
ich habe es sogar mal mit Zahnpasta mit Mikrogranulaten versucht.

Ich unterteile in zwei Kategorien
in Pasten und in Wachse.
DSC00898.JPG


Wachse kommen meist in kleinen Blöcken und können wie Malstifte aufgetragen werden,
Pasten sind meist in einer zähen Flüssigkeit dispergiert.
Ich persönlich benutze die feine rosa Paste von Dick,
aber ich muss warnen die ist schon sehr fein.
Bei dem Preis sollte man sich vielleicht noch eine Mittlere/Grobe mitbestellen.
Die Körnungen sind nicht auszumachen, aber ich schätze auf 12-30.000
also zwischen 1 und 0,5my.
Ursprünglich gedacht sind solche Pasten übrigens für die Schwabbelscheibe.

Eine alternative sind Diamantpolierpasten, die in der Bucht rumgeistern.
Manche stellen die Teile sogar selbst her, um Edelsteine damit zu polieren.
Für unseren Zweck reichen die ebenfalls aus, 10g sind aber mit 10€ recht teuer,
aber halten auch sehr sehr lange.
Hier kann man sich die Korngrößen selbst aussuchen,
das rangiert von 20-0.1mikrometer, also bis hoch zum theoretischen grit 100.000


Soviel zu meinem Abziehleder-Imitat.
Falls noch Fragen oder Verbesserungsvorschläge offen sind, her damit


btw.:
Ich verwende diesen Block übrigens selten für meine eigenen Messer,
weil mir das zu einfach geht. Ich empfinde das als *cheaten*.
Mit solchen Mitteln eine perfekte gesichtsrasurfähige Schneide zu erzeugen ist so ein Kinderspiel,
dass ich es nicht schätzen kann und lieber versuche solche Ergebnisse
mit dem Stein zu erzielen.
 
Aha... was man hier nicht alles nützliches lernen kann! Das sieht viel zu einfach aus um wahr zu sein - sprich: Muss ich sofort ausprobieren.

Ich sag schonmal Danke:super: mal sehen obs bei mir auch so einfach ist.

Und von wegen "cheaten":
Es gilt immernoch: Wer rasiert hat recht!


Es grüßt bastelwütig,
Rainert
 
@LessLemming
Vielen Dank für den Tipp! :super:

Ich benutze meist eine (Billig)variante, die Richard Hehn in seinem Buch "Messer" erwähnt hat. Einen Kantel Birnbaumholz, den ich mit Schleifpaste von Dick beschichte. Funktioniert bestens. :D
 
Hallo,

da hier jetzt 3 Trägermedien genannt wurden, nämlich Papier, Holz und Leder hätte ich eine Frage:

Ist für das Abziehen das Material, das das Poliermittel trägt, relativ egal, solange es plan ist und die Paste annimmt?

Gruß

PP
 
das wäre ein Streitthema. Theoretisch gibt es sicherlich Unterschiede,
praktisch wird keiner etwas Nachweisen können.

Hier noch ein viertes Material: Direkt die Stahl/Metall-platte nehmen :hehe:
 
Papier auf Tisch funktioniert auch. Ist aber nicht ideal weil man dabei auch das Papier festhalten muss und welcher ( Ess-,Schreib- oder sonstiger ) Tisch ist schon wirklich "Plan"?

Viele Grüße
Frank
 
….Ist für das Abziehen das Material, das das Poliermittel trägt, relativ egal, solange es plan ist und die Paste annimmt?...

Ich lege Wert auf Elastizität der Abziehfläche, damit die Schneidfase gleichmäßig poliert wird (und kleine Winkelfehler verziehen werden ohne die Klinge anzukippen) Dickere Pappe um 2 mm geht auch aber die Paste (Sonax Chrom/Alu) haftet auf Dauer nicht gut. Leder in 1 - 2mm Stärke ist mir am liebsten.

Dünner bzw. harter Filz müsste auch gut funktionieren. Aber so schwer ist die Beschaffung von Leder ja nun nicht.

Andreas
 
Aber so schwer ist die Beschaffung von Leder ja nun nicht.

Genauso seh ich das auch, zum Thema abziehn hat mit der Lederriemen meist gereicht.

kleines Brett
Stück Leder
doppelseitiges Klebeband

und schon ist ein funktioneller Abziehriemen fertig

Aber Alternativen sind natürlich auch immer wieder spannend.;-)
 
von mir auch eine ältere billigvariante (-:

1 gehobelter holzbalken, 30 cm x 3,5 cm x 5,5 cm: 0.00 € - obi reststück.

1 kleine messingschraube: 0.00 € - am schminktisch meiner frau herausgedreht.

stück von einem büffelledergürtel mit einem gestanzten loch, 30 cm x 4 cm x 0.3 cm: 0.00 € - geschenk vom schuhmacher meines vertrauens.

kleine menge kleber: 0.00 € - (schuhmacher und vertrauen und so...).

fensterleder: 0.00 € - bei meiner frau geklaut.


holz mit dem kleber eingestrichen und das zurechtgeschnitte fernsterleder straff darum gezogen und festgeklebt. die kleine messingschraube (passt mit dem kopf genau in das gestanzte loch vom lederriemen) oben und in der mitte der klebenaht eingeschraubt, den lederriemen eingehängt und fertig. eine befestigung vom lederriemen reicht, da er mit der rückseite auf dem fensterleder aufliegt. da verrutscht beim abziehen nichts.

ich habe jetzt zum abziehen/polieren 3 "verschiedene" lederarten. 1. die dunkle glatte seite vom büffelleder. 2. wenn ich den lederriemen umdrehe und auf die messingschraube stecke die aufgerauhte seite. wenn ich den lederriemen vom holzklotz nehme, als 3. möglichkeit das aufgeklebte fensterleder. zum polieren und feinstschliff nehme ich die blanco paste. gibt es in jedem küchenstudio oder bei blanco direkt.

1 abziehmöglichkeit
abzieh.jpg

2 abziehmöglichkeit
abzieh2.jpg

3 abzieh- poliermöglichkeit
abzieh3.jpg
 
auch sehr schön akiem!

Hier noch etwas das mir jetzt erst wieder eingefallen ist:
Pappe ist herstellungsbedingt voll von kleinen Tonpartikeln.
Deshalb ist es ein so verschleißendes Material zu schneiden.
Ein Stück Wellpappe, beispielsweise, lässt sich auch ohne Pasten zum Abziehen benutzen
 
Pappe ja, aber Wellpappe ist nicht optimal, wegen den Wellen. Man hat nach ein paar mal Drüberziehen einfach keine einheitliche Oberfläche mehr.
Prinzipiell ist Pappe super, wenn sie von der Struktur her wie ein Bierdeckel ist.
Ich benutze und empfehle die Rückseite eines Collegeblocks, das ist DIN A4 groß, hat genau die richtige Struktur, und drückt sich nicht so zusammen wie Wellpappe.
Bisher hab ich das hellblaue Poliermitter von Wolfcraft benutzt, Rasierschärfe kein Problem.
Inzwischen habe ich auch das weiß-grün-rote Sortiment von Dick, allerdings noch nicht ausprobiert.

Gruß,
JoBe
 
Hallo,

da hier jetzt 3 Trägermedien genannt wurden, nämlich Papier, Holz und Leder hätte ich eine Frage:

Ist für das Abziehen das Material, das das Poliermittel trägt, relativ egal, solange es plan ist und die Paste annimmt?

Gruß

PP

Hallo,

ja so sehe ich es auch. Als Variante 4 kann ich noch mattiertes (sandgestrahltes) Glas vorschlagen. Gibt es beim Glaser und man kann es auf das Wunschmaß schneiden lassen. Mit Schleif- oder Polierpaste einfach optimal

Servus

Manfred
 
Hallo,

noch ne frage: Muss die Paste trocknen ?? Und oder muss die Paste erneuert werden ??

Mfg
cosmo
 
ja die Paste sollte trocknen, sonst verursacht man nur geschmiere.
Das kann manchmal etwas dauern, je nach Unterlage und Lösemittel.
Pappe und Papier saugen die meist fetthaltigen Pasten sehr gut auf und trocknen recht schnell
 
Hallo,

noch ne frage: Muss die Paste trocknen ?? Und oder muss die Paste erneuert werden ??

Mfg
cosmo

Hallo Cosmo,

ich nutze diesen Riemen, er ist mit Chromoxid behandelt. Man braucht es nur alle paar Monate erneuern. Aber zwei Tage trocknen lassen und dann mit feinem Schleifpapier abschmirgeln und absaugen.

Gruß Klaus
 
Hallo!

Zur Vervollständigung hier die einfachste Variante eines Abziehriemens - nicht optimal, aber immer zur Hand und IMO gar nicht so schlecht und besser als nichts:

Der Unterarm

(Nein, das ist kein Witz.)

Um einen feinen Schleifgrat abzuziehen reicht der allemal.
Ich bevorzuge die unbehaarte Innenseite.
Für kleinere Klingen reicht auch der angespannte Handballen.
Natürlich nur zu empfehlen wenn man weiß was man tut.
 
Noch eine 'Notlösung', die nicht nur zur Not taugt:

Ich habe schon eine Klinge (mit Erfolg) auf der Reibefläche einer Zündholzschachtel abgezogen.
 
es wäre mal interessant zu wissen welche art und welches klingen-material auf papier, pappe, zeitungsspapier, metall, glas, unterarmen usw. da abgezogen bzw. gehont werden.
 
es wäre mal interessant zu wissen welche art und welches klingen-material auf papier, pappe, zeitungsspapier, metall, glas, unterarmen usw. da abgezogen bzw. gehont werden.

Konkretes Beispiel? OK.

Hier: Küchenmesser, unterschiedliche Klingenformen und -stähle.

Anfangs als ich nur einen 1000/3000 Wasserstein hatte habe ich auf meinem Unterarm den letzten feinen Grat abgezogen.
Inspiriert dazu haben mich diverse Fernsehspielfilme in denen ich das gesehen habe (vor allem bei Cowboys oder Piraten - in früheren Zeiten in rustikaleren Gesellschaften war das anscheinend nichts ungewöhnliches).
Und die theotetische Überlegung, das menschliche Haut im Grunde ja auch (ungegerbtes) Leder ist.
Jedenfalls funktioniert es: durch vorsichtiges Ziehen der flach aufgelegten Klinge (Rücken voran, gell) mehrfach abwechselnd von beiden Seiten wird der anhaftende Grat abgenudelt.
Inwieweit natürliche Bestandteile der Haut auch einen Polierefekt haben kann ich nicht beurteilen (Salzablagerungen vom Schweiß etwa).
Ich habe es zumindest unterlassen, Chromoxydgrün oder vergleichbare Schleifpartikel aufzutragen; wobei IMO etwas haushaltsübliche Stahlpolitur nicht schaden würde da abwaschbar.
Später habe ich mir dann mit grauer Pappe geholfen da diese flach aufliegen kann, auch im Gegensatz zum nachgiebigen Unterarm (Edit: hier Lederriemen lesen > siehe #22 + 26) nicht zum Verrunden führt und Anwendungsfehler in mehrfacher Hinsicht weniger problematisch sind.
Inzwischen bin ich bei aufgeklebtem und mit Chromoxyd behandeltem Lederriemen angekommen was IMO die empfehlenswerteste Methode ist.
Den Unterarm nutze ich jedoch weiterhin, wenn ich nicht da bin wo mein Lederriemen ist.

Das Leder gibt leicht nach was zu einer ganz leichten Verrundung der Schneide führt die IMO bei normalen Schneidaufgaben in der Küche für bessere Schneidenstabilität sorgt.
Wären unverrundete Schneiden mein Ziel würde ich mal Holz probieren.
Auch verträgt der Lederriemen auch mal ein paar Tropfen Wasser, was Papier sofort unbrauchbar macht.


@Krawulle: Die Reibefläche einer Zündholzschachtel ist IMO ziemlich rau (Körnung 100?)
Das würde ich eher als Schleifklötzchen denn als Abziehhilfe ansehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Anfangs als ich nur einen 1000/3000 Wasserstein hatte habe ich auf meinem Unterarm den letzten feinen Grat abgezogen


Der eigene Körper ist schon genial, er passt sich unseren Hobbies an :lach:



@akiem:
Auf meiner papier-polierpaste Kombination ist schon alles drauf gewesen;
rostträger solinger Stahl, Aogami I, Shirogami I, AUS-8 ...
Bisher keine Unterschiede. Bei Polierpaste auch kein Wunder.

Nackte Pappe allerdings, habe ich bisher nur kurz bei meinem solinger rostträge, einem 440er billigfolder
und einem alten Hobel aus Werkzeugstahl(?) getestet
 
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