1.1274 anlassen

HackePeter

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Hallo zusammen,

seit längerer Zeit bin ich auf der Suche nach einem Messer gewesen, da ich mich nicht so recht entscheiden konnte habe ich beschlossen ein eigenes Messer zu bauen.
Stahl und Griffe habe ich schon (1.1274 stahl u. G10 Griffe).
Ich habe mich etwas am Esee 5 "inspirieren" lassen.
Das Messer ist 4mm dick und die Klinge 12 cm lang.
Die grobe Form ist auch schon fertig.
In den nächsten ein bis zwei Wochen möchte ich die klinge in Holzkohle härten und im Backofen anlassen.

Mein Problem ist jetzt, dass ich überall verschieden Angaben über Temperatur und Dauer fürs anlassen sehe.
Einige Beispiele für 1.1274 Stahl die ich bisjetzt gesehen habe sind folgende:

1. 1h bei 200 Grad
2. 1h bei 180 Grad
3. 2h bei 200 Grad
4. 2 mal 1h bei 200 Grad
5. 2 mal 30 min bei 200 Grad

Ich bin echt verwirrt deswegen. Können hier welche vill. mal kurz mir die richtige Zeit und Temperatur sagen? :)

Schöne Grüße
HackePeter
 
Hallo HackePeter

Mit dem Anlassen stellst du abschliessend die gewünschten Eigenschaften an deinem Messer ein. Grundsätzlich sollte man anlassen, um dem Metall nach dem Härten innere Spannung zu nehmen, die sich in Mikrorissen, aber auch in einem lauten Pling irgendwann äußern können.
Beim Anlassen hat die Temperatur mehr Gewicht als die Zeit. Über Anlasskurven erfährst du, bei welcher Temperatur du welche Endhärte erwarten dürftest. Heisst, tiefe Temperatur ->hohe Härte und spröder, hohe Temperatur -> geringere Härte, aber zähelastischer.

Heisst abgekürzt, ein Küchenmesser kann man evtl etwas tiefer anlassen, eine Machete will man ohne Ausbrüche nutzen, höhere Anlasstemperatur.


Das Forum existiert übrigens schon fast 20Jahre und zu empfehlen sind die Beiträge von ugerfin, roman, herbert und vielen Anderen, die diverse Themen hier schon ausführlich aufbereitet haben.


gruß
Alex
 
Hallo HackePeter

Mit dem Anlassen stellst du abschliessend die gewünschten Eigenschaften an deinem Messer ein. Grundsätzlich sollte man anlassen, um dem Metall nach dem Härten innere Spannung zu nehmen, die sich in Mikrorissen, aber auch in einem lauten Pling irgendwann äußern können.
Beim Anlassen hat die Temperatur mehr Gewicht als die Zeit. Über Anlasskurven erfährst du, bei welcher Temperatur du welche Endhärte erwarten dürftest. Heisst, tiefe Temperatur ->hohe Härte und spröder, hohe Temperatur -> geringere Härte, aber zähelastischer.

Heisst abgekürzt, ein Küchenmesser kann man evtl etwas tiefer anlassen, eine Machete will man ohne Ausbrüche nutzen, höhere Anlasstemperatur.


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gruß
Alex


Hallo Alex danke für die tolle Zusammenfassung.

Leider finde ich keine Anlasskurven oder Datenblätter für 1.1274 Stahl.

Ich würde gerne um die 58-59 HRC erreichen. Mehr ist für mich nicht nötig und zu umständlich.

Schöne Grüße
HackePeter
 
Man kann das Anlassschaubild von 1.1545 nehmen. der 1.1274 ist ja ein Federstahl, den man natürlich wie einen Werkzeugstahl anlassen kann.
Bei Stahlwerke Ossendorf findet man Informationen. Siehe auch unten.

Stähle mit soviel Kohlenstoff sind nicht einfach in der Wärmebehandlung, man glaubt ja auch, aus alten Feilen lassen sich prima Messer machen.
Aber: bei soviel C bildet sich gern und leicht jede Menge Restaustenit. Es empfiehlt sich also ein Tiefkühlen nach dem Härten. Anlassen bei der angestrebten Härte knapp über 200 Grad, aber mehrfach. Mindestens 2 mal. Warum? Durch das Anlassen zerfällt auch etwas Restaustenit, der aber dann spröder Martensit wird, der wiederum angelassen werden muß.
Bei Tiefkühlen wandelt sich alles in Martensit (fast jedenfalls). Ich würde aber trotzdem dann mindestens 2mal Anlassen.
 

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Vielen Dank für die Infos.

Genau das habe ich gebraucht. Dann werde ich 2-3 mal anlassen wenn es soweit ist.
Zwei Fragen hätte ich noch.
1. Wie lange muss der Stahl im Ofen bleiben?
2-3 mal je 1h?
2. Soll ich den Stahl nach dem anlassen in Wasser abschrecken?

Schöne Grüße
HackePeter
 
1h Verweilzeit bei Anlasstemperatur ist gut. So mache ich das auch immer. Manche nehmen deutlich kürzere Zeiten und sind damit erfolgreich. Ich denke aber immer, dass Anlassvorgänge halt als Diffusionsvorgänge eine Zeit brauchen. Nur auf die Temperatur Obacht geben. Das ist der dominante Parameter. Abschrecken kannst Du machen, besser in Öl.
 
Danke nochmals

Würde es eigentlich irgendwas bringen wenn ich mein Messer nach dem anlassen nach einem bis zwei Tagen mit Flüssigstickstoff kühle? Auf der Arbeit habe ich nämlich Zugriff auf Flüssigstickstoff.
Ich nehme aber mal an, dass es nichts bringt.
 
Nach zwei Tagen ist die normale Wärmebehandlung wohl gelaufen. Ein Tiefkühlen ausserhalb der normalen Wärmebehandlung ist für einige Stähle interessant und wurde auch hier schon diskutiert. Das kann wohl je nach Stahl was bringen. ->Lesestoff<- Gibt auch Forschungen dazu und irgendwas passiert da im mikrokristallinen Bereich an Ausscheidungen, was sich positiv auf bestimmte Eigenschaften auswirken kann(hier am Deutlichsten bei 1.2379 und 1.3505, glaube ich).

Aber. Dafür müsste die Vorprozedur schon reproduzierbar und optimal sein, um da noch was rauszuholen. Da das deine erste Klinge zu sein scheint, wäre meine Antwort: bringen wird es dir vermutlich merkbar nichts, schaden wird es auch nicht :)
 
Also, das Tiefkühlen ist schon interessant bei diesem Stahl, der ja sehr viel Kohlenstoff hat. Und der stabilisiert Austenit. Den kriegt man durch eine solche Tieftemperaturbehandlung weg, da man die sogenannte Martensit-finish-Temperatur unterschreiten kann. Das muß aber direkt nach dem Härten geschehen.
Ich suche mal nach einem Bild, das den Einfluß des Kohlenstoffs auf die erreichbare Härte zeigt sowie den Abfall zu höheren C-Gehalten infolge des Restaustenits.
 
@alxh: Danke für den Lesestoff1 sehr interessant. Hier werden zwar ledeburitische Stähle behandelt,und auch mit einer anderen Zielsetzung, aber ds ist wirklich gut.

So, habe das Bild gefunden. Es beschreibt (Literaturstelle ist angegeben) die Härte von C-Stählen unterschiedlicher C-Gehalte sowie theoretische Berechnungen. außerdem ist der Effekt einer 2-stündigen Behandlung in flüssiger Luft gut zu sehen.
 

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  • Kohlenstoffghalt und Härte.pdf
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