1.2235 wird nicht hart

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Guten Abend zusammen,

Seit einiger Zeit versuche ich nun schon ein Klinge aus 1.2235 zu härten. Leider bisher ohne richtigen Erfolg. Ich habe mir einige Probestücke (50x50x6) abgeschnitten und bei jedem Teil eine andere Temperatur und Haltezeit gewählt (von 820°C bis 860°C). Abgeschreckt habe ich immer in warmem Rapsöl. Das beste Ergebnis war bei 840°C und 8 min. Haltezeit. Danach lies sich das Teststück bis zu einer Tiefe von etwa 0,5mm körnen und bohren, darunter war es hart. Die meisten anderen Stücke konnte ich komplett durchbohren. Allerdings kann es doch nicht richtig sein das die ersten 0,5mm nicht hart geworden sind? Ein zehntel könnte ich ja noch verstehen. Hat vielleicht jemand eine Idee wo der Fehler liegen könnte? Haltezeiten zu lang? Öltemperatur zu hoch? So langsam gehen mir die Teststücke aus...
 
Wie, bzw. womit hast Du den Stahl erhitzt? Wie war der Anlieferungszustand, bzw. der Anfangszustand?
Ofen, Esse, Brenner? da die Temperaturen annähernd bekannt sind, gehe ich von geregeltem Ofen aus.

Vllt. ist es nur reine Randentkohlung. 840°C passen jedenfalls, ist zwar am oberen Rand des Temperaturfensters, aber i.O.
Evtl. - ziemlich sicher - war nur die Haltezeit zu lang, die Entkohlung beginnt schon im unteren Bereich des richtigen Temperaturfensters und nimmt bei längerer Zeit zu. Bei höherer Temperatur und längerer Haltezeit geht es noch schneller. Bei reellen Klingen sind 8min zu lang, da der Querschnitt wesentlich kleiner ist, als die Querschnitte, mit denen die Haltezeiten für einen bestimmten Stahl ermittelt worden sind.

Gruß Andreas
 
Genau, ich hab dafür einen Ofen benutzt. Wie genau die tatsächliche Temperatur mit der eingestellten übereinstimmt kann ich leider nicht sagen. Der Ofen hat zwar eine Skala für die Ist-Temperatur aber die steht immer auf 20°C unter der eingestellten Temperatur, deshalb hab ich es mit verschiedenen Temperaturen versucht.

Das Stahl ist noch im Auflieferungszustand, die Klinge geschliffen, nichts geschmiedet.

Welche Haltezeit sollte ich denn bei 6mm Stärke haben? 4min. oder vielleicht noch weniger?
 
Das Stahl ist noch im Auflieferungszustand, die Klinge geschliffen, nichts geschmiedet.

Dann dürfte da eigentlich nichts schief gehen. Der 1.2235 wird bei 800 - 830° C in warmem Öl gehärtet, die Marge ist also reichlich. Geht man drüber wirds etwas weniger hart und etwas zerbrechlicher aber immer noch hart genug, dass man nicht bohren mag. Die 20° C dürften also nicht das Problem sein.

Welche Haltezeit sollte ich denn bei 6mm Stärke haben? 4min. oder vielleicht noch weniger?

Haltezeiten von ein paar Minuten machen diesen Stählen nichts aus. Allerdings ist "Haltezeit" ja die Zeit, die die Klinge noch im Ofen verbleibt, wenn sie die Härtetemperatur auch im Materialkern erreicht hat. Es ist nicht die Gesamtzeit im Ofen. Ich hoffe, dass das klar ist.
 
Der Unterschied zwischen Haltezeit und Gesamtzeit ist mir bekannt, nicht jedoch wie ich die Zeiten genau bestimmen kann. Gibt es dafür eine Faustformel? Oder schätzt man das einfach ab?
 
Die Haltezeiten bei Werkzeugstählen sind auf viel größerere Querschnitte bezogen, da es normalerweise um große Werkzeuge mit großen Winkeln geht. Es gibt einen Standardquerschnitt, 20-25mm, rund oder quadratisch, müsste ich auch erst nachsehen.

Du nimmst den Standardquerschnitt, bzw. die empfohlene Zeit für den Stahl, rechnest deinen Klingenquerschnitt dagegen und kommst dann auf deine Haltezeit, wobei es nicht auf 1/10sec ankommt. Bei normal legierten, wie dem 1.2235 oder 1.2842 kommt man im Normalfall bei Zeiten zwischen 60sec (viel) und 3min (sehr viel) raus. Im Prinzip einfacher Dreisatz. Es gibt auch eine spezielle Formel, mit der man diese Daten anhand der Zusammensetzung berechnen kann. Müsste man aber auch erst raussuchen, habe ich selbst noch nie gemacht.
Dein Querschnitt ist dünn und keilig, der heizt so oder so schneller durch. Daher brauchst Du keine 8min, auch nicht bei 6mm Rückendicke.

Gruß Andreas
 
... Wie genau die tatsächliche Temperatur mit der eingestellten übereinstimmt kann ich leider nicht sagen. ...

Vielleicht ist es hilfreich, die Temperatur im Ofen zu messen :cool:.
Zwischen "eingestellter Temperatur" und "tatsächlicher Temperatur" (auch in verschiedenen Bereichen des Ofens) kann es durchaus einen Unterschied geben, der das Ergebnis beeinflusst.
 
Die Haltezeiten bei Werkzeugstählen sind auf viel größerere Querschnitte bezogen, da es normalerweise um große Werkzeuge mit großen Winkeln geht.

Öhm. Nein. Warum sollte das auch so sein, wenn es sich um Haltezeiten handelt, die erst zu laufen beginnen, wenn Kernwärme erreicht wurde? Es geht dabei durchaus um lokale gleichmäßige Diffusion der Legierungselemente, die teilweise, je nach Element, auch über kürzeste Distanzen recht viel Zeit in Anspruch nimmt. Ist also nix mit runterrechnen.
 
Ja nun Achim, es ist aber doch ein Unterschied, ob ich einen kompakten Block oder Zylinder von bsp. 20x20 oder 25x25mm auf Temperatur bringe, oder einen eher feinen, keiligen Flachstahl von 6x40 oder 6x50mm (Mittel 3x50 (3x60)mm). Beim kleineren Querschnitt ist der Kern - meinetwegen der Flächenschwerpunkt des Querschnitts - vor allem aber der wichtige Schneidenbereich - eher auf Temperatur. Einfach weil weniger Masse oder Material erhitzt wird. Dem Ofen ist es egal - wenn der die Temperatur erreicht hat, beginnt die Haltezeit, egal was von welcher Dimensionierung drin ist.
Anders müsste man feinere Stempel, Nadeln oder Stichel (z.B. < D5) aus den Stählen ja auch entsprechend lang halten, bevor man sie abschreckt. Ist zwar ein extremes Gegenbeispiel zum Ausgangsproblem mit den flächigen massiveren Flachstücken, grundsätzlich müsste man es damit prinzipiell dann genauso handhaben und die längeren Zeiten ansetzen.

Nur sehe ich es als durchaus wichtig an, sie auf den Werkstückquerschnitt bezogen abzustufen. Ich meine mich auch an entsprechende Aussagen von Uli Gerfin und Herbert erinnern zu können - die müssten unter dem Stichwort Haltezeit oder Austenitisierung eigentlich auffindbar sein. Sichtkontrolle der Glühfarben habe ich nicht erwähnt, weil das offenbar nicht vergessen wurde. Eine genauere Kontrolle des Ofens/der Temperturregelung kann natürlich noch zu einem ganz anderen Ergebnis führen...

Gruß Andreas
 
Ja nun Achim, es ist aber doch ein Unterschied, ob ich einen kompakten Block oder Zylinder von bsp. 20x20 oder 25x25mm auf Temperatur bringe, oder einen eher feinen, keiligen Flachstahl von 6x40 oder 6x50mm (Mittel 3x50 (3x60)mm). Beim kleineren Querschnitt ist der Kern - meinetwegen der Flächenschwerpunkt des Querschnitts - vor allem aber der wichtige Schneidenbereich - eher auf Temperatur. Einfach weil weniger Masse oder Material erhitzt wird.

Kein Zweifel.


Dem Ofen ist es egal - wenn der die Temperatur erreicht hat, beginnt die Haltezeit, egal was von welcher Dimensionierung drin ist.

Danke für diese mir neue Erkenntnis. Ich dachte immer, die Haltezeiten würden bei den Werkstoffen angegeben und es wäre etnscheidend für die Haltezeit, dass das Werkstück die richtige Temperatur hat. Anscheinend ist aber der Ofentyp und seine Leistung ausschlaggebend. Ts ts ts.......


Anders müsste man feinere Stempel, Nadeln oder Stichel (z.B. < D5) aus den Stählen ja auch entsprechend lang halten, bevor man sie abschreckt. Ist zwar ein extremes Gegenbeispiel zum Ausgangsproblem mit den flächigen massiveren Flachstücken, grundsätzlich müsste man es damit prinzipiell dann genauso handhaben und die längeren Zeiten ansetzen.

Das sehe ich so. Auch und insbesondere bei Stempeln, Messern mit großen Schnittwinkeln und Sticheln, bei denen man entsprechende Eigenschaften ja wegen der Belastung auch in den Schäften/Trägermaterialien braucht. Und in dem Zusammenhang lohnt es auch, sich die für solche Zwecke und Anwendungen vorgesehenen Werkstoffe und deren Haltezeiten anzusehen. "Komischerweise" ist da nix bei mit sehr langen Haltezeiten.


Nur sehe ich es als durchaus wichtig an, sie auf den Werkstückquerschnitt bezogen abzustufen. Ich meine mich auch an entsprechende Aussagen von Uli Gerfin und Herbert erinnern zu können - die müssten unter dem Stichwort Haltezeit oder Austenitisierung eigentlich auffindbar sein. Sichtkontrolle der Glühfarben habe ich nicht erwähnt, weil das offenbar nicht vergessen wurde. Eine genauere Kontrolle des Ofens/der Temperturregelung kann natürlich noch zu einem ganz anderen Ergebnis führen...

Witzigerweise fiel mir bei Lesen sofort ein Zitat von Urlich dazu ein: "Stahl ist Stahl und verhält sich wie Stahl." Von der Dicke hat er soweit ich mich erinnere dabei nicht geredet.
 
:D
AchimW schrieb:
Danke für diese mir neue Erkenntnis. Ich dachte immer, die Haltezeiten würden bei den Werkstoffen angegeben
Tja, das mit dem Ofen... Kein Grund für Süffisanz, dann nenne doch den Zeitpunkt, ab dem die Haltezeit beginnt. Bei meinen Stählen im Ofen beginnt er jedenfalls mit dem Erreichen der Ofentemperatur... ;)

Da niemand wirklich exakt weiß, wann der Kern die Temperatur erreicht hat, muss man irgendwann einen Startpunkt setzen, das weißt Du als erfahrener Schmied besser, als viele Andere. Du setzt ggf. einen anderen Startpunkt für den Beginn der Haltezeit, da du evtl. auch mit Ofen anders arbeitest.

Gruß Andreas
 
Hallo cold,

vermutlich stimmt da was mit der Temperatur nicht, zu lange Haltezeiten oder gar falsche Öltemperatur würde ich mal ausschliessen.

Mögliche Fehlerquellen:
Die Ofentemperatur stimmt nicht.
Auf dem Weg vom Ofen ins Ölbad ging schon zu viel Wärme verloren.
Das Probestück verlor schon durch das Greifen mit einer kalten Zange an Temperatur.

Den Wärmeverlust auf dem Weg ins Öl kann man vermeiden, in dem man das dünne Probestück einpackt zwischen zwei Flacheisen. (2x5 mm müßte reichen)
Falls kein anderes Material vorhanden ist, so schnell wie möglich ins Öl damit - mehr als 5 sec können unter Umständen schon zu viel sein.

Wenn die Möglichkeit besteht an 2842/2510 zu kommen (davon gibt es Abfallmaterial in jedem Werkzeugbau) kannst Du damit üben und mußt Deine Reserven an 1.2235 nicht aufbrauchen.
Die Härtetemperatur liegt bei beiden Stählen um die 820°
Wobei der 2842 recht gutmütig ist und auch bei Temperaturverlust noch eine hohe Härte erreicht, ob sich Dein Stahl ebenso verhält kann ich Dir nicht sagen.

Gruß
Mr. T
 
Der Weg vom Ofen bis ins Öl liegt bei etwa 3 Sekunden, das sollte noch in Ordnung sein. Die tatsächliche Temperatur zu messen könnte etwas dauern, dafür muss ich erst ein passendes Messgerät besorgen. Das Infrarotmessgerät aus der Werkstatt zeigt 130°C an... klingt logisch :rolleyes:

Da der Ofen in der Schlosserei in der ich arbeite steht sind die Lichtverhältnisse leider sehr gut. Hab es heute mal so dunkel wie möglich gemacht und die Glühfarbe nochmal genauer abgeschätzt. Mittlerweile bin ich mir ziehmlich sicher das ich die Haltzeit zu früh angesetzt habe.

Alternativ hab ich heute auch mal ein Stück mit dem Brenner heiß gemacht und ins Öl geworfen, Resultat: 63 HRC
Die Methode würd ich bei der Klinge aber nur ungern anwenden.

Letztenendes war die Gesamtzeit im Ofen war also noch zu gering. Beim Stahl waren keinerlei Daten beigelegt z.B. über die Haltzeit usw. von daher kann ich da schlecht was abschätzen/runterrechnen. Bleibt mir dann nur übrig ab und an in der Ofen zu schauen ob die Glühfarbe wirklich passt?
 
Konnte mittlerweile einen Temperaturfühler auftreiben. Habs dann noch ein paar mal zwischen 825°C und 850°C versucht aber nach wie vor ohne richtigen Erfolg. Randschicht hat immer nur so um die 50HRC, zum Kern hin wird es besser. Kann es vielleicht sein das die Randschicht beim Öffnen des Ofens zu stark abkühlt? Die Glühfarbe sieht gut aus aber sobald ich den Ofen richtig öffne ändert sich die Farbe schlagartig auf Kirschrot. Kann man das Messer sonst auch zwischen 2 Flacheisen packen? Und wieso klappt es bei anderen Stählen und nur bei diesem nicht? Irgendwie merkwürdig...
 
Am Stahl kann es eigentlich auch nicht liegen. 1 Teststück hab ich bzw. meine Kollegen ja mal mit dem Brenner heiß gemacht und ins Öl geworfen, das hat solide 63HRC erreicht.
Die Klinge hab ich per Stock-removal hergestellt.
 
Leg mal ein Stahlrohr mir ca 5cm Durchmesser in den Ofen und erhitze dann die Klinge darin. Ideal wäre es, die Temperatur in dem Rohr zu messen.
So schaffst du eine geschützte und stabile Atmosphäre für die Klinge.
 
Der Ofen hat in der Tür ein kleines Rohr mit einem Glasstück, da hab ich die Messsonde durchgesteckt. Um die Temperatur in dem Stahlrohr neben der Klinge zu messen müsste ich den Ofen komplett öffnen, was wiederum das Ergebnis verfälscht.
 
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