Normalglühen ist in der DIN 17014 definiert als "Erwärmen auf eine Temperatur wenig oberhalb des oberen Umwandlungspunkts Ac 3 (bei überperlitischen Stählen oberhalb des unteren Umwandlungspunkts Ac 1) mit nachfolgendem Abkühlen in ruhender Atmosphäre.
Rapatz definiert etwas schärfer : "Das Normalglühen oder Normalisieren besteht aus einer Abkühlung aus Temperaturen oberhalb der Linie GOS an der Luft und bezweckt vorwiegend die weitestgehende Beseitigung groben Gefüges...".
Geht es nur um die Beseitigung groben Matrixgefüges, ist die Erwärmung auf ca 750 Grad ausreichend, da dabei einschließlich des Abkühlvorgangs zweimal umgekörnt wird-Ferrit-Austenit/Austenit-Ferrit-.
Ungünstige Ausbildung des Karbidnetzwerks, sei es in Form einzelner übergroßer Karbide, sei es in Form von Karbidanhäufungen, kann man auf diese Art nicht beeinflussen. Hierzu wäre es streng genommen nötig, die Linie S-E im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm um ca. 20 Grad zu überschreiten.
Im Falle des 1.2442 wäre das eine Temperatur von über 950 Grad. Man vermeidet aber so hohe Normalisiertemperaturen, um eine mögliche Grobkornbildung in der Matrix zu vermeiden.
Hätte also bei der gezeigten Klinge eine ungünstige Karbidausbildung vorgelegen, so wäre diese durch das "Normalglühen" (in Wirklichkeit -Weichglühen-) nicht beeinflusst worden.
Das könnte ein Grund für das grindige Erscheinungsbild sein. Um Genaueres zu sagen, müßte man die Vorgeschichte näher kennen-Schmieden-gegebenenfalls Schmiedetemperatur- und eine exakte Gefügeuntersuchung durchführen.
Wenn es noch möglich ist, würde ich folgende Vorgehensweise vorschlagen:
1. Weichglühen-das kann relativ kursorisch gehen, da aus dem Härtezustand am leichtesten weichgeglüht werden kann.
2. Normalisieren-und zwar wirklich-bei ca 900 Grad- mit schneller Erwärmung und schneller Abkühlung.
3. Härten-das scheint wie geschildert in Ordnung zu sein.
Alternativ kann man das Ganze auch so lassen, wenn die Schneide hart ist, schadet eine weichere Stelle im Rückenbereich für die Funktion nicht.
Freundliche Grüße
U. Gerfin