1.2442, Kupfer, Bronze und Hirschhorn mal anders

Taperedtang

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Hallo,

ich wünsche allen ein gutes, gesundes Jahr 2022!

Zum Beginn des Jahres präsentiere ich ein Messer, das ich im alten Jahr an Sylvester fertiggestellt habe. Ein Jagdmesser mit Kupferbacken, Hirschhorngriff aus 1.2442 Stahl. Wie ich schon einmal geschrieben habe ist der 1.2442 ein wolframlegierter Kaltarbeitsstahl, der für das Erreichen hoher Härten, seine gute Zerspanbarkeit und geringe Maßänderungen bekannt ist. U. a. wird für seinen Verwendungszweck „Bleche für Metallsägen“ angegeben. Aus meiner Sicht eignet er sich auch hervorragend für Messerklingen, wenn man akzeptiert, dass der Stahl rostet. Er ist ausreichend zäh, ist schnitthaltig und lässt sich hoch härten. Trotz seiner hohen Härte, ist das Schärfen kein Problem.

Zur Erinnerung nochmal die Zusammensetzung (in %):

C: 1,10 – 1,20 Cr: 0,15 – 0,25 Mn: 0,20 – 0,40 Si: 0,15 – 0,30 P: 0,035 S: 0,035 W: 1,80 – 2,10



Zu den Messer Daten:

Gesamtlänge: 20 cm

Klingenlänge scharf: 9 cm

Klingenbreite: max. 26 mm

Klingenstärke: 3,3 mm

Klingenform: Droppoint

Schneide: ballig auf 0 ohne Mikrofase, die Stärke oberhalb der Wate beträgt 0,3 mm

Stahl: 1.2442 (115W8) ca. 63 HRc

Backen: Kupfer mit 2 x 3 mm Bronzepins befestigt

Griff: Hirschhorn mit zwei 4 mm Bronzepins befestigt.

Gewicht: 162 g

Zur Bearbeitung der Materialien:

Der 1.2442 verhält sich bei der Bearbeitung ähnlich wie D2, er ist nicht ganz leicht zu bearbeiten. Weichgeglüht und mit gutem Werkzeug stellt er aber keine besondere Herausforderung dar. Nach dem Härten ist die Bearbeitung schwierig aber dennoch machbar. Der D2 ist gehärtet deutlich biestiger, obwohl der 1.2442 i. d. R. höher gehärtet ist. Das Finishen des 1.2442 ist nicht einfach. Bei der Herstellung einer gleichmäßigen Satinierung habe ich mich, wie auch beim letzten Mal, schwer getan.

Das Hirschhorn ist gut zu bearbeiten, der Gestank bei der Bearbeitung begleitet einen dabei die ganze Zeit. Schleifen und Bohren ist kein Problem. Beim Bohren auf Nenndurchmesser der Pins, passten die Pins perfekt. Beim Arbeiten mit Hirschhorn sollte man auf Sauberkeit achten (insbesondere bei den Schleifmitteln), sonst arbeitet man den Schmutz in das helle Hirschhorn.

Die Klinge:

Ich habe die Klinge, wie ich es seit einiger Zeit meistens mache, ballig geschliffen. Diesmal ohne Mikrofase, bei einer Schneidendicke von ca. 0,3 mm oberhalb der Wate und einem geschätzten Winkel von ca. 35° ist die Schneide stabil genug für die meisten Aufgaben. Mein Plan war ein stabiles (3,3 mm Klingenstärke) belastbares und scharfes Jagdmesser zu bauen.





Die Griffschalen:

Die Griffschalen sind ein Unfall. Ich hatte das ganz anders geplant. Eigentlich sollte die schöne Struktur des Hirschhorns zur Geltung kommen. Ich habe mich bei der Vorbereitung der Griffschalen vertan. Nachdem die Griffschalen montiert waren musste ich feststellen, dass die Griffschalen viel zu voluminös waren. Ich habe mich dann entschlossen die Griffschalen dünner zu schleifen. Hierdurch ging natürlich die Maserung verloren. Das Ergebnis hat mich aber trotzdem nicht enttäuscht. Wie immer - Geschmacksache. Die Haptik ist sehr angenehm.



Die Backen:

Kupfer ist ein faszinierendes Metall, es hat etwas mystisches an sich. MMn ist es eigentlich zur Verwendung als Material für Backen, für belastbare Messer, etwas zu weich (Gebrauchsspuren entstehen relativ schnell, manche mögen das ja) . Aber so weich wie es ist, so zäh ist es auch. Mir gefällt es einfach. Als wäre das Missgeschick mit den Griffschalen nicht genug, hat sich das Ganze bei den Pins zur Befestigung der Backen noch weiter fortgesetzt. Da ich parallel noch an einem weiteren Projekt arbeite (ein Messer aus der Hunter Reihe mit Bronzebacken aus 1.2419.05), dass ich auch noch vorstellen werde), habe ich die Kupferpins mit den Bronzepins für das Hunter verwechselt. Jetzt haben die Kupferbacken Bronzepins erhalten und die Bronzebacken Kupferpins. Na ja, ich hätte ja einfach sagen können, das ist ein beabsichtigtes Design Element – war aber nicht so.





Noch einige Impressionen:









Zusammenfassung:

Der 1.2442 ist nicht ohne Grund bei vielen Messermachern beliebt. Eine korrekte Wärmebehandlung vorausgesetzt, bietet er für einen wolframlegierten Kohlenstoffstahl eine sehr gute Schnitthaltigkeit. Dazu kommt noch die sehr gute zu erreichende Schärfe. Trotz der nicht überragenden Zähigkeit, hatte ich bis jetzt, auch bei feinen Klingengeometrien, keine Probleme mit chipping. Die Schneiden halten wirklich gut.

Ich habe eine traditionelle Form für Klinge und Griff gewählt, von der mir aus eigener Erfahrung bekannt ist, dass sie im jagdlichen Einsatz gut funktioniert. Darüber hinaus kommt man damit als Vespermesser sicherlich auch klar.

Viele Grüße
Matthias
 
Last edited:
Ja wirklich, die Kupferbacken adeln.
Matthias, da ist Dir wieder ein sehr schönes Messer gelungen, und aus den Zwei „Unfällen“ ist doch ein super Messer geworden. Ein wirklich tolles Messer mit sehr gelungener Optik und hervorragenden Gebrauchseigenschaften. Kupfer wirkt immer warm und edel, und das Fehlen der Hirschhornrinde ist auch nicht schlimm, da das Material meiner Meinung nach in seiner Grundsubstanz haptisch dem „Normalfall“ überlegen ist.
Materialauswahl und Design sowie handwekliche Umsetzung ausgezeichnet, und das mit den Unfällen hat den Vorteil, dass man mal was Neues probiert in der Konsequenz, und dass Dir sowas passieren kann, macht es nur noch besser, wenn Du daraus ein Feature machst.
Gruß
Herbert
 
Dem kann ich wenig hinzufügen - ein wirklich schönes, jagdliches Droppointmesser.
Ich sehe da auch keine Unfälle, maximal „happy, little accidents“, die Du gekonnt in das Gesamtkonzept integriert hast.

Kupfer hat tatsächlich etwas ganz Eigenes - ich mag die Lebendigkeit dieses Materials und wie verschieden es unter unterschiedlichen Einflüssen altert.

Das DKI hat eine extrem spannende Broschüre zur Patinierung von Kupfer und dessen Legierungen herausgebracht:

https://www.kupferinstitut.de/wp-content/uploads/2019/11/chemische-Faerbungen_Endfassung-2010.pdf

In der Mediathek sind noch viele andere interessante Publikationen zu finden:

Broschüren – Deutsches Kupferinstitut


Vielen Dank fürs Zeigen!
 
... was es alles gibt ... "Deutsches Kupferinstitut" ...

Und natürlich ein schickes, schlichtes "straight forward" Jagdmesser von dir Matthias,

Kupfer-/Bronze-Backen kommen immer gut und ihre konische Form ist auch klasse (next Level: Schwalbenschwanz :hehe:)

Tja, das Problem mit zu dicken Schalen kenne ich auch - treibt mich auch gleich wieder in den Keller, um 2 mm auf der Innenseite von Klapperschalen abzunehmen. Das ging leider bei dir nicht mehr und die schöne Struktur der Oberfläche musste deninneren Werten weichen.

Trotz allem kann sich das Ergebnis sehen lassen - und schneiden wird's auch - also alles gut

Schönes Wochenende.

Greetz

Virgil
 
Ein klassisch schönes Messer, wie von dir gewohnt! Prima Form, den Stahl schätze ich für meine Anwendungen ebenfalls sehr. Ja, und die Griffschalen könnten ja auch Ren sein. Wenn Hirschhorn, Kupfer und 1.2442 erstmal durch Nutzung an zu blühen fangen, das wird super!

Abu
 
Danke an alle für die positiven Rückmeldungen!

@Alp-Man
Danke, für die sehr interessanten Links. Viele interessante Informationen über Kupfer!

@Guido
Nein, die Quermuster sind eine Lichtspiegelung die von einer Werkstattlampe mit zwei Leuchtstoffröhren stammen. Die Klinge habe ich längssatiniert, was aber nicht auf allen Bildern deutlich wird.

Gruß
Matthias
 
Last edited:
Moin Matthias,

saubere Arbeit! Die Kombination vom hellen Horn mit dieser leicht durchschimmernden Struktur, dem satten Kupferton und alles in deiner Linienführung ist einfach zeitlos elegant. Dass du den Schliff jetzt ballig ohne V-Fase abschließt, finde ich für die Art von Messer auch richtig gut. Mit 0,3mm und dem 1.2442 ist das denke ich auch nicht zu fragil. Sehr gelungenes Projekt!
 
@Bukowski
Vielen Dank! Hier im Forum wurde ja schon einige Male über das Thema Flachschliff mit V-Fase vs. ballig schleifen diskutiert. Besonders lesenswert hierzu finde ich den Feldversuch von Rock´n´Roll.
Beide Arten des Klingenschliffs haben mMn ihre Berechtigung, zwischenzeitlich habe ich auch die Auffassung, dass für Arbeiten mit hoher Belastung der Schneide, wie sie z. B. bei Jagdmessern anfallen, der ballige Schliff Vorteile hat.

Gruß
Matthias
 
Wirklich ein sehr schönes Stück und tolle Vorstellung!
Vllt. ein wenig off-topic: Kannst Du mir sagen wo Du den 1.2552, den man im HIntergrund sieht, gefunden hast? Ich such schon länger nach Flachmaterial :)
 
Danke! Den 1.2552 findet man wirklich schwer als Flachmaterial. Offizielle Quellen dafür kenne ich auch nicht. Ich habe den Stahl als 6 mm starkes Flachmaterial im Rahmen eines "Stahltauschgeschäfts" erhalten. :)
 
Moin Matthias,

ich finde das Messer passt hervorragend, um das Jahr 2021 damit abzuschließen: das hat es uns auch nicht leicht gemacht, insgesamt kann es sich aber sehen lassen. Und Dein Messer ohnehin ;)

Ich mag diese eher schlichten, aber besonderen Messer ja total gerne. Deines wird seinen Charakter mit der Zeit mehr und mehr gewinnen, wenn Klinge, Backen und Griff an Patina gewinnen. Geschliffenes Hirschhorn kenne ich von Attilas Klappmessern und finde sehr faszinierend, wie sie mit den Jahren immer mehr an Charakter gewinnen.

Gruß,

Nick
 
Danke Nick! Wie das alte Jahr, hat mich dieses Messer auch Nerven gekostet bis es fertig war. 😅 Abschließend betrachtet, bin ich aber ganz zufrieden damit.
Was mir richtig Freude macht ist, dass ich zwischenzeitlich den Weg gefunden habe Messer mit Geometrien zu bauen die richtig gut schneiden. :D

Gruß
Matthias
 
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