1.2842 - Richtig Normalisieren

HöKri

Mitglied
Messages
34
Hallo Leute!

Für meine Messer verwende ich zur Zeit gerne den 1.2842 Stahl. Ich habe schon viel Zeit dazu verwendet, die richtige Temperatur für das Normaliseren (im Härteofen) herauszufinden. Selbstverständlich habe ich auch hier im Forum die SuFu verwendet und mir viele Themen dazu durchgelsen. Meine Zusammenfassung:

1) Hier im Forum wird als gängige Temperatur zum Normalisieren ca. 730-760°C vorgeschlagen
http://www.messerforum.net/showthread.php?t=26645&highlight=Normalisieren

auch 780°C wurden bereits diskutiert:
http://www.messerforum.net/showthread.php?p=309367

2) der Heat Treater's Guide (http://www.asminternational.org/por...toid=ede910a74e0f8110VgnVCM100000701e010aRCRD) schlägt hingegen 845°C vor (Haltezeit beginnend bei 15min)


3) Metallograf.de schreibt: "...bei übereutektoiden Stählen ca. 30° bis 50° C über Ac1..." , was wiederum ca. 760°C wären.

Schaue ich mir das ganz im EKD an, sehe ich, dass ich mich bei 0,9% C und 730-760°C (wie im forum vorgschlagen) noch im Austenit + Sekundärzemendit Bereich befinde.

Meine Fragen an euch:
Ist es nicht das Ziel, den Stahl beim normaliesieren vollständig zu austenitiesieren?
Oder beeinflussen die Legierungselemente die die Umwandlungspunkte so signifikant?

Was haltet ihr von den hohen Temperaturen des Heat Treater's Guide??

Ich hoffe, dass ich meine Frage an euch halbwegs verständlich formuliert habe.
Ich hoffe auf interessante Rückmeldungen!
Danke!

Schöne Grüße,
HöKri
 
Ja habe ich, leider aber gerade nicht zur Hand. Aber wenn ich mich nicht täusche, steht da nichts übers Normalisieren beim 1.2842. Oder?
 
Bei übereutektoiden Stählen ist es aufgrund der Grobkornbildung meist nicht erwünscht, die Stähle bis zur vollständigen Karbidlösung zu erhitzen.

Durch Mehrfachhärtung kannst du aber auch bei Temperaturen unter der vollständigen Lösung der Karbide das gesamte Gefüge ideal feinen. Auch die Karbide die nicht in Lösung gegangen sind..

760-780 Grad ist die richtige Temperatur. Ich erhitze den Rohling drei Mal auf besagte Temperatur und lasse ihn an der Luft abkühlen, bis die Glühfarbe verschwunden ist. Dann drei Mal nacheinander bei gleicher Temperatur in Öl härten. Anschließend zum Weichglühen bei 720 Grad ein paar Min halten und im Ofen abkühlen lassen...

Gruß Jannis
 
Ich habe bisher 3 x erwärmen und Luftabkühlung,2,Zwischenhärten mit Ölabflammen und noch einmal Lüftabkühlen,kein Weichglühen,wüßte nicht warum wenn ich bohren oder der gleichen will und dann Härten/Anlassen bis max. 195°C.
Aufheizen alles im Tauchhärtebad zwischen 770-840°C.

Gruß Maik
 
Danke erstmals für eure Antworten!

Was haltet ihr dann von der Angabe aus dem Heat Treater's Guide (845°C) ? Diese Temperatur würde dann ja zu groben Korn bei der entsprechenden Haltezeit führen oder?

Wäre auch ein einmaliges Normalisieren bei 760-780°C mit ca. 20min Haltezeit zielführend? Oder müssen es zwingend mehrere Durchgänge sein?


Schöne Grüße
 
Wie/womit erwärmst Du? das mit den Haltezeiten kannst du bei 840°C vergessen,Magnettest!

@Xerxes,was sagt Rapatz oder so dazu,Ulrich gibt ja meist nur die Seitenzahl an:hehe:.

Gruß Maik
 
Ich erwärme es in einem Schutzgasofen, rechnergestützt. Daher lassen sich Zeit-Temperatur-Pofile recht einfach umsetzen und daher meine Frage wegen den Haltezeiten.
 
Zur Erinnerung: Normalglühen wird in DIN 17014-Wärmebehandlung von Stahl und Eisen- wie folgt definiert: "Erwärmen auf eine Temperatur wenig oberhalb des oberen Umwandlungspunktes Ac 3 (bei überperlitischen Stählen oberhalb des unteren Umwandlungspunktes Ac 1) mit nachfolgendem Abkühlen in ruhender Atmosphäre."

Im folgenden behandle ich ausschließlich die Gruppe der übereutektoidischen (im Text der DIN-überperlitischen) Stähle, zu denen der hier speziell angefragte 1.2842 gehört.

Die DIN läßt einen erheblichen Spielraum zu. Das ist auch sinnvoll, denn es gibt nicht die e i n e richtige Vorgehensweise.
Das Vorgehen richtet sich vielmehr sinnvollerweise nach dem Ausgangszustand und dem erstrebten Ziel.

Der Ausgangszustand kann sehr unterschiedlich sein.

Ist er nach richtiger Schmiedebehandlung optimal-feinkörnig und gleichmäßig- ist ein Normalglühen im Kern überflüssig.
Wenn man es zur Sicherheit trotzdem macht, sollte es so durchgeführt werden, daß man ein möglicherweise ohnehin gutes Gefüge nicht schädigt und vergröbert.
In diesem Fall bleibt man also bei Temperaturen knapp über Ac 1, hält nur kurz (ca. 5 min) und kühlt an der Luft ab.

Muß man mit einem schlechten Ausgangszustand rechnen, im schlimmsten Fall mit ungleichmäßigem Gefüge, Grobkorn und Korngrenzenzementit, sind durchgreifendere Maßnahmen erforderlich.

Eine Radikalkur sähe etwa so aus: Schnelles Erwärmen bis fast zur vollen Karbidlösung, also in die Nähe von Ac3 und zügiges Abkühlen. Bei unseren hutzeligen Massen reicht in der Regel Luftabkühlung- beim 1.2842 könnte das schon zu einem Härtegefüge führen. Das muß sofort angelassen und dann einer Weichglühbehandlung unterzogen werden.
Ein mögliches Karbidnetzwerk wäre damit zerstört und es kann von Normaltemperatur gehärtet werden.
Das scharfe Normalisieren kann auch zur Sicherheit mehrfach vorgenommen werden. Bei den folgenden Schritten braucht man aber nicht mehr auf so hohe Temperaturen zu gehen, wie beim ersten Mal, weil das Karbidnetzwerk schon zerstört ist und es nur noch um die weitere sichere Feinung des Gefüges geht.

Rechnet man mit nicht so katastrophalem Gefüge, kann das Normalisieren milder durchgeführt werden-30-50 Grad über Ac1 genügen.

Rapatz zeigt- S. 38 in der 5. Auflage- das Gefüge eines Stahles mit 1,4 % C nach der Härtung aus dem Schmiedezustand und nach dem erfolgreichen Normal- und Weichglühen.
Bei Bild 40 muß man im Auge behalten, daß der Stahl von der niedrigen Härtetemperatur unlegierter übereutektoidischer Stähle gehärtet wurde (unter 800 Grad) und das Karbidnetzwerk teilweise stehen geblieben ist-mit allen negativen Folgen.

Für den 1.2842 könnte man also folgende Grundregeln aufstellen:

a) Ausgangsgefüge ganz schlecht: Erwärmen auf fast Ac3, also etwa 850 Grad, abkühlen an Luft, weichglühen bei ca 720 Grad, erneutes Normalisieren- diesmal bei 760-780 Grad, weichglühen wie zuvor, falls man sicher gehen will, den zweiten Normalisierungsschritt wiederholen, weichglühen, härten.

b) Ausgangsgefüge mittelprächtig: Normalisieren bei 30-50 Grad über Ac1, weichglühen, härten-meinetwegen auch das Ganze 2- 3 mal durchführen.

c) Ausgangsgefüge optimal- Eigentlich alles in Ordnung-härten, anlassen, fertig.
Wenn man ganz sicher gehen will: Normalisieren bei knapp über Ac1-ca 740 Grad, weichglühen, härten, anlassen.

Nach erfolgreichem Normalisieren muß man nicht mehr stundenlang weichglühen, kurzes Pendeln um Ac1 genügt, wir wollen ja immer noch mit Stahl und nicht mit Butter arbeiten.

Noch einmal: Die eine richtige Methode gibt es nicht. Man muß sich nach den Gegebenheiten richten und passende Maßnahmen ergreifen. Wenn man Ac3 nicht überschreitet, nicht zu lange hält, zügig genug abkühlt, mögliches Härtungsgefüge sofort durch Anlassen und anschließendes Weichglühen entspannt, wird man immer brauchbare Ergebnisse erzielen.

Das gilt grundsätzlich für alle unlegierten oder leicht legierten Übereutektoidischen Stähle. Mit steigenden Legierungsanteilen an Sonderkarbidbildnern (Chrom, Wolfram, Molybdän, Vanadium) sind die Temperaturen entsprechend zu erhöhen und eventuell Haltezeiten einzuplanen.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Ein großes Dankeschön an U. Gerfin für die rasche und trotzdem ausführliche Erklärung!
Jetzt ist mir die Sache schon um einiges klarer. Auch was die Ausführung des Heat Treater's Guide anbelangt.

Schöne Grüße,
HöKri
 
Back