1.4112 Eigenhärtung Ergebnisse vom Bruchtest

Grenzer

Mitglied
Beiträge
44
Hi, der Stahl 1.4112 ist schon lange meine Wahl für Jagdmesser, Bushcraftmesser usw. Vielleicht gibt es Stähle im hochlegierten Bereich die noch besser abschneiden, aber ich bin kein Freund von schnellen Wechseln in meinem Stahlangebot und so versuche ich bei diesen in der Verarbeitungsqualität erstmal auszureizen.

Vorab einige Daten zu dem Stahl 1.4112 u.A. dankend von Bartsch Werkzeugstahl gemopst :):

1688902602684.png


Ich beziehe den Stahl als geschältes Stangenmaterial von Bartsch und schmiede daraus die Klingen von Hand.
Bisher ließ ich den Stahl nach dem Schmieden beim Hertwig in Lüdenscheid Wärmebehandeln, anschließend auch Härten und Tiefkühlen. Da das aber nachvollziehbarer Weise in großer Aufwand ist, möchte ich die Wärmebehandlung fortan selber machen, bin mir natürlich der Anforderungen bewusst. Die erste Charge ist bei mir behandelt und hier möchte ich euch einige Bilder vom Bruchtest zeigen. Vorab; ich bin sehr zufrieden.
Getestet habe ich die sehr fein ausgeschliffene Klinge auf Härte (54+2 HRC), auf Rostbeständigkeit im Salwasserbad (kein Rostansatz bemerkbar), im "Hirschhornhacktest" (feine Ausbrüche auf der wie gesagt "unrealistisch" fein ausgeschliffenen Schneide) und anschließen im Bruchtest, wo ich die ohnehin zu feine Klingenspitze abgebrochen habe. Zum Bruchtest habe ich die Klingenspitze im Schraubstock eingespannt und mit einem Winkelmesser die Spannungs-Dehnungsbereiche in Grad einigermaßen genau zu erfassen versucht. Die Biegung (Biegebereich auf den ich mich mit den Gradwerten beziehe) fand dabei auf maximal 5mm Klingenlänge statt. Dabei stellte ich fest; eine elastische Verformung bis 11 Grad, eine plastische Verformung ab 12 Grad, und den Abbruch etwa auf 35 Grad.

Die abgebrochen Klingenspitze hatte ich unter dem Mikroskop untersucht. Mein Mikroskop ist ein Karl Zeiss Jena, mit den Vergrößerungen 16x, 25x, 40x, 63x, 100x. Die Untersuchte Probe hat eine Breite (Klingenstärke) von max. 1,2 mm (auf den Bildern die kurze Länge senkrecht), eine Skala in den Bildern wäre schön...

1.4112_16X.png
1.4112_25X.png

1.4112_40X.png
1.4112_63X.png
1.4112_100X.png


Rückschlüsse die ich für mich daraus gezogen habe:
1. war für mich der Bereich von begin der plastischen Verformung bis zum Abbruch überraschend groß. Interessant wäre es diesen Bereich zu beobachten, wenn die Härte noch 1-2 HRC höher wäre, wobei ich ein vom Härtwig gehärtetes Messer mit dieser Härte auch beim Hirschhorntest getestet habe und die Ausbrüche bei gleicher Geometrie größer waren. Kantenrollen war bei beiden Klingen gar nicht der Fall, was für mich die niedrigere Härte bei dem selbstgehärteten Messer atraktiver macht.
2. In Zukunft möchte ich bei allen Messern an der Klingenspitze (vorzugsweise am Klingenrücken) eine Bruchprobe vorsehen, die nach dem Härten abgebrochen wird, um meine Erfahrungsbasis auszuweiten. Das wird dann auch bei niedrig legierten Stählen spannend im Kontrast zu den hochlegierten (noch deutlich feinere Kornbildung).

Gerne eure Meinung dazu, außerdem, hat jemand vielleicht eine Idee wie ich das Tiefkühlen doch selber durchführen könnte? Könnt ihr aus den Bildern weitere Rückschlüsse schließen die uns bereichern?
 
Ich halte den 1.4112 auch für einen Stahl, den man nicht unterschätzen sollte. Ich habe schon einige Messer aus 1.4112 gebaut, mit denen ich zufrieden war. Die untere, sinnvolle Härte bei diesem Stahl sehe ich bei 56° HRc. Eine Härte von 58° - 59° HRc halte ich für einen guten Kompromiss zwischen Schnitthaltigkeit und Zähigkeit.

Ich habe vor einiger Zeit auch angefangen den 1.4112 im Rahmen eines Tests selbst wärmezubehandeln. Ich habe mit folgenden Daten gearbeitet. Die Klingen waren in Härteschutzfolie eingepackt.
Härtetemperatur: 1030° HRc Haltezeit:15 min, in auf 80° C erwärmtem Durixol 25 für 15 sec. abgeschreckt. Danach sofort zwischen Alubacken in den Schraubstock eingespannt. Angelassen habe ich 2 x 1 h bei 180° C. Die durchschnittlich erreichte Härte lag bei 56° HRc. Bei meinem nächsten Versuch werde ich die Härtetemperatur um 20° C (wegen der Härteschutzfolie) erhöhen und die Haltezeit von 15 min. auf 20 min. erhöhen. Ich hoffe damit dann eine Härte von min. 58° HRc zu erzielen. Das Tiefkühlen ist sicherlich sinnvoll, um den Restaustenitgehalt zu senken. Ich werde das nächste mal mit Trockeneis tiefkühlen.

Mit welchen Härtedaten hast Du denn die Wärmebehandlung durchgeführt?

Gruß
Matthias
 
Hi, bitte entschuldige die späte Antwort.
Also bei mir liegt die Härtetemp. für 1.4112 bei knapp 1050 Grad. Die Haltezeit von 15 Minuten halte ich für zu kurz, da halte ich min. 30 Minuten um sicherzustellen, dass möglichst alles Chrom gelöst wird. Abgeschreckt habe ich auch in Öl, dies aber über 100 Grad erhitzt.

Nachher habe ich eine ganze Reihe an Tests gemacht, zwischen den Stählen 2379 und 4112. Dabei ging es grundlegend um die verschiedenen Abschreckmedien, danach erreichte ich die maximale Härte immer, beim einfach an der Luft kalt werden lassen, also aus der Härtefolie raus und liegen lassen. Die Proben hatten alle eine Stärke von 4mm, also spiegeln sie vom Querschnitt in etwa eine Klinge wieder. Das Abschreckverhalten wird sicherlich bei größeren Querschnitten ein anderes sein. Aber zurück zum Abschrecken: In heißem Öl abgeschreckt ruft ca. 2 HRC geringere Härten hervor, dafür aber auch eine höhere Zähigkeit, die bei meinen Praxistests wichtiger war als die max. Härte. Es scheint mir als wäre die Zähigkeit durch eine Höhere Anlasstemperatur unterschiedlich zum Abschrecken mit Öl und der dadurch geringeren Härte. Mit Verzug hatte ich noch nie Probleme, auch obwohl alle Klingen von mir geschmiedet sind und daher "verspannt" sein sollten.

In meinem ursprünglichen Beitrag ging es ja grundlegend um die Eigenhärtung, ich habe nachher noch Hacktests und den Bruchtest mit einer Klinge die beim Hertwig gehärtet wurde gemacht. Die Eigenhärtung übertraf in beiden Fällen durch die etwas geringere Härte und dennoch mehr als ausreichende Kantenstabilität (Wobei die Härtung vom Härtwig auch Premium ist, wir kitzeln hier ja die letzten Prozente heraus).

Das Abschreckverhalten war beim 2379 und 4112 übrigens gleich, wobei der 2379 natürlich eine höhere Härte bis 64 HRC annimmt.

Daraus sind wieder zwei Rückschlüsse für mich entstanden:
1. Spannend das die Eigenhärtung ohne Tiefkühlen im Praxistest die noch bessere Performance hat als die Vakuumgehärtete und tiefgekühlte Klinge.
2. Ich muss Stahlproben im Labor untersuchen lassen und brauche Bilder vom Martensitgefüge der unterschiedlichen Härtungen und Abschreckungen. Denke das wird für jeden hier Interessant werden :).
 
Sehr interessant Deine Ergebnisse!
Überrascht war ich, dass die Luftabkühlung zu einer höheren Härte als das Abschrecken in Öl geführt hat. Intuitiv hätte ich das andersherum erwartet, da die Abkühlung in Öl schneller als eine Abkühlung in (stehender) Luft sein sollte.

Die unterschiedliche Zähigkeit erkläre ich mir mit der unterschiedlichen Ansprungshärte.

Auf jeden Fall fände ich es spannend wie sich die unterschiedlichen Härtungen auf das Gefüge ausgewirkt haben.

Danke fürs Teilen Deiner Testergebnisse.
 
Danke für deine Rückmeldung. Ich hätte bei dieser Wärmebehandlung mit höheren Härten gerechnet, da ich mit 1030° C und der relativ kurzen Haltezeit von 15 min. schon 56° C erreichen konnte. Erstaunt hat mich auch (@Bolos hat es schon geschrieben), dass durch die Abkühlung an stehender Luft eine höhere Härte resultierte als beim Abschrecken in Öl. Wie hast Du die Klingen gegen Entkohlung beim Härten geschützt?

Gruß
Matthias
 
Zurück