Ich bin erstaunt, wie sich der Thread gefüllt hat. Danke für die Glückwünsche und Ratschläge. Hier nun der vorläufige Bericht. Ein ausführlicher Videomitschnitt wird die nächsten Tage folgen.
Der 1. Rennherd 2011
Am 07.07.11 begannen die Vorbereitungen für einen neuerlichen Schmelzversuch im „die-roemer-online“-Rennherd.
Die Ergebnisse des Jahres 2010 hatten gezeigt, dass eine Belüftung des Rennherdes mit unserem ventillosen Leder-Blasebalg nicht ausreichend war und ein weiteres Paar davon benötigt wird.
Es sollte bei diesem Versuch zum ersten Mal ein elektrisch betriebenes Kastengebläse zur Belüftung des Rennfeuerofens eingesetzt werden. Dieser Gebläsetyp ist nicht aus römischer Zeit in Europa überliefert. Vielmehr sollte der Betrieb des Ofens mit einer solchen mechanischen Belüftung ausgetestet werden.
Ziel war es, in diesem Rennherd eine „massive“ Eisenluppe herzustellen, die direkt verschmiedet werden kann, und nicht noch einer eingehenden Nachbearbeitung bedurfte.
Zum Bau
Auf ebenem Boden wurde die oberste Erdschicht entfernt und eine runde Grube von 25cm Durchmesser ausgehoben. Am Rand der Grube wurden Ziegelsteine sternförmig angeordnet und darauf ein Schacht mit 50 cm Höhe aufgemauert, und innen mit Stroh-Lehm so ausgekleidet, dass sich ein runder Querschnitt von ebenfalls 25cm ergab. Von außen wurde die Mauerung ebenfalls, besonders in den Fugen, mit Stroh-Lehm verschmiert. In der basalen Ziegelschicht wurde ein Ziegel ausgespart für das Düsenloch; gegenüber des Düsenloches wurde entsprechend eine 20cm tiefe, längliche Grube vor dem Ofen ausgehoben und von dort eine Tunnelverbindung unter der Mauerung her zur Ofensohle geschaffen, durch die später die Schlacke fließen kann. Die Ziegel über diesem Loch ruhten auf Stahlleisten um ein Abrutschen zu verhindern.
Die Düse wurde später so eingebaut, dass diese mit der Spitze genau auf die 10x10cm große Abstichöffnung zielte. Die Düse selbst wurde wieder aus Lehm mit Sand und Gras gefertigt und hatte einen Durchmesser von 3cm an der Spitze und hinten 6cm bei einer Länge von 30cm und 2cm dicke. Die Düse wurde in der Sonne getrocknet und noch vor dem Ausbrennen des Ofens eingebaut (In einem Winkel von 15°, ragte 8 cm in den Ofen.
Betrieb
Der Ofen wurde am 09.07 gefahren:
Zuvor wurden 50kg zerkleinerte Holzkohle und ein Eimer mit 20kg gestoßenem Erz mit Korndurchmesser 1-2cm und 50-60% Eisengehalt bereitgestellt (Mischung aus Rost, Walzzunder, Brauneisenstein, Schlacken). Dazu kamen 2kg alte Luppenstücke aus Eisenschwamm, die zu unrein zum Ausschmieden waren.
Um 8.00 Morgens wurde mit einem Feuerbohrer die Glut entfacht und bis 9:00 mit Holz angefeuert. Während dieser Zeit wurde noch nicht belüftet. Das weitere Procedere war:
9:00 Anheizen mit Steinkohle, starke Blasebalgbelüftung (1300L/min)
10:00 Blasebalg auf niedrigere Leistung eingestellt (~800L/min), Ofen mit Holzkohle randvoll gefüllt.
10:55 Erste Erzladung (1 kg) und erste Kohleschicht (1 kg Holzkohle)
10:56 2. Erzladung (je immer mit 1 kg Holzkohle)
11:16 3. Erzladung
11:22 4. Erzladung
11.45 6. Erzladung
11:56 7. Erzladung
12:05 Zusätzliche Kohleschicht (1 kg)Düse frei.
12:12 8. Erzladung (reine Altluppe + Sand)
12:24 9. Erzladung
12:30 Erster Schlackeabstich, Düse frei, Hellgelb-Weiß, Schlacke gelb-orange.
12:48 10. Erzladung
13:04 11. Erzladung
13:12 12. Erzladung, alles OK, Düse frei
13:23 13. + 14. Erzladung
13:45 15. + 16. Erzladung, Schlacke läuft
14:00 17. Erzladung
14:15 18. Erzladung
14:20 19. Erzladung
14:30 20. Erzladung, alles OK, Düse frei
14:40 21. Erzladung
14:47 Starker Schlackefluss
14:50 22. Erzladung
15:04 23. Erzladung
15:10 24. Erzladung, letzte Schicht, keine weitere Schlacke in Folge
15:22 Reine Zugabe von weiterer Holzkohle
16:00 Ofen auf ½ heruntergebrannt, Düse frei, keine Schlacke
16:30 Beschickung handbreit über Düse
16:45 Beschickung auf Düsenniveau, Ende der künstlichen Belüftung
17:00 Aufbrechen des Ofens
Ergebnis
Es ist gut der fast lineare Verlauf der Erzzugaben in 10 bis 15 minütigen Intervallen zu erkennen. Leider war der Erzvorrat nach 24 Schichten aufgebraucht und der Ofen musste heruntergefahren werden. Bis zuletzt zeigte der Ofen einen sehr wartungsarmen Betrieb: Zwar war es hin und wieder notwendig für die Schlacke, mit einem langen Holzstock von der Düse aus, einen Kanal zur Ofenbrust zu stechen oder die Düse von erkalteten Schlackenasen zu befreien. Dies kann jedoch als „normaler Wartungsaufwand“ betrachtet werden. Das neue Kastengebläse hatte den ganzen Betrieb über einwandfrei funktioniert. Die Luftmenge des Gebläses war zudem derart stark (>1000 L/min theoretisch), dass am Anfang der Ofenreise der Hubweg des Zylinderkolbens tatsächlich verringert werden musste (~700 L/min theoretisch). Das hölzerne Verbindungsrohr zwischen Blasebalg und Ofen hielt die immense Strahlungshitze erstaunlich gut aus, und war an der Spitze nur minimalst angebrannt. Zudem wurde der Düsenbereich in regelmäßigen Intervallen mit Wasser feucht gehalten.
Der Ofen wurde noch am selben Tag aufgebrochen und gab einen Medizinball-großen Eisen-Schlacke-Klumpen zum Vorschein. Bei genauerer Betrachtung konnte gut erkannt werden, dass der untere Bereich aus einem Negativ-Abdruck aus Schlacke des Ofenbodens bestand, und obenauf die eigentliche Luppe zum liegen kam. Quer über die Luppe war ein Graben zu erkennen, der von der Düse bis zur Ofenbrust zeigte und durch das Freistochern der Düse kam. Ein gewollter Vorgang.
Da leider kein passendes Werkzeug zum Verdichten der Luppe vorhanden war, musste der übliche Weg des kalten Ablöschens und Zerkleinerns beschritten werden.
Nach Aussortieren aller gut gelungen Luppestücke konnten 2,8 kg Roheisen erhalten werden. Davon ein massiver Kern von rund 1 kg zusammen gesintertem Eisen, 1 kg traubige und teilweise geschmolzene Eisenaggregate sowie 800 g weniger reines Eisen in Form von Nuggets und schwammigen Produkten mit Kohle durchsetzt. Nach Aussehen und Bruchflächen wäre eine bunte Palette von hochkohlenstoffreichem Stahl/Gußeisen bis zu kaum aufgekohltem Eisenschwamm vorhanden.
Insgesamt konnte damit gezeigt werden, dass die bisherigen Ofenreisen in unserem Ofentyp mit zu wenig Luft gefahren wurden. Erst dieser Versuch erbrachte erstmals eine zufriedenstellende Luppe, die in großen Teilen direkt ausgeschmiedet werden könnte.
Ausblick
Die Ergebnisse zeigen auch, dass von rund 24 kg Erz mit 50-60% Eisengehalt nur eine Ausbeute von 23% erzielt wurde. Bekannt sind uns Ausbeuten von bis zu 48% (2. int. Rennfeuersymposium 2005, Gruppe Freilichtmuseum Elsarn). Ziel weiterer Versuche wäre es, unsere Ausbeute noch zu verbessern, was mit anderem Erz und einer verlängerten Vorheizphase möglich wäre. Da das Gebläse noch Potential nach oben zeigte, soll der Ofen künftig wieder mit 30 cm Innendurchmesser errichtet werden und auch einem höheren Schachtaufbau.
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Videos: Jetzt in hoher Qualität
http://www.youtube.com/watch?v=fnRe_tjrY4U
http://www.youtube.com/watch?v=NF0qHFYA1Qc
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Ich weis, dass es etwas unlogisch erscheint, einen "historischen" Blasebalg mit Elektromotor anzutreiben, aber wie MythBuster und Armin II schon erklärten: Bei einem Blasebalg wird die Luft fast vollständig in den Ofen gedrückt und der Druck ist entsprechend hoch. Da ich diese Öfen zudem oft alleine betreibe und auch nicht erwarten kann, dass sich jemand für mich 6 Stunden lang als Blasebalgsklave betätigt, nehme ich diesen Kompromis auf. In den letzten 10 Jahren habe schon oft genug selber am Balg gesessen und muss mir da nichts mehr beweisen