#10000 Körnung und rostfreie Messer - vergebene Liebesmüh?

Alibaba44

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Hallo nochmal!

Ich habe in verschiedenen Threads zum thema schärfen gelesen, dass viele ihre Messer aus Pulverstahl (die sind ja meist rostfrei) auch mit z.B. 8000er Körnung abziehen. Ich habe aber gerade in Verbindung mit rostfreien Messern schon gehört, dass sehr feine Körnungen keinen Sinn machen, da rostfrei Messer die Schärfe nicht annehmen. Zuletz habe ich das von Herrn Ullrich von messer-machen.de gehört. Ich dachte ich starte mal einen Thread dazu, weil es vielleicht ein interessantes Diskussionsthema ist. Wer das auch findet, kann sich ja beteiligen. Es gibt auch schon erste Ansätze dazu in anderen threads und ich mache mal den Anfang mit den Infos, die ich hier im Forum schon gefunden habe.

http://www.messerforum.net/showthre...mit-Bezugsquelle%29&highlight=k%F6rnung+10000
Hier scheint sich jemand mit Oberflächenbeschaffenheit verschiedener Messer auszukennen (#2). Ich denke es erscheint plausibel, dass "einfache" Messer keine so feine Metallstruktur haben, dass sie von solch feinen Steinen profitieren.

Hier (#51)
http://www.messerforum.net/showthre...n/page2&highlight=rostfreie+messer+sch%E4rfen
ist aber auch eine relativierende Meinung vertreten, die ich so verstanden habe, dass besondern hochwertige, moderne Stahlsorten auch rostfrei extrem gut schärfbar sind. Leider wird mit der Thread im laufe der Zeit zu kompliziert und ich kam einfach nicht hinterher die ganzen Stahlsorten, Abkürzungen und Fachbegriffe auseinander zu halten.

Ich habe zugegebener Maßen auch einen Hintergadanken dabei. Ich besitze ein Miyabi 7000MCD Santoku, welches rostfrei ist. Es ist aus einem speziellen MC66 Stahl mit einer Härte von 66. Ich habe auch schon viele Meinungen gehört, dass diese Messer wirklich unglaublich scharf sind (hab aber wenig Vergleich) und sie werden ja auch mit dem Honba Zuke Abzug beworben (der wohl sehr fein sein muss). Kann man ein solches Messer schärfen wie ein rostendes, also z.B. mit einer 10000er Körnung oder ist das sinnfrei?

Da das scheinbar ein sehr umstrittenes Thema ist und dieser Thread ja auch einen Mehrwert gegenüber bestehenden Threads bieten soll, ist es vielleicht angebracht bei der Diskussion Themen wie "Macht es überhaupt Sinn so scharf zu schleifen - 1000 reicht auch schon" oder "rostfrei ist hygienischer" auszuklammern. Hier soll es nur um die Frage gehen, ob auch rostfreie Messer, abhängig von den verwendeten Legierungen und Stahlsorten, ein sehr, sehr feines Schärfen, bzw. polieren ermöglichen oder nicht. Sehen wir es also als eine Art Machbarkeitsstudie ;) Also bitte, schlagt euch die Köpfe ein ;))))
 
Kurz: ja. Das gilt meiner meinung nach auch bei rostenden stählen. Ausgenommen sind rasiermesser.
Und an die pseudogurus des schärfens: wers nicht glaubt, bitte gewünschte klinge mit körnung 10.000 schaerfen und dann 2 stk karton schneiden. Das wars dann mit der max. Schaerfe ;)

Ich schleife all meine gebrauchsmesser mit koernung 1000 ( japanisch) und ziehe dann auf behandeltem leder ab. Finito ;)

Lg oli
 
Hallo,

ich könnte mir nur vorstellen, dass man die Schneide nicht unter die Größe z.B. der Chromkarbide Schärfen/Abziehen kann.

Grüße knifefaan
 
Im zweiten angesprochenen thread habe ich als Beitrag 56 zu den hier gestellten Fragen Stellung genommen. Das scheint aber etwas zu allgemein und theoretisch gewesen zu sein.
Deshalb hier noch einmal:

Es gibt unumstößliche Grunderkenntnisse, die aus der Literatur zu entnehmen sind und an denen man nicht vorbeikommt. Vieles ergibt sich schon aus dem Eisen-Kohlenstoff-Diagramm.

1. Stähle um das Eutektikum (bei unlegierten 0,78 % C, bei legierten genügt deutlich weniger C) bestehen nach dem Härten aus Martensit.
Das ist die Härteform des Stahls- entstanden aus der Verspannung des Gitters durch den beim Abschrecken "eingesperrten" Kohlenstoff. Diese Struktur ist hart und relativ zäh. Auf die Unterschiede zwischen dem zäheren Latten- und dem weniger zähen Plattenmartensit gehe ich hier nicht ein.
Die Zähigkeit dieser Struktur ermöglicht feinstes Ausschleifen bei feinen Schneidenwinkeln um 20 Grad, weil neben dem Martensit keine das Gefüge schwächenden gröberen Teile enthalten sind.
Die erreichbare Härte solcher Stähle wird bei der üblichen Dimension 25 mm Vierkant mit 65-67 HRC angegeben, bei den dünnen Messerschneiden kommt man durchaus höher.

2. Übereutektoidische Stähle (mehr als 0,78 % C bei den unlegierten, entsprechend weniger bei den legierten) enthalten nach dem korrekten Härten außer dem Martensit noch freie Karbide. Diese Karbide sind Einschlüsse in der Struktur, etwa vergleichbar den Sandkörnern im Zement.

3. Die Bindung zwischen der martensitischen Grundmasse und den Karbiden ist schwächer als der Zusammenhalt der Grundmasse selbst.
Liegen wenige, fein verteilte Karbide vor, stört das die Zähigkeit noch nicht. Liegen viele Karbide vor, so beeinträchtigt das die Zähigkeit.
Kritisch wird der Zustand, wenn sie als Netzwerk vorliegen, da dann Risse den Schwachstellen -Grenze Karbid-Matrix- folgen können.

4. Aus dem Eisen-Kohlenstoff-Diagramm kann man entnehmen, wieviel Karbide nach dem Härten im C-Stahl noch enthalten sind. Bei einem C-Gehalt von 1,5 %- was etwa einem Feilenstahl entsprechen würde- wären es ca 10 % Karbidanteil ( von den ca 22,5 % im weichgeglühten Zustand wären ja bei ener Härtung von ca 750 Grad 12,5 % des Kohlenstoffs gelöst und in der Härteform eingefangen).

5. Alle Legierungselemente mit Ausnahme von Kobalt wirken im Sinne einer Erhöhung des C-Gehalts. Stahl 1.4034 mit etwa 0,45-0,5 C hat also soviel Karbide wie ein reiner C-Stahl mit über 1 % C. (Vergl. etwa Gefügebild bei Rapatz: S. 603.

6. Das Eisenkarbid Fe3 C ist mit ca 1000 HV nur unwesentlich härter als die martensitische Grundmasse, Chrom, Molybdän, Wolfram und Vanadium bilden mit dem Kohlenstoff stabile Sonderkarbide, die wesentlich härter sind, bis hin zu ca 2800 HV beim Vanadiumkarbid.
Diese Sonderkarbide wirken wie die Schleifkörnchen im Schleifstein und tragen enorm zur Verschleißfestigkeit des Stahls bei, erschweren aber das Schleifen.

7. Sonderkarbide sind recht stabil, lösen sich also beim Erwärmen auf Härtetemperatur nur langsamn auf. Wenn man sie lösen will, sind daher höhere Härtetemperaturen und Haltezeiten erforderlich.

8. Ist ein Stahl so hoch legiert, daß sich schon in der Schmelze Karbide bilden, lassen sich diese durch spätere Wärmebehandlungen nicht mehr auflösen. Man spricht bei solchen Stählen von Ledeburitstählen, die für bestimmte Einsatzzwecke -insbesondere wenn es auf Verschleißfestigkeit ankommt- allen anderen Stählen weit überlegen sind.
Wegen des überhohen Karbidgehalts sind sie aber spröde.

9. Bei besonders hoher Legierung ist die Gefahr der teilweisen Entmischung beim Erstarren aus der Schmelze hoch, es bilden sich sogenannte Seigerungen mit lokalen Karbidanhäufungen.

10. Wegen diesr Gefahr und zur Verfeinerung der Ledeburitkarbide hat man die pulvermetallurgisch hergestellten Stähle entwickelt.
Diese stellen einen großen Entwicklungsschritt in der Verbesserung der Zähigkeit der Ledeburitstähle dar.
Man hat mit dieser Technik erreicht, daß die Karbidgröße von teilweise 50 my bei den konventionell erzeugten Ledeburitstählen auf 3-5 my bei den PM-Stählen gesenkt werden konnte.

11. PM-Stähle werden ausschließlich im Ledeburitbereich erzeugt. Niedriger legierte Stähle kann man wesentlich einfacher in ihrer Struktur verfeinern, sodaß das aufwändige PM-Verfahren keinen Sinn machen würde.
Selbst nach dem Härten enthalten sie über 25 % freie Karbide. Das macht sie enorm verschleißfest, mindert aber die Zähigkeit, da-siehe oben- die Bindung zwischen Karbid und Grundmasse schwächer ist als der Zusammenhalt der Grundmasse.

12. Feine Schneiden bewegen sich im Bereich zwischen 25 my-ordentliche Industriemesser- und 1/20 my-feinste Rasiermesserschneiden.

13. Schleifwerkzeuge enthalten ganz unterschiedliche Schleifkörper in unterschiedlicher Bindung.
Nicht alle Schleifkörner in den Steinen sind so hart wie oder härter als die Sonderkarbide.

Wenn man sich diese Tatsachen vor Augen hält, ist die hier gestellte Frage auch schon beantwortet.

Mit einem Stein mit nicht extrem hartem Schleifkorn wird man auf einem richtig gehärteten PM-Stahl keinen Eindruck machen, weil die Schleifkörner über die harten Sonderkarbide wegrutschen.
Nimmt man dagegen Diamant oder ein vergleichbar hartes Schleifmedium, werden auch die Sonderkarbide mit geschnitten und man kann theoretisch bis auf Null schleifen.
Problematisch wird es dann, wenn das zu zerspanende Karbid dem Schleifkorn einen größeren Widerstand entgegensetzt, als die Bindung in der Matrix aushält. Dann wird es schon beim Schleifen herausgerissen und man bekommt keine feine geschlossene Schneide, sondern eine Minisäge.
Um dies zu vermeiden, müßte mit sehr leichtem Druck geschliffen werden.
Logischerweise ist die Einbindung des Karbids in der Matrix bei größerem Schneidenwinkel besser als bei feinem.

Unterstellt der "10.000-er"Stein hat ausreichend harte Schleifkörner und man kann den Druck so dosieren, daß die Karbide zugleich mit der Matrix geschnitten werden, kann man also auch karbidreiche PM-Stähle mit feinsten Steinen schleifen.

Ob das Sinn macht, muß man sich selbst beantworten. Ich verweise nochmals auf Romans Gefügeaufnahmen. Wenn man sich ein solches Gefügebild umknickt, sieht man, wieviel Karbidspitzen frei in der Schneide liegen würden und ausbruchgefährdet wären

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Also, das ist immernoch sehr kompliziert finde ich, aber ich versuch mal daraus was abzuleiten und du sagst mir dann ob das richtig ist:

Stähle um das Eutektikum, was ich vereinfacht und bildhaft als "gut gemischt" interpretieren würde (Laie), sind besser schleifbar als andere, da sie weniger Karbide (Sonderkarbide?) enthalten. Diese Karbide sind sehr schwer zu schleifen und brechen in den sehr feinen Bereichen leicht aus.
Bleibt natürlich die Frage, zu welcher Gruppe die wirklich guten Messer von Zwilling, Herder, Böker oder wen es sonst so gibt gehören (wir reden über den 300€ Bereich nicht über 1000€). Was ist z.B. mit dem von mir angesprochenen MC66 Stahl? Oft verwendet wird doch auch V-Goldstahl, was ist damit? Wobei ich nicht die geringste Ahnung habe woraus sich diese Bezeichnungen ableiten. Das sind doch Pulverstahlsorten oder? Also PM? Ich verstehe dich da so, dass diese evtl "gut gemischt" sind oder wenn überhaupt besonders kleine und damit nicht so schlimme Karbide enthalten.
Das hängt ja auch mit der Antwort von knifefan zusammen. Wie fein wird den bei 10000 abgezogen? Verträgt sich das mit 3my Karbiden? Und sind die premium Linien der bedeutenden Hersteller nicht eher karbidarm (also gut gemischt in meiner Terminologie)?

@Centurio: Du sagst also es geht, hält aber nicht lange, richtig?
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist völlig sinnfrei Küchenmesser mit einem 10000er Mondscheinstein zu polieren (mit schärfen hat das sowieso nichts mehr zu tun.

Ein Küchenmesser schärfe ich mit dem 1000er, dem 3000er und von mit aus noch mit dem Leder zur perfekten Arbeitsschärfe und gut is.

Im übrigen ist das von Dir erwähnte Miyabi ein sehr gutes Messer für dem Küchenbereich. Ich benutze das auch neben meinen Herder Messern
sehr gerne.
 
Unterstellt der "10.000-er"Stein hat ausreichend harte Schleifkörner und man kann den Druck so dosieren, daß die Karbide zugleich mit der Matrix geschnitten werden, kann man also auch karbidreiche PM-Stähle mit feinsten Steinen schleifen.

Ob das Sinn macht, muß man sich selbst beantworten. Ich verweise nochmals auf Romans Gefügeaufnahmen. Wenn man sich ein solches Gefügebild umknickt, sieht man, wieviel Karbidspitzen frei in der Schneide liegen würden und ausbruchgefährdet wären

Hallo akiem,
Danke für den Gedankenanstoss und die Beiträge, besonders den von U.Gerfin.
Ich lese daraus, dass es geht und nicht sinnfrei ist.
Wenn ein 10.000er Stein von seiner Beschaffenheit her in der Lage ist, die Matrix und die Karbide seiner Körnung entsprechend abzutragen, dann wird sich diese Qualität im Schliffbild der Schneidkante zeigen, die einem solchen feinen Schleifmittel entspricht.
Einzig der Anspruch des Nutzers setzt das Limit !
mfg
Felix
 
Hi Alibaba,

ich hab mich mittlerweile auch ein bischen eingelesen und kann dir bei dieser Aussage zustimmen:
... dann wird sich diese Qualität im Schliffbild der Schneidkante zeigen, die einem solchen feinen Schleifmittel entspricht.

aber,

Einzig der Anspruch des Nutzers setzt das Limit !

Die Frage ist nun, reicht es dem Nutzer aus, wenn er wenige Schnitte machen kann, bis die zuvor erreichte Schärfe wieder nachgelassen hat?

Wie U.Gerfin sagte, ...
Ob das Sinn macht, muß man sich selbst beantworten. Ich verweise nochmals auf Romans Gefügeaufnahmen. Wenn man sich ein solches Gefügebild umknickt,
sieht man, wieviel Karbidspitzen frei in der Schneide liegen würden und ausbruchgefährdet wären
... sind dann viele Karbidspitzen in der Schneide. Diese werden nach den ersten härteren Kontakten,
insbesondere da sie wahrscheinlich durch die dünn ausgeschliffene Matrix nicht mehr besonders fest gehalten werden,
relativ leicht ausbrechen.

Somit hätte man, meiner Meinung nach, am Anfang zwar eine geschlossene Schneide, aber nach den ersten Schnitten
trotzdem wieder eine "Microsäge" die mehr auf Zugschnitt ausgelegt wäre.

Ich denke, bei den Ledeburitstählen ist das wesentlich "schlimmer" als bei den PM-Stählen.
Dort sind die Korngrößen ja wesentlich kleiner.

Man wird aus einem D2 oder ATS34 sicher kein taugliches Rasiermesser und auch kein japanisches Küchenmesser machen.
Scharf wird es bestimmt, aber wie lange die geschlossene Schneide hält, bis die ersten zurecht geschliffenen Karbide ausbrechen ist die Frage.

Hier wären wir dann wieder beim Anspruch des Nutzers.

schöne Grüße,
Jan
 
Ich lese daraus, dass es geht und nicht sinnfrei ist.

Es geht, wenn die Voraussetzungen eingehalten werden. Ob es sinnvoll ist hat Uli nicht bewertet, das überlässt er sinnvollerweise dem Nutzer

Wenn ein 10.000er Stein von seiner Beschaffenheit her in der Lage ist, die Matrix und die Karbide seiner Körnung entsprechend abzutragen, dann wird sich diese Qualität im Schliffbild der Schneidkante zeigen, die einem solchen feinen Schleifmittel entspricht.

Ja. Ich beschäftige mich ja schon länger mit den Ansprüchen, die auch meine Kunden an die zu erzielende "Schärfe" (zu den "" gleich) mit einem Schärfsytem haben (egal welches). Meiner Erfahrung nach gibts zwei Gruppen.

Die einen, die ihre Messer scharf haben wollen. So scharf, dass sie damit vernünftig arbeiten können. Dazu gehöre ich. Ich schärfe alle meine Messer (fast alle rostfrei, viele PM Stähle, Schneidengeometrie querbeet) bis maximal 1200er FEPA und ziehe auf Leder ab, fertig. Schliffwinkel je nach Messer, aber meisten 20°. Das reicht mir (!) auch für die Küche. Für alle anderen Arbeiten dreimal. Feiner ist nach dem dritten Karton oder Stöckchen oder was auch immer wieder weg.

Und dann gibts die Fraktion, die will wissen, was maximal aus der Schneide rauszuholen ist. Das kann man "Schärfe" nennen, ich nenns eher "Politur". Das sind dann diejenigen, die am Schluss mit drei verschiedenen Pasten abziehen oder Diamantspray kaufen oder ... Das wird dann fotografiert und die erreichte Politur mit anderen verglichen. Kann man machen, wenns einem Spaß macht. Es steht nirgends geschrieben, dass man die Schärferei nur bis zu einem irgendwie definierten "Sinn" treiben muss.

Wenn man sich über Schärfen unterhält, muss man sich aber vorher einigen, über was man redet.

Deswegen gibts auf die Frage auch keine klare Antwort, das wird jeder selbst probieren müssen. Kauf Dir halt ein USB Mikroskop. Die Dinger vergrößern (mehr schlecht als recht, aber immerhin) so bis etwa 200x. Damit sieht man nicht jedes Karbid einzeln, aber zur Überprüfung, wie das Schliffbild ausschaut, ist das meiner Meinung nach schon eine große Hilfe.

Pitter
 
Die Übersetzung von "Eutektikum" ist sprachlich gar nicht verkehrt, gemeint ist aber etwas anderes. Zum besseren Verständnis mußt Du Dir schon einmal das erwähnte Eisen- Kohlenstoff-Diagramm anschauen. Daraus ergibt sich, daß ein eutektoidischer C-Stahl im ausgeglühten Zustand ausschließlich aus Perlit-einem Gemisch von Ferrit (die Modifikation des Eisens bei Raumtemperatur) und Zementit (= Fe3 C, also das Eisenkarbid) besteht. Beim Überschreiten der Linie AC 1 (723 Grad C) wandelt sich der Ferrit im Perlit in Austenit um, der dann auch den Kohlenstoff aus den Karbiden lösen kann.
Dieser Kohlenstoff wird dann beim Abschrecken sozusagen eingesperrt und führt zur Bildung der Härteform des Stahls-Martensit.

Im richtig gehärteten eutektoidischen Stahl gibt es keine- ich widerhole-keine Karbide. Die Härte kommt allein aus der verspannten Matrix. Da keine gröberen Einschlüsse vorhanden sind, sind solche Stähle bei hoher Härte relativ zäh.

Zwischen dem Bereich der eutektoidischen Stähle und den Ledeburitstählen, also solchen bei denen schon in der Schmelze Karbide ausgeschieden werden, liegt ein Feld hervorragender Kaltarbeitsstähle, die je nach C-Gehalt und Legierung auch nach dem Härten neben dem Martensit noch freie Karbide enthalten. Bei diesen Karbiden handelt es sich um das reine Eisenkarbid Fe3 C, wenn außer C keine Legierungselemente vorhanden sind oder eben um Misch- und Sonderkarbide.
Karbide, die nicht schon in der Schmelze entstanden sind, können durch thermomechanische Behandlungen, zu Deutsch: Erwärmen bis zur Karbidlösung, Schmieden, Abkühlen aufgelöst, neu ausgeschieden und verfeinert werden.
Als leuchtendes Vorbild: Prof Oleg Sherby hat bei seinen superplasischen UHC(ultra high carbon)-Stählen Karbidkorngrößen um 1/10 my einstellen können.

Zu den guten Messern guteingeführter Firmen: Wenn sie ordentliche Leistung zu vernünftigem Preis bieten wollen, werden Stähle wie 1.4116 oder seine leicht veredelten Varianten- etwa Sandvikens 12 C 27 bei rostträgen und C70, C 75, C 80 bei rostenden Messern eingesetzt.

Konventionell hergestellte Ledeburitstähle sind für feine Schneiden ungeeignet, PM-Stähle rechtfertigen die Mehrkosten und den Mehraufwand aus technischer Sicht nicht. Wenn man den "Superstahl" als Verkaufsargument erfolgreich nutzen kann, ergibt sich dagegen ein wirtschaftlicher Sinn.

Weltweit hat sich die Unsitte entwickelt, Stähle nicht nach ihrer Norm-Bezeichnung zu benennen, sondern mit den firmeninternen oder auch Phantasiebezeichnungen.
Aus diesen läßt sich, anders als aus den Normbezeichnungen, die Legierung nicht ablesen. MC 66 sagt mir daher nichts- Du kannst aber getrost davon ausgehen, daß es sich nicht um eine neu entwickelte geheimnisvolle Legierung mit Zaubereigenschaften handelt, deren Zusammensetzung außer dem Hersteller niemand kennt- eine solche Behauptung wäre angesichts der jederzeit möglichen Analyse lächerlich.

PM-Stähle sind nicht "gut gemischt". Es handelt sich ausnahmslos um Ledeburitstähle, deren Nachteile durch das PM-Verfahren gemindert werden, bei gleichzeitiger Erhaltung und Verbesserung ihrer Vorteile.

Mit einem 10.000-er Stein kann man auf "Null" schleifen, wenn er auch die Karbide angreift, sie schneidet, ohne sie aus der Bindung zu reißen und zwar so, daß die Matrix zwischen den Karbiden nicht stärker angegriffen wird als die Karbide. Das setzt logischerweise ein hart gebundenes, sehr feines und selbst äußerst hartes Schleifkorn voraus.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Man wird aus einem D2 oder ATS34 sicher kein taugliches Rasiermesser und auch kein japanisches Küchenmesser machen.

"Japanische Küchenmesser" sind ein weites Feld. Auch in Japan ist 2012.

http://japanesechefsknife.com/ verkauft unbestritten japanische Küchenmesser. Die sind mitnichten alle "rostend". Die gibts sogar mit Kullen :) Geschmiedet. Mit Damast und G10 Schneidlage. Kunterbunt durcheinander.

Peter
 
Aus diesen läßt sich, anders als aus den Normbezeichnungen, die Legierung nicht ablesen. MC 66 sagt mir daher nichts- Du kannst aber getrost davon ausgehen, daß es sich nicht um eine neu entwickelte geheimnisvolle Legierung mit Zaubereigenschaften handelt

http://zknives.com/knives/kitchen/ktknv/henckels/miyabistk180.shtml

meint, dass MC 66 entweder ZDP-189 oder Cowry-X ist. Und alle anderen "Quellen", die ich dazu gefunden habe, geben zknives als Quelle an, oder - wie die englischsprachige Wikipedia - gar keine ;) (http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_blade_materials)

Mehr Infos zu dem Stahl gibts jedenfalls nicht, weder auf der Zwilling Seite noch hier http://www.miyabi.eu (Webseite für die Marke MIYABI).

Ok falls ZDP-189, der ist ja bekannt. Hitachi hat da mal was vorbereitet: http://www.hitachi-metals.co.jp/pdf/cat/hy-b10-d.pdf
3% Kohlenstoff, 20% Chrom

Pitter
 
HRC ist von Zwilling mit 66 angegeben und in deinem Link mit 67,5. Ist das normale Schwankung der Angaben oder spricht das für eine andere Stahlsorte?

Der Rest ist für mich nicht verständlich ohne mich ausgiebig mit Metallurgie zu beschäftigen. Kannst du das vielleicht mal für nicht metallurgisch bewandelte runterbrechen? Besonderheiten, Stärken, Schwächen?
 
Der Rest ist für mich nicht verständlich ohne mich ausgiebig mit Metallurgie zu beschäftigen. Kannst du das vielleicht mal für nicht metallurgisch bewandelte runterbrechen? Besonderheiten, Stärken, Schwächen?
Das hat er schon, mehrmals ;-)
Lies dich doch am besten hier im Forum ein.
Wenn es dir zu viel Arbeit ist, sei dir eine Version von "Messerklingen und Stahl" von Roman Landes ans Herz gelegt.
Da wird das Thema sehr gut und anschaulich erklärt und auch der Laie kann einiges mitnehmen.
 
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