Alte Schwerter neue Schwerter welche sind besser?

Also... Zuerst muss man diesen typisch "westlichen" Maximalismus aufgeben. "Besser" oder "schlechter" bezieht sich immer auf einen bestimmten Zweck. Eine Gabel ist besser als eine Schaufel, was das Aufspießen von Essen angeht, putzt die Zähne aber schlechter als eine Zahnbürste. ;)

Die Schwerter betreffend; die modernen hochreinen Stähle können rein mechanisch und physikalisch besser sein als die Raffinierstähle der Vergangenheit. Zwar geht aus den (irgendwo hier im Forum geposteten) Tabellen hervor dass der alte Raffinierstahl sogar weniger Schwefel als die heutigen modernen Stähle enthielt, der Schwefelgehalt kann aber ebenfalls durch best. Verfahren optimiert werden. Moderner Stahl ist also reiner, homogener und sein Kohlenstoffgehalt ist viel präziser einstellbar als bei alten Stählen. Rein vom Physikalischen her ist er "besser".

Das Material macht aber - so erscheint es mir - lediglich nur ein Drittel eines guten Schwertes! Um ein gutes Schwert zu bauen muss man enorm viel beachten; Klingendicke, Klingendesign, Schwingungsverhalten, Masseverteilung, Federungsverhalten, Klingengeometrie... Der Schmied braucht sehr viel Know-How, muss wissen wozu das Schwert gebraucht wird, und natürlich braucht er immer wieder Berichte seiner Kunden vom Schlachtfeld. Dieses Know-How hat sich Jahrhunderte lang gesammelt und ist heute selbst durch High-Tech nicht zu ersetzen. Bsp.: Das Replika des Nydam-Schwertes durch M. Balbach. Es hat doch einige Zeit gedauert bis man das damaszierte Original überhaupt nachmachen konnte. Wie schon sehr oft erwähnt, ein Schwert ist kein bloßer geformter Stahlstreifen, sondern ein wohldefiniertes Instrument zum Töten. Und wie jedes Instrument ist es auf den Zweck angepasst worden - dieses Know-How muss heute wieder angesammelt werden. Diesbezüglich hatten die Alten ohne Zweifel einen Vorteil.

Und das "letzte Drittel"- die Schwertführung - unterschätzen viele zemlich oft. Selbst ein Einhandschwert kann bei korrekter Schnitttechnik ohne viel Kraft Verheerendes bewirken. Im Gegensatz dazu kann viel Kraft aber keine Technik selbst bei Langschwertern wenig nützen, oder gar die Klinge beschädigen. Als man im 19 Jh. für das Szenenfechten mit dem Schwert einfach die Degen-Paraden übernahm, ahnte man noch nicht dass die später aufkommende Kinematographie diese Art und Weise übernehmen wird. Schwert als "Keule mit Schneiden" die in den modernen Filmen wie ein Baseballschläger benutzt wird, hat mit korrekter Schnittechnik nichts zu tun, verbreitet aber die irrtümliche Ansicht dass hier nur Kraft notwendig ist.

Es gab schon früher schlechte (oder besser gesagt preiswerte ;) ) Schmiede und schlechte Schwertkämpfer. Einer der heutigen Schmiede, mit viel Erfahrung, kann im Vergleich zum Discounter-Schmied vor 1000 Jahren eine viel bessere Waffe schmieden. Und es gibt heute Leute, die das Schwert besser beherrschen als der o.g. bescheidene Schwertkämpfer.

Im Sinne des Threads: Vor 1000 Jahren war die Anzahl guter Schmiede und guter Schwertkämpfer beträchtlich höher als heute. Selbst ein guter Schmied und hervorragendes Klingenmaterial führen bei einem ungeübten Schwertkämpfer jedoch nicht zu gewünschten Ergebnissen. Ob "alt" oder "neu" spielt dahingehend keine Rolle.
 
Ich glaube, was bei manchen von uns im Hinterkopf bei diesem Thema auch eine Rolle spielt, ist das Nostalgische - der Traum davon, dass auch in unserer schnelllebigen und rationalen Welt noch Mysterien existieren, die wissenschaftlich nicht zu erklären sind. Z.B. technische Geheimnisse, die die moderne Wissenschaft immer noch nicht, auch nicht mit Röntgen oder Elektronenmikroskopen, komplett nachvollziehen und somit nicht reproduziernen kann.
Vergleichbar mit unserem Schwertthema "früher und heute" ist beispielsweise Antonio Stradivari. Unter Experten ist die Qualität und der Klang seiner, vor ca. 350 Jahren gebauten Violinen, bis heute unerreichbar. Wissenschaftlich erklären kann dies keiner genau und auch mit Laservermessungstechnik und was weiß ich noch, lässt sich dies nicht kopieren.

Ich glaube gerne daran, dass die Altmeister der Schmiedekunst über Wissen verfügten, das im Laufe der Jahrhunderte verschollen ging. Verloren wahrscheinlich auch weil es eben nicht mehr notwendig war (neue Waffentechnik usw.) Und genau wie bei den Instrumenten, wird ein nicht darauf spezialisierter Normalmensch die Unterschiede auf einem so hohen Level nicht erkennen können.
Besser oder schlechter -liegt in der Anwendung und ab einem gewissen Qualitätsgrad ist es Ansichtssache des Nutzers.

Nostalgische Grüße
toughT
 
Alte Schwerter - neue Schwerter: welche sind besser?

......Technisch wäre es heute bestimmt möglich, qualitativ bessere Schwerter herzustellen als zu damaligen Zeiten.....
Diesen Aspekt haben wir hier im Forum schon vielfach mit allen Varianten diskutiert. Mal nachlesen!

Gruß

sanjuro
 
@Ookami : Sie haben im Mittelalter in Japan indischen Stahl verabeitet ?
Die Inschrift würd ich gerne sehen...Nambantetsu, Oranda etc...aber indisch ?

Berufsbekleidung : Na klar :Bei offiziellen Anlässen zieht man brav, ich nenn es mal respektlos den "Fummel" an : Sprich traditonelle Kleidung.
Im normalen Alltag : Ich habe weder Matsuo noch einen anderen Polierer gesehen der nicht in bequemen Arbeitsklamotten durch die Gegend gesaust wäre.
Dieser mythologisch überhöhte Kram ist einfach pure Show. Ja, man hat in der Werkstadt eventuell ein Bild von seinem Lehrer hängen um ihm für das was er getan hat zu danken.
Ja Schhmieden haben rituelle Shintoistische Symbole, aber das heißt noch lange nicht das der Schmied religiös, asketisch oder sonst was ist.
Beliebtes Beispiel "Soboro Kunisuke" : Der zerlumpte Kunisuke.Der Typ war eine Suffnase per exelance, lief in Lumpen rum und soll der Traditon nach ein ziemliches Eckel gewesen sein. Trotzdem einer der großen des Shinto-Jidai.
Dito Hankei, der Mann der solange rumstänkerte bis er der Legende nach von seinem eigenen Schwert halbiert wurde. (O.K. Ein verärgerter Samurai hing am Schwert dran ).
Also von Priesertum ist da nichts zu sehen.

Eh ich zu weit ausschweife : In Japan ist das Schwerthandwerk genauso wie hier ein Handwerk. Ein sehr schönes in der Tat, aber für mythologischen Schnickschnack ist im täglichen Geschäft kein Platz.
 
Laut Yumoto, John M.(1995): Das Samuraischwert: Ein Handbuch. S.79 gibt Yasutsugu aus Echizen um 1700 im Mei als Material indischen Importstahl an.


Ookami
 
Zuletzt bearbeitet:
:staun:ab´s gerade nachgeschlagen :Stimmt steht so im Yumoto, wenn mir jetzt noch jemand sagen könnte warum er bitte sehr nabantetsu auf die Angeln gepinselt hat der gute Yasutsugu....:argw:und wieder ein Pluspunkt für den Yumoto:irre:
 
Dem guten Yasutsugu war es vermutlich egal, wo die "Südlichen Barbaren" (Namban) nun genau her kamen. "Namban" war so ziemlich das "Gaijin" von damals.

Zurück zum Thema. Technisch einwandfreie Schwerter lassen sich sicher mit dem heutigen know-how herstellen, vielleicht sogar mit kleinen Leistungsvorteilen bezüglich der Leistungsfähigkeit der Stähle, ABER Schwerter sind ja auch Kunstobjekte, zu denen ein allzu "cleaner" Look vielleicht gar nicht passt? :eek:

Deshalb forschen auch viele Japanische Schwertschmiede, wie man den Look der Kotô ("alte Schwerter" - Schwerter aus der Zeit von Mitte Heian bis 1596) imitieren kann. Bisher ist da noch kein Durchbruch gelungen.


Ookami
 
Ja, in der Tat, Yasutsugu dürfte es wurscht gewesen sein. Aber warum Yumoto so eine wüste Vermutung in die Welt pustet ? Ich weis es nicht.

Aber zum Thema Namban-Tetsu : Die Koto-Revival Theorie ist meiner Kenntnis nach überholt. inzwischen sieht es mehr so aus, das es ein genialer Marketing-Gag war. Seltenes, daher extrem teures Material in einer Klinge : Da freut sich doch der Käufer. nicht umsonst haben z.B. die Daimyo der Provinz Hizen aus dem Nabeshima-Clan das partial gezielt eingesetzt. Wer wurde ihr Hofschmied :Genau ein Nambantetsu Spezialist. Das gleiche Spielchen ist im Kontext mit den Kern-Provinzen der Tokugawa zu beobachten. Dort wo das Regime vorherrscherte wurde fröhlichst mit diesem Verkaufsschlager gearbeitet.
Interesssanterweise sind Nabantetsu-Schmiede ausserhalb sehr, sehr selten zu finden.
Kurz : Es war einfach ein klasse Verkaufsidee. Allerdings nur für relativ kurze Zeit, nach ca. 100 Jahren war der Namban-hype so gut wie vorbei. (Ja, im Shinshinto wurde wieder mit auswärtigen Stählen experinemtiert, aber das würde jetzt hier zu weit führen auf Kawabe Masahides Schriften einzugehen )

Können moderne Schmiede Koto nachmachen : Oh ja, und wie. ich erinnere mich an eine nette "Ko-Gassan" Wakizashi die ich polieren durfte. Das Schwert hat sich wie eine Koto-Klinge verhalten. Die Stahlfarbe klassisch für Koto-Gassan. Das Schwert wurde recht bekannten NBTHK Mitgliedern vor die Nase gehalten : Alles klar, Koto, eindeutig, super Klinge.
Dann kam die Kopfnuss.
Das Schwert ging für Papiere nach Japan und siehe da es war ein Gendai, eine neue Arbeit. Allerdings meinte der Polierer der sie abgenommen hat er würde es auch nicht wissen wenn er den Schmied der diese Kopien verfertigte nicht genau kennen würde.
Also einen glasklareren Beweis für die Fähigkeiten im Bereich der Kopie kann ich mir nicht denken.
 
Hmm...was den Durchbruch angeht bin ich da etwas andere Meinung.
Es gibt schon die eine oder andere sehr gute neue Klinge welche wirklich ein Meisterwerk darstellt was den Vergleich mit dem antiken Orginal nicht scheuen braucht. Matsuda Tsuguyasu z.B. hat sehr gute "Kopien " im Stil der Ko-Bizen hergestellt. Diese waren so gut das es mehr als einmal vorkam das einige Sammler bei einem Kantei drauf reingefallen sind und das Teil für ein antikes Orginal gehalten haben.Das einzigste was nicht passt ist der Stahl. Die Farbe sowie auch die Textur hat manchmal mehr oder weniger Abweichungen von dem historischen Vorbild.
AAAAber eine exakte Kopie eines Meisterwerkes herstellen zu wollen ist viel schwieriger als wenn man sich völlig frei ohne zwingende Regeln entfalten kann.

Klingen von solcher Quälität ist aber nicht unbedingt die Regel.

Indischer Stahl in Japan......bitte sich zu erinnern das die Portugiesen welche ja schon Handel mit Japan hatten von Macao und auch von Goa (Indien ) nach Japan segelten. Das war zwar nicht so lange wie die Holländer aber es wäre eine mögliche Erklärung für indischen Stahl.

Heutige moderne Schwerter sind bei entsprechender Qualität, in der Form, Oberfläche und Verzierungen , ohne Probleme als Kunstwerke anzuerkennen. Auch eine besondere handwerkliche Leistung , sei es im Schmieden eines aufwändigen Damastes und/oder eines besonders sauberen Schliffes der Klinge sind Aspekte mit denen sich der einzelne Macher aus der Masse der "guten" Handwerker hervorhebt, kann man als Kunstwerk bezeichnen. Wobei hier "Kunst" von überragenden Können kommt.

Das gilt auch inbesonders auch für europäische Schwerter !

Jeder der das jetzt nicht so ganz nachvollziehen kann, was ich ohne weiteres verstehen kann, sollte sich mal die guten Arbeiten von Peter Johnson ansehen. Im Klingenmuseum in Solingen sind zwei Schwerter von Ihm zu sehen. Insbesonders bei dem Anderthalbhänder, wird das glaube ich für jeden Betrachter mit gesunden Augen, ziemlich deutlich was ich meine.

Die Form , die Linienführung der Klinge , die sorgfältigen Details am Griff , die Belederung ...alles ist sehr sauber und harmonisch gefertigt worden. Balance , Gewicht es ist perfekt hergestellt.
Diese Arbeit hebt sich von irgendwelchen 08/15 Schwerter ziemlich deutlich ab. Das ist ein Kunstwerk welche das Auge der kundigen Betrachters erfreuen kann........wenn man ein wenig von der Materie und den Schwierigkeiten bei der Herstellung versteht.
Tut man das nicht, oder hat fast keine oder gar null Ahnung......tja dann wird das auch nicht wahrgenommen oder gar verstanden.

Ich werde nie verstehen das es Leute gibt welche glauben das eine solche Arbeit nichts mit einem guten alten Schwert zu tun habe.
Oft genug haben sich Betrachter mokiert das dass viel zu sauber gearbeitet sei. Die "echten" Schwerter wären viel einfacher und nicht so ordendlich......einfache praktische Werkzeuge müßen es sein...:rolleyes:
Aber gut ..jeder so wie er meint.
Ich persönlich sehe und spüre den Unterschied zwischen einem guten Schwert von Peter und einem Albion Schwert von der Stange.
Wobei ich die Albion Schwerter vom Preis Leistungsverhältnis für die besten Serienschwerter halte die man bekommen kann.
Ich selbst habe 7 Schwerter von Albion ,die ich ziemlich kritisch betrachtet und hart rangenommen habe und weiß wovon ich hier schreibe.
So mach preiswerteres Schwert aus anderen Firmen und auch aus den billigeren Schmieden aus der Tschechei hinken da deutlich hinterher.

Alle diese Arbeiten von Peter sowie auch von Albion halten sich aber an feste wiederhohlbare Parameter. Gewicht , Balancepunkt , Schwingungsknoten etc. Passen diese Parameter zusammen ergibt das ein voll fünktionsfähiges , ausgewogenes Schwert welches seinen Zweck absolut erfüllen wird. Das kann man sehen , man spürt es wenn man das Schwert in die Hand nimmt , man sieht und fühlt es wenn man damit einen Schnitttest macht.

Das ganze hat absolut nichts mit irgendwelchen mystisch angehauchten nicht fassbaren Einflüssen zu tun.

Eine Sache ist aber nicht fassbar.
Der persönliche Geschmack des einzelnen kann einen sehr großen Einfluss auf das Aussehen sowie die Eigenschaften eines Schwertes haben. Sehr schnell ist man dann der Meinung das dieses oder jenes Schwert nicht gut oder gar funktional ist blos weil es einem selbst nicht gefällt.
Oder aber die eigenen persönlichen Vorstellungen welche von der Mehrheit der historischen Schwerter stark abweicht kommt hinzu.
Als Beispiel : Viele "Darsteller " auf Mittelaltermärkten bevorzugen Schwerter bei denen der Schwerpunkt möglichts nahe am Griff ist.
Am Ende kommt dann ein Hiebschwert mit der Balance eines Degens oder eines Rapier dabei heraus. Dabei wird völlig aus den Augen verloren das die gewünschte Durchschlagskraft / Wucht nun mal aus einer vernüftigen "Kopflastigkeit" des Schwertes kommt.

Aber das ist ja auch ein Vorteil von neuen Schwertern ......man kann dem Schmied heute genau vorgeben was man haben will....völlig egal ob das jetzt historisch halbwegs korrekt ist oder nicht.

Bei alten Schwertern muß man das so akzeptieren wie es ist.

Für mich sind weder die neuen noch die alten Schwerter besser.
In beiden Zeiten gibt es Meisterwerke und absoluten Schrott.

Gebe aber zu das wenn ich die Wahl hätte zwischen einem alten Orginal und einer perfekten Kopie von Peter Johnson ich das Schwert von Peter vorziehen würde. Der Grund ist der das ich Peter als Handwerker sehr schätze und ich Ihm so es ermögliche weiter solche Kunstwerke entstehen zu lassen.
 
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Kaum ist diese Frage in einem thread zu Tode geritten, erwacht sie im nächsten zu neuem Leben.
Eine gute, zusammenfassende Antwort ist im letzten Beitrag zu finden.
Dem ist wenig hinzuzufügen.

Zur Klarstellung aber noch ein paar Anmerkungen zum Material:

1. Besonders reine Stähle sind nicht besonders gut. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen mit aufgekohltem, sonst chemisch reinem Eisen. Um es bei einem C-Gehalt von ca 1,4 % noch zu härten, mußte die kritische Abkühlgeschwindigkeit bei ca. 3000 Grad pro Sekunde liegen. Wenn es jemanden interessiert, kann ich die Literaturstelle heraussuchen. Ich habe mit solchem Material experimentiert und keine Vorteile feststellen können.

Entscheidend ist die Freiheit von Stahlschädlingen, insbesondere Phosphor und Schwefel. Gängige Werkzeugstähle beschränken diese Schädlinge auf maximal 0,02 % oder- um es deutlich zu machen- auf weniger als 2/10.000.
Das reicht, um den schädlichen Einfluß auf eine Größe zu beschränken, die vernachlässigbar ist.
Die Beseitigung dieser Schädlinge aus dem Eisen bereitete früher erhebliche Schwierigkeiten- beim Phosphor war man so gut wie machtlos.
Für qualitativ gutes Eisen und entsprechend guten Stahl war man auf gutes Erz angewiesen. Der berühmte "Schwedenstahl" verdankte seinen guten Namen zu allererst den weitgehend schadstofffreien Erzen.
Mit gutem Erz kann man heute und konnte man früher im Rennfeuer den Gehalt an Phosphor und Schwefel noch unter die heute üblichen Grenzen senken. Glaubt aber jemand wirklich, daß sich die Eigenschaften des Stahls entscheidend verändern, wenn er statt 2/10.000 nur 1/10.000 Phosphor und Schwefel enthält ?.

2. Die Physik-Gewichtsverteilung, Proportionen, Dämpfungsverhalten u.ä.- ist grundsätzlich bekannt. Verloren gegangene Geheimnisse gibt es da nicht.
Sicher gibt es aber individuelle Unterschiede in der Anwendung. Wer mit Schwertern und dem Umgang mit ihnen aufgewachsen ist, kann sie besser und effizienter einsetzen als ein Ungeübter. Hinzu kommt die spezifische Kraft für bestimmte Bewegungsabläufe, die sich mit Übung und Talent entwickelt. Beim Schmieden hat jeder sicher schon beobachtet, daß ungeübte Riesen und Muskelprotze keine Verformung erzielten, während dünne Männlein das Eisen ruckzuck bewegten.
Noch klarer wird es beim Arbeiten mit der Axt: Wer den Schwung drauf hat, erzielt Wirkung, wer nicht, wirkt auch, aber nur komisch.


3. Verloren gegangene Geheimnisse der Wärmebehandlung gibt es nicht.
Wenn man einen Stahl oder meinetwegen auch ein Stahlkomposit analysieren kann, weiß man auch, wie er am besten zu behandeln ist, damit er einen bestimmten Zweck bestens erfüllt.

4. Der ungebremste Glaube an den Fortschritt ist eine klassische Fehleinschätzung, geradezu kennzeichnend für Spieß- und Schildbürger.
"Und wie wir es in allem so herrlich weit gebracht"- gibt im Faust einer von sich, der es nirgendwo "weit gebracht hat".
Zur Erheiterung hierzu eine kleine Anekdote: Ein exzellenter Maschinenarbeiter sprach mich vor Jahren an:" Ich habe gehört, daß die Japaner für sauber gearbeitete Tantos bis zu 20.000,--DM bezahlen"-" Ja, das gibt es schon". "Ja dann mach ich doch einen, schön plan geschliffen und auf´s Tausendstel genau und schön spiegelpoliert und mit Titan montiert (gesprochen: Tiddahn) und schick den nach Japan. Da müßte ich doch auch mindestens soviel Geld kriegen".
Meine Zweifel haben ihn nicht überzeugt.

5. Und doch- mit modernen Mitteln könnte man ein Schwert herstellen, das technisch eine Spur leistungsfähiger wäre, als ein gutes altes Schwert.
Zwei gedankliche Ansätze sind erfolgversprechend:
a) mit modernen Mitteln der Wärmebehandlung kann man im Bereich der unteren Bainitstufe oder in den Bereich des Bainit- Martensitgemischs härten. Ich will das nicht weiter auswalzen, die Ergebnisse sind bei Verhoeven dargestellt und nachzulesen. Damit könnte man bei einer Härte von ca. 60 HRC eine gute plastische Verformbarkeit = Zähigkeit erreichen. Dies war im Altertum wegen der erforderlichen langen Haltezeit im auch noch sehr engen Bainitgebiet nicht möglich.
b) Ein zweiter Ansatz könnte sich daraus ergeben, daß man mit Sherbys superplastischen Stählen ein Laminat von hoher Kernhärte mit hervorragender Zähigkeit der Außenlagen macht.

Wie groß wäre der Unterschied zu einer richtig gehärteten Klinge aus sauberem Raffinierstahl oder aus einem Laminat Raffinierstahl/ zähe Seitenlage ?
Er wäre überraschend gering: Raffinierstahl mit 0,8 % C springt an der Schneide einer Klinge sicher auf 67 HRC an. Eingepackt in einen zähen, schwingungsdämmenden Mantel und mit nicht zu kleinem Schneidenwinkel hätte ich keine Bedenken, ihn mit 60 HRC einzusetzen.
Ohne Seitenlagen wären 56-58 HRC sicherer. Hätte die Klinge eine Hohlkehle, könnte sie man in der Kehle durch Eingießen von Blei partiell erhitzen und so für einen zäheren Klingenkern sorgen.

Einen entscheidenden Vorteil einer modernen Klinge sehe ich da nicht.
Die Härte wird durch den C-Gehalt geregelt, Verschleißfestigkeit durch Karbide macht für eine Messerklinge Sinn, für eine Schwertklinge nicht.
Also können wir uns auf den Kopf stellen- mit der Härte kommen wir nicht wirklich weiter. Eine ideale Kombination mit einer besonders zähen Seitenlage -Manganhartstahl ?- kann kleine Verbesserungen bringen. Ob sie spürbar wären ?.

Fazit- auch vom Technischen her konnten Könner schon seit langer Zeit Meisterwerke erschaffen und können es - geistiges und handwerkliches Können vorausgesetzt- auch heute noch.
Wirklich besser ?- fraglich, aber wesentlich einfacher und sicherer- die besten Vorschläger ersetzen einen Lufthammer nur partiell.

Freundliche Grüße
U. Gerfin
 
Alte Schwerter oder neue Schwerter: welche sind besser?

..... ich erinnere mich an ein nettes "Ko-Gassan"-Wakizashi, das ich polieren durfte. Das Schwert hat sich wie eine Koto-Klinge verhalten. Die Stahlfarbe klassisch für Koto-Gassan. Das Schwert wurde recht bekannten NBTHK-Mitgliedern vor die Nase gehalten: Alles klar, Koto, eindeutig, Super-Klinge. Dann kam die Kopfnuss.
Das Schwert ging für Papiere nach Japan und siehe da, es war ein Gendai, eine neue Arbeit. Allerdings meinte der Polierer, der sie abgenommen hat, er würde es auch nicht wissen, wenn er den Schmied, der diese Kopien verfertigte, nicht genau kennen würde.....
Das setzt dann voraus, dass das NAKAGO auf alt "getrimmt" wurde und generell die Absicht bestand, keine "ehrenwerte" Kopie, sondern ein Fake herzustellen. Dann war wohl auch die Klinge schon mit etwas "Substanzverlust" gegenüber der Stärke des NAKAGO ausgelegt, wie ich das mal bei einem OEI BIZEN YOSHIMITSU-TACHI hatte, das aber eine Kopie aus der späten EDO-Zeit war.

Gruß

sanjuro
 
Zu der ko-Gassan Klinge noch zwei Anmerkungen.

@Sanjuro : Das Ding war als suriage ( gekürztes ) Katana aufgebaut. damit war das Fälschen der Angel natürlich leichter.

@Dieter Kraft : Genau richtig meistens haut die Textur und die Farbe bei den Kopien nich hin. Genau das war ja hier die Riesengemeinheit : Diese perfide Mistzwiebel von Schmied hat es doch tatsächlich geschafft das Alles perfekt nachzuahmen, sonst wäre wohl niemand drauf reingefallen, zumindest nicht Leute vom Kaliber Hagenbusch etc, und es wäre auch keiner auf den debilen Gedanken gekommen das Schwert für Papiere einreichen zu wollen. Aber so...Aus meiner Sicht daher :Ja sie können es.( Übrigens der Poliere der uns mit seinem Kommentar hat etwas zu trösten versuchte ist auch Mukansa, also wenn nicht mal der es sofort sehen würde...)
Das Einzige wo ich mich anschließe : Die großen Soshu-Meisterwerke hat bisher meiner Kenntnis nach noch keiner geknackt bekommen. Aber warten wir´s ab, das kommt auch noch.
 
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