Flügelfeder
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Moin allerseits!
Ich hole mal etwas weiter aus...
Ich bin ein großer Freund japanischer Higonokamis sowie artverwandter Folder und habe in den vergangenen Jahren das ein oder andere Stück in dem Bereich angehäuft. Stets auf der Suche nach dem perfekten Messer – ich fürchte, ihr kennt das, liebe Leidensgenossinnen und Leidensgenossen
Mit ebenso hübscher Regelmäßigkeit, wie ich mir neue Modelle zulege, treiben mich eben diese allerdings auch in den Wahnsinn… Problem an der Sache: Einerseits mag ich diesen absoluten Minimalismus und die Reduktion auf pure Funktionalität, andererseits bin ich ein ziemlicher Pingel, wenn es um Details geht und ich benutze meine Alltagsklingen hauptsächlich für die Zubereitung von Lebensmitteln, für Pakete und um im Wald mal einen Spazierstock zurecht zu schnitzen. Diese Motive sind allerdings gar nicht so einfach unter einen Hut zu bekommen! Klassische Higonokamis von Nagao befriedigen meinen Hang zum Handgemachten, ich mag das Einfache und den Klingenstahl mit kompromissloser Härtung. Aber der Scandi-Schliff bei 3mm Rückenstärke spaltet Äpfel eher, als sie zu schneiden. Aufgrund des schmalen Blechgriffs, sind Schnitzarbeiten auch nicht sonderlich bequem. Und: Dass die Schneide bei geschlossener Klinge im Metallheft aufliegt, macht mich fertig… Alternativen bieten die Folder von Hiroaki Ohta und Yoshimi Kotoh: Die dünne Rückenstärke sorgt hier für hervorragende Slicer, aber die reine und (gerade bei Kotoh) filigrane Holzkonstruktion lässt mich vom Schnitzen Abstand nehmen.
Gut, dann eben vielleicht einfach kein Custom, sondern ein Serienmesser? Mcusta mit dem MC-191C oder Fox mit dem Dragotac bieten top verarbeitete Messer mit hervorragend auf meine Bedürfnisse angepassten Eigenschaften, die gleichzeitig stabil genug für alle bei mir anfallenden Arbeiten sein dürften und auch der Mechanismus (Piemontais) passt – aber sie schaffen es nicht in die Rotation, weil ihnen irgendwie der Charakter fehlt. Sie sind zu glatt, zu perfekt, irgendwie ohne Seele. Kennt ihr das?
Aber Moment… apropos Piemontais: Wie sieht es eigentlich mit Produkten der Messernation Frankreich aus? Voilà: Fred M.!
Die Vorgeschichte:
Letztes Jahr bin ich in den sozialen Medien über ein Bild von einem Messer gestolpert, das sofort meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog. Leider ohne jeglichen Text, Anhaltspunkt oder Kontext. Trotz ausgedehnter Recherche sollte es bis Ostern dieses Jahres dauern, bis ich – und auch das nur zufällig – herausfand, dass es sich dabei um das Bouledogue von Frédéric Marchand mit Griff aus Fasseiche von 1880 handelt. In keinem Onlineshop verfügbar, also direkt an den Schmied gewandt, bestellt und was soll ich sagen: ein absoluter Glücksgriff!
Wie das immer so ist, wenn man sich ausführlicher mit etwas beschäftigt: Man findet immer noch mehr. Insofern sind trotz anfänglichen Interesses für das Boueldogue nun letztlich irgendwie doch drei von Freds Messern bei mir gelandet, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Vor allem möchte ich aber kurz erklären, warum sie mir so gefallen: Fred bietet reine Handarbeit und das rustikale Erscheinungsbild zeugt überdeutlich davon – allerdings ist alles in puncto Funktonalität nicht nur tippitoppi, sondern geradezu detailverliebt (man achte auf die Hammerschlagnieten, auf den Griff des London aus stabilisierter und mit Bootslack patinierter Eiche oder auch darauf, dass wirklich alle Kanten entgratet sind. Besonders schätze ich zudem den bei allen drei Messern identisch perfekt eingestellten Klingengang: Weder gehen die Dinger ungewollt in der Tasche auf, noch klappen sie auch bei wehementem Schwenken nach unten ungewollt zu, dennoch ist der Klingengang absolut konsistent und butterweich). Zudem hat Fred Einfachheit und die Reduktion auf das Wesentliche auf ein ziemlich hohes Niveau gehoben: Es gibt bei ihm Klappmesser mit genau einem Mechanismus (Piemontais) in genau einem Klingenstahl (XC75) – Punkt! Und beides beherrscht er erstklassig. Ich schätze es sehr, dass hier jemand seine eigene Ästhetik mit seinen eigenen Materialien und Techniken gefunden hat und diesen auch treu bleibt. Freds Messer sprühen geradezu vor Handwerk, dennoch sind sie im besten Sinne modern, denn trotz der archaischen Anmutung basiert der Aufbau auf Stahlplatinen, Spacern und Washern. Zudem sind die Washer recht großzügig dimensioniert, dies zusammen mit dem offenen Aufbau über die Spacer sorgt dafür, dass sich kaum Feuchtigkeit im Gelenk sammeln kann, was bei der gewählten Stahlsorte in puncto Alltagstauglichkeit durchaus Sinn ergibt.
Insgesamt kommen dabei Messer für die Ewigkeit mit reichlich Charme und französischem savoir faire heraus, die sich für mich im Alltag hervorragend bewährt haben. Gerade durch die rustikale Optik und robuste Bauweise habe ich keinerlei Skrupel, sie im Alltag zu verwenden und gerade dadurch dürften sie ziemlich ansehnlich altern. Die Schneideigenschaften und Klingengeometrie passen hervorragend zu meinen Bedürfnissen. Zwar mutet der Klingenrücken von 3mm wieder recht breit an, doch aufgrund des hohen Klingenspiegels und leicht bauchigen Schliffs, gleitet die Klinge tippitoppi durchs Schnittgut. Sowohl Klinge als auch Konstruktion und Griffdimensionen sind aber auch bequem und stabil genug für beherztes Schnitzen alten Holzes. Außerdem war mit Fred zudem ausgedehnte Fachsimpelei via Email möglich, was ich sehr zu schätzen weiß. Nächster Urlaub ist dementsprechend für die Bretagne geplant – wenn Reisen irgendwann wieder problemlos möglich ist…
London:
Klinge: XC75, 9,4cm (Schneide 7,7cm, Höhe 2,8cm, Breite: 3mm)
Griff: Edelstahlplatinen mit stabilisierter Eiche und patiniertem Lack, 11,3cm
Mechanismus: offenes Piemontais mit Spacern
Gewicht: 159gr
geöffnet / geschlossen: 21cm / 13,6cm
L'âme de tonneau:
Klinge: XC75, 6,2cm (Schneide 5,5cm, Höhe 2,7cm, Breite: 3mm)
Griff: Edelstahlplatinen mit Fasseiche aus dem Jahr 1880, 8cm
Mechanismus: offenes Piemontais mit Spacern
Gewicht: 108gr
geöffnet / geschlossen: 14,5cm / 10,5cm
Bouledogue:
Klinge: XC75, 6,7cm (Schneide 5,8cm, Höhe 3cm, Breite: 3mm)
Griff: Edelstahl mit Fasseiche aus dem Jahr 1880, 9,5cm
Mechanismus: offenes Piemontais mit Spacern
Gewicht: 198gr
geöffnet / geschlossen: 16cm / 11,5cm
P.S. No affilitation, just a happy customer - wie man so schön sagt: Bis zur Messerbestellung kannte ich Fred gar nicht, insofern stehe ich weder auf Freds Gehalstliste, noch kenne ich ihn über den Email-Austausch hinaus persönlich - was sich hoffentlich in einem zukünftigen Frankreich-Urlaub ändern wird.
Ich hole mal etwas weiter aus...
Ich bin ein großer Freund japanischer Higonokamis sowie artverwandter Folder und habe in den vergangenen Jahren das ein oder andere Stück in dem Bereich angehäuft. Stets auf der Suche nach dem perfekten Messer – ich fürchte, ihr kennt das, liebe Leidensgenossinnen und Leidensgenossen
Mit ebenso hübscher Regelmäßigkeit, wie ich mir neue Modelle zulege, treiben mich eben diese allerdings auch in den Wahnsinn… Problem an der Sache: Einerseits mag ich diesen absoluten Minimalismus und die Reduktion auf pure Funktionalität, andererseits bin ich ein ziemlicher Pingel, wenn es um Details geht und ich benutze meine Alltagsklingen hauptsächlich für die Zubereitung von Lebensmitteln, für Pakete und um im Wald mal einen Spazierstock zurecht zu schnitzen. Diese Motive sind allerdings gar nicht so einfach unter einen Hut zu bekommen! Klassische Higonokamis von Nagao befriedigen meinen Hang zum Handgemachten, ich mag das Einfache und den Klingenstahl mit kompromissloser Härtung. Aber der Scandi-Schliff bei 3mm Rückenstärke spaltet Äpfel eher, als sie zu schneiden. Aufgrund des schmalen Blechgriffs, sind Schnitzarbeiten auch nicht sonderlich bequem. Und: Dass die Schneide bei geschlossener Klinge im Metallheft aufliegt, macht mich fertig… Alternativen bieten die Folder von Hiroaki Ohta und Yoshimi Kotoh: Die dünne Rückenstärke sorgt hier für hervorragende Slicer, aber die reine und (gerade bei Kotoh) filigrane Holzkonstruktion lässt mich vom Schnitzen Abstand nehmen.
Gut, dann eben vielleicht einfach kein Custom, sondern ein Serienmesser? Mcusta mit dem MC-191C oder Fox mit dem Dragotac bieten top verarbeitete Messer mit hervorragend auf meine Bedürfnisse angepassten Eigenschaften, die gleichzeitig stabil genug für alle bei mir anfallenden Arbeiten sein dürften und auch der Mechanismus (Piemontais) passt – aber sie schaffen es nicht in die Rotation, weil ihnen irgendwie der Charakter fehlt. Sie sind zu glatt, zu perfekt, irgendwie ohne Seele. Kennt ihr das?
Aber Moment… apropos Piemontais: Wie sieht es eigentlich mit Produkten der Messernation Frankreich aus? Voilà: Fred M.!
Die Vorgeschichte:
Letztes Jahr bin ich in den sozialen Medien über ein Bild von einem Messer gestolpert, das sofort meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog. Leider ohne jeglichen Text, Anhaltspunkt oder Kontext. Trotz ausgedehnter Recherche sollte es bis Ostern dieses Jahres dauern, bis ich – und auch das nur zufällig – herausfand, dass es sich dabei um das Bouledogue von Frédéric Marchand mit Griff aus Fasseiche von 1880 handelt. In keinem Onlineshop verfügbar, also direkt an den Schmied gewandt, bestellt und was soll ich sagen: ein absoluter Glücksgriff!
Wie das immer so ist, wenn man sich ausführlicher mit etwas beschäftigt: Man findet immer noch mehr. Insofern sind trotz anfänglichen Interesses für das Boueldogue nun letztlich irgendwie doch drei von Freds Messern bei mir gelandet, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Vor allem möchte ich aber kurz erklären, warum sie mir so gefallen: Fred bietet reine Handarbeit und das rustikale Erscheinungsbild zeugt überdeutlich davon – allerdings ist alles in puncto Funktonalität nicht nur tippitoppi, sondern geradezu detailverliebt (man achte auf die Hammerschlagnieten, auf den Griff des London aus stabilisierter und mit Bootslack patinierter Eiche oder auch darauf, dass wirklich alle Kanten entgratet sind. Besonders schätze ich zudem den bei allen drei Messern identisch perfekt eingestellten Klingengang: Weder gehen die Dinger ungewollt in der Tasche auf, noch klappen sie auch bei wehementem Schwenken nach unten ungewollt zu, dennoch ist der Klingengang absolut konsistent und butterweich). Zudem hat Fred Einfachheit und die Reduktion auf das Wesentliche auf ein ziemlich hohes Niveau gehoben: Es gibt bei ihm Klappmesser mit genau einem Mechanismus (Piemontais) in genau einem Klingenstahl (XC75) – Punkt! Und beides beherrscht er erstklassig. Ich schätze es sehr, dass hier jemand seine eigene Ästhetik mit seinen eigenen Materialien und Techniken gefunden hat und diesen auch treu bleibt. Freds Messer sprühen geradezu vor Handwerk, dennoch sind sie im besten Sinne modern, denn trotz der archaischen Anmutung basiert der Aufbau auf Stahlplatinen, Spacern und Washern. Zudem sind die Washer recht großzügig dimensioniert, dies zusammen mit dem offenen Aufbau über die Spacer sorgt dafür, dass sich kaum Feuchtigkeit im Gelenk sammeln kann, was bei der gewählten Stahlsorte in puncto Alltagstauglichkeit durchaus Sinn ergibt.
Insgesamt kommen dabei Messer für die Ewigkeit mit reichlich Charme und französischem savoir faire heraus, die sich für mich im Alltag hervorragend bewährt haben. Gerade durch die rustikale Optik und robuste Bauweise habe ich keinerlei Skrupel, sie im Alltag zu verwenden und gerade dadurch dürften sie ziemlich ansehnlich altern. Die Schneideigenschaften und Klingengeometrie passen hervorragend zu meinen Bedürfnissen. Zwar mutet der Klingenrücken von 3mm wieder recht breit an, doch aufgrund des hohen Klingenspiegels und leicht bauchigen Schliffs, gleitet die Klinge tippitoppi durchs Schnittgut. Sowohl Klinge als auch Konstruktion und Griffdimensionen sind aber auch bequem und stabil genug für beherztes Schnitzen alten Holzes. Außerdem war mit Fred zudem ausgedehnte Fachsimpelei via Email möglich, was ich sehr zu schätzen weiß. Nächster Urlaub ist dementsprechend für die Bretagne geplant – wenn Reisen irgendwann wieder problemlos möglich ist…
London:
Klinge: XC75, 9,4cm (Schneide 7,7cm, Höhe 2,8cm, Breite: 3mm)
Griff: Edelstahlplatinen mit stabilisierter Eiche und patiniertem Lack, 11,3cm
Mechanismus: offenes Piemontais mit Spacern
Gewicht: 159gr
geöffnet / geschlossen: 21cm / 13,6cm
L'âme de tonneau:
Klinge: XC75, 6,2cm (Schneide 5,5cm, Höhe 2,7cm, Breite: 3mm)
Griff: Edelstahlplatinen mit Fasseiche aus dem Jahr 1880, 8cm
Mechanismus: offenes Piemontais mit Spacern
Gewicht: 108gr
geöffnet / geschlossen: 14,5cm / 10,5cm
Bouledogue:
Klinge: XC75, 6,7cm (Schneide 5,8cm, Höhe 3cm, Breite: 3mm)
Griff: Edelstahl mit Fasseiche aus dem Jahr 1880, 9,5cm
Mechanismus: offenes Piemontais mit Spacern
Gewicht: 198gr
geöffnet / geschlossen: 16cm / 11,5cm
P.S. No affilitation, just a happy customer - wie man so schön sagt: Bis zur Messerbestellung kannte ich Fred gar nicht, insofern stehe ich weder auf Freds Gehalstliste, noch kenne ich ihn über den Email-Austausch hinaus persönlich - was sich hoffentlich in einem zukünftigen Frankreich-Urlaub ändern wird.