Ankerkette

remis213

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Guten Tag

Ich habe kürzlich eine Ankerkette geschenkt bekommen, und man hat mir gesagt, sie sei aus der Kolonialzeit. Kann mir dies jemand anhand des Fotos bestätigen?
Muss villeicht noch sagen, dass ich die Kette in Brasilien bekommen habe.

Ich werde sie für Damast gebrauchen und wäre auch für Infos in dieser Hinsicht dankbar.
kette.JPG



remis213
 
Hi remis213,

zum Alter kann ich leider nichts sagen.

Als Komponente im Damast ist die Kette natürlich sehr interessant. Ich würde sie aber nur für Dekordamast verwenden. Ich denke mir eben das die meisten (Anker-)Ketten aus einem weniger hochwertigem, eventuell sogar stark inhomogenen Material gemacht sind - genau weiß ich es aber nicht.

Zwecks der passenden "Partner-Legierung" kann ich dir auch nicht direkt helfen - ich würd mal ein Testpacket mit 1.2842 herstellen und schauen wie das Muster nach dem Härten rauskommt. Es kann aber auch sein das die Kette zusammen mit einer helleren, also ehr grau zeichnenden Legierung (z.B. C45/C60/C100 oder Feile) besser rüberkommt.

Vielleicht wärs auch am besten wenn du am Anfang mal die Kette als Aussenlagen für eine 3L Klinge nehmen würdest!?

Gruß

Simon
 
Zuletzt bearbeitet:
Sei gegrüsst Simon
Vielen Dank für Deine Antwort.
Das mit dem Dekordamast möchte ich eigentlich umgehen, weil mich bei der Kette mehr der qualitative Aspekt interessiert, d.h. Materialbeschaffenheit, Eignung für Messer, Damast.
Irgendwo hab ich mal gelesen, dass der Stahl im Salzwasser gereinigt
wird, wobei ich keine Ahnung habe, was da chemisch abgeht.
Letztendlich möchte ich eigentlich nur den Frevel umgehen, eine mögliche Gelegenheit zur Materialerkundung eines antiken Stahles auszulassen.

Aber ich werde das Zeugs mal verarbeiten(habe auch etwa 10kg), und dann werde ich mehr verstehen.

Gruss remis213
 
....Das mit dem Dekordamast möchte ich eigentlich umgehen, weil mich bei der Kette mehr der qualitative Aspekt interessiert, d.h. Materialbeschaffenheit, Eignung für Messer, Damast.
Irgendwo hab ich mal gelesen, dass der Stahl im Salzwasser gereinigt
wird, wobei ich keine Ahnung habe, was da chemisch abgeht.
Letztendlich möchte ich eigentlich nur den Frevel umgehen, eine mögliche Gelegenheit zur Materialerkundung eines antiken Stahls auszulassen.....
Ankerketten sind in der Regel aus Eisen, nicht aus Stahl. Einfach mal anfunken, dann weißt Du Bescheid. Wenn es sich um eine wirklich alte Kette handeln sollte, dann könnte sie aus Puddeleisen sein. Das ist ebenfalls ein interessantes Material, aber eher für Beschläge. Als Damastkomponente wird das ohne Aufkohlen nicht sinnvoll sein.

In Japan werden alte Ankerketten sehr von Schwertschmieden gesucht, weil die damals verwendeten Erze durch das traditionelle Verhüttungsverfahren zu ziemlich reinem Eisen (natürlich ohne die heute im Recyclingeisen unvermeidlichen Verunreinígungen durch viele andere Metalle) umgewandelt wurden. Da geht es aber vor allem um Ketten von Ozeandampfern!

Stahl korrodiert oberflächlich kräftig im Salzwasser, wird aber natürlich nicht gereinigt!

Gruß

sanjuro
 
Zuletzt bearbeitet:
Fliege hier aus dem Forum hat einige Messer gemacht, bei denen er die Klingen mit Ankerkette laminiert hat (hier ein Beispiel) - aber dabei handelt es sich eben um Aussenlagen von 3-Lagen-Klinge (wie auch von schon von Simon vorgeschlagen) und nicht um Damast.

Vielleicht kann er Dir dennoch weiterhelfen. Einfach mal anmailen.
 
nun denn

diese Kette hat mittlerweile den Weg über den Atlantik gefunden, und wird nächsten Monat mal unter meinen Hammer kommen. bin also ziemlich gespannt, zu was der Stahl taugt.
Grüsse nach Brasil
 
Zum "qualitativen Aspekt":

Die mächtigen Ankerketten alter Ozeanriesen waren in der Regel noch aus Puddelstahl.
Der gilt als wertvoll und interessant, nicht weil er per se etwas taugen würde, sondern weil er als Erzeugnis des Puddelverfahrens ( nachlesen) so gut wie unlegiert, aber reich an Silikateinschlüssen war (und ist).
Seine Vorteile liegen darin, daß er besonders gut schweißt und angeätzt eine deutliche Musterung zeigt.
Er wird daher gerne als Grundlage für verstählte Werkzeuge verwendet.
Dick hat (hatte ?) z.B. Stechbeitel von Kijomi Nishiki im Programm, die schonend geschweißt waren und eine schöne Struktur aufwiesen.

Für sich genommen ist das Material von den mechanischen Eigenschaften her gesehen eher schlechter als unser normaler Baustahl, insbesondere in den Quereigenschaften-weil die Silikateinschlüsse in Längsrichtung mitverformt werden.

Ankerketten hat man daraus gefertigt, weil man die Kettenstücke gut schweißen konnte und man sowieso nichts Geeigneteres hatte.

Bei einem Stück von 10 kg ist es eher unwahrscheinlich, daß es sich noch um alten Puddelstahl handelt, es wird eher moderner Baustahl sein.

Anschleifen wird-wie Sanjuro schon gesagt hat- über den C-Gehalt Auskunft geben, anschließendes Anätzen über die Art des Stahls.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Was man Im Internet da noch an alten filmchen über die Herstellung sieht zeigt einen Stahl der beim Zugversuch sich so stark dehnt dass die Kette zu einer festen Stange wird. Schlechtes Material würde ich das nicht nennen, nur sehr weich.
 
Für sich genommen ist das Material von den mechanischen Eigenschaften her gesehen eher schlechter als unser normaler Baustahl, insbesondere in den Quereigenschaften-weil die Silikateinschlüsse in Längsrichtung mitverformt werden.

Nun, für einmal kann ich mit Sicherheit behaupten: hier irrt der Fachmann sich. Denn zumindest was die Quereigenschaft Kerbschlagzähigkeit angeht, sind es gerade die "Fehler" durch die Silikateinschlüsse, die eine erhebliche Verbesserung bewirken. Das hat sich bei einer größeren Versuchsreihe, die letztes Jahr im Rahmen einer Diplomarbeit an der RWTH, Institut für Eisenhüttenkunde, gemacht wurde, herausgestellt.
 
Günstige Eigenschaften im Kerbschlagversuch sind wegen der Rißablenkung zur Seite zu erwarten.
Den Querfestigkeiten im Zugversuch traue ich nach wie vor nicht.
Bei den Stücken, die ich verarbeitet habe, gab es öfter mal beim Schmieden Längsrisse-eben in der Spur der Einschlüsse verlaufend.
Wegen der problemlosen Schweißbarkeit konnte ich das unschädlich machen. Ich habe mir aber angewöhnt, solche Stähle noch mehrfach zu raffinieren, bevor ich sie als Deckschicht oder Träger verwendet habe.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Diese Erfahrungen teile ich zu 100 %, Ulrich. Und das mehrfache Raffinieren mache ich aus Vorsicht nicht nur bei Puddelmaterial, sondern auch bei Verwendung alter Renneisenstücke.

Problematisch kann es auch werden, wenn mal zu viel Schwefel oder Phosphor enthalten ist. Insbesondere bei zu viel S ergibt sich teilweise eine erhebliche Rotbrüchigkeit dieser Materialien. Nicht schön zu schmieden.
 
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