Krassi, du schreibst dass du inzwischen diese flachen Klingen bevorzugst, wo siehst du denn den Vorteil dieser? Die meisten anderen (die oft auch das Design schätzen) sehen es ja oft als Nachteil.
Ich denke mal die Antwort darauf ist recht simpel: Krassi ist -wie er selber weiter oben schon gesagt hat- eher eine Zugschnittprinzessin, d.h. bei ihm berührt meistens nur die Schneide im vorderen Bereich der Klinge das Brett.
Ist im Prinzip quasi genau das Gegenteil zu einer Wiegeschnitt-tauglichen Klinge. Bei der möchte man ja hinreichend Bauch und eine halbwegs hoch sitzende Spitze haben, damit man auch problemlos über hohes Schnittgut drüber kommt, ohne dabei die Spitze ins Brett zu bohren. Wenn man nun aber primär im Zugschnitt arbeitet, bei dem eben nur die Spitze oder eventuell noch das vordere Klingendrittel übers Brett Richtung Körper durch das Schnittgut gezogen wird, bedeutet eine tiefer sitzende Spitze (und somit zwangsweise ein weniger bauchiges Profil) das man dafür den Arm weniger weit anheben, bzw. das Handgelenk weniger stark anwinkeln muß.
Wenn du daheim noch ein altes Solinger Kochmesser rumliegen hast, kannst du das recht einfach auf dem Brett austesten. Setz einfach mal nur leicht die Spitze auf und zieh das Messer Richtung Körper und wiederhole das danach noch einmal mit deinem 21er Takamura, was ja eine geringe Klingenhöhe und eine wahrscheinlich auch tiefer sitzende Spitze hat.
EDIT: Ich hab noch mal meinen YT Kanal durchforstet (bei dem ich die Videos nicht öffentlich liste, weil ich keine Lust habe meine mehr oder minder dilettantischen Videos irgendwann in irgendwelchen Foren wiederzufinden...) und noch mal zwei alte Videos zum 210er Kotetsu gefunden, bei denen man die Vor&Nachteile der Klingenform mMn halbwegs gut erkennen kann:
https://youtu.be/dYJ4FXnXSMk (Nicht wirklich mein bestes Video, wenn man bedenkt das ich die erste Zwiebel über die Wurzel hinweg eingeschnitten habe...aber man sieht wie flach die Hand über dem Brett beim Einschneiden im Zugschnitt ist)
https://youtu.be/Q7oKQs5Hrj4 (Interessant ist hier am Anfang die Zwiebel und am Ende die Tomaten...)
Um mal Alterwissers "Korinthenkackerei" aufzugreifen:
Ein klassisches, also echtes und somit einseitig geschliffenes, Kiritsuke halte ich für die westliche Küche völlig unbrauchbar...das nutzen selbst in Japan nur sehr sehr wenige Köche und wenn du da als Azubi oder Jungkoch bei einer Sushibar mit so einem Messer aufläufst, dürfte der alte Oberkoch dir das Ding wohl links und rechts um die Ohren hauen und dich danach vor die Tür setzen...
Dann gäbe es noch die Gyutos mit Kiritsuke-artiger Spitze, die aber ansonsten ein normales Gyuto-profil haben und sich was Stärken&Schwächen im Bezug auf die 4 Schnitttechniken (Zug, Druck, Wiege, Hacken) nicht wirklich von ihren Geschwistern ohne K-Tip unterscheiden. Wenn du die Form des 240er Kochi mit der des Ashis vergleicht, dürfte klar sein was ich meine:
https://www.japaneseknifeimports.co...ochi-240mm-kurouchi-kiritsuke-shaped-wa-gyuto
Und dann gibt es eben die auch gerne als Wa-Kiritsuke bezeichneten Messer, bei denen man die Klingenform eines klassischen Kiritsuke mit einem "alltagstauglichen" beidseitigen Anschliffs gepaart hat. In die Kategorie fallen beispielsweise das Ashi Kiritsuke was Daniel hat, mein Konosuke Kiritsuke und die Kotetsu-Messer von Shibata. Also die Art von Messer, um die es dir bei dem Thema geht...
Wenn ich mal den direkten Vergleich zwischen meinem 210er Takamura und meinem 210er Kotetsu ziehe: Beim Zugschnitt hat das Kotetsu mit seiner tief sitzenden Kiritsuke Spitze die Nase leicht vorn, dafür ist es im Wiegeschnitt deutlich schlechter. Inwiefern man mit Japanern choppen will sei dahingestellt... Beim Druckschnitt sehe ich wenigstens bei den beiden Messern eher ein Patt. Meiner ganz persönlichen Meinung nach halte ich das Kiritsuke-Profil für weniger alltagstauglich im Privatgebrauch als ein reinrassiges Gyuto, und der Eindruck verstärkt sich je länger das Messer wird. Die Schritte sind hier ja Bunka (165-180), 210er, 240er und 270er Wa-Kiritsuke....
Bei einem Bunka ist das noch eher egal, denn von der Klingenlänge her konkurriert es da eher mit einem Santoku, was in der Regel auch nicht für eine bauchige/wiegeschnitt-taugliche Klinge bekannt ist.
Ein 210er-Gyuto ist für mich eher ein Alltagsmesser, also etwas was man in einem typischen Haushalt (<4 Personen) problemlos zur Essenszubereitung nutzt und bei dem der Wiegeschnitt nicht unbedingt das ausschlaggebende Kriterium ist. Da schlägt sich nen Kiritsuke auch noch mehr als ordentlich und in den meisten Haushalten schlummert ja noch irgendein grober 20cm Solinger im Messerblock, mit dem man

notfalls für das ein oder andere Rezept einen ganzen Bund Petersilie im Wiegeschnitt mehr oder minder grob zerhackt.
Ab 240 fängt es aus meiner Sicht an eher kritisch zu werden, solange man daheim nicht eine Großfamilie bekocht, wo ein 210er Kochmesser vom Arbeitstempo her eventuell nicht mehr ausreichen könnte. Im Fall des typischen Haushaltes (Familie ohne oder mit nicht mehr als 1-2 Kindern), ist ein 240er entweder eine Spielerei (bzw. weil man die Länge einfach mag), oder eher das Werkzeug für die Fälle wo doch mal mehr unters Messer kommt und da wäre mir ein normales Gyuto aufgrund seiner Vielseitigkeit dann doch lieber, solange es nicht so dünn geschliffen ist, daß man damit gar nicht im Wiegeschnitt arbeiten möchte.
Bei 260-270er Klingenlänge sehe ich das normale Gyuto dann deutlich im Vorteil, denn bei der Länge macht der Wiegeschnitt so richtig Spaß und für den gemeinen Heimgebrauch ist die Länge bei einer Zugschnitt-lastigen Technik wohl auch eher hinderlich als nützlich, da mit der Länge ohne ein hohes Maß an Übung und hinreichend dimensionierten Schneidbrettern auch ein Verlust an Agilität einhergeht.