Atelier Perceval Le Francais Carbon - des Königs neue Kleider

pebe

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Der König ist tot, lang lebe der König!

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Ich habe schon oft über das Le Francais geschrieben - es ist und bleibt eine Ikone des Messerbaus für mich.

Form und Bauteile auf ein Minimum reduziert, schmale gestreckte 9cm Klinge aus rostfreien Sandvik Stahl mit Linerlock bei gerade mal 65g - die perfekte Interpretation eines klassischen EDC Klappers für die Moderne.

Kein Schwermetaller, kein zu großes Laguiole, kein Slipjoint, kein rostender Federstahl, kein Anlaufen von Metallen, keine verkratzten Bolster, keine unzugänglichen Ecken.

Ein kompaktes Leichtgewicht. Legal und maximal vielfältig einsetzbar. Und dabei stets ein Hauch von Klasse. Ein Gentleman Messer par exellence.


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Einfache Hölzer bleiben preislich überschaubar, sodaß die Eintrittsschwelle für die französische Manufakturarbeit überwindbar scheint.

Edelhölzer und andere exotische Griffmaterialien erfahren einen deftigen Preisaufschlag, dafür sind diese überwiegend besonders ausgesucht und perfekt gefinished. Ähnliches gilt für den Preisunterschied von Sandvikstahl zu rostfreien Damast.

Ich hatte lange ein Auge auf die Carbon Fiber Variante geworfen, habe ich doch einen ausgeprägten Faible für diesen modernen Werkstoff.

Holz, Horn und Knochen sind die Klassiker. Das sind die Materialien, die schon vor langer Zeit benutzt wurden und daher zwangsläufig eben klassisch sind - von den Einen geliebt, von Anderen als altbacken abgelehnt.

Die modernen G10, FRN & Co. Griffmaterialien empfinde ich persönlich mehr technisch funktional, Micarta & Co, zumindest allgemein betrachtet, zu kunststoffig manchmal sogar arg Plastik. Yup. Burlap Micarta sehe auch ich anders. 😉

Carbon Fiber ist für mich ein eigenständiges Material, auch wenn es sachlich nicht begründet ist, aber allgemein gesprochen, ist es die Mutter der HighTech Griffmaterialien und war eine ganze Weile auch nur in der unverkennbaren Standard Struktur erhältlich. Aber auch hier gibt es inzwischen Variationen, Fat Carbon und Metallmix sind auf dem Vormarsch.

Jedenfalls. Carbon Fiber ist Neuzeit. Leicht, steif und widerstandsfähig. Und passt aus meiner Sicht ganz hervorragend zum straight cleanen look des Le Francais. Keineswegs besser als mein Wüsteneisenholz, einfach anders und ebenso passend und - saucool.

Ich hatte lange nach einem L08 in carbon fiber gesucht und bin auf der Zielgeraden wieder davon abgekommen. Der HighTech Style gefällt mir an den weichen, geschwungenen Linien am Ende doch weniger.

Genau dieses ist ein weiterer Punkt, den das Le Francais den meisten Klappern voraus hat. Der Griff besteht aus einer schlichten, symetrischen Form, sodass jedes Griffmaterial maximal zur Geltung kommt.


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Wer also bis dato der Überzeugung war, der Franzose sei zu altbacken, dem sei gesagt - Opa rockt.

Ein schönes Wochenende Euch allen.

grüsse, pebe
 
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Es gibt einen wichtigen Nachtrag!

Meine Wüsteneisenholzversion stammt aus 2014, das Carbon Fiber aus 2024. Ich hatte ja im Zuge der Tafelrunde berichtet, dass beim L08 die Liner und die Griffschalen etwas an Umfang zugenommen haben.

Offenbar auch am Le Francais.

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Tatsächlich war mir dieses im ersten Moment gar nicht aufgefallen, obwohl der Unterschied im Umfang und auch im Gewicht recht deutlich ausfällt.

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In der Vergangenheit gab es hie und da Berichte, wonach der Lock an diesen beiden Modellen etwas schwach ausfiel. Ich selbst kann nach einem Dutzend Messern zwar nichts dergleichen bestätigen, aber klar - es sind, besser waren, recht leichtfüßige Gentleman Messer.

Zwar verlieren die Modelle damit etwas ihre absolute Zierlichkeit, persönlich begrüße ich die Verstärkung jedoch. Bereits das dünnere ältere WEH wußte auch an Kartonage zu überzeugen - ich tat dies aber meistens mit einem zugekniffenen Auge.

Mit der Verstärkung gewinnt es jetzt für mich spürbar an Allround-Qualitäten, ich kann es weniger zögerlich verwenden.

grüsse, pebe
 
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Kannst du das mal exakt ausmessen? Ich hab meins mit Kamelknochen vor einiger Zeit gekauft, das würde mich jetzt interessieren. Aufgrund der anderen Beschalung ist wiegen sich ernicht ganz repräsentativ, aber anhand der ecakten Maße könnte ich es evtl. gut einordnen.
 
Lieber pebe,

jetzt, nachdem du es so schön beschrieben hast, weiß ich auch, warum ich mich mit einem Le Francais in Holz oder Horn noch nie so richtig anfreunden konnte. Klar habe ich dein WEH immer bewundert, wenn du es hier gezeigt hast, aber der "auch haben wollen Effekt" hat sich bei mir nicht eingestellt.
Anders bei der Micarta Version. Das ist aber leider nicht zu kaufen.
Carbon gefällt mir auch sehr gut, nur ist der Preis hier prohibitiv.
Ich bin meinen beiden in weißem G10 und blauem Krion auch sehr zufrieden. Und jetzt weiß ich genau warum das so ist.
Danke dafür :super:

Gerade mal das Sonnenlicht genutzt, um den Krion so richtig zu Geltung zu bringen...
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Wunderschönes Messer!

Ich mag ja Carbon-Griffe sehr gerne. Die haben so was technisch-modernes, ohne langweilig zu wirken. Die Krion Griffe von @Ritchie Le Francais strahlen dasselbe aus.
Und ich mag mein L08 (Ebenholz) ebenso wie das Le Francais (Palisander). Konsequenterweise schleiche ich deshalb um die beiden genannten Messer mit eben diesen Carbon-Griffschalen rum.

Beim L08 passen m.E. die geschwungenen Linien nicht ganz zum technischen Carbon. Beim Francais wäre das wie die Faust aufs Auge.

Aber:
  • Der Preispunkt ist schon sehr sportlich.
  • Das Francais ist einfach "nur" ein Francais mit Carbon-Schalen. Beim Chambriard Thiers Compagnon SL wurde die Gelegenheit genutzt und aufgrund der größeren Stabilität des Griffmaterials auf die Edelstahl-Liner verzichtet, was das Messer unglaublich leicht macht. Finde ich klasse, auch wenn's ein bisschen rau läuft. Ja, ich weiß, das Compagnon ist ein Slipjoint und kein Liner-Lock, aber gerade in der Carbon-Version hätte Perceval da ein bisschen innovativer sein dürfen (einseitiger, dünnerer Liner, Aussparungen, etc.)
  • Aufgrund der dickeren Liner bei den neuen Modellen ist ein Le Francais mit Carbon-Schalen daher schwerer als mein L08 mit Ebenholz-Beschalung :unsure:. Das finde ich nur wenig erbaulich.

Fazit: meine Messer-Emotionalität kann sich wieder anderen Anschaffungen zuwenden, das Carbon-Perceval ist erst mal ein bisschen in den Hintergrund gerückt auch wenn ich in den nächsten Wochen sicher noch einige Male in den Thread hier reinschauen werde. Ist halt schon ein wunderschönes Messer. Danke @pebe fürs Zeigen.
 
Schön, dass der elegante Franzose doch so viel Interesse erfährt.

Und ja. Gerade weil es so viele unterschiedliche Griffmaterialien gibt, kann sich jeder, dass zu ihm passende aussuchen.

Die Linerverstärkung finde ich, aus beschriebenen Gründen, in jedem Fall begrüßenswert.

Andererseits, ganz grundsätzlich stellt die Grifform keine unüberwindbare DIY Aufgabe dar. Oder auch. Bei den Aufpreisen für die Edelvarianten kann man sogar beim Profi (z.B. Cuscadi) anklopfen - und vorher beim Messer die schlichteste sprich das günstigste Griffmaterial wählen. Bei mir scheiterte dies nur an der mangelnden Carbonauswahl von Cuscadi.

Hierbei kann man dann auch einen kleineren Rundungsradius wählen, weniger bullig und leichter falls dies ein Thema ist oder auch gleich ein ganz besonderes, individuelles Material zahlbar im Vorfeld besorgen.

Das teuerste Le Francais, das ich kenne liegt ja schließlich bei 30.000,- Euro (Meteorit) , da lässt sich doch was sparen. 😋

Jedenfalls, ich selbst finde das Le Francais in besonderem Maße geeignet, sich ein ganz persönliches und besonderes Exemplar zu gönnen.

grüsse, pebe
 
Hallo @pebe,
gefällt mir gut.
Haben die Carbonschalen einen Blaustich? Bei Händlern sehen sie doch sehr dunkel, schwarz aus.

Grüße,
Julian
 
Nein, gar nicht.

Die Farbe ist so prächtig graphite schwarz wie man es sich nur wünschen kann. Ich hatte eher wg der Carbonstruktur gezögert, weil die klassische etwas kleiner und regelmäßiger ist. Dafür hat meines je nach Winkel unterschiedliche Strukturen.

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Aber die Verarbeitung und das Finish machen ein Meckern ohnehin schwierig. Außerdem war es bei Dictum im Abverkauf etwas günstiger. Da gibt es übrigens auch eines mit sehr schöner gestockter Buche reduziert für Euro 179,-.

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grüsse, pebe
 
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Es kam, wie es kommen musste - eine Damastversion zog in die Burg.

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Lange Zeit hatte mir das Twisted Damast Muster des Le Francais nicht so richtig gefallen wollen. Auf vielen Bildern störte mich die Kombination mit den meisten Griffmaterialien. Zu unruhig, kein harmonisches Gesamtbild.

Neulich gingen mir dann wieder mal die Gäule durch - das wird jetzt gemacht. Rasch fand ich eines mit dunklem glatten Widderhorn vorrätig.

Ich wurde ja von meinem L08 Damast mit solchen Horn erfreulich angenehm überrascht, wobei man fairer Weise sagen muss, dass dieses damals von einem sehr kundigen und befreundeten Messernerd vorort ausgesucht wurde. Danke, Stefan!

Die Vorabbilder zum neuen Le Francais waren mäßig, der Händler hingegen sehr freundlich und entgegenkommend.

Grundsätzlich werden die Damastversionen mit gefütterten Lederetuis ausgeliefert, das gab es nicht mal zum Le Grand Sandvik für 800 Euro, dieses hatte dafür eine üppige Holzschatulle.

Zu meinem Widderhorn gab es ein schön grobnarbiges Doppeleder, außen dunkelbraun, innen beige.


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Atelier Perceval hat nicht nur neue Logos, es gibt zu den Damastversionen auch keine Lederschatulle mehr, mein Exemplar hat noch eine solche.

Sinn ergeben die für mich nur als Geschenk, ich bräuchte einen eigenen Raum hätte jedes meiner Messer eine solch üppige Box - aber immerhin.. 😆


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Ich bin und war mit jeder Variante meiner Le Francais glücklich, aber klar, dieses Messer ist in einem besonderen Maße geeignet, sich selbst ein ganz besonderes zu gönnen. Bei meinem Widderhorn hat es mal wieder geklappt. 😆

Bin gespannt, wie lange die Pferde in der Koppel still stehen..

Ein schönes Sommerwochenende allen.

grüsse, pebe
 
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wieder vorzüglich! btw: auf der Website von Perceval ist das "Le Grand" nicht mehr auffindbar- ist das eingestellt?

2. Frage (sorry für OT aber den Franzosenthread damit zu löchern ist evtl. noch dööfer) : mein Traum wäre als Alltagsmesser ein Laguiole Droit 13 oder 14cm mit Dorn (!) und vernünftigem Stahl. Ich kann nciht einschätzen wieviel sowas vom Messermacher kosten würde, da die meistens ja nur Sammlereditionen mit Damast und Filegewörkele herstellen. Wie würdet ihr vorgehen an ein solches praktikables, günstiges aber (da nicht in den Produktionslinien verfügbar) gutes Messer zu kommen? Honore Durand bietet lustigerweise eigentlich fast das an was ich suche, nur leider gleich in 21cm und zum stolzen Tausi.....
 
Wenn Du schreibst Alltagsmesser, sollte ein Vendredi mit 9,5cm Klingenlänge und Sandvik 14C28N reichen. Einen passenden Dorn kann Dir jeder begabte Metaller machen oder den Korkenzieher rund runterfeilen und schauen, was übrig bleibt. 😂

Aufschrauben, austauschen und fertig.

grüsse, pebe

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Sie sind sehr teuer, sehe ich auch so.

Es gibt aber auch deutlich mehr Handarbeit daran, als bei den kleineren und in der Regel sind sie makelos bezüglich Materialien und Fertigungsqualität.

Nach 3 Laguiole aus bekannten Hause, eines für immerhin auch 500 Euro, nehme ich lieber teuer und gut als mäßig und doch nicht günstig.

grüsse, pebe

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naja, wenn ichs recht sehe, hast du ja das "günstige" für irgendwas 700+ in Wüsteneisenholz..... Jetzt gibts nur noch über 1000...?
 
Servus Feuervogel,
schau Dir doch mal das Issoire von Fontenille Pataud an, wird mein Nächstes.
Preislich absolut in Ordnung. Noch gerader ist das Yssingeaux, hat aber keinen Dorn.
Beides sind Nachbildungen traditioneller Bauernmesser.
Ich habe selbst u.A. ein Roquefort in Olive von FP, das ist ein top-solides Gebrauchsmesser.
Issoire Shepherd's Knife (https://www.fontenille-pataud.com/en/140-issoire-shepherd-s-knife)
Anhang anzeigen 300710
Gruß
Rudi
Ich hab ja das fast baugleiche von Thiers-Issard (sehr gut mit Teufelschwächen im Detail) . Leider bietet FP das Issoire nur mit "schlechtem Stahl" an, da mache ich überhaupt keine Verbesserung. Und ja: mir sind die 10er Klingen eben genau einen Tacken zu kurz. So ne 11 bis 12er Klinge hat einfach Vorteile bei allem was "suppt" (Melone, Fleisch, Huhn, Fisch usw....) Und genau die "alten" Entwürfe bekommt man ja nicht in "modern" schön wasserfest mit Carbon o.ä.. Deshalb ja die Suche nach nem Laguiole Droit -das aktuelle von LeA hab ich ja und das ist als 13er Grifflänge schon sehr schön!- das eben mit Dorn, das wärs, eben wie bei den ganzen Sammlerteilen die ja auch gern mal 14er oder 15er Grifflängen haben.

Ich hab mir erstmal zu weiteren "Studien" ein Pradel mit Dorn ergattert (dauert jetzt ein paar Wochen bis es bei mir ist), mal sehen wie sich das anfühlt. Mit den Franzosen scheint es wie mit allem zu sein: es gibt nie ein Ende der Suche....;-)
 
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