Angeregt durch diesen Thread:
http://www.messerforum.net/showthread.php?109773-Wetzstahl-regenerieren
wollte ich gerne zu diesem Thread:
http://www.messerforum.net/showthre...tzstahl-(Fabrikate-Typen-Funktion-Handhabung)
etwas beitragen, wurde allerdings vom System darauf aufmerksam gemacht, dass es besser wäre, ein neues Thema anzufangen, da das alte zu alt sei.
Ich sammle seit fünf Jahrzehten Schleifsteine aus aller Welt, schärfe unsere Messer damit und mit diversen Keramikstäben, ebenfalls aus aller Welt. Mit Wetzstählen habe ich immer lediglich die Schneide solange "begradigt", bis die Schärfe nicht mehr zufriedenstellend war, dann kamen die Schleifsteine in allen Körnungen wieder zum Einsatz und der Prozess "schleifen, schneiden, wetzen, schleifen" ging wieder von vorne los. War wunderbar, kein Mensch, auch ich nicht, hat sich jemals über mangelnde Schärfe beschwert.
Vor etwa einem Jahr habe ich zum wiederholten Male einen Artikel aus dem Jahr 1977 von John Juranitch aus Ely, Minnesota, gelesen. In diesem Artikel schreibt der Autor u. a. über die Wirkung eines Wetzstahls, wie er den Stahl entlang der Messerschneide "fast zum schmelzen" bringe und wie sehr die Schärfe durch diesen Kontakt zunehme. Er betont dabei, dass der Winkel beim Wetzen um einiges stumpfer sein soll, als beim Schleifen. Das habe ich nie glauben wollen und auch nie reproduzieren können.
Im vergangenen Sommer habe ich auf einem Flohmarkt einen sog. Balkanstahl gekauft, gewiss hundert Jahre alt, mit Horngriffen und schön abgenutzten und keineswegs aggressiven Rillen in der Art, wie man es bei den meisten alten Wetzstählen kennt. Das Besondere an dieser Wetzstahlform ist, dass der Stahl nicht rund ist, sondern wie plattgewalzt aussieht, ähnlich einem sehr in die Länge gezogenen Schnabel einer Ente (hier zu sehen: http://www.dick.de/de/koch-und-fleischerwerkzeuge/wetzstaehle/fuer-fleischer-koeche-und-haushalt/). Die nur sehr leicht abgerundeten "Flächen" zum Wetzen waren trotz des Alters einigermaßen glatt und ohne Kerben, die eine Messerschneide hätten beschädigen können.
Mit diesem Stahl experimentiere ich seit über sechs Monaten und möchte meine Erfahrungen hier mitteilen.
Meine Messer schärfe ich weiterhin mit Steinen aus aller Welt, ziehe am Ende mit Leder und Polierpaste ab und kann je nach Klingengeometrie und Stahl- und Haarart Haare spalten. Hier ein Hoch auf Leo und seine Schärfseite. Danach schneide ich bis ich mit der Schärfe nicht mehr zufrieden bin, dann wetze mit dem Balkanstahl, allerdings in einem deutlich -- deutlich -- stumpferen Winkel als beim Schärfen. Ich schleife bei ca. 15-17° pro Seite (weiß ich nicht, ich mache das freihändig); mit dem Balkanstahl arbeite ich bei ca. 23-25°, schätze ich. Viel Druck übe ich nicht aus, nur wenig mehr als das Gewicht des Messers. Danach ist die Klinge wieder wunderbar scharf, keine Klagen mehr, sie gleitet durch alles wie durch Butter.
Hier das Besondere: Unter einem Mikroskop erkenne ich nach nur wenigen Einsätzen des Balkanstahls eine deutlich sichtbare Mikrofase links und rechts der Wate bzw. schneidkante. Diese Fase entspricht dem Winkel des leichten Wetzens. Es wird also beim Wetzen, zumindest mit diesem Balkanstahl, in einem minimalen Umfang Stahl abgetragen, die Schneide wird - beidseitig - leicht verformt, es entsteht eine neue (Mikro-) Fase mit einem Schneidevollwinkel von 40-50°, und das Messer schneidet trotz dieses stumpferen Winkels extrem gut. Es ist nicht bloß eine einseitige Verbiegung der Schneide, sondern deutlich erkennbar eine doppelseitige, wohlgeformte Fase. Es ist am Ende eine ähnliche Wirkung wie z. B bei der Empfehlung des Sharpmaker von Spyderco: zunächst bei 15° pro Seite schärfen, dann bei 20° eine breitere Mikrofase erzeugen, was das Ganze noch schärfer machen soll. Mit dem Balkanstahl ersetze ich nun den zweiten, 20°-Schritt des Sharpmakers und bin trotz meiner extremen Pingeligkeit wirklich angetag. Juranitch hatte recht.
Mit dieser Wetz-Methode komme ich nun buchstäblich viele wochen, mit manchen Messern sogar Monate über die Runden, ohne meine Steine wieder zu bemühen. Ganz recht ist mir das nicht, denn bislang habe ich nur Steine gesammelt und auch gerne Messer geschliffen. Nun interessiere ich mich deutlich mehr für plattgewalzte Wetzstäbe als für alte Belgische Brocken und Thüringer Wassersteine aus einer Haushaltsauflösung.
Gibt es hier im Forum ähnliche oder entgegengesetzte Erfahrungen?
Gruß
Sam
http://www.messerforum.net/showthread.php?109773-Wetzstahl-regenerieren
wollte ich gerne zu diesem Thread:
http://www.messerforum.net/showthre...tzstahl-(Fabrikate-Typen-Funktion-Handhabung)
etwas beitragen, wurde allerdings vom System darauf aufmerksam gemacht, dass es besser wäre, ein neues Thema anzufangen, da das alte zu alt sei.
Ich sammle seit fünf Jahrzehten Schleifsteine aus aller Welt, schärfe unsere Messer damit und mit diversen Keramikstäben, ebenfalls aus aller Welt. Mit Wetzstählen habe ich immer lediglich die Schneide solange "begradigt", bis die Schärfe nicht mehr zufriedenstellend war, dann kamen die Schleifsteine in allen Körnungen wieder zum Einsatz und der Prozess "schleifen, schneiden, wetzen, schleifen" ging wieder von vorne los. War wunderbar, kein Mensch, auch ich nicht, hat sich jemals über mangelnde Schärfe beschwert.
Vor etwa einem Jahr habe ich zum wiederholten Male einen Artikel aus dem Jahr 1977 von John Juranitch aus Ely, Minnesota, gelesen. In diesem Artikel schreibt der Autor u. a. über die Wirkung eines Wetzstahls, wie er den Stahl entlang der Messerschneide "fast zum schmelzen" bringe und wie sehr die Schärfe durch diesen Kontakt zunehme. Er betont dabei, dass der Winkel beim Wetzen um einiges stumpfer sein soll, als beim Schleifen. Das habe ich nie glauben wollen und auch nie reproduzieren können.
Im vergangenen Sommer habe ich auf einem Flohmarkt einen sog. Balkanstahl gekauft, gewiss hundert Jahre alt, mit Horngriffen und schön abgenutzten und keineswegs aggressiven Rillen in der Art, wie man es bei den meisten alten Wetzstählen kennt. Das Besondere an dieser Wetzstahlform ist, dass der Stahl nicht rund ist, sondern wie plattgewalzt aussieht, ähnlich einem sehr in die Länge gezogenen Schnabel einer Ente (hier zu sehen: http://www.dick.de/de/koch-und-fleischerwerkzeuge/wetzstaehle/fuer-fleischer-koeche-und-haushalt/). Die nur sehr leicht abgerundeten "Flächen" zum Wetzen waren trotz des Alters einigermaßen glatt und ohne Kerben, die eine Messerschneide hätten beschädigen können.
Mit diesem Stahl experimentiere ich seit über sechs Monaten und möchte meine Erfahrungen hier mitteilen.
Meine Messer schärfe ich weiterhin mit Steinen aus aller Welt, ziehe am Ende mit Leder und Polierpaste ab und kann je nach Klingengeometrie und Stahl- und Haarart Haare spalten. Hier ein Hoch auf Leo und seine Schärfseite. Danach schneide ich bis ich mit der Schärfe nicht mehr zufrieden bin, dann wetze mit dem Balkanstahl, allerdings in einem deutlich -- deutlich -- stumpferen Winkel als beim Schärfen. Ich schleife bei ca. 15-17° pro Seite (weiß ich nicht, ich mache das freihändig); mit dem Balkanstahl arbeite ich bei ca. 23-25°, schätze ich. Viel Druck übe ich nicht aus, nur wenig mehr als das Gewicht des Messers. Danach ist die Klinge wieder wunderbar scharf, keine Klagen mehr, sie gleitet durch alles wie durch Butter.
Hier das Besondere: Unter einem Mikroskop erkenne ich nach nur wenigen Einsätzen des Balkanstahls eine deutlich sichtbare Mikrofase links und rechts der Wate bzw. schneidkante. Diese Fase entspricht dem Winkel des leichten Wetzens. Es wird also beim Wetzen, zumindest mit diesem Balkanstahl, in einem minimalen Umfang Stahl abgetragen, die Schneide wird - beidseitig - leicht verformt, es entsteht eine neue (Mikro-) Fase mit einem Schneidevollwinkel von 40-50°, und das Messer schneidet trotz dieses stumpferen Winkels extrem gut. Es ist nicht bloß eine einseitige Verbiegung der Schneide, sondern deutlich erkennbar eine doppelseitige, wohlgeformte Fase. Es ist am Ende eine ähnliche Wirkung wie z. B bei der Empfehlung des Sharpmaker von Spyderco: zunächst bei 15° pro Seite schärfen, dann bei 20° eine breitere Mikrofase erzeugen, was das Ganze noch schärfer machen soll. Mit dem Balkanstahl ersetze ich nun den zweiten, 20°-Schritt des Sharpmakers und bin trotz meiner extremen Pingeligkeit wirklich angetag. Juranitch hatte recht.
Mit dieser Wetz-Methode komme ich nun buchstäblich viele wochen, mit manchen Messern sogar Monate über die Runden, ohne meine Steine wieder zu bemühen. Ganz recht ist mir das nicht, denn bislang habe ich nur Steine gesammelt und auch gerne Messer geschliffen. Nun interessiere ich mich deutlich mehr für plattgewalzte Wetzstäbe als für alte Belgische Brocken und Thüringer Wassersteine aus einer Haushaltsauflösung.
Gibt es hier im Forum ähnliche oder entgegengesetzte Erfahrungen?
Gruß
Sam