Beilschmieden bei Roland Walter

vincentvega

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Hier mal ein kleiner Bericht für alle die es interessiert.

In der letzten Woche bekam ich die Gelegenheit bei Roland Walter in der Schmiede einen “Mini-Schmiedekurs“ zu absolvieren.

Roland habe ich beim Augsburger Messerforumstreffen kennen gelernt.
Er hatte damals zwei Beile dabei und da lag die Frage nahe, ob ich bei ihm einen eigenen Versuch starten darf.

Mein eigenes Beil schmieden. Das stand schon sehr lange auf meiner Wunschliste.

Die Schmiede ist wohl schon viele Jahre in Betrieb. Entsprechend rustikal ist der Charme des alten Gebäudes auf dem Gelände eines Bauernhofs. Roland schmiedet alles was man sich so vorstellen kann. Nicht nur eigenen Damast, Messer oder Beile. Auch kunstvolle Dinge wie Vorhangstangen, Kerzenleuchter, Flaschenöffner mit Drachenkopf und vieles andere findet sich in seinem Repertoire.

Die Sicherheitseinweisung vor Beginn war sehr ausführlich. Roland weiß was er tut und ist sehr kompetent. Da ich auch als Zuschläger mitmachen sollte, erklärte er mir jeden Schritt und jeden Schlag ganz genau, wie der Hammer geschwungen wird und auch worauf es sonst noch ankommt, was zu beachten ist und wer bei den Arbeitsschritten wo stehen muss um den Anderen nicht zu verletzen. Natürlich war auch die gängigen Schutzausrüstung vorhanden. Schutzbrille, Schweisserschirm, Handschuhe, etc. Im Verlauf des Nachmittags ging auch alles glatt.

Nach der Einweisung wurde eingeheizt und der erste Rohling zum Glühen gebracht. Um das Werkstück besser zu Greifen, schweißte er eine etwa 50 cm lange Stange an das eine Ende. Vorteil ist, dann muss man nicht immer mit der Zange hantieren und die Gefahr es dabei fallen zu lassen ist wesentlich geringer.

Als das Stück nun glühte begannen wir mit dem ersten Arbeitsschritt. Mit Hammer und einem kleinen Meißel wurde ein Schlitz ins glühende Metall geklopft. Erst auf der einen Seite, dann auf der gegenüberliegenden. Das dauerte natürlich seine Zeit. Der Stahl erkaltete ziemlich schnell wieder und wir legten den Rohling nach ein paar Hammerschlägen jedes Mal wieder für einige Minuten in die Glut um die erforderliche Hitze erneut zu erreichen.

Als dann an beiden Seiten der Meißel so tief im Metall versenkt war, dass man hindurch sehen konnte, begann der nächste Arbeitsschritt: das Aufdornen.

Dafür verwendet Roland einen langen, selbstgeschmiedeten Dorn, der an seinem oberen Ende etwa die Form des späteren Axtstieles hat.
Dieses, etwa 60 cm lange Stahlstück muss nun durch das Haus (das Stück im Beil wo der Stiel später reinkommt) getrieben werden.
Das Metall dehnt sich dabei stark aus. Auch hier geht es ähnlich zäh zur Sache wie beim meißeln. Einige Schläge mit dem Hammer, dann wieder rausklopfen, Werkstück dann wieder zum Glühen bringen. Das alles solange bis der Dorn fast komplett durch ist.

Als das soweit war, schnitt Roland mit dem Trennschleifer die Haltestange ab. Sie befand sich vorher an der Klingenseite des späteren Beils und wurde nun an der Rückseite wieder angeschweißt.

Jetzt war der Rohling für die Arbeit am Lufthammer vorbereitet.

Der Lufthammer. Für den, der ihn noch nicht kennt, eine mächtige Maschine.
Sehr eindrucksvoll und sehr respekteinflößend.
Dort wird dann mit gezielten Schlägen zuerst das Haus ausgeformt, mit dem Dorn noch drin.
Danach wird der glühende Stahl zur Beilschneide geformt. Das Metall wird in die Länge und Breite geklopft bis eine Beilform entstanden ist.
Auch dabei kann man nur einige Schläge machen und muss das Metall dann wieder aufheizen.
Zum Schluss noch den Dorn das letzte Stückchen durchs Haus treiben.

Nun kann man das Werkstück erkalten lassen. Sobald das geschehen ist, wird am Bandschleifer die endgültige Form zugeschliffen.

Nach dem Schleifen folgte das Härten und dann noch das Einstielen.
Nach etwa vier Stunden, in denen wir zwei Beile herstellten, konnte ich mich über mein neues Beil freuen.

Auf dem Markt gibt es ja nicht gerade viel Auswahl an Beilformen und mir war wichtig, meine eigenen Designvorstellungen zu verwirklichen.
Außerdem hängt dein Herz dran, wenn du, wie in meinem Fall, viele Arbeitsschritte selbst ausführen kannst.
Und mir gefällt der mittelalterliche Charme eines selbstgeschmiedeten Werkzeugs wesentlich besser als der, und möge sie noch so gut sein, industrieller Fertigware.

Handlich, Rucksacktauglich und praktikabel waren meine Vorgaben.
Das hat hier zu meiner größten Zufriedenheit wunderbar geklappt.

Ausprobiert hab ich das Beilchen schon, funktioniert perfekt. Richtig geschärft ist es noch nicht.
Das mache ich erst wenn in Kürze die Lederscheide fertig ist.

Von der Schmiede und dem Schmieden habe ich leider keine Fotos gemacht, hatte die Kamera zu Hause gelassen.
Darum müsst ihr mit meiner Beschreibung vorlieb nehmen.

Bilder vom Beil hab ich natürlich gemacht.

Hänge ich hier an und freue mich über euer Feedback.

http://www.bilderhoster.net/img.php?id=x3dzaaw4.jpg

http://www.bilderhoster.net/img.php?id=hk3sgska.jpg

http://www.bilderhoster.net/img.php?id=1pprdn6j.jpg
 
Glückwunsch Mario! Sieht schön gebrauchstüchtig aus.

Hättet ihr beiden was gesagt, hätte ich ein paar Bilder machen können...

-Walter
 
Hier mal ein kleiner Bericht für alle die es interessiert.

Kleiner Bericht?! Ne ist klar. :argw:
Klein ist er nicht, aber sehr schön und informativ, wenn auch etwas zu viel informativ, für ein Forum, in dem wahrscheinlich jeder weiß, dass das Eisen nach kurzem Schmieden wieder ins Feuer muss, aber egal - schön ist er trotzdem. :super:

Und die Beilform - sowohl der Kopf als auch der Stiel - ist ja mal hammergeil! Auch hier: :super:
Schön handlich und klein aber trotzdem mit einer lang runtergezogener Schneide und nicht zu kleiner Hammerfläche auf der Rückseite.
Da kann man neidisch werden.
Grüße Leo
 
Herzlichen Glückwunsch, ist sehr schön geworden, Dein Beil!!

Ich hatte auch schon das Vergnügen, bei Roland in der Schmiede einen Damast-Messer-Schmiedetag zu geniessen.

Der hat wirklich was drauf, ich freu mich schon auf das nächste Date mit ihm. Ich möchte auch ein Beil schmieden, am besten aus einer ausgedienten Schwungscheibe einer alten Moto Guzzi, die ich noch bei mir auf Lager hab:D

Grüße aus Friedberg
Uli
 
Hallo ,

gut gemacht !!

Ist die Axt aus einem Stück oder wurde das Material für die Schneide
angeschweißt ?
Welchen Stahl habt Ihr verwendet ?

Guß

Heinrich
 
Zuerst mal heißen Dank an alle für das positive Feedback!

@WalterH: Der Termin hat sich kurzfristig ergeben, beim nächsten mal sag ich dir bescheid und du hast dann hoffentlich Zeit, ok?:D

@Katero Grande: Ja ursprünglich wollte ich gar nicht so viel schreiben. Aber nach und nach..., tja:D

@HeinrichD: Das Beil ist aus einem Stück C60 geschmiedet und wiegt mit Stiel etwa 630gr.
 
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