Ich bekam heute mit der Post mein brandneues Benchmade Nimravus Cub II aus den USA zugestellt (Modell ohne Wellenschliff). Dank günstigem Dollarkurs und Online-Auktionshaus für unter 100 Euro ohne Porto fast ein Schnäppchen. Zudem als Nr.170 eines aus der ersten 500er Produktionsstrecke was die Freude auch nicht kleiner macht.
Die ersten Eindrücke: Das Messer selbst ist absolut top, äußerst solide verarbeitet, für den deutschen Alltag ideal proportioniert und natürlich sehr scharf. Kompakte Größe und geringes Gewicht des Cub II machen es zum wohl perfekten EDC. Ein verdecktes Tragen ist problemlos möglich und auch wenn ein argwöhnischer Sheriff mal nachmessen sollte wird er ob der zurückhaltenden Klingenlänge enttäuscht. Eben ein richtig schön kerniges, kompaktes und robustes Alltagswerkzeug vom Apfel schälen übers Stock schnitzen und Wurst schneiden bis hin zur Selbstverteidigung im Notfall. Angesichts der kurzen 154 CM Klinge habe ich mich für die Version ohne Wellenschliff entschieden, da sonst einfach zuwenig Klinge fürs Schälen, Schnitzen usw. übrig bliebe. Der Griff ist vielleicht grenzwertig kurz aber dafür taugt der vorstehende Pommel der full tang Konstruktion auch als Glasbrecher - wer weiß wie man's mal im Auto oder so gut braucht?
Aber es gibt m.E. auch Nachteile und die betreffen primär die mitgelieferte Scheide. Ob die aus Kydex ist oder "nur" aus hochwertigem Kunststoff erschließt sich mir als relativem Werkstoff-Laien nicht. Sie bietet auch durch ihre Molle-Kompatibilität durchaus vielseitige Möglichkeiten zur Befestigung am Messer-Träger oder seiner Ausrüstung (aber nur bei vertikalem Tragen, siehe weiter unten). Im Wesentlichen ermöglicht das eine Art langer Kunststoff-Schlaufe mit Widerhaken, die unter rückwärtige, paarweise angebrachte "Kunststoff-Brücken" durchgeführt wird und sich durch die Widerhaken an den Brücken verhakt. Es gibt dabei zwei Paare von Brücken - ein oberes und ein tiefer angebrachtes - sodass die Schlaufe letztlich mal höher oder mal tiefer sitzt und folgerichtig auch das Messer höher oder tiefer sitzend am Gürtel oder am Rucksack getragen werden kann.
Hier fängt der Nachteil aber auch schon an. Die Schlaufe kann zwar entfernt werden; die auf der Scheide fest montierten Brücken verbleiben aber und verhindern sowohl das Anbringen eines kleinen wie großen TekLoks. Wer das Messer nicht vertikal, sondern horizontal oder vertikal am Gürtel tragen möchte wird erstmal enttäuscht, es sei denn man bastelt sich eine Schnürlösung mit Paracord oder ähnlichem. Man könnte eventuell einen Gürtel durch die genannten Brücken schieben sodass zumindest ein waagrechtes Tragen möglich wird - aber dieser Gürtel dürfte kaum 2 cm breit sein und auch nur sehr dünn. Wer trägt solche Gala-Dinner-Smoking-Gürtel schon im Alltag oder Outdoor? Da die Schlaufe, fast wie ein Gürtel, mehrere Löcher hat, deren Größe auf den ersten Blick den Schraubenlöchern eines TekLok ähneln kann das Benchmade eventuell doch ein TekLok tragen, das dann halt an der Platikschlaufe baumelt - ich hab' das aber noch nicht ausprobiert und mir wäre das Gebaumel auch nicht wirklich geheuer.
Der größte Nachteil der Scheide ist aber dass sie ohne die zusätzliche Arretierung durch (abnehmbaren) Nylonstrap und Druckknopf das Messer nicht hält. Schon bei wenig Schütteln fällt das Cub II bei geöffnetem Sicherungsriemen raus. Für mich ein no-go und definitiv besser zu machen!
Last not least finde ich dass das Griffmaterial des Cub II zwar absolut okay ist, aber entschieden kein Handschmeichler. Meine persönliche Referenz ist da der vergleichsweise weiche Kratongriff meines SOG Tech Bowie, der sich so toll greift dass man das Messer ob des haptischen Vergnügens gar nicht mehr weglegen möchte. Benchmade hat seinem Cub II dagegen Griffschalen aus einem Kunststoffmaterial spendiert, die zwar funktional sicher alle Ansprüche erfüllen, aber auch sehr "unterkühlt" technisch daherkommen - hart, spröde, kalt. Das ist nun vielleicht kein kaufentscheidendes Kriterium, aber ich finde es einfach schön wenn man ein Messer gern in die Hand nimmt weil es sich toll anfühlt - auch wenn es "nur" ein Werkzeug ist. Das Benchmade ist hier sicherlich viel mehr auf Funktion getrimmt. Wahrscheinlich Geschmackssache.
Fazit: Das Messer ist eine absolute Empfehlung wert und ein super EDC. Wer es sich zulegt, wird es nicht bereuen. Meinem Cub II spendiere ich aber umgehend eine maßgeschneiderte 1a Kydexscheide vom Profi, bei der garantiert auch ohne Sicherungsriemen nichts mehr rausfällt und die mir zudem alle Trage-Optionen gibt.