basti
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Böker Plus Epicenter - design by Todd Rexford
Das Böker Plus - Epicenter ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit der Solinger mit dem aus Colorado (USA) stammenden Messermacher Todd Rexford.
Mit einem Listenpreis von 169,95 Euro ist das Epicenter der teuerste Folder aus der Plus-Serie. Die sehr gute Verarbeitungsqualität und das gute Preis-Leistungsverhältnis vieler Böker Plus Modelle weckten bei mir das Interesse am Epicenter.
Aufgrund der Abbildung hätte ich das Messer im Katalog vermutlich fast überblättert, doch die verwendeten Materialien ließen aufhorchen: VG-10 und Titan - das klingt nicht schlecht.
Auf der IWA hatte ich dann die Gelegenheit, das Epicenter genauer zu betrachten. Im Katalog eher unscheinbar - in natura ein sehr elegantes und stimmiges Messer, das mir überraschend gut gefiel.
Das Epicenter zeigt sehr beispielhaft ein typisches Design von Todd Rexford. Seine Entwürfe sind klar und gradlinig. Selbst mit farbfrohen Mokume-Griffschalen wirkt das „Singularity“ edel und keinesfalls überfrachtet.
Todd Rexford fertigt nicht nur Folder sondern auch feststehende Modelle.
Das Epicenter baute er schon in verschiedenen Ausführungen und Materialkombinationen; sowohl als Frame- als auch als Linerlock.
Custom-Varianten des Epicenters...
special thanks to Todd Rexford
Die technischen Daten:
- Gesamtlänge: 21,1 cm
- Grifflänge 12,3 cm
- Klingenlänge: 8,8 cm
- Klingenstärke: 4mm
- Klingenhöhe: 3cm
bei 1,5cm noch 2,9mm Stärke
- Klingenstahl: VG-10, ca. 59 HRC
- Gewicht: 196g
- Preis: 169,95 Euro
Kein Daumenpin: dieser musste einem eisblauen Glowspot weichen.
Praktisch: mit dem mitgelieferten kleinen Torx ist der Daumenpin schnell demontiert.
Das Epicenter wird in einem typischen schwarzen Böker Plus Karton geliefert. Im Lieferumfang ist neben dem Epicenter ein kleiner Torx-Schlüssel (T-6/ T-8) enthalten, mit welchem der Daumenpin und die Schrauben der Griffschalen gelöst werden können.
- Der Griff -
Ein Hingucker! Massive 5mm starke Titanplatinen beherbergen die Klinge. Diese sind dreidimensional konturiert und machen das Messer zu einem echten Handschmeichler. Zudem erscheint der Griff so etwas schlanker und gefälliger.
Der Griffrücken ist in einer offenen Bauweise gestaltet. Die drei Spacer sind fein gearbeitet und geben dem sonst sehr klar gestalteten Epicenter ein interessantes Detail. Hier hat sich Böker sehr nah am Custom-Design gehalten. Die Verschraubung der Platinen erfolgt von der linken Griffseite. Für eine Lanyard stehen zwei 5mm große Bohrungen zur Verfügung. Ein Kontakt der Fangschnur mit der Klinge ist in der Praxis ausgeschlossen.
Die Spacer sind ansprechend gestaltet. Die offene Bauweise erleichtert eine
Reinigung. Der Griff ist maximal 1,6 cm stark.
Der Lock befindet sich wie üblich auf der rechten Griffseite. Mit einem präzisen “KLICK“ rückt die Verschlußfeder beim Öffnen circa 2 Millitmeter hinter die Klingenwurzel und hält die Klinge zuverlässig und sicher geöffnet. An beiden Platinen wurde eine Rundung angebracht, um das Lösen des Framelocks zu erleichtern. Es sind keine fummeligen Schließversuche mit dem Fingernagel notwendig. Beim Schließen schnappt der Detenball präzise in die entsprechende Bohrung und hält die Klinge sehr zuverlässig im Heft.
Ein schönes Feature wäre eine Art Hinderer-Lock gewesen, welcher den Framelock vor einem Überdehnen schützt. Bei vernünftiger Bedienung ist es jedoch kein Nachteil. Neben dem Epicenter kommen viele andere Folder auch ohne diesen aus.
Der Stop-Pin ist beidseitig verschraubt und darüber hinaus in die Titanplatinen etwas eingelassen. Die Schraube der 6mm starken Achse sitzt in einer Art Einlage - ganz wie bei Todd`s Custom. Das schaut gut aus!
Aufgeräumt: auch im geschlossenen Zustand klare Linien ohne ungewollte störende Kanten.
Im geschlossenen Zustand sitzt die Klinge zentriert.
Pitter hat in seinem Review ein sehr anschauliches Bild des zerlegten Epicenters.
Der Clip - ebenfalls aus Titan - kann wahlweise tip-up oder tip-down montiert werden. Jedoch nur auf der rechten Griffseite. Markante Querrillen sorgen für Grip und erleichtern das Ziehen. Optisch setzen sie einen Kontrast zur sonst überwiegend glatten Oberfläche. Mir gefällt das sehr gut.
Die Handlage ist ausgezeichnet. Die zwei grob angedeuteten großen Fingermulden lassen viel Spielraum und Flexibilität. Auch der Griffrücken schmiegt sich gefällig der Hand an. Die vordere Fingermulde bietet ausreichenden Schutz vor einem Abrutschen auf die Klinge. Der wunderbar abgerundete Griff drückt und kneift an keiner Stelle. Die gestrahlte Oberfläche passt gut zu Titan und fühlt sich angenehm an.
Hat man das Epicenter einmal in die Hand genommen fällt es schwer, es wieder weg zu legen. Die Haptik entspricht auch dem positiven optischen Eindruck. Aufgrund der verwendeten Materialien und dem Finish wirkt das Messer sehr hochwertig.
Handschmeichler...
Von unsymmetrischen Platinen habe ich gelesen und mir auch einige Videos darüber angeschaut. Aufgrund der Videos die Abweichungen genau beurteilen zu können, ist aufgrund der ständig wechselnden Perspektiven natürlich schwierig. Aufgrund dessen kann und möchte ich auch nur die Exemplare beurteilen, die ich selbst in der Hand hatte. Bei meinem Exemplar sind die Platinen symmetrisch und sehr sorgfältig angepasst.
Deshalb habe ich das Epicenter mal genau unter die Lupe genommen und ganz pedantisch nach Kritikpunkten im Finish/ der Verarbeitung gesucht. Im unteren Bereich des Griffabschlusses könnte minimaler Unterschied sein. Wenn überhaupt vielleicht 0,3-0,4 mm. Zudem sind in diesem Bereich die Kanten der Platinen minimal unterschiedlich abgerundet. Ich nehme an, dass die Messer noch mal von Hand bearbeitet werden. Das kann zu einer geringen Abweichung führen und ist für mich kein Makel.
Die Profilierung auf dem Klingenrücken im mittleren Kreis nicht ganz 100%tig mittig. Das war es aber auch schon.
Die Schraubenköpfe waren alle noch als Torx-Profil deutlich erkennbar und nicht zerkratzt oder „ausgenudelt“. Auf der der Klingenachse waren out-of-the-box schon ein paar sehr feine Kratzer drauf.
Für mich ist das schon wesentlich mehr als nur „im Rahmen“ und man muss wirklich die Lupe auspacken.
hohe Auflösung
- Die Klinge -
Das Epicenter verfügt über 8,8 Zentimeter Klinge in Gestalt in einer modifizierten Droppoint-Form. In Kombination mit einer sehr langgezogenen und nur leicht angedeuteten falschen Schneide wirkt die Klinge des Epicenters sehr dynamisch und lebhaft. Vier Millimeter Klingenstärke sorgen für ausreichend Stabilität. Gut ein Zentimeter vor der Klingenspitze sind noch zwei Millimeter Materialstärke vorhanden.
Das Epicenter wurde mit einem Flachschliff versehen, welcher circa sieben Millimeter unter dem Klingenrücken beginnt. Damit sollte die Schnittleistung sehr passabel sein.
Um dem Daumen etwas mehr Grip zu bieten wurden eine Profilierung auf dem Klingenrücken angebracht. Nicht quer zur Klinge, sondern mit einem Radius. Auch bei diesem Detail hat sich Böker streng an das Rexford-Custom gehalten. Die Auflage hätte jedoch etwas „griffiger“ sein können.
Die Schneide ist absolut symmetrisch ausgeführt und war rasierscharf abgezogen. Hier gibt es ebenfalls nichts zu meckern.
Für einen sanften Klingengang verwendet Böker eine Kombination aus Teflon- und Bronze-Gleitscheiben. Ein Klingenspiel ist nicht zu verzeichnen.
Die Längssatinierung ist recht fein ausgefallen und Böker wirklich gut gelungen. Jedoch somit auch etwas anfälliger für Kratzer. Der Daumenpin ist ausreichend dimensioniert, um ein zuverlässiges Öffnen zu gewährleisten. Dieser erinnert etwas an die Gestaltung der Klingenachse (dreiteilige Aufbau) und ist ebenso beim Custom wieder zu finden. Meiner ist (leider) auf der Strecke geblieben. Ich habe diesen direkt nach Erhalt des Epicenters demontiert. Die Einhandbedienung brauche ich beim Epicenter nicht. Zudem sieht das Messer auch ohne diesen sehr schick aus. Der Klingenüberstand reicht gerade aus, um es mit zwei Fingern der anderen Hand öffnen zu können. Ähnlich wie bei dem Gentle Folder von Böker. Beim Abschrauben ist es wichtig darauf zu achten, das die Gegenseite des Pins nicht mitdreht. Dadurch entstehen unschöne kreisrunde Kratzer. Ich habe leider nicht darauf geachtet. Auf den Fotos ist die Bohrung mit einem Stückchen eines nachtleuchtenden O-Ringes verschlossen. Dieser wurde mittlerweile durch einen Glowspot in blau ersetzt. Die runden feinen Kratzer habe ich mit der rauen Seite eines üblichen Spül-Schwamms entfernt. So sollte auch der ein oder andere unschöne Kratzer entfernt werden können. Wichtig ist, nur in Längsrichtung zu arbeiten.
Sehr gut gefällt mir, dass im geschlossenen Zustand keine unschöne Kante im Bereich der Klingenwurzel übersteht. So weist das Epicenter auch im geschlossenen Zustand ein harmonisches Erscheinungsbild auf.
Wird es dunkel leuchtet der Glowspot dezent blau... .
- Im Gebrauch -
200 Gramm sind schon eine Ansage. Das Messer fühlt sich schwerer an, als man zunächst annimmt. Die massiven Titanplatinen tragen einen Großteil zum Gesamtgewicht bei. So ist es auch nicht verwunderlich, dass das Epicenter etwas grifflastig geworden ist. Der Schwerpunkt liegt circa 2 Finger hinter der Klinge. Für das Handling ergibt sich daraus aber kein Nachteil. Die Klingenform bietet in Kombination mit dem Flachschliff viel Potential, um die täglich anfallenden Aufgaben gut zu meistern. Auch feine Arbeiten können, dank der gut kontrollierbaren Klingenspitze, vernünftig ausgeführt werden. Für richtig grobe Arbeiten (Holz hacken etc.) war mir das Epicenter bisher zu schade.
Mit dem VG-10 bekommt man einen ordentlichen rostträgen Stahl, der sich mit dem Sharpmaker gut scharf halten lässt. Das Epicenter fühlt sich, eingeklippt in der Hosentasche, nicht mehr ganz so schwer an. So ist es als größeres EDC problemlos tragbar. Auf der fein gestrahlten Oberfläche des Titans wird im Laufe des Gebrauchs der ein oder andere Kratzer entstehen. Bei Griffen aus Titan, wie bei Reeve`s Sebenza, empfand ich solche Gebrauchsspuren jedoch nie als störend oder hässlich wie beispielsweise bei normalen Stahlgriffen.
- Größenvergleich -
Strider SNG, Böker Plus Epicenter, Böker Cox
Pohl Force Alpha 2, Böker Plus Epicenter, Pohl Force Bravo
- Fazit -
Mit dem Epicenter bringt Böker ein Messer auf den Markt, von welchem man nicht erwarten würde, dass seine Geburtsstätte in Fernost liegt. Der Herstellungsort ist für mich auch kein Kaufkriterium. Die verwendeten Materialien sind hochwertig. An Titan wurde hier bestimmt nicht gespart.
Die Verarbeitung ist sauber und das Epicenter fühlt sich auch wirklich sehr hochwertig an. Das Design von Todd Rexford ist ohnehin sehr gelungen.
hohe Auflösung
hohe Auflösung
Es stellt sich deshalb die Frage: ist das Epicenter (seinen) Preis wert?
Böker liefert viel Titan und VG-10. Und das sehr gut verarbeitet. Dazu ein Custom-Design eines erfolgreichen Messermachers, welcher im letzten Jahr einen Auftragsstop verkünden musste. Mir gefällt das Epicenter sehr gut. Ein klares Design ohne viel Schnick-Schnack mit hohem Gebrauchswert. Deshalb ist das Epicenter seinen Preis wert und ich kann es absolut empfehlen.
Vielen Dank für`s reinschauen.
Gentleman...
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