BRENNER GRAEFENBERG / GREFENBRG

twins

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Auf der diesjährigen KNIFE '23 in Solingen erkundigte sich ein mir unbekannter Messersammler zum historischen Hintergund dieses außergwöhnlichen Taschenmessers mit Griffschalen aus Hirschhorn:

MKuhdxs.jpg


* mit ca. 12 cm (?, leider nicht nachgemessen) Grifflänge ungewöhnlich groß
* 8 Funktionsteile einschließlich eines in den Griff integrierten ungewöhnlichen eckigen Werkzeugs (Hammer?)
* die große clip-point Messerklinge 2-zeilig gemarkt mit BRENNER GREFENBRG
* das ausklappbare "Schlüssel-Werkzeug" mit quadratischer Aussparung 2-zeilig gemarkt mit BRENNER GRAEFENBERG

Die Markierungen stellen mich vor ein Rätsel:
BRENNER dürfte wohl der Name des Herstellers (Firma? Messerschmiede?) sein
GREFENBERG oder GRAEFENBERG die Ortsangabe des Herstellers.

Kennt hier im Forum jemand vergleichbare oder ähnliche Messermarkierungen oder den Besitzer / Eigentümer dieses Messers?

twins
 
Leider kann ich keine Angaben zu Deinen Fragen machen - aber holy moly, was für ein außergewöhnliches Messer ... (y)
 
Das Schlüsselwerkzeug könnte für Uhren sein, der Hammer (eckig?) zum Schließen von Zigarrenkästen, dann sollte auch ein Hebelwerkzeug dazugehören.
Klasse Messer, sehr speziell! Zum Hersteller kann ich ebenfalls leider nichts beitragen.

Abu
 
Wie 'boogerbrain' bereits feststellt: ein außergewöhnliches Messer, und die Markierungen stellen auch mich vor ein bisher ungelöstes Rätsel.
Ich kenne inzwischen vier weitere Messer und ein völlig andersartiges Werkzeug, deren Ursprung trotz unterschiedlicher aber ähnlicher Klingenmarkierungen offenbar im selben Ort zu suchen ist.
Alle diese Gegenstände zeichnen sich durch ungewöhnliche Größe und/oder vielteilige Werkzeugbestückungen aus.
Die Ortsangabe variiert auch mit der Schreibweise als GRAFENBERG.

Der verstorbene Messerexperte Horst Brunner aus der Schweiz hatte mir die nachfolgenden Abbildungen zur Verfügung gestellt und wir haben beide ausgiebig zu diesem ungewöhnlichen vielteiligen Taschenmesser recherchiert und das Thema letztlich ohne zufriedenstellende Lösung beendet:
  • 3 ausklappbare Messerklingen
  • 9 ausklappbare Werkzeugteile
  • quadratisches "hammerartiges" Werkzeugteil am vorderen Griffrücken
  • langer Feuerstahl am hinteren Griffrücken
  • verzierte Neusilber-Backen an beiden Griffenden
  • Hirschhorn-Griffschalen
Der Feuerstahl ist markiert mit einem ungewöhnlichen Logo (Korb ? Wanne ? Boot ?)
und dem Schriftzug GRAEFENBERG:

Brenner GRAEFENBERG.cut.jpg


Bei dem ungewöhnlichen Logo vermutete ich lange Zeit, dass es einem verschlissenen Stempel geschuldet war, und wohl eher "im Original" ein Fass darstellen sollte.
Die fast identische Marke auf einem anderen Messer lässt mich heute anders urteilen.

Unsere ausgedehnten Recherchen zu Orten mit auch ähnlichen aber abweichenden Schreibweisen und möglicherweise dort ansässigen Herstellern scheiterten.

Die Markierung "Brenner" auf dem hier von Twins vorgestellten Messer bestärkt mich in der Annahme, dass "Brenner" der Name des Herstellers ist; auch eines der anderen mit bekannt gewordenen Gegenstände ist mit diesem Namen und "GRAEFENBERG" markiert.

Grüße
cut
 
Bei meinen Recherchen zu der offensichtlichen Ortsangabe GRÄFENBERG in verschiedenen und auch leicht abweichenden Schreibweisen (u.a. Grafenberg, GREFENBERG, GRAEFENBRG) bin ich auf ein Ortsverzeichnis gestoßen, das 1944 von Reichspostzentralamt in Berlin veröffentlicht wurde. Es umfasst nicht nur das heutige „Nachkriegs-Deutschland“, sondern das damals als „Großdeutschland“ bezeichnete Gebiet – einschließlich diverser im Krieg eroberter Territorien auf dem europäischen Kontinent.

Das Verzeichnis listet auch einen Eintrag von „Gräfenberg (Ostsudetenl), Freiwaldau, …“.
Freiwaldau gab es zu der Zeit in zwei unterschiedlichen Regionen
1. Freiwaldau in der Niederschlesischen Heide, heutiger Name Gozdnica in Polen
2. Freiwaldau/Frývaldov, Sudetenschlesien im Altvatergebirge, heute zur Tschechischen Republik gehörend, heutiger Name Jeseník.
coHyv1H.jpg


In einem Handbuch der deutschen Industrie aus der zweiten Hälfte der 1800er Jahre findet sich unter „Freiwaldau“ die Auflösung des Puzzles nicht nur zum übergroßen mehrteiligen Schließmesser von BRENNER GRAEFENBRG sondern auch eines weiteren mir im vergangenen Jahr bekanntgewordenen übergroßen Werkzeugs: eines sehr großen Beils mit ausklappbarer weiteren Werkzeugteilen (Säge, Schere, Klinge). Dieses Werkzeug ist gemarkt mit einer Krone und den Wörtern PELZ GREFENBERG.

FvJtLdz.jpg


Die von mehreren Experten zunächst als möglicherweise durch ein fehlerhaftes Stempelwerkzeug als "wohl unvollständig" angesehene „ungewöhnliche“ Marke auf dem BRENNER Messer

Brenner GRAEFENBERG.cut.jpg

lässt sich inzwischen auch eindeutig benennen: die Bildmarke zeigt einen antiken Badezuber aus Holz. Diese Marke ist offensichtlich der Tatsache geschuldet, dass „Bad Gräfenberg“ auf Grund mehrerer Heilquellen ein anerkannter Badeort mit mehreren Sanatorien war und weiterhin ist!
 
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Das zeugt wieder mal von Deinem reichen Fundus an historischen Unterlagen und Deiner beharrlichen Suche nach Antworten - Vielen Dank, Herr cut! (y) :)
 
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