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British racing green, or BRG, is a colour similar to Brunswick green, hunter green, forest green or moss green (RAL 6005).
Wikipedia
Moin,
auf der Suche nach etwas Speziellem geriet ich unlängst an ein Spydie mit dem Namen Wolfspyder. Ein Design von Bushcraft- und Survival-Ikone Ray Mears. Ich bin weder Bushcrafter noch Fan von Ray Mears, das sei angemerkt - aber ich mag Spydies! Auch gerade solche mit sehr speziellem Design. Und ich schnitze gern sinnfrei an irgendwelchen Hölzern. Da hat es sich angeboten …
Die erste Besonderheit des kleinen Flachmanns ist der Vertrieb. Man kann ihn nur und ausschließlich in England bei Ray Mears‘ Woodlore Ltd. bekommen. In British racing green. Kommt prompt per Royal Mail. Produziert wird er in Golden, Earth. Ist viel unterwegs …
Bei der Klinge hat man sich für CPM S30V entschieden. Was manchen wundert. Denn auf der Spyderco-Homepage heißt es ja: „This extraordinary tool distills the high-performance and multi-functional versatility of a classic fixed-blade bushcraft knife into a compact folding knife ideal for everyday carry.“ Sollte man „Bushcraft“ wörtlich gemeint haben, wäre S30V nicht gerade die allererste Wahl. O1 Toolsteel wäre was gewesen …
Bei der Geometrie ist man daher vorsichtshalber einen Kompromiß eingegangen. Der Scandi ist kein ureigentlicher - es gibt eine Mikrofase. Die ihrem Namen alle Ehre macht. Man sieht sie mit bloßem Auge kaum (wie schon beim Lil‘ Nilakka). Deshalb steht auch eine Menge Unsinn dazu im Netz - je nachdem, wo man nachschaut. Sal Glesser klärt auf: „We put a small micro at the edge of the Scandi. Just enough to be sharp, but not so much that a full Scandi can't be maintained, if elected.“
Das Lichtmikroskop gibt ihm Recht …
Gehen wir mal davon aus, daß weder Spyderco noch Ray Mears vorhatten, mit diesem Messerchen einen wirklichen Bushcraft-Klapper in die Welt zu setzen. Eher ein Schnitzmesser mit Scandi-Klinge und EDC-Qualitäten. Da lassen wir den S30V mal gelten. So schlecht ist er ja nicht ...
Zur Erinnerung:
Crucible CPM S30V: C: 1,45-1,46 Cr: 14,00 Mo: 2,00 Mn: 0,50 Si: 0,50 N: 0,10 V: 4,00 W: 0,10-0,40
„S30V(Crucible) - Developed in 2001, by Crucible. Rare case of a steel designed as a cutlery steel. Several well known knife makers participated in the development/research including: Phil Wilson, Sal Glesser, Ernest Emerson, Tony Marfione, William Harsey Jr., Tom Mayo, Jerry Hossom, and Paul Bos, Chris Reeve. The result is a very good steel, although heat treating it properly was a problem initially. It isn't A2 class toughness as Knife Steel FAQ states, but still, quite tough and wear resistant for the stainless steel. Considered as one of the premium mainstream cutlery steels.“
zknives
Wenden wir uns der nächsten Besonderheit zu - dem Detent. Er sitzt gewöhnlich - wie z.B. beim Para Millie - vorne im Compression Lock. Will man ein Para Millie schließen und drückt auf den Lock, pendelt die Klinge frei und läßt sich so bequem in den Griff zurückflicken. Nicht so beim Wolfspyder. Denn es gibt auf der gegenüberliegenden Seite einen zweiten Detent, der unter permanenter Federspannung steht und die Klinge auf ihrem gesamten Weg ausbremst. Das wiederum macht das Messerchen fast zum Zweihandmesser. Zumindest was das Schließen angeht …
Der Schließvorgang funktioniert aber auch einhändig mit einem kräftigen Schlenker aus dem Handgelenk oder wenn man den Lock mit dem Mittelfinger löst und die Klinge mit dem Zeigefinger und - folgend - dem Daumen einholt. Das erfordert allerdings eine gewisse Akrobatik. Bedingt durch den zweiten Detent ist der Klingengang beim Öffnen und beim Schließen jedenfalls ungewohnt schwergängig. Auch ein Aufflicken ist nicht möglich. Wer mit dem Wolfspyder seinen Spieltrieb befriedigen möchte, dürfte enttäuscht werden. Sowie alle, die große Hände haben ...
Das Spyderhole ist mit 9,5 mm so klein wie beim Lil‘ Nilakka und nur von einer Seite greifbar. Die Klinge verschwindet gänzlich im Griff. Die weit ausholende Ausbuchtung in der Griffschale verführt den Daumen bei geöffnetem Messer instinktiv zur Suche nach dem Liner. Findet aber keinen. Das Messserchen hat ja auch einen Compression Lock.
Der Doppel-Detent
Doppelte Detents gibt es auch anderswo. Die Messerchen von Emerson z.B. haben ebenfalls einen zweiten, der dem des Wolfspyder von der Art und Weise, wie er verbaut ist, am nächsten kommt. Siehe dazu als Beispiel die Bilder von meinem Emerson Mini A-100.
Spyderco hat den Doppel-Detent erstmalig im Jahr 2009 beim C131CF Terzuola Slipit verbaut (Ball Joint Non Locking System). Auch die Chinesen haben das Prinzip aufgegriffen. Beim Sanremu 9054 beispielsweise.
Es gibt Friction Folder mit zweifachem Detent. Von [Nick] wurde hier im Forum einer vorgestellt.
Der Grundgedanke ist Sicherheit. Ein zweiter Detent bremst die Klinge in ihrem Gang aus und verhindert z.B., daß sie sich in der Hosentasche leicht öffnet. Oder daß die Klinge einem beim Schließen auf die Finger knallt. Der unangenehme Nebeneffekt ist dann die Tatsache, daß sie grundsätzlich nicht mehr so leichtgängig zu bewegen ist. Im Fall des Wolfspyder ist dieser Effekt mehr als deutlich spürbar, da bei beiden Detents die Federspannung der Liner sehr hoch ist.
Wenn es denn so wäre …
Ich hab‘ mal aufgemacht, um mir die Angelegenheit aus der Nähe anzusehen. Einmal T9 für die Achsschraube und zweimal T6 für die Abstandhalter. Griffschale runter. Fertig. Spyderco hat auf das ganz brutale Loctite verzichtet.
Und - Überraschung - es gibt NUR EINEN Detent! Der Compression-Lock-Hebel hat keinen. Der Hebel schleift beim Öffnen und Schließen der Klinge einfach so auf der Klingenachse. Nur der eine (stramm gefederte) Detent auf der gegenüberliegenden Seite hält die Klinge im geschlossenen Zustand fest. Er schleift bei Bewegung permanent über die Klingenwurzel und sorgt so für Entschleunigung.
Das Produktionsdatum auf dem Karton findet sich bestätigt durch den Klingenaufdruck 5-16.
Ray Mears hatte offensichtlich verstärkte Sicherheit im Sinn bei seinem Design und wollte kein Spielzeug sondern ein Werkzeug. Das ist alles in allem gelungen.
Beim Zusammenbauen habe ich der Klingenachse, den Washern und dem Detent einen Hauch Vaseline verabreicht, die Achsschraube nicht ganz so fest angezogen: Es hilft ein wenig…
Apropos Werkzeug - Mal was schneiden
Die Schärfe OTB ist ordentlich. Beliebige Papierkurven, Armhaar-Rasur. Bevor es ans Eingemachte geht, zunächst die grundsätzliche Frage: Wie werde ich es mit dem Schärfen halten?
Abziehen auf Schleifleinen, um einen leicht balligen Ausgang herzustellen! Das hat sich grundsätzlich bei all meinen Messern bewährt. Die Alternative, die Klinge auf echten Scandi umzuschleifen und dann auf Dauer damit scharfzuhalten, ist mir zu viel Arbeit. Außerdem wäre das IMHO auch nur dann ratsam, wenn sie aus einem geeigneteren Stahl gefertigt wäre. Also ans Werk …
Locker und unverkrampft abgezogen auf der üblichen Phalanx Micro Mesh 1.800-12.000 entwickelt die Klinge alsbald furiose Schärfe und spaltet Haare. Echt erstaunlich, wie einfach das mit dem S30V vonstatten geht. Es ist halt immer wieder schön, zu erleben, was eine gut voreingestellte Geometrie zu bewerkstelligen vermag.
Ich habe das Wolfsspyder dann nebst Para Millie 52100 und Lil‘ Nilakka in den Rucksack gepackt. Mal sehen. Und war auf Anhieb begeistert. Ich war nicht davon ausgegangen, daß es derart beißwütig zulangt. Hatte vielmehr eigentlich damit gerechnet, daß die beiden anderen mit ihrer beeindruckenden Geometrie überlegen sein würden (Lil‘ Nilakka - Gesamtschneidenwinkel 18 Grad, 0,16 mm hinter der Wate, gemoddetes Para Millie 52100 - Gesamtschneidenwinkel 15 Grad, 0,25 mm hinter der Wate).
Alle drei Klingen dringen gleich aggressiv ins Holz ein. Aber mit dem Wolfspyder läßt sich leichter größerer Abtrag erzielen. Die Geometrie ist dafür offensichtlich prädestiniert. Die Handlage für meine Handgröße ideal. Man hat ordentlich Gewalt über das Messer. Und - der durchgehend bis einen Zentimeter vor der Klingenspitze 3,25 mm breite Klingenrücken macht es dem linken Daumen deutlich leichter mit dem Nachdruck. Auch feinste Abträge gehen leicht von der Hand !
Und wie sieht es mit der Verfassung der Schneide aus? Nach dem ersten Einsatz des Messerchens unverändert so:
Da es ja in der Wildnis immer ums Überleben geht, schnell noch nachsehen, wie es mit der Lebensmittel-Bearbeitung aussieht. Ein paar kurze Schnitte und der Käse ist gegessen. Ich hatte extra trockenen englischen Cheddar aus Bristol besorgt …
Fürs erste soll das mal reichen - Papierkurven, Rasur, Haare spalten, Holzbearbeitung, Cheddar. Klein und flach mit guter Handlage und gut verstauter Klinge. Werkzeug - kein Spielzeug. British Racing Green. Ein auf Sicherheit bedachtes exzellentes Taschen-Holzbearbeitungs-Werkzeug mit EDC-Qualitäten ohne Spielfaktor für kleine Hände. Gut, daß ich kurz vorm Brexit noch eins erwischt habe …
Spyderco Wolfspyder
Crucible CPM S30V: C: 1,45-1,46 Cr: 14,00 Mo: 2,00 Mn: 0,50 Si: 0,50 N: 0,10 V: 4,00 W: 0,10-0,40
Gesamtlänge: 170 mm
Länge geschlossen: 107 mm
Klinge: CPM S30V, Scandi, winzige Microfase
Klingenlänge: 76 mm (72 mm davon scharf, die Schneidfase entlang gemessen)
Klingendicke: 3,25 mm
Klingenhöhe: 22,2 mm max. am Ricasso
Compression Lock, Spezieller Detent
Griffmaterial: G10 British Racing Green , 3,7 mm (teilweise mit 1,3 mm starken Edelstahl-Linern unterlegt)
Griffstärke: 11,5 mm (max. 16,7 mm inkl. Clip)
Griffhöhe: Vorne beim Lock 22,3 mm - Mitte 27,7 mm
Bronze Washer
2 Backspacer 3,95 mm, Stoppin 3,95 mm und Lanyard-Tube 6,35 mm
Hourglass-Clip: Tip up (rechts)
Spyderhole 9,5 mm
Fangriemenöse 4 mm
Gewicht: 77 Gramm
Produktionsdatum Mai 2016
Design: Ray Mears
Made in Golden, Colorado, U.S.A., Earth
Die Jukebox mit Judas Priest vom Album British Steel - „Grinder“
Enjoy
R’n’R
Wikipedia
Moin,
auf der Suche nach etwas Speziellem geriet ich unlängst an ein Spydie mit dem Namen Wolfspyder. Ein Design von Bushcraft- und Survival-Ikone Ray Mears. Ich bin weder Bushcrafter noch Fan von Ray Mears, das sei angemerkt - aber ich mag Spydies! Auch gerade solche mit sehr speziellem Design. Und ich schnitze gern sinnfrei an irgendwelchen Hölzern. Da hat es sich angeboten …
Die erste Besonderheit des kleinen Flachmanns ist der Vertrieb. Man kann ihn nur und ausschließlich in England bei Ray Mears‘ Woodlore Ltd. bekommen. In British racing green. Kommt prompt per Royal Mail. Produziert wird er in Golden, Earth. Ist viel unterwegs …
Bei der Klinge hat man sich für CPM S30V entschieden. Was manchen wundert. Denn auf der Spyderco-Homepage heißt es ja: „This extraordinary tool distills the high-performance and multi-functional versatility of a classic fixed-blade bushcraft knife into a compact folding knife ideal for everyday carry.“ Sollte man „Bushcraft“ wörtlich gemeint haben, wäre S30V nicht gerade die allererste Wahl. O1 Toolsteel wäre was gewesen …
Bei der Geometrie ist man daher vorsichtshalber einen Kompromiß eingegangen. Der Scandi ist kein ureigentlicher - es gibt eine Mikrofase. Die ihrem Namen alle Ehre macht. Man sieht sie mit bloßem Auge kaum (wie schon beim Lil‘ Nilakka). Deshalb steht auch eine Menge Unsinn dazu im Netz - je nachdem, wo man nachschaut. Sal Glesser klärt auf: „We put a small micro at the edge of the Scandi. Just enough to be sharp, but not so much that a full Scandi can't be maintained, if elected.“
Das Lichtmikroskop gibt ihm Recht …
Gehen wir mal davon aus, daß weder Spyderco noch Ray Mears vorhatten, mit diesem Messerchen einen wirklichen Bushcraft-Klapper in die Welt zu setzen. Eher ein Schnitzmesser mit Scandi-Klinge und EDC-Qualitäten. Da lassen wir den S30V mal gelten. So schlecht ist er ja nicht ...
Zur Erinnerung:
Crucible CPM S30V: C: 1,45-1,46 Cr: 14,00 Mo: 2,00 Mn: 0,50 Si: 0,50 N: 0,10 V: 4,00 W: 0,10-0,40
„S30V(Crucible) - Developed in 2001, by Crucible. Rare case of a steel designed as a cutlery steel. Several well known knife makers participated in the development/research including: Phil Wilson, Sal Glesser, Ernest Emerson, Tony Marfione, William Harsey Jr., Tom Mayo, Jerry Hossom, and Paul Bos, Chris Reeve. The result is a very good steel, although heat treating it properly was a problem initially. It isn't A2 class toughness as Knife Steel FAQ states, but still, quite tough and wear resistant for the stainless steel. Considered as one of the premium mainstream cutlery steels.“
zknives
Wenden wir uns der nächsten Besonderheit zu - dem Detent. Er sitzt gewöhnlich - wie z.B. beim Para Millie - vorne im Compression Lock. Will man ein Para Millie schließen und drückt auf den Lock, pendelt die Klinge frei und läßt sich so bequem in den Griff zurückflicken. Nicht so beim Wolfspyder. Denn es gibt auf der gegenüberliegenden Seite einen zweiten Detent, der unter permanenter Federspannung steht und die Klinge auf ihrem gesamten Weg ausbremst. Das wiederum macht das Messerchen fast zum Zweihandmesser. Zumindest was das Schließen angeht …
Der Schließvorgang funktioniert aber auch einhändig mit einem kräftigen Schlenker aus dem Handgelenk oder wenn man den Lock mit dem Mittelfinger löst und die Klinge mit dem Zeigefinger und - folgend - dem Daumen einholt. Das erfordert allerdings eine gewisse Akrobatik. Bedingt durch den zweiten Detent ist der Klingengang beim Öffnen und beim Schließen jedenfalls ungewohnt schwergängig. Auch ein Aufflicken ist nicht möglich. Wer mit dem Wolfspyder seinen Spieltrieb befriedigen möchte, dürfte enttäuscht werden. Sowie alle, die große Hände haben ...
Das Spyderhole ist mit 9,5 mm so klein wie beim Lil‘ Nilakka und nur von einer Seite greifbar. Die Klinge verschwindet gänzlich im Griff. Die weit ausholende Ausbuchtung in der Griffschale verführt den Daumen bei geöffnetem Messer instinktiv zur Suche nach dem Liner. Findet aber keinen. Das Messserchen hat ja auch einen Compression Lock.
Der Doppel-Detent
Doppelte Detents gibt es auch anderswo. Die Messerchen von Emerson z.B. haben ebenfalls einen zweiten, der dem des Wolfspyder von der Art und Weise, wie er verbaut ist, am nächsten kommt. Siehe dazu als Beispiel die Bilder von meinem Emerson Mini A-100.
Spyderco hat den Doppel-Detent erstmalig im Jahr 2009 beim C131CF Terzuola Slipit verbaut (Ball Joint Non Locking System). Auch die Chinesen haben das Prinzip aufgegriffen. Beim Sanremu 9054 beispielsweise.
Es gibt Friction Folder mit zweifachem Detent. Von [Nick] wurde hier im Forum einer vorgestellt.
Der Grundgedanke ist Sicherheit. Ein zweiter Detent bremst die Klinge in ihrem Gang aus und verhindert z.B., daß sie sich in der Hosentasche leicht öffnet. Oder daß die Klinge einem beim Schließen auf die Finger knallt. Der unangenehme Nebeneffekt ist dann die Tatsache, daß sie grundsätzlich nicht mehr so leichtgängig zu bewegen ist. Im Fall des Wolfspyder ist dieser Effekt mehr als deutlich spürbar, da bei beiden Detents die Federspannung der Liner sehr hoch ist.
Wenn es denn so wäre …
Ich hab‘ mal aufgemacht, um mir die Angelegenheit aus der Nähe anzusehen. Einmal T9 für die Achsschraube und zweimal T6 für die Abstandhalter. Griffschale runter. Fertig. Spyderco hat auf das ganz brutale Loctite verzichtet.
Und - Überraschung - es gibt NUR EINEN Detent! Der Compression-Lock-Hebel hat keinen. Der Hebel schleift beim Öffnen und Schließen der Klinge einfach so auf der Klingenachse. Nur der eine (stramm gefederte) Detent auf der gegenüberliegenden Seite hält die Klinge im geschlossenen Zustand fest. Er schleift bei Bewegung permanent über die Klingenwurzel und sorgt so für Entschleunigung.
Das Produktionsdatum auf dem Karton findet sich bestätigt durch den Klingenaufdruck 5-16.
Ray Mears hatte offensichtlich verstärkte Sicherheit im Sinn bei seinem Design und wollte kein Spielzeug sondern ein Werkzeug. Das ist alles in allem gelungen.
Beim Zusammenbauen habe ich der Klingenachse, den Washern und dem Detent einen Hauch Vaseline verabreicht, die Achsschraube nicht ganz so fest angezogen: Es hilft ein wenig…
Apropos Werkzeug - Mal was schneiden
Die Schärfe OTB ist ordentlich. Beliebige Papierkurven, Armhaar-Rasur. Bevor es ans Eingemachte geht, zunächst die grundsätzliche Frage: Wie werde ich es mit dem Schärfen halten?
Abziehen auf Schleifleinen, um einen leicht balligen Ausgang herzustellen! Das hat sich grundsätzlich bei all meinen Messern bewährt. Die Alternative, die Klinge auf echten Scandi umzuschleifen und dann auf Dauer damit scharfzuhalten, ist mir zu viel Arbeit. Außerdem wäre das IMHO auch nur dann ratsam, wenn sie aus einem geeigneteren Stahl gefertigt wäre. Also ans Werk …
Locker und unverkrampft abgezogen auf der üblichen Phalanx Micro Mesh 1.800-12.000 entwickelt die Klinge alsbald furiose Schärfe und spaltet Haare. Echt erstaunlich, wie einfach das mit dem S30V vonstatten geht. Es ist halt immer wieder schön, zu erleben, was eine gut voreingestellte Geometrie zu bewerkstelligen vermag.
Ich habe das Wolfsspyder dann nebst Para Millie 52100 und Lil‘ Nilakka in den Rucksack gepackt. Mal sehen. Und war auf Anhieb begeistert. Ich war nicht davon ausgegangen, daß es derart beißwütig zulangt. Hatte vielmehr eigentlich damit gerechnet, daß die beiden anderen mit ihrer beeindruckenden Geometrie überlegen sein würden (Lil‘ Nilakka - Gesamtschneidenwinkel 18 Grad, 0,16 mm hinter der Wate, gemoddetes Para Millie 52100 - Gesamtschneidenwinkel 15 Grad, 0,25 mm hinter der Wate).
Alle drei Klingen dringen gleich aggressiv ins Holz ein. Aber mit dem Wolfspyder läßt sich leichter größerer Abtrag erzielen. Die Geometrie ist dafür offensichtlich prädestiniert. Die Handlage für meine Handgröße ideal. Man hat ordentlich Gewalt über das Messer. Und - der durchgehend bis einen Zentimeter vor der Klingenspitze 3,25 mm breite Klingenrücken macht es dem linken Daumen deutlich leichter mit dem Nachdruck. Auch feinste Abträge gehen leicht von der Hand !
Und wie sieht es mit der Verfassung der Schneide aus? Nach dem ersten Einsatz des Messerchens unverändert so:
Da es ja in der Wildnis immer ums Überleben geht, schnell noch nachsehen, wie es mit der Lebensmittel-Bearbeitung aussieht. Ein paar kurze Schnitte und der Käse ist gegessen. Ich hatte extra trockenen englischen Cheddar aus Bristol besorgt …
Fürs erste soll das mal reichen - Papierkurven, Rasur, Haare spalten, Holzbearbeitung, Cheddar. Klein und flach mit guter Handlage und gut verstauter Klinge. Werkzeug - kein Spielzeug. British Racing Green. Ein auf Sicherheit bedachtes exzellentes Taschen-Holzbearbeitungs-Werkzeug mit EDC-Qualitäten ohne Spielfaktor für kleine Hände. Gut, daß ich kurz vorm Brexit noch eins erwischt habe …
Spyderco Wolfspyder
Crucible CPM S30V: C: 1,45-1,46 Cr: 14,00 Mo: 2,00 Mn: 0,50 Si: 0,50 N: 0,10 V: 4,00 W: 0,10-0,40
Gesamtlänge: 170 mm
Länge geschlossen: 107 mm
Klinge: CPM S30V, Scandi, winzige Microfase
Klingenlänge: 76 mm (72 mm davon scharf, die Schneidfase entlang gemessen)
Klingendicke: 3,25 mm
Klingenhöhe: 22,2 mm max. am Ricasso
Compression Lock, Spezieller Detent
Griffmaterial: G10 British Racing Green , 3,7 mm (teilweise mit 1,3 mm starken Edelstahl-Linern unterlegt)
Griffstärke: 11,5 mm (max. 16,7 mm inkl. Clip)
Griffhöhe: Vorne beim Lock 22,3 mm - Mitte 27,7 mm
Bronze Washer
2 Backspacer 3,95 mm, Stoppin 3,95 mm und Lanyard-Tube 6,35 mm
Hourglass-Clip: Tip up (rechts)
Spyderhole 9,5 mm
Fangriemenöse 4 mm
Gewicht: 77 Gramm
Produktionsdatum Mai 2016
Design: Ray Mears
Made in Golden, Colorado, U.S.A., Earth
Die Jukebox mit Judas Priest vom Album British Steel - „Grinder“
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