Rock'n'Roll
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Der englische Patient
Wir lehnen uns heute mal weit aus dem Fenster und behaupten: Dieser Gegenstand ist ein britischer. Nehmen wir an. Er gelangte in unseren Wirkungsbereich, als wir vorletzten Samstag auf dem Weg zu Augusto waren. Auf der Strandpromenade von Monte Gordo hatten schon einige Flohvermarkter Decken und Tische aufgebaut bzw. ausgebreitet und waren dabei, allen möglichen Kram darauf bereitzulegen. Das Spektrum reichte vom Silberlöffelchen (nicht unser Hauptinteressengebiet) bis zu echtem Kernschrott. Irgendwo dazwischen bewegte sich das schwarze Ding mit metallischen Applikationen und Klingenfragmenten, die vor Rost starrten. Dem hochbedauernswerten Gebilde war anzusehen, daß es dringend Hilfe benötigte. Eine Art von optischem Wimmern traf uns mitten ins Messer-Herz. Jemand hatte die Klingen über scharfkantigen Steinen zu schärfen versucht. Ein Sauhund, wenn mir mal vermuten dürfen!!
Der britische Dealer nahm 10,- Euro entgegen und wir freuten uns darauf, das im Prinzip sehr schöne und alte (britisch anmutende) Etwas ein wenig herzurichten. Es ist - abgesehen von Rost und den versauten Klingen - solide, liegt gut in der Hand und hat ordentlich Gewicht. Das rührt vor allem daher, daß es über zwei Klingen verfügt (beide total vermackelt): Eine sheepfoot und eine Hippe. Und es trägt außer einem V auf der Hippe (V wie Versaut möglicherweise) keinerlei Erkennungszeichen. Wir finden es - ganz wie die Algarve selbst - very British und solange uns niemand das Gegenteil aufzeigt, bleiben wir dabei. Wir nehmen ferner mal an, daß es einem Seemann aus der Tasche fiel oder eine andere abenteuerliche Begebenheit dazu führte, daß es ab jetzt im Roadhouse „wohnt“.
Die beiden Bilder, die eingangs den bedauernswerten Zustand dokumentieren, zeigen nicht einmal annähernd den Ursprungszustand, denn sie wurden nach einer umfangreichen Ballistol-Basis-Therapie gemacht. Es war NUR Rost. Nach Ballistol und Zellstofftüchern und Ballistol und … kamen dann Schmirgelpapier abnehmender Körnung bis zu 1200er Naßpapier und schließlich noch einmal allerhöchstfeinste Stahlwolle zum Zuge. Die ausgiebige Schmirgelei machte uns Spaß, da nach und nach eine brauchbare Art Messer zum Vorschein kam, das uns anderentags auf eine Reise nach Olhao begleitete, dem letzten großen Fischereihafen an der Ostalgarve. Wir wollten mal sehen, ob es die Gegend möglicherweise wiedererkennen würde. So wie es sich offensichtlich wohlfühlte auf der Hafenmauer und bereitwillig einen glatten Schnitt durch ein Hölzchen tat, hatten wir ganz den Eindruck! Wir hätten beinahe vergessen zu erwähnen, daß es einer ordentlichen Sharpmakerisierung unterzogen worden war (Now not only very British but also very sharp).
In der Hafenkneipe, auf der Mauer an der historischen Markthalle, an Palmen und Fischernetzen, auf einem alten Anker und überhaupt im ganzen Hafenbereich schien es genau dort zu sein, wo es schon früher Dienst getan hatte. Zurück von Olhao hat Johnny noch kurz Smith’s Werkstatt inspiziert und wir haben uns gegen Abend gedacht: Poor boy - mußt ja nicht wieder auf’s Schiff. Kartoffelschälen ist ja auch eine ehrenwerte Aufgabe (die es übrigens erstaunlich erfolgreich absolvierte). Ab jetzt hat es - gelegentlich - einen neuen Aufgabenbereich: Some Fruit, some Potatoes and some Red Hot Chili Peppers.
Die alte Sheepfoot-Hippe
Länge geschlossen: 10 cm
Länge geöffnet: mit Klinge 18 cm; mit Hippe 17 cm
Klingenlänge: 8 cm (davon jetzt sehr scharf 7,5 cm); Hippe 7 cm (davon scharf 6,5)
Klingendicke: 1,5 mm (Sheepfoot und Hippe)
Klingenhöhe: 1,7 cm max. auf 1,4 mm abnehmend zur Klingenachse hin; Hippe 1,8 mm max. auf 1,4 mm abnehmend zur Klingenachse hin
Klinge: British Steel??, Flachschliff
Grifflänge: 10 cm, teilweise etwas unbequemer Vierfingergriff wegen Hippe bzw. umgekehrt, ansonsten keine Ecken, keine Kanten; Schäleigenschaften gut
Griffdicke: 1,6 cm
Griffhöhe: von max. 2 cm auf 1,4 cm zur Klingenachse hin verjüngend
Griffmaterial: Unidentified black object
Gewicht: Wie Spyderco Para-Military 2
Herkunft: Flohmarkt Monte Gordo (birthday unknown)
We proudly present
Wir bleiben bei British Steel für heute. Die begnadete Pub-Rock-Band Dr. Feelgood gibt exklusiv für unseren Neuzugang das Titelstück des 1994er Albums „Down At The Doctor’s“.
So long from Monte Gordo, Johnny &
Rock’n’Roll
Wir lehnen uns heute mal weit aus dem Fenster und behaupten: Dieser Gegenstand ist ein britischer. Nehmen wir an. Er gelangte in unseren Wirkungsbereich, als wir vorletzten Samstag auf dem Weg zu Augusto waren. Auf der Strandpromenade von Monte Gordo hatten schon einige Flohvermarkter Decken und Tische aufgebaut bzw. ausgebreitet und waren dabei, allen möglichen Kram darauf bereitzulegen. Das Spektrum reichte vom Silberlöffelchen (nicht unser Hauptinteressengebiet) bis zu echtem Kernschrott. Irgendwo dazwischen bewegte sich das schwarze Ding mit metallischen Applikationen und Klingenfragmenten, die vor Rost starrten. Dem hochbedauernswerten Gebilde war anzusehen, daß es dringend Hilfe benötigte. Eine Art von optischem Wimmern traf uns mitten ins Messer-Herz. Jemand hatte die Klingen über scharfkantigen Steinen zu schärfen versucht. Ein Sauhund, wenn mir mal vermuten dürfen!!
Der britische Dealer nahm 10,- Euro entgegen und wir freuten uns darauf, das im Prinzip sehr schöne und alte (britisch anmutende) Etwas ein wenig herzurichten. Es ist - abgesehen von Rost und den versauten Klingen - solide, liegt gut in der Hand und hat ordentlich Gewicht. Das rührt vor allem daher, daß es über zwei Klingen verfügt (beide total vermackelt): Eine sheepfoot und eine Hippe. Und es trägt außer einem V auf der Hippe (V wie Versaut möglicherweise) keinerlei Erkennungszeichen. Wir finden es - ganz wie die Algarve selbst - very British und solange uns niemand das Gegenteil aufzeigt, bleiben wir dabei. Wir nehmen ferner mal an, daß es einem Seemann aus der Tasche fiel oder eine andere abenteuerliche Begebenheit dazu führte, daß es ab jetzt im Roadhouse „wohnt“.
Die beiden Bilder, die eingangs den bedauernswerten Zustand dokumentieren, zeigen nicht einmal annähernd den Ursprungszustand, denn sie wurden nach einer umfangreichen Ballistol-Basis-Therapie gemacht. Es war NUR Rost. Nach Ballistol und Zellstofftüchern und Ballistol und … kamen dann Schmirgelpapier abnehmender Körnung bis zu 1200er Naßpapier und schließlich noch einmal allerhöchstfeinste Stahlwolle zum Zuge. Die ausgiebige Schmirgelei machte uns Spaß, da nach und nach eine brauchbare Art Messer zum Vorschein kam, das uns anderentags auf eine Reise nach Olhao begleitete, dem letzten großen Fischereihafen an der Ostalgarve. Wir wollten mal sehen, ob es die Gegend möglicherweise wiedererkennen würde. So wie es sich offensichtlich wohlfühlte auf der Hafenmauer und bereitwillig einen glatten Schnitt durch ein Hölzchen tat, hatten wir ganz den Eindruck! Wir hätten beinahe vergessen zu erwähnen, daß es einer ordentlichen Sharpmakerisierung unterzogen worden war (Now not only very British but also very sharp).
In der Hafenkneipe, auf der Mauer an der historischen Markthalle, an Palmen und Fischernetzen, auf einem alten Anker und überhaupt im ganzen Hafenbereich schien es genau dort zu sein, wo es schon früher Dienst getan hatte. Zurück von Olhao hat Johnny noch kurz Smith’s Werkstatt inspiziert und wir haben uns gegen Abend gedacht: Poor boy - mußt ja nicht wieder auf’s Schiff. Kartoffelschälen ist ja auch eine ehrenwerte Aufgabe (die es übrigens erstaunlich erfolgreich absolvierte). Ab jetzt hat es - gelegentlich - einen neuen Aufgabenbereich: Some Fruit, some Potatoes and some Red Hot Chili Peppers.
Die alte Sheepfoot-Hippe
Länge geschlossen: 10 cm
Länge geöffnet: mit Klinge 18 cm; mit Hippe 17 cm
Klingenlänge: 8 cm (davon jetzt sehr scharf 7,5 cm); Hippe 7 cm (davon scharf 6,5)
Klingendicke: 1,5 mm (Sheepfoot und Hippe)
Klingenhöhe: 1,7 cm max. auf 1,4 mm abnehmend zur Klingenachse hin; Hippe 1,8 mm max. auf 1,4 mm abnehmend zur Klingenachse hin
Klinge: British Steel??, Flachschliff
Grifflänge: 10 cm, teilweise etwas unbequemer Vierfingergriff wegen Hippe bzw. umgekehrt, ansonsten keine Ecken, keine Kanten; Schäleigenschaften gut
Griffdicke: 1,6 cm
Griffhöhe: von max. 2 cm auf 1,4 cm zur Klingenachse hin verjüngend
Griffmaterial: Unidentified black object
Gewicht: Wie Spyderco Para-Military 2
Herkunft: Flohmarkt Monte Gordo (birthday unknown)
We proudly present
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Wir bleiben bei British Steel für heute. Die begnadete Pub-Rock-Band Dr. Feelgood gibt exklusiv für unseren Neuzugang das Titelstück des 1994er Albums „Down At The Doctor’s“.
So long from Monte Gordo, Johnny &
Rock’n’Roll