Ganz generell zu der hier angesprochenen Frage:
Als die Handwerker ihre Werkzeuge noch selbst hergestellt und gehärtet haben und die Leistung weniger über aufwendige Legierung als durch möglichst optimale Wärtmebehandlung angesteuert wurde, hatte man sich über die Möglichkeiten der Abschreckung mit schärferen oder milderen Mitteln viele Gedanken gemacht und diese auch in der Praxis erprobt.
Die älteren Stahlbücher befassen sich noch damit- bei Haufe, Rapatz, selbst bei Benninghaus ist darüber noch eine Menge zu lesen.
Als kleines Appetithäppchen ein kurzer Abriß aus Haufe: "Seit langem sind zwei besondere Arten der Abschreckhärtung bei solchen Werkzeugen in Gebrauch, die bei Wasserhärtung zum Reißen neigen, bei Ölhärtung hingegen nicht genügend hart werden... Es sind dies die gebrochene und die unterbrochene Härtung ".
Ich fasse die Wirkungsweise der beiden Techniken kurz zusammen:
Bei der gebrochenen Härtung wird zunächst in Wasser bis zum Verschwinden der dunklen Rotglut abgeschreckt, dann -im richtigen Moment- in Öl überführt, abkühlen lassen und dann sofort angelassen.
Für den ersten Schritt wird sogar die besonders scharfe Abschreckwirkung einer etwa 10- prozentigen Kochsalzlösung (zur Vermeidung des Leydenfrostschen Phänomens) empfohlen.
Beim unterbrochenen Härten wird in Wasser abgeschreckt, kurz aus dem Wasser herausgenommen und dann bis zur völligen Abkühlung wieder in Wasser gebracht.
Auf S. 50 zeigt Haufe an Hand von Härtungsbeispielen mit einem Stahl mit 0,6 % C und 0,8 % Man die unterschiedlichen Ergebnisse reiner Wasserhärtung , reiner Ölhärtung und bei unterschiedlich langen Verweilzeiten an Luft oder im Wasser/Öl.
Es handelt sich um alterprobte und durchaus sinnvolle Verfahrensweisen.
Sie haben nur einen Haken. Haufe schreibt hierzu: " Es gehören sehr große Erfahrungen dazu, den richtigen Zeitpunkt für die Entnahme aus dem Abschreckmittel zu treffen."
Wenn ich es mit einem Stahl ähnlich C 60 zu machen hätte, würde ich die gebrochene Härtung vorziehen, 3 Sekunden im Wasser lassen und dann ins Öl überführen.
Wenn ich allerdings frei wählen dürfte, würde ich eine so geringe Dimension nur in Öl härten, da die geschilderten "Spezialmethoden" wie gesagt viel Erfahrung voraussetzen und für ein gutes Ergebnis nicht erforderlich sind.
Wie man auf die Idee kommen kann, eine Ölschicht auf dem Wasser schwimmen zu lassen und erst in der und dann im darunterliegenden Wasser abzuschrecken, verstehe ich nicht ganz.
Ist in Deutschland irgendwo die Topfnot ausgebrochen, sodaß man sich keine zwei Behälter leisten kann ?.
Ein kleiner Hinweis, damit kein falsches Bild entsteht: Einige von Euch werden den Film von Havard Bergland und Oyvind Klausen beim Schmieden einer Axt gesehen haben.
Wenn nicht- u n b e d i n g t nachholen- es ist eine wahre Freude, zu sehen wie zwei Könner mit einfachen Mitteln ein hervorragendes Werkzeug herstellen.
In dem Film ist zu sehen, wie Havard die Axt erst in Öl und dann in Wasser steckt. Das könnte den Eindruck erwecken, er führe eine sozusagen umgekehrte gebrochene Härtung-erst in Öl, dann in Wasser- durch. Ich glaube allerdings nicht, daß das der eigentliche Zweck des Verfahrens ist. Die Abschreckung an der Perlitnase vorbei findet im Öl statt und die Endabkühlung in Wasser hat keinen eigentlichen Härtungseffekt mehr.
Wie gut gelungen das Härten und Anlassen ist, demonstriert Havard durch das Durchmeißeln eines Vierkantstabs mit der fertigen Axt.
Man beachte dabei, wie schlank die Axt ausgeschliffen ist !.
Freundliche Grüße
U. Gerfin