Chinamesser mit 65 HRC?

ebenezer

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Mir bot sich kürzlich die Option ein Chinesiches Kochmesser mit dieser Härteangabe zu Konditionen zu erwerben, bei denen meine Neugierde letztendlich größer war, als die Hemmung, Geld zum Fenster raus zu werfen.
Es handelt sich um ein KEEMAKE Messer des Herstellers Sunnecko. Es sieht optisch dem Lucky HAP40 zum Verwechseln ähnlich, das ja mit ähnlicher Härte angepriesen wird, und zu dem es in den verschiedenen Messerforen auch schon Erfahrungen gibt.
KEEMAKE

Lucky

Alleine schon die Angaben in der Präsentation lesen sich wie chinesische Märchenstunde. "Liquid Metal Steel" " Ammer Stria Forged Processing", auf der Klinge steht "amorphous Steel" What the hell????????
Wer amorphen Stahl oder metallisches Glas mal googelt, erkennt sofort, dass es das nicht sein kann, und ein derartiger Werkstoff für Messer auch viel zu spröde wäre.

Also keine Ahnung, was es wirklich ist.

Nunja, das Messer ist jetzt da. Auf manchen Bildern scheint es, als ob es sich um einen Dreilagen Aufbau handelt, auf anderen nicht. In der Realität sehe keine Lagen.
Die Auslieferungsschärfe ist etwas dürftig. Die Klinge ist am Rücken 1,6mm dick. An der Spitze immer noch 0,4mm. Rücken scharfkantig, nicht gebrochen oder verrundet.
Dicke über der Wate ab 80mm hinter der Spitze nach hinten zwischen 0,2 und 0,16mm. Richtung Spitze dann kontinuierlich bis 0,4mm ansteigend.
Ich habe das Messer erstmal mit einem 18 Grad Grundschliff versehen. Nach dem ersten Eindruck beim Schleifen wirklich sehr hart das Zeug.
Das Härteste, das ich bisher geschliffen habe, ist der 14C28 von Culilux mit angeblich 63HRC. Das Schleifgefühl und die Abtragsgeschwindigkeit beim Keemake deuten für mich schon auf eine noch höhere Härte hin.
Ob es nun wirklich 65 sind, weiß ich nicht. Durch eine Dicke Karotte schneidet das Messer mit dem dünnen Bereich der Klinge fast widerstandslos.
Hab dann noch eine steinhart getrocknete Blutwurst damit geschnitten. Aber nach zwei Scheiben damit aufgehört, weil mir das Messer akustisch schon signalisierte das besser zu lassen.
Ich werde das Messer jetzt mal eine Zeit lang täglich nutzen und die Schärfehaltung und die Neigung zu Ausbrüchen beobachten.

Danach könnte ich es auch gerne mal an den einen oder anderen Kochmesserprofi unter Euch, der über eine breitere Erfahrung als ich mit unterschiedlichen Stählen verfügt zur Einschätzung des Stahls schicken.

Kennt jemand dieses Messer schon und hat schon eine Einschätzung?
 
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So, ich habe das Messer jetzt eine Zeitlang benutzt.
Sehr viel hartes Gemüse wie Karotte und Sellerie , aber auch nicht mehr knuspriges Vollkorbrot geschnitten.
Ich vergleiche einfach mal mit den vielbekannten Culilux Messern.
Die Schärfehaltung nahm ich etwas, wenn auch nicht eklatant besser wahr. Die Neigung zu Mikroausbrüchen der Schneide ist auch etwas höher- In etwa auf dem Niveau der chinesischen VG10 Messer, die ich so kenne. Eventuell auch etwas besser.
Auch, wenn man nicht weiß, was es ist, so finde ich diesen Stahl schon überzeugend. Den Stahl kann man nehmen, wenn das Messer auch sonst die persönlichen Vorlieben trifft.
Mir persönlich passt die Geometrie der Klinge gar nicht. Das Profil ist viel zu bauchig. Da hätte man die Spitze viel weiter runter ziehen müssen und den Bauch deutlich verringern.
Auch die Erhöhung der Dicke über der Wate Richtung Spitze auf 0,4mm geht so gar nicht.
Die Verarbeitung ist erheblich schlechter als bei Culilux. Das Klingenfinish recht grob, mit gebogenen Schleifriefen. Der Rücken nur ganz leicht gebrochen, nahezu scharfkantig.
Am Übergang Klinge zum Griff ist das Finish nicht durchgängig gleich.
Recht gut finde ich den Griff. Die Niete sind bündiger als bei Culilux und das Finish des Micarta matt, was es weniger rutschig macht.
Nachtrag: Es ist laut Herstellerangabe G10, kein Micarta.
Insgesamt bekommt man für die 80€, die das Messer normalerweise kostet schon erheblich weniger Messer, als bei Culilux.
Ich habe nur 47€ bezahlt. Dafür ist es in Ordnung.

Keemake1.jpg
Keemake3.jpg
keemake2.jpg
 
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Das Messer hat mich schon immer interessiert. Vor allem die amorphous alloy, die man wegen der Abkühlrate nur in bestimmten Dicken fertigen kann. Auf den Fotos sah das immer so aus, als sei da ein Streifen dieser amorphen Legierung in der Nähe der Schneide eingefügt worden. Hast du mal geprüft ob der Rücken ähnlich hart ist wie die Schneide? z.B. mit ner Feile. Dass der Bauch extrem ist, kann ich nachvollziehen. In einem anderen Forum wurde mal von der gleichen Firma eins getestet, ebenfalls hart aber nicht aus Flüssigmetall, sondern HAP40 mit Holzgriff. Die 0,4mm an der Spitze sind wohl eine Sicherheitsreserve, damit die Spitze nicht zu filigran wird. Dass es verhältnismäßig dünn ausgeschliffen ist, hätte ich eigentlich nicht unbedingt erwartet. Mit dem Finish könnte ich leben. Der bauchige Schneidenverlauf ist das größere Manko.
 
An meinem Messer ist keinerlei Farb- oder Glanzunterschied in der Klinge erkennbar. Ich halte es für Monostahl. Die Härte am Rücken habe ich bisher nicht getestet.
Aber ich halte dieses Amorphous alloy für eine Marketing Legende.
Wenn so etwas revolutionäres am Messermarkt tatsächlich verfügbar wäre, dann hätte der Hersteller das seriös dokumentieren lassen und es finanziell viel besser ausgenutzt.
So ein amorphes Metall, wenn man es denn verfügbar hätte, würde viele ungelöste Fragen der weiteren Verarbeitung aufwerfen: Wie bringt man es in ein Laminat ein, ohne den amorphen Charakter zu zerstören- wie schweißt man es haltbar an den Griff aus Edestahl-Feinguss an? Ebenso wäre das Material für die Anwendung in einem Küchemesser viel zu spröde. Nach meinen Recherchen wären die beiden wesentlichen Vorteile eines derartigen Metalls die hohe Härte und Schneidhaltigkeit, sowie die höhere maximal erzielbare Schärfe. (Schneidenradius 50 Mikron statt bisher 100 Mikron)
Das macht nur für Skalpelle oder vielleicht Rasiermesser Sinn.
 
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Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das wirklich amorph ist. Wenn ich mir die Form der Klinge ansehe, hat das auch kein Messermacher oder auch nur -Nutzer designed. Ich wuerde wohl auch einmal die Haerte am Ruecken ansehen, wenn das vergleichbar ist, waere mein persoenlicher Schritt, das messer in eine geeignete Form zu bringen. So wie es jetzt ist hat man doch einfach nur ein unnuetzes Drittel Messer vorne, das man nur in abstrusem Winkel nutzen kann.
 
Ebenso wäre das Material für die Anwendung in einem Küchemesser viel zu spröde.
Die Frage, was es damit auf sich hat, stellt sich sofort. Ich habe jedoch gelesen, dass das Metallglas sehr elastisch sein soll.
Da gibt es dieses lustige Video mit dem Metallkugel-Flummi, das schon beeindruckend ist. "Hohe Härte und Festigkeit bei gleichzeitig hoher Elastizität: Aus dieser einzigartigen Kombination ergeben sich unzählige Vorteile bei der Herstellung amorpher Bauteile." Das wären natürlich Killereigenschaften für Küchenmesser. Bei Trumpf haben sie einen 3D Drucker, der mit Metallpulver funktioniert. Es ist erstaunlich was da alles geht.
"Per Additive Manufacturing bzw. Laser-Sintern oder Laserschmelzen lassen sich Bauteile mit höchsten Materialanforderungen herstellen, beschichten oder reparieren. TRUMPF hat in den vergangenen 20 Jahren zwei Laserverfahren der generativen Fertigung zur Industriereife gebracht, mit denen sich aufwändige Formen und individuelle metallische Bauteile schnell, flexibel und kostengünstig aus Metallpulver schichtweise generieren lassen: Laser Metal Fusion (pulverbettbasiertes Laserschmelzen) und Laser Metal Deposition (Laserauftragschweißen)."
Vielleicht wäre das Laserauftragsschweißen eine Methode auf einen Rohling, sagen wir 6mm Schneide anzuschweißen. Ich weiß es letztlich nicht.
Ich würd ja sagen es ist ein umbenannter HAP 40, aber die Hap 40 Messer sind ein ganzes Stück teurer, obwohl die Form identisch ist.
 
Lasersinter sind zwar beeindruckend, aber gerade in der Aufloesung auf z, die hier notwendig ist, kann man das vergessen meines Erachtens. Es gibt zwar multi material laser sintern, aber Klingen, ich habe erhebliche Zweifel. Das Beeindruckende ist ja eher, wie Formen, die zuvor nur extrem aufwendig mit einer CNC machbar waren oder manchmal schlicht unmoeglich, nun entstehen koennen.
 
Was meinst du? Bitte um Erläuterung. z= Zeit? Und wieso muss irgendwas aufgelöst werden?
Z bezieht sich auf eine Achse im kartesischen Koordinatensystem, quasi die Hoehe (Zeit wuerde man immer mit t bezeichnen). Man spricht bei solchen Verfahren in der Regel von 2.5D, da man Schichtweise aufbaut, wie man eine Mauer mauert. Die Genauigkeit, insbesondere bei Materialmischung, in dieser Richtung ist beim Lasersintern noch recht schlecht. Eine CNC Fraese arbeitet da im Bereich 0.005mm, ein Lasersinter bei vielleicht 0.2mm, wobei die Schichtdicke etwas geringer als die Genauigkeit sein kann beim Sintern.
 
Wäre eine hohe Schichtdicke nicht von Vorteil? Man könnte auf der Blechdicke sagen wir in 10 Durchgängen eine Schichtdicke von 0,5mm aufbringen und hätte dann einen Bereich von 5mm an der Schneide der gesintert wäre.
 
Ich wuerde wohl auch einmal die Haerte am Ruecken ansehen, wenn das vergleichbar ist, waere mein persoenlicher Schritt, das messer in eine geeignete Form zu bringen.
Dieses harte Zeug in eine grundlegend andere Form zu schleifen werde ich mir nicht antun.
Ich werde es wohl wieder verkaufen. Das war ja schon beim Kauf mein Gedanke.
Ich wollte mir nur ein Bild machen, was ich von dem Stahl zu halten habe.
 
Ich habe genau das gleiche nun ein paar Monate im regelmässigen Einsatz. Leicht gebraucht für einen Fuffi ersteigert wars einer der besten Deals je. HRC 65 ist natürlich Blödsinn und reichlich dick aufgetragen. 60 halte ich aber durchaus für realistisch . Zu den aktuellen Preisen von 70,- einfach unschlagbar . Hält durchaus mit mit japanischem AUS8, vielleicht auch AUS10. In Verarbeitung, Ausführung der Klingengeometrie ist das top Qualität, mit der die Chinesen uns immer mehr das Fürchten lehren werden. Bei deren Damastprodukten bleibe ich skeptisch, aber auch da habe ich vor kurzem mit XinHuo z.B. Fertigungsqualitäten gesehen, die zu diesen Preisen Alles hinter sich lassen. Auch diesen Markt erobern die Chinesen mühelos... jedenfalls im Bereich rostfrei.
 
Interessant zu lesen.
Da ich einen groooooßen Bogen um diese ganzen Chinaseiten mache (XI ping pong aka Puuh Bär hat schon genug Daten über uns) ist es jedoch äußerst spannend was andere so zu dem Messer zu sagen haben vorallem mal Erfahrungen über 1 Tag hinaus.
 
XINZUO -- HEZHEN -- SUNNECKO
alle 3 + KEEMAKE mit super Fertigungsqualitäten und japanischem Endschliffsniveau (!) - ABER bei Thema DAMAST... ich werde mich diesem Thema in den nächsten Monaten eingehender widmen und dem Ganzen mal auf den Grund gehen zusammen mit einem der feinsten Profischleifereien in D - ist es in Schichten verschweisster Stahl - JA oder NEIN - gibt es tatsächlich eine eingesetzte Corelage aus meist VG10 oder 10Cr ?? oder ist das Ganze ein wirklich gut gemachter Laserfake - später wohl mit dem Angebot eines Passaround der gestesteten Messer --- Interersse..?
@ Salato
diesen Bogen machte ich auch lange - bis ich in den letzten 6 Monaten mal ein paar neue Kandidaten der oben genannten in den Fingern hatte. Und da blieb mir angesichts der Preise ( die natürlich immer ne Rolle spielen.. bei den Chinesen sind sie stets die halbe Miete..) ma ganz gut die Spucke weg. Und ich kaufte früher auch mal ganz gut aus Japan und kenne die aus-dem-Karton-raus Quali von da, die man wohl immer aus Japan kriegt. Im rostfreien Bereich sind die Chinesen dort angelangt. Machen nach meinem Geschmack sogar bessre Chef-Formen. Nur im Bereich Carbonstahl finde ich nix gescheites, jedenfalls nicht in den Chefmesser-Formaten.
 
Die Fertigungsqualität an sich der genannten Marken ist sehr gut und die Optik oft recht spektakulär.
Bei der Dicke über der Wate kommt es sehr stark auf das Modell an. Bei Pettys oder kleineren Messern eigentlich immer zu dick. Bei Gyutos/Chefmessern bei einzelnen wenigen Modellen ausreichend dünn, sonst auch eher robust. Im Spitzenbereich IMMER zu dick. Keine wirkliche Zwiebeltauglichkeit.
Bei den Damasttapeten habe ich keine Zweifel, dass die Lagen in den besseren Serien echt sind. Merkt man auch, wenn man den Spitzenbereich ausdünnt.
Gelaserte sind in der Regel gut zu erkennen.
 
Ich habe genau das gleiche nun ein paar Monate im regelmässigen Einsatz. Leicht gebraucht für einen Fuffi ersteigert wars einer der besten Deals je. HRC 65 ist natürlich Blödsinn und reichlich dick aufgetragen. 60 halte ich aber durchaus für realistisch
Bei mir liegt das Messer noch ungenutzt rum, weil ich den Bauch nicht mag. Bin noch nicht dazu gekommen, es wieder zum Verkauf zu stellen. Die Härte würde ich wie gesagt schon auf deutlich über 60 und auch über 63 einschätzen, rein auf Basis der Schleiferfahrung.
 
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ABER bei Thema DAMAST... ich werde mich diesem Thema in den nächsten Monaten eingehender widmen und dem Ganzen mal auf den Grund gehen
Also aufgelaserten Damast findet man ab und zu bei einigen billigen Chinamessern, aber würde absolut nicht sagen, dass es der Standard ist. Und wenn ich mich täuschen würde, dann wäre das so gut gemacht, dass es keinen Unterschied macht. Damast ist nichts besonderes, kann gut aussehen und Kratzer etwas überdecken, aber das wars auch schon. Wenn man ausdünnt, müsste man aber um das Bild wieder herzustellen stark ätzen bei rostarmen Damastflanken. Volldamast ist auch nur Optik und bringt eher Nachteile, außer es ist Leistungsdamast. Du brauchst zwei Stähle die relativ ähnlich sind, einen Nickelhaltigen und einen Manganhaltigen, und eine ähnliche Wärmebehandlung erforden. Das sind meist Kompromisse und du erzielst bei Monostahl eine bessere Wärmebehandlung. Gibt natürlich noch so Pulverstähle wie Damasteel, die auf einem sehr hohe Niveau sind, aber für mich etwas langweilig.
Insgesamt: Damast is Optik, also im Prinzip egal wie er gemacht wurde. Ich mag Damast teils auch, aber dann halt geschmiedet oder eher sowas wie Mosaikdamast, Federdamast oder gleich so krasse Kreationen wie von Salem Straub(Promethean Knives).

Grüße,
Julian
 
zum thema:
das oben genannte KEEMAKE ist zu den aktuellen preisen, manche sogar unter 50,-€ ( !! ), ein topkauf, super -
HRC von 60 ist wohl eher realistisch -
die "bauchige" schneide ist geschmackssache, lässt aber ganz gut ziehend/drückend-wiegende schnitte zu-
 
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