Schlosser
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Seit ich denken kann, faszinieren mich die Messer der Großväter. Meist sind ihre Herkunft und ursprüngliche Schönheit nicht mehr zu erkennen, sie sind nachgedunkelt, der jahrelange Gebrauch hat Kratzer und andere Spuren hinterlassen, die Klingen haben durch hundertfaches Nachschleifen ihre ursprüngliche Form verloren. Aber sie sind immer noch das wichtigste Werkzeug, eines, ohne das vieles nicht hätte gemacht werden können, das alles konnte, eines, das einen eigenen Charakter bekommen hat, den man nur durch Arbeit erwerben kann.
Und nun kommt hier ein Messer daher, Grandpa’s Favorite nennt es sich, und behauptet also, Großvaters Liebling zu sein, ohne diese charakterbildende Arbeit hinter sich zu haben. Begründetes Selbstbewusstsein ?
Die Fakten
Auf der Seite des Herstellers scheint alles Wichtige zu stehen. Allerdings möchte ich, der Korrektheit halber, auf ein paar Abweichungen aufmerksam machen, die durch Nachmessen bzw. –wiegen erkennbar werden (die letzten Zahlen in der Zeile sind die durch Messen ermittelten Werte):
CRKT®: Open Overall Length 7.3 inches (18,542 cm) 18,2 cm
Weight 3.8 ounces (107,73 g) 121 g
Thickness 0.114 inches (0,289 cm) 0,3 mm
Weight of the sheath 4.9 ounces (138,915 g) 121 g
Krümelkackerei? Na ja, was solls.
Der erste Eindruck – Das Messer
Verpackt ist das Messer zweckmäßig im bei CRKT® üblichen Pappkarton. Mehr braucht man nicht.
Der beiliegende Minicatalog mit den News für 2011 ist heute weniger zweckmäßig. Und die Verpackung lässt keinen Zweifel an der Herkunft: „Product of China“ (China Research Knife & Tool ?).
Beim Auspacken habe ich erst einmal die Scheide beiseite gelegt, um mich mit dem Hauptdarsteller anzufreunden.
Sauber spiegelpolierte Droppointklinge mit hohem Hohlschliff, relativ lange matte Edelstahlbacken, Griffschalen aus Hirschgeweih, mit 5 Edelstahlstiften vernietet, full tang, tapered tang, scharfkantige Daumenrampe. Das Messer macht einen hochwertigen Eindruck. (siehe auch HIER in #7)
Die Klinge ist beidseitig geätzt. Hersteller auf der linken, Modellbezeichnung auf der rechten Seite. Eine Stahlbezeichnung ist nicht zu finden, dafür sind die Ätzungen so rau, dass der Putzlappen hängen bleibt.
Das Messer ist stumpf. Es rutscht nach allen Richtungen auf dem Fingernagel, ganz gleich, in welchem Winkel ich es aufsetze. Mmmh.
Der erste Eindruck – Die Scheide
Das Schlimmste, was ich bisher auf dieser Strecke gesehen habe. Das betrifft nicht nur die Machart. Selbst die Idee ist nicht ausgegoren. Warum muss für zwei Ersatzpatronen ein derartiges Ungetüm aufgeblasen werden? Selbst die Doppelfunktion dieses an der Hauptscheide baumelnden Täschchens als Möglichkeit, die Scheide quer am Gürtel zu tragen, entschuldigt die nicht zu Ende gedachte Idee nicht. Und selbst dann, wenn man die Patronentasche aus nicht vorhandenem Bedürfnis zum Mitführen zweier Patronen entfernt (die meisten Grandpa’s werden dieses Bedürfnis nicht haben) bleibt eine Konstruktion übrig, die ihrem Zweck nicht entspricht.
Grob und schlecht maschinengenäht, sogar der Nähfuß hat eindringliche Spuren hinterlassen.
Der erste Eindruck der grottenschlecht gemachten Scheide war eigentlich auch mein letzter. Ich habe sie die ganze Zeit nicht mehr verwendet.
Positiv allerdings trotz des vorher Gesagten: Das Messer sitzt straff am vorgesehenen Platz und: In beiden Trageweisen können Gürtel bis 50 mm Breite verwendet werden.
Der zweite Eindruck – Das Messer
Die oben schon erwähnte scharfe Daumenrampe lässt sich mit Hausmitteln einfach verrunden, ebenso wie die scharfen Kanten der Edelstahlbacken zur Klinge hin. Die Hirschgeweihschalen scheinen recht gut angepasst. Besser hätte ich es gefunden, für rechts und links etwa gleich strukturiertes Material zu verwenden. Außerdem bröselt der poröse Teil der rechten Griffschale am hinteren Ende und ein Spalt zum Erl wird erkennbar.
Das als Semi-Skinner ausgelegte Messer, das offensichtlich (siehe Ersatzpatronen) wohl vorrangig für die Jagd vorgesehen ist, hat damit eine unschöne Schwachstelle. Hier sollte der Besitzer vor Verwendung Abhilfe schaffen.
Der Klingenstahl Sandvik 12C27 wird herstellerseitig mit 59 – 61 HRC angegeben. Er ist mit ≈14 % Chrom weitgehend rostresistent.
Das notwendige Schärfen der Klinge, die übrigens keine Schleifkerbe hat, gestaltete sich auf Grund des ungleichmäßigen Werksanschliffs (verschiedene Winkel) etwas aufwändiger. Dabei war das Schleifgefühl (mit dem Spyderco Sharpmaker) etwas zwiespältig. Einerseits wurde das Messer scharf, richtig scharf nach Abzug auf Leder, andererseits schien die Klinge weicher als angegeben. Die Schneideigenschaften und die Schnitthaltigkeit mussten nun Tests herausfinden.
Weiche Lebensmittel lassen sich gut schneiden, härtere weniger. Das ist der Klingengeometrie geschuldet; der hohlgeschliffene Keil spaltet. Aber das ist ja auch nicht die Hauptaufgabe des Messers.
Nach dem Anspitzen des (halbtrockenen) Thuja-Knüppels ließ die Schärfe rapide nach. Der Versuch, anschließend einen Zimmermannsbleistift zu spitzen, war mühsam. Wohlgemerkt: Das Messer war nicht stumpf, aber eben nicht mehr scharf genug. Zwar hätte ich noch Kabel abmanteln, wohl aber keine Weidenpfeife für den Enkel mehr schnitzen können. Der Stahl ist ja auch nicht für aggressive Schärfe bekannt. Die Gebrauchsschärfe bleibt allerdings recht lange erhalten.
Die Skinnerfunktion konnte ich mangels Jagdbeute leider nicht testen.
Zur Handlage: Der etwas nach unten abgewinkelte Griff lässt sich, auch auf Grund der Geweihstruktur, sicher greifen, ist aber mit seinen 100 mm nicht eben üppig dimensioniert.
Etwas problematisch scheinen mir die langen Edelstahlbacken. Sie sehen ja ganz hübsch aus, werden aber bei Schnee und Eis evtl. Probleme machen.
Fazit
Das Konzept für das Messer ist nicht das für einen lebenslangen Begleiter in allen möglichen Situationen. Es ist in seiner Gänze ein hübsches Jagdmesser. Andere Aufgaben erledigt es auch, aber eher widerwillig.
Und so scheint mir der Name für das Messer an seinen Möglichkeiten vorbeizugehen. Oder hatte ich nur zu nostalgische Erwartungen? Immerhin wird es dem Nutzer nach Beseitigung kleiner Mängel und dem Anfertigen einer zweckmäßigen Scheide viel mehr ans Herz gewachsen sein.
Und nun kommt hier ein Messer daher, Grandpa’s Favorite nennt es sich, und behauptet also, Großvaters Liebling zu sein, ohne diese charakterbildende Arbeit hinter sich zu haben. Begründetes Selbstbewusstsein ?
Die Fakten
Auf der Seite des Herstellers scheint alles Wichtige zu stehen. Allerdings möchte ich, der Korrektheit halber, auf ein paar Abweichungen aufmerksam machen, die durch Nachmessen bzw. –wiegen erkennbar werden (die letzten Zahlen in der Zeile sind die durch Messen ermittelten Werte):
CRKT®: Open Overall Length 7.3 inches (18,542 cm) 18,2 cm
Weight 3.8 ounces (107,73 g) 121 g
Thickness 0.114 inches (0,289 cm) 0,3 mm
Weight of the sheath 4.9 ounces (138,915 g) 121 g
Krümelkackerei? Na ja, was solls.
Der erste Eindruck – Das Messer
Verpackt ist das Messer zweckmäßig im bei CRKT® üblichen Pappkarton. Mehr braucht man nicht.
Der beiliegende Minicatalog mit den News für 2011 ist heute weniger zweckmäßig. Und die Verpackung lässt keinen Zweifel an der Herkunft: „Product of China“ (China Research Knife & Tool ?).
Beim Auspacken habe ich erst einmal die Scheide beiseite gelegt, um mich mit dem Hauptdarsteller anzufreunden.
Sauber spiegelpolierte Droppointklinge mit hohem Hohlschliff, relativ lange matte Edelstahlbacken, Griffschalen aus Hirschgeweih, mit 5 Edelstahlstiften vernietet, full tang, tapered tang, scharfkantige Daumenrampe. Das Messer macht einen hochwertigen Eindruck. (siehe auch HIER in #7)
Die Klinge ist beidseitig geätzt. Hersteller auf der linken, Modellbezeichnung auf der rechten Seite. Eine Stahlbezeichnung ist nicht zu finden, dafür sind die Ätzungen so rau, dass der Putzlappen hängen bleibt.
Das Messer ist stumpf. Es rutscht nach allen Richtungen auf dem Fingernagel, ganz gleich, in welchem Winkel ich es aufsetze. Mmmh.
Der erste Eindruck – Die Scheide
Das Schlimmste, was ich bisher auf dieser Strecke gesehen habe. Das betrifft nicht nur die Machart. Selbst die Idee ist nicht ausgegoren. Warum muss für zwei Ersatzpatronen ein derartiges Ungetüm aufgeblasen werden? Selbst die Doppelfunktion dieses an der Hauptscheide baumelnden Täschchens als Möglichkeit, die Scheide quer am Gürtel zu tragen, entschuldigt die nicht zu Ende gedachte Idee nicht. Und selbst dann, wenn man die Patronentasche aus nicht vorhandenem Bedürfnis zum Mitführen zweier Patronen entfernt (die meisten Grandpa’s werden dieses Bedürfnis nicht haben) bleibt eine Konstruktion übrig, die ihrem Zweck nicht entspricht.
Grob und schlecht maschinengenäht, sogar der Nähfuß hat eindringliche Spuren hinterlassen.
Der erste Eindruck der grottenschlecht gemachten Scheide war eigentlich auch mein letzter. Ich habe sie die ganze Zeit nicht mehr verwendet.
Positiv allerdings trotz des vorher Gesagten: Das Messer sitzt straff am vorgesehenen Platz und: In beiden Trageweisen können Gürtel bis 50 mm Breite verwendet werden.
Der zweite Eindruck – Das Messer
Die oben schon erwähnte scharfe Daumenrampe lässt sich mit Hausmitteln einfach verrunden, ebenso wie die scharfen Kanten der Edelstahlbacken zur Klinge hin. Die Hirschgeweihschalen scheinen recht gut angepasst. Besser hätte ich es gefunden, für rechts und links etwa gleich strukturiertes Material zu verwenden. Außerdem bröselt der poröse Teil der rechten Griffschale am hinteren Ende und ein Spalt zum Erl wird erkennbar.
Das als Semi-Skinner ausgelegte Messer, das offensichtlich (siehe Ersatzpatronen) wohl vorrangig für die Jagd vorgesehen ist, hat damit eine unschöne Schwachstelle. Hier sollte der Besitzer vor Verwendung Abhilfe schaffen.
Der Klingenstahl Sandvik 12C27 wird herstellerseitig mit 59 – 61 HRC angegeben. Er ist mit ≈14 % Chrom weitgehend rostresistent.
Das notwendige Schärfen der Klinge, die übrigens keine Schleifkerbe hat, gestaltete sich auf Grund des ungleichmäßigen Werksanschliffs (verschiedene Winkel) etwas aufwändiger. Dabei war das Schleifgefühl (mit dem Spyderco Sharpmaker) etwas zwiespältig. Einerseits wurde das Messer scharf, richtig scharf nach Abzug auf Leder, andererseits schien die Klinge weicher als angegeben. Die Schneideigenschaften und die Schnitthaltigkeit mussten nun Tests herausfinden.
Weiche Lebensmittel lassen sich gut schneiden, härtere weniger. Das ist der Klingengeometrie geschuldet; der hohlgeschliffene Keil spaltet. Aber das ist ja auch nicht die Hauptaufgabe des Messers.
Nach dem Anspitzen des (halbtrockenen) Thuja-Knüppels ließ die Schärfe rapide nach. Der Versuch, anschließend einen Zimmermannsbleistift zu spitzen, war mühsam. Wohlgemerkt: Das Messer war nicht stumpf, aber eben nicht mehr scharf genug. Zwar hätte ich noch Kabel abmanteln, wohl aber keine Weidenpfeife für den Enkel mehr schnitzen können. Der Stahl ist ja auch nicht für aggressive Schärfe bekannt. Die Gebrauchsschärfe bleibt allerdings recht lange erhalten.
Die Skinnerfunktion konnte ich mangels Jagdbeute leider nicht testen.
Zur Handlage: Der etwas nach unten abgewinkelte Griff lässt sich, auch auf Grund der Geweihstruktur, sicher greifen, ist aber mit seinen 100 mm nicht eben üppig dimensioniert.
Etwas problematisch scheinen mir die langen Edelstahlbacken. Sie sehen ja ganz hübsch aus, werden aber bei Schnee und Eis evtl. Probleme machen.
Fazit
Das Konzept für das Messer ist nicht das für einen lebenslangen Begleiter in allen möglichen Situationen. Es ist in seiner Gänze ein hübsches Jagdmesser. Andere Aufgaben erledigt es auch, aber eher widerwillig.
Und so scheint mir der Name für das Messer an seinen Möglichkeiten vorbeizugehen. Oder hatte ich nur zu nostalgische Erwartungen? Immerhin wird es dem Nutzer nach Beseitigung kleiner Mängel und dem Anfertigen einer zweckmäßigen Scheide viel mehr ans Herz gewachsen sein.
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