AILL
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Grüß Euch,
hier mein Bericht zum CRKT Ikoma Carajas aus dem MMTGW II. Vielen Dank an Pitter für diese alles andere als selbstverständliche Aktion!
CRKT Ikoma Carajas oder: der flippende Racker
Der brasilianische Messerdesigner Flavio Ikoma zeichnet für den Entwurf dieses Messers verantwortlich.
Ikoma hat aber schon mehrere Messer gemeinsam mit CRKT herausgebracht, wird aber auch als Miterfinder des IKBS™ (IKOMA KORTH BEARING SYSTEM), siehe auch hier: http://www.ikbsknifetech.com/ genannt.
Ganz vereinfacht: es geht um die Kugellager, die ein samtweiches Öffnen und Schließen bewerkstelligen.
Also nicht nur Designer sondern auch technisch begabt, der Herr. Das kann man auch an dem Carajas erahnen.
ein paar technische Details
(von der Böker-Seite):
Gesamtlänge: 18,7 cm
Klingenlänge: 7,9 cm
Gewicht: 85 g
Klingenstärke: 2,5 mm (stimmt, nachgemessen, ganz vorne beim jimping, dann wirds dünner)
Klingenmaterial: 12C27 Sandvik/Schweden
Griffmaterial: G10
Verschluss: Liner Lock, Rechtshänderbedienung
Kurz zum verwendeten Stahl: 12C27 ist ein schon lange bekannter Messer- und Werkzeugstahl der von Sandvik als sehr hart, sehr zäh und gut rostträge bezeichnet wird.
Hier im Forum gibt es natürlich auch Informationen dazu:
http://www.messerforum.net/showthread.php?48664-12C27-und-Schnitthaltigkeit
http://www.messerforum.net/showthread.php?36793-Sandvik-Stahl-12C27-was-ist-besser-schlechter
aber bevor das hier zu trocken wird, ein Bild:
Wir erkennen einen Hinweis aufs Kugellager, den Namen des Messers und eine vierstellige Zahl, deren Bedeutung sich mir verschließt. Wer weiß was?
noch eines, andere Seite diesmal:
Gut zu erkennen hier die abgeflachten Serrations zu denen ich später noch komme.
Zum Namen:
Carajas ist brasilianisch und hat verschiedene Bedeutungen. Mir hätte es gefallen wenn "Carajas" die portugiesische Übersetzung von "Racker" gewesen wäre. Hätte gut gepasst.
Zum Größenvergleich:
Endura, Carajas und Delica:
Carajas und 47's mini CR123
Klopper ist das keiner. Das Messer spielt von der Größe in der Liga von Delica oder Mini-Griptilian, um zwei gut bekannte Messer zu nennen.
Handlage:
weitere Bilder:
Also das passt recht gut! Ich habe Handschuhgröße 9 und somit keine allzugroßen Pratzen. Der Griff ist lang genug um nicht in der Hand zu verschwinden. Lediglich beim Aufflippen dürfte es etwas länger sein.
An dieser Stelle auch meine Anmerkungen zur Haptik: die Griffschalen aus G-10 zu deren Design ich gleich komme, sind bemerkenswert unrutschig und griffig.
Wenn man jetzt allerdings länger mit dem Carajas arbeitet, werden die Grooves eher zur Qual, das beginnt dann zu schmerzen.
Womit man dann plötzlich mit einer spannenden Frage konfrontiert ist, welche ich auch später zu beantworten versuchen werde: was will dieses Messer eigentlich sein?
Design und Verarbeitung:
zwei Bilder dazu:
Die Griffschalen verstehen sich eindeutig auch als Design-Element. Die Grooves ergeben ein durchdachtes Muster und erhöhen den Reibungskoeffizienten recht effektiv.
Eindeutig Designerwerk mit technischem Verständnis angereichert. Also genau was Flavio Ikoma kann. Bravo!
zur "Ausgewogenheit" des Designs:
Aus dem Blickwinkel der optischen Ausgewogenheit, liegt beim Carajas der Schwerpunkt weiter Richtung Klinge, beim Delica hingegen Richtung Griff.
Die Carajas-Klinge dominiert das Gesamtbild des Messers, nicht zuletzt auch wegen des Flippers.
*Meiner* Meinung nach ist weder das eine noch das andere Messer ein wirklich gelungenes Design.
Backspacer:
Jimping am Rücken:
Beide Elemente sorgen für weiteren Grip. Langsam stelle ich mir aber die Frage, wer soviel davon jemals braucht?
Der Clip: schöne geschwungene Form. Nicht umsetzbar aber freilich demontierbar. Rostträger Federstahl, sehr streng und in Verbindung mit den Grooves auf den Schalen ein klarer Hosen-Zerstörer. Also ganz ehrlich: das Messer bekommt man fast nicht eingeclippt, das geht sehr sehr streng und nur mit entsprechendem Verschleiß von Stoff und Nähten.
Die Verarbeitung insgesamt hingegen ist untadelig. Da ist nix schief, nix unsymmetrisch, weder am Griff noch an der Klinge.
Die Griffschalen sitzen sauber, ich habe den Eindruck, das ist genau so gewollt wie es hier vorliegt, das ist nicht einfach "passiert".
Zur Funktion:
Liner-Lock:
Mittig. Sehr sogar. Nach minimaler Einstellung der Achsschraube wackelt da auch nix. Also überhaupt nix.
Flippt trotzdem sehr cool. Kugellagergeschuldet halt. In jeder Position, auch nach oben. Null problemo. Das ist echt lässig.
Mit der rechten Hand lässt sich das Messer auch gut einhändig wieder schließen. Der Flipper stoppt die sich einklappende
Klinge zuverlässig am Daumen, dann muss man ein wenig umgreifen und kann schließen. Ein klein wenig Vorsicht ist aber geboten!
Mein Chef war der Meinung dass das unter Umständen nicht so gesund sein könnte als er mir beim einhändigen Schließen zusah.
(Ich hatte schon den ganzen Tag im Büro damit herumgeflippt, aber meine Mitarbeiter sind das schon so gewohnt, das kratzt keinen
mehr wenn ich da mit Messern rumspiele).
mein Fazit und die Beantwortung der Frage von oben:
Das Messer erledigt Alltagsaufgaben bestens und flippt supi.
Also ich meine damit: Spagat schneiden, Briefe öffnen, Kartons zerkleinern, angeben
Bitte keine Essenszubereitung. Die Löcher in der Klinge sind Schmutzfänger. Und die Serrations tun ihr Übriges dazu.
Dazu taugt das nicht (wirklich).
Die abgeflachten Serrations finde ich extra-cool. Macht keine Angst und funktioniert trotzdem. Endlich Serrations die ich mag (mal abgesehen von Civilian, Matriarch + Co. aber da gehts um was ganz anderes).
Was dieses Messer sein will:
1. cool, weils einfach gut flippert
2. cool, weils gut aussieht, oder halt gut aussieht in den Augen des Designers
3. ein Werkzeug.
Flavio Ikoma zeigt uns hier seine Interpretation wie man ein lässiges Messer baut, bei dem das Design gegenüber der Funktion oberhand behält.
Andreas
hier mein Bericht zum CRKT Ikoma Carajas aus dem MMTGW II. Vielen Dank an Pitter für diese alles andere als selbstverständliche Aktion!
CRKT Ikoma Carajas oder: der flippende Racker
Der brasilianische Messerdesigner Flavio Ikoma zeichnet für den Entwurf dieses Messers verantwortlich.
Ikoma hat aber schon mehrere Messer gemeinsam mit CRKT herausgebracht, wird aber auch als Miterfinder des IKBS™ (IKOMA KORTH BEARING SYSTEM), siehe auch hier: http://www.ikbsknifetech.com/ genannt.
Ganz vereinfacht: es geht um die Kugellager, die ein samtweiches Öffnen und Schließen bewerkstelligen.
Also nicht nur Designer sondern auch technisch begabt, der Herr. Das kann man auch an dem Carajas erahnen.
ein paar technische Details
(von der Böker-Seite):
Gesamtlänge: 18,7 cm
Klingenlänge: 7,9 cm
Gewicht: 85 g
Klingenstärke: 2,5 mm (stimmt, nachgemessen, ganz vorne beim jimping, dann wirds dünner)
Klingenmaterial: 12C27 Sandvik/Schweden
Griffmaterial: G10
Verschluss: Liner Lock, Rechtshänderbedienung
Kurz zum verwendeten Stahl: 12C27 ist ein schon lange bekannter Messer- und Werkzeugstahl der von Sandvik als sehr hart, sehr zäh und gut rostträge bezeichnet wird.
Hier im Forum gibt es natürlich auch Informationen dazu:
http://www.messerforum.net/showthread.php?48664-12C27-und-Schnitthaltigkeit
http://www.messerforum.net/showthread.php?36793-Sandvik-Stahl-12C27-was-ist-besser-schlechter
aber bevor das hier zu trocken wird, ein Bild:
Wir erkennen einen Hinweis aufs Kugellager, den Namen des Messers und eine vierstellige Zahl, deren Bedeutung sich mir verschließt. Wer weiß was?
noch eines, andere Seite diesmal:
Gut zu erkennen hier die abgeflachten Serrations zu denen ich später noch komme.
Zum Namen:
Carajas ist brasilianisch und hat verschiedene Bedeutungen. Mir hätte es gefallen wenn "Carajas" die portugiesische Übersetzung von "Racker" gewesen wäre. Hätte gut gepasst.
Zum Größenvergleich:
Endura, Carajas und Delica:
Carajas und 47's mini CR123
Klopper ist das keiner. Das Messer spielt von der Größe in der Liga von Delica oder Mini-Griptilian, um zwei gut bekannte Messer zu nennen.
Handlage:
weitere Bilder:
Also das passt recht gut! Ich habe Handschuhgröße 9 und somit keine allzugroßen Pratzen. Der Griff ist lang genug um nicht in der Hand zu verschwinden. Lediglich beim Aufflippen dürfte es etwas länger sein.
An dieser Stelle auch meine Anmerkungen zur Haptik: die Griffschalen aus G-10 zu deren Design ich gleich komme, sind bemerkenswert unrutschig und griffig.
Wenn man jetzt allerdings länger mit dem Carajas arbeitet, werden die Grooves eher zur Qual, das beginnt dann zu schmerzen.
Womit man dann plötzlich mit einer spannenden Frage konfrontiert ist, welche ich auch später zu beantworten versuchen werde: was will dieses Messer eigentlich sein?
Design und Verarbeitung:
zwei Bilder dazu:
Die Griffschalen verstehen sich eindeutig auch als Design-Element. Die Grooves ergeben ein durchdachtes Muster und erhöhen den Reibungskoeffizienten recht effektiv.
Eindeutig Designerwerk mit technischem Verständnis angereichert. Also genau was Flavio Ikoma kann. Bravo!
zur "Ausgewogenheit" des Designs:
Aus dem Blickwinkel der optischen Ausgewogenheit, liegt beim Carajas der Schwerpunkt weiter Richtung Klinge, beim Delica hingegen Richtung Griff.
Die Carajas-Klinge dominiert das Gesamtbild des Messers, nicht zuletzt auch wegen des Flippers.
*Meiner* Meinung nach ist weder das eine noch das andere Messer ein wirklich gelungenes Design.
Backspacer:
Jimping am Rücken:
Beide Elemente sorgen für weiteren Grip. Langsam stelle ich mir aber die Frage, wer soviel davon jemals braucht?
Der Clip: schöne geschwungene Form. Nicht umsetzbar aber freilich demontierbar. Rostträger Federstahl, sehr streng und in Verbindung mit den Grooves auf den Schalen ein klarer Hosen-Zerstörer. Also ganz ehrlich: das Messer bekommt man fast nicht eingeclippt, das geht sehr sehr streng und nur mit entsprechendem Verschleiß von Stoff und Nähten.
Die Verarbeitung insgesamt hingegen ist untadelig. Da ist nix schief, nix unsymmetrisch, weder am Griff noch an der Klinge.
Die Griffschalen sitzen sauber, ich habe den Eindruck, das ist genau so gewollt wie es hier vorliegt, das ist nicht einfach "passiert".
Zur Funktion:
Liner-Lock:
Mittig. Sehr sogar. Nach minimaler Einstellung der Achsschraube wackelt da auch nix. Also überhaupt nix.
Flippt trotzdem sehr cool. Kugellagergeschuldet halt. In jeder Position, auch nach oben. Null problemo. Das ist echt lässig.
Mit der rechten Hand lässt sich das Messer auch gut einhändig wieder schließen. Der Flipper stoppt die sich einklappende
Klinge zuverlässig am Daumen, dann muss man ein wenig umgreifen und kann schließen. Ein klein wenig Vorsicht ist aber geboten!
Mein Chef war der Meinung dass das unter Umständen nicht so gesund sein könnte als er mir beim einhändigen Schließen zusah.
(Ich hatte schon den ganzen Tag im Büro damit herumgeflippt, aber meine Mitarbeiter sind das schon so gewohnt, das kratzt keinen
mehr wenn ich da mit Messern rumspiele).
mein Fazit und die Beantwortung der Frage von oben:
Das Messer erledigt Alltagsaufgaben bestens und flippt supi.
Also ich meine damit: Spagat schneiden, Briefe öffnen, Kartons zerkleinern, angeben
Bitte keine Essenszubereitung. Die Löcher in der Klinge sind Schmutzfänger. Und die Serrations tun ihr Übriges dazu.
Dazu taugt das nicht (wirklich).
Die abgeflachten Serrations finde ich extra-cool. Macht keine Angst und funktioniert trotzdem. Endlich Serrations die ich mag (mal abgesehen von Civilian, Matriarch + Co. aber da gehts um was ganz anderes).
Was dieses Messer sein will:
1. cool, weils einfach gut flippert
2. cool, weils gut aussieht, oder halt gut aussieht in den Augen des Designers
3. ein Werkzeug.
Flavio Ikoma zeigt uns hier seine Interpretation wie man ein lässiges Messer baut, bei dem das Design gegenüber der Funktion oberhand behält.
Andreas
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