Vorwort: Eigentlich hatte ich ja vor gehabt vor dem Kauf mit euch über das für&wider dieser Messerform zu diskutieren. Da es am Ende aber dann einen Panik/Impuls-Kauf gab, stelle ich dem eigentlichen Bericht einen kleinen Theorie-Teil voran. Wer daran und an der Motivation hinter dem Kauf kein Interesse hat, überspring einfach die ersten Punkte. Ich werde auch versuchen das Topic die nächsten Monate immer wieder zu pflegen, so das auch Erkenntnisse was z.B. die Standzeit des Stahls angeht irgendwann einfließen. Deswegen auch das fürs Forum bisher eher unübliche Inhaltsverzeichnis, damit habe ich nämlich die Möglichkeit, einfach auf spätere Beiträge verlinken zu können, ohne den Eingangsbeitrag irgendwann zu einem riesigen Textbrocken aufzublasen. Ist ja ein Bericht und kein Roman...
Inhalt
Was ist ein Kiritsuke überhaupt?
Da unter der Bezeichnung häufig zwei eigentlich recht unterschiedliche Messer in einen Topf geworfen werden, fang ich mal mit einer kleinen Japan-Lektion an. Der Name selber leitet sich vom japanischen Wort für schneiden ab, laut englisch-japanischen Onlinewörterbuch Denshi Jisho heißt kiritsukeru übersetzt "to cut at/to slash at"...also schneiden, mit einem scharfen Gegenstand schlagen/schlitzen. Macht irgendwie Sinn bei einem scharfen Küchenmesser, oder? :
Moment, wieso den zwei verschiedene Messer? Du stellst uns doch nur eins vor! Stimmt, aber der Begriff wird zum einen fürs klassische Kiritsuke genutzt und zum anderen für eine eher moderne Version, die mit der klassischen aber nur das Profil und nicht die Geometrie gemeinsam hat. Nennen wir diese zur besseren Abgrenzung einfach Wa-Kiritsuke, das ist der Begriff den ich im weiteren Verlauf durchgängig auch verwenden werde.
Das klassische Kiritsuke ist eines der wenigen Allzweckmesser, was man in Japan vor der Adaptierung westlicher Messerformen (wie dem französischen Kochmesser, das die Grundlage des Gyutos bildet)so kannte. Denn eigentlich sind die meisten klassischen japanischen Messer ausgewiesene Spezialisten. Wie beispielsweise Deba , Usuba oder Yanagiba, um nur mal die bekannteren zu nennen. Das Kiritsuke ist ebenfalls ein einseitig geschliffenes Messer und von der Form her eine Kreuzung aus Usuba und Yanagiba. Es soll also die Aufgabengebiete dieser beiden Messer abdecken, wie Fisch in Scheiben für Sashimi und Sushi zu schneiden, oder Gemüse in hauchdünne lange Streifen zu schälen (Katsuramuki Technik), die zu rechteckigen Blättern gekürzt und dann mit oder gegen die Maserung in feine Streifen geschnitten werden (Yoyoken bzw. Tateken). Traditionell ist es in japanischen Restaurants den altgedienten Köchen vorbehalten und hat somit auch etwas von einem Statussymbol. Wieso? Weil es eben einen Kompromiß zwischen zwei spezialisierten Messerformen darstellt, ist es eben schwieriger mit einem Kiritsuke eine sehr saubere Umsetzung der klassischen japanischen Schnitttechniken hinzubekommen, als mit einem Usuba oder einem Yanagiba.
Das Wa-Kiritsuke hingegen ist ein beidseitig angeschliffenes Messer und eine Variante des Gyutos, was ja wie schon erwähnt die japanische Adaption des europäischen Kochmessers ist. Womit wir nun zu dem aus meiner Sicht nicht unwichtigen nächsten Punkt kommen...
Klassisches Gyuto vs Wa-Kiritsuke
Meiner Meinung nach machen viele Käufer den Fehler, beim Wa Kiritsuke primär an ein sehr martialisch aussehendes Gyuto zu denken. Also das man quasi ein Küchen-Katana kauft, aber weiterhin ein ganz normales Gyuto in der Hand hat. Das stimmt nicht und ist wahrscheinlich auch der Grund, wieso diese Messer sehr häufig einige Wochen und Monate später wieder von ihren Besitzern verkauft werden... Da Bilder mehr sagen als 1000 Worte, mal ein Vergleich zwischen meinem Konosuke Wa-Kiritsuke und meinem Kohetsu Wa-Gyuto:
Wie man recht gut sieht, hängt die Spitze sehr tief und das Profil ist sehr flach, mit sehr wenig Bauch. Und das Konosuke ist da noch eines der bauchigeren Wa-Kiritsuke auf dem Markt. Wenigstens rein von den Photos her, würde ich die Messer von Moritaka und Tojiro z.B. als noch flacher ausgeschliffen vom Schneidprofil einschätzen. Was das in der Praxis bedeutet sollte klar sein: Wiegeschnitt ist nicht die Stärke des Kiritsuke-Profils, da man gerade bei hohem Schnittgut nicht genug Bauch hat und so schnell Gefahr läuft, die Spitze ins Brett zu bohren und schlimmstenfalls zu beschädigen.
Es ist als eher eine Kreuzung aus Nakiri und Sujhiki (analog zur Usuba-Yanagiba Kreuzung des traditionellen Kiritsuke), als ein Gyuto mit Schwertspitze. Ich greife da jetzt etwas meine eigenen Erfahrungen und auch den folgenden Abschnitt vorweg, aber aus meiner Sicht ist ein Wa-Kiritsuke primär eine Alternative für all jene Freunde der Nakiri-Form, die sich ab und zu etwas mehr Länge und vor allem eine Spitze wünschen. Wer auf der Suche nach einem echten Allrounder ist, sollte besser bei der klassischen Gyuto-Form bleiben und einen großen Bogen um ein Wa-Kiritsuke machen.
Kaufmotivation
Bevor ich gleich zur eigentlichen Vorstellung des Konosuke übergehe, möchte ich noch kurz was zu den Faktoren sagen, die letztendlich zum Kauf dieses speziellen Messers geführt haben.
güNef hat vor einigen Wochen recht treffend in der Diskussion zu meinem Kohetsu-Gyuto gesagt, daß eben jeder mit wachsender Erfahrung seine eigenen ganz speziellen Vorlieben und Ansprüche an ein Kochmesser entwickelt. Das ist natürlich gewissermaßen ein kleiner Teufelskreis, denn solange man nicht an irgendwelchen Messerzirkeln teilnimmt, sammelt man als Hobbykoch meistens seine Erfahrung über die eigenen Käufe. Mit der Gefahr eben, daß der eine oder andere Kauf sich auf lange Sicht als ein Schubladenhüter entpuppt. Bei mir sind so mit der Zeit eine ganze Reihe an Messern zusammengekommen, die nicht oder nicht mehr ganz meinen Ansprüchen genügten. Chinesische Kochmesser sind mir zu schwer & hoch. Mein Herder Nakiri ist mir manchmal mit seinen 16,5cm zu kurz... das Yoshihiro Suji hat den falschen Griff, wird aber zu selten genutzt das sich die Anschaffung eines Wa-Sujihikis lohnen würde. Naja und das Kohetsu ist eine richtige Baustelle und macht mir auf dem Brett auch vom Profil her weniger Spaß als mein geliebtes ähnlich langes Wa-Petty von Ashi.
Ein Wa-Kiritsuke in 24-27cm hatte für mich auf dem Papier folgende Vorteile (gegenüber einem 24er Gyuto):
1. Ich bin kein großer Mensch, arbeite deswegen ungerne mit dem Wiegeschnitt, also ist das weniger bauchige Profil kein wirklicher Nachteil für mich.
2. Ich arbeite gerne mit Nakiris, vermisse da aber beizeiten eine Spitze und etwas mehr Länge. Dummerweise fallen die meisten größeren Nakiris recht hoch aus (5,5cm sind da keine Seltenheit).
3. Es dürfte eine hinreichend adäquate Leistung beim Zugschnitt von Fisch&Fleisch schaffen, das es als Ersatz-Sujihiki taugt.
Kurz gesagt: Es besteht also eine nicht unrealistische Chance, daß ich mit einem Wa-Kiritsuke bei 2-3 meiner Messer entweder ganz ersetzen oder eine Aufwertung um längere Zeit hinauszögern kann. Zur Option stand dann entweder eine Maßanfertigung bei Ashi, oder der Kauf eines Konosuke. Da ich bei Ashi 6+ Monate hätte warten müssen, das Konosuke aber bei einem europäischen Händler zu einem sehr guten Preis verfügbar war, habe ich mich dann für letzteres entschieden. Der Kauf ging dann auch entgegen anderslautender Ankündigungen recht schnell von statten, da die Lagerbestände bei Konosuke und den europäischen Händlern fast erschöpft waren und auf absehbare Zeit auch nichts mehr nach-produziert werden wird.
Und damit kommen wir nun endlich zum eigentlich Testbericht....so sah das Messer übrigens jungfräulich und frisch ausgepackt aus:
Daten und Fakten
Gesamtlänge: 43 cm
Klingenlänge: 26,1 cm
Klingenhöhe am Kehl: 4,85 cm
Rückenbreite (Kehl): 2,35mm
Rückenbreite (Knick zur "Schwertspitze"): 1,5mm
Grifflänge: 15,3 cm
Griffhöhe: 2,62 cm
Griffbreite: 2,15 cm
Monostahlkonstruktion aus Shirogami 2, 61+ HRC (auf der Händlerseite stand 62-63... laut Konosuke selber wäre auch dieser Wert nicht unrealistisch, da es eben zu Abweichungen kommt)
Gewicht: 174g, behauptet meine TCM-Küchenwaage.
Schwerpunkt: 5,5cm von der Zwinge, bzw. 3,5cm vom Kehl entfernt.
Preis: 268€, aktuell aber nicht mehr lieferbar
Klingenprofil und Geometrie
Über das Klingenprofil hab ich ja schon was gesagt. Von der Geometrie her hält es, was man von einem Konosuke dieser Preiskategorie erwartet.
Ein schönes Diagramm mit Meßpunkten wird es wahrscheinlich nicht geben, da ich nach längerer Überlegung und den seltsamen Diskussionen, die wir in letzter Zeit zu Werten hinter der Wate hatten, wenig Sinn darin sehe mir diese Arbeit überhaupt zu machen. So oder so wäre das bei der Qualität meines Meßschiebers und den Widrigkeiten, die Meßpunkte überhaupt vorher erst einmal auf der Klinge millimetergenau aufgetragen und abgelesen zu bekommen, nichts mehr als gehobene Kaffeesatzleserei. Sparen wir uns also also irgendwelche Glaubenskriege, welches Messer nun dicker oder dünner hinter der Wate ist als ein Konosuke und erfreuen wir uns am Kehlbild. Letztendlich zählt eh die Performance auf dem Brett...
Verarbeitung von Klinge und Griff
Das Kiritsuke ist wie alle Konosuke, die wir bisher hier im Forum so hatten, auf extrem hohen Niveau verarbeitet. Der Klingenrücken ist sauber gerundet, ebenso der Bereich wo beim "Pinch-Grip" der Mittelfinger hingreift. Eine winzige Machi ist vorhanden, mich stört sie nicht. Zwischen Zwinge und Griffholz ist ein winziger Höhenunterschied fühlbar, der sich aber beim normalen Gebrauch in keinster Weise bemerkbar macht. Man fühlt ihn eigentlich auch nur, wenn man mit dem Finger drüberfährt. Von der Größe her empfinde ich den Griff als sehr passend gewählt. Er ist trotz meiner kleinen Hände nicht wuchtig und balanciert das Messer sehr gut aus. Bei einem kürzeren Griff läge der Schwerpunkt weiter vorne, so liegt er genau da wo mein Zeigefinger aufliegt.
Benutzung
Das Messer hatte bei Auslieferung eine sehr gute Schärfe, ich hab es aus Spaß aber am Freitag bei Krassi mal paar Züge über die 8&16k Shapton Glas Steine gejagt und anschließend auf Chromoxid-Leder abgezogen. Kopf oder Po-Rasur hab ich mir gespart, Haare in der Suppe sind auch nicht so mein Ding. Durch Tomaten ging es vor und nach der kleinen Schärfaktion problemlos durch, ich denke hier wird Krassi auch noch das eine oder andere Wort zum Schärfezustand sagen. Wie der Stahl die Schärfe hält, kann ich aktuell noch nicht zu sagen. Ich hab damit seit dem Kauf keine 20 Portionen damit zubereitet. Wenn es das nicht gepackt hätte, wäre ich auch stark verwundert gewesen...
Ich hab bisher kein Lebensmittel in meinen üblichen Gerichten gefunden, was das Messer überfordern würde. Es geht auch problemlos durch Möhren durch, hat aber eine stärkere Haftfreudigkeit was Schnittgut angeht als mein Petty. Was aber aufgrund der fast 2cm mehr Klingenhöhe bei dem Flachschliff auch nicht wirklich verwundert. Übermäßig reaktiv ist der Stahl auch nicht. Man sieht zwar das es ein Karbon und kein rostträger Stahl ist, es riecht aber weniger als meine Herder und verfärbtes Schnittgut hatte ich bisher auch keins.
Zwiebeln mag es bei der Spitze übrigens besonders gerne, man kann dank des Profils auch mit eigentlich jedem Teil der Klinge gut im Druckschnitt arbeiten, ohne dabei übermäßig aus der Schulter arbeiten, oder mit dem Arm in die Höhe gehen zu müssen. Ein US-Besitzer eines Konosuke Wa-Kiritsuke hatte das sehr passend beschrieben: Während man bei klassischen Gyutos bei der Arbeit mit dem vorderen Klingenteil den Griff in einem Winkel zum Brett führt, hat man beim Kiritsuke eher das Gefühl sich parallel zum Brett zu bewegen...so wie man es ähnlich auch bei Nakiris oder Chinesischen Kochmessern hat.
Erstes Zwischenfazit nach einer Woche
Ich bin bisher völlig zufrieden, das Messer übertrifft sogar meine Erwartungen. Wie erhofft liegt mir das Profil sehr, es macht wirklich Spaß im Druck&Zugschnitt damit zu arbeiten und es fühlt sich auf dem Brett auch nicht wie ein 26cm Messer an. Natürlich hat es etwas mehr Gewicht als mein Nakiri oder mein Petty, aber dies macht sich nicht unangenehm bemerkbar. Ich würd jetzt damit jetzt auch keinen Sack Orangen filetieren wollen, aber unhandlich empfinde ich die lange Klinge nicht.
Oder drücken wir es anders aus: Ich bin im Moment so glücklich, daß ich nicht nur dabei bin mein Herder Nakiri und das Sujihiki ersatzlos zu verkaufen, sondern das ich auch denke mich mit nur 3 guten Japanern in der Küche (+ einem Kneipchen & nem Grobian) auf längste Zeit erst einmal völlig zufrieden zu geben. Das Kohetsu werde ich zwar von Herrn Schanz noch überholen lassen, primär aber nur um es irgendwann in gutem Zustand verkaufen zu können. Eventuell -falls Interesse besteht- würde ich es vorher dem Messerzirkel für eine Testrunde zur Verfügung stellen. Das Konosuke bleibt aber hier... wer es testen will, der muß entweder zum kochen vorbeikommen oder mich zum kochen einladen.
So... genug geschrieben, die restlichen Bilder reiche ich in ein paar Stunden nach. Vorher muß ich aber erst einmal ausschlafen und aus den Unmengen an Bildern, die Krassi während unserer Kochsession am Freitag aufgenommen hat, die fürs Review passendsten raus suchen. Der wird wahrscheinlich morgen im Laufe des Tages noch seinen Senf dazu abgeben, ich glaub gut für sein Konto war mein Besuch bei ihm nicht...
EDIT: Bilder sind nun drin...
Inhalt
- Was ist ein Kiritsuke überhaupt?
- Klassisches Gyuto vs Wa-Kiritsuke
- Kaufmotivation
- Daten und Fakten
- Klingenprofil und Geometrie
- Verarbeitung von Klinge und Griff
- Benutzung
- Erstes Zwischenfazit nach einer Woche
- Mehr Bilder
Was ist ein Kiritsuke überhaupt?
Da unter der Bezeichnung häufig zwei eigentlich recht unterschiedliche Messer in einen Topf geworfen werden, fang ich mal mit einer kleinen Japan-Lektion an. Der Name selber leitet sich vom japanischen Wort für schneiden ab, laut englisch-japanischen Onlinewörterbuch Denshi Jisho heißt kiritsukeru übersetzt "to cut at/to slash at"...also schneiden, mit einem scharfen Gegenstand schlagen/schlitzen. Macht irgendwie Sinn bei einem scharfen Küchenmesser, oder? :
Moment, wieso den zwei verschiedene Messer? Du stellst uns doch nur eins vor! Stimmt, aber der Begriff wird zum einen fürs klassische Kiritsuke genutzt und zum anderen für eine eher moderne Version, die mit der klassischen aber nur das Profil und nicht die Geometrie gemeinsam hat. Nennen wir diese zur besseren Abgrenzung einfach Wa-Kiritsuke, das ist der Begriff den ich im weiteren Verlauf durchgängig auch verwenden werde.
Das klassische Kiritsuke ist eines der wenigen Allzweckmesser, was man in Japan vor der Adaptierung westlicher Messerformen (wie dem französischen Kochmesser, das die Grundlage des Gyutos bildet)so kannte. Denn eigentlich sind die meisten klassischen japanischen Messer ausgewiesene Spezialisten. Wie beispielsweise Deba , Usuba oder Yanagiba, um nur mal die bekannteren zu nennen. Das Kiritsuke ist ebenfalls ein einseitig geschliffenes Messer und von der Form her eine Kreuzung aus Usuba und Yanagiba. Es soll also die Aufgabengebiete dieser beiden Messer abdecken, wie Fisch in Scheiben für Sashimi und Sushi zu schneiden, oder Gemüse in hauchdünne lange Streifen zu schälen (Katsuramuki Technik), die zu rechteckigen Blättern gekürzt und dann mit oder gegen die Maserung in feine Streifen geschnitten werden (Yoyoken bzw. Tateken). Traditionell ist es in japanischen Restaurants den altgedienten Köchen vorbehalten und hat somit auch etwas von einem Statussymbol. Wieso? Weil es eben einen Kompromiß zwischen zwei spezialisierten Messerformen darstellt, ist es eben schwieriger mit einem Kiritsuke eine sehr saubere Umsetzung der klassischen japanischen Schnitttechniken hinzubekommen, als mit einem Usuba oder einem Yanagiba.
Das Wa-Kiritsuke hingegen ist ein beidseitig angeschliffenes Messer und eine Variante des Gyutos, was ja wie schon erwähnt die japanische Adaption des europäischen Kochmessers ist. Womit wir nun zu dem aus meiner Sicht nicht unwichtigen nächsten Punkt kommen...
Klassisches Gyuto vs Wa-Kiritsuke
Meiner Meinung nach machen viele Käufer den Fehler, beim Wa Kiritsuke primär an ein sehr martialisch aussehendes Gyuto zu denken. Also das man quasi ein Küchen-Katana kauft, aber weiterhin ein ganz normales Gyuto in der Hand hat. Das stimmt nicht und ist wahrscheinlich auch der Grund, wieso diese Messer sehr häufig einige Wochen und Monate später wieder von ihren Besitzern verkauft werden... Da Bilder mehr sagen als 1000 Worte, mal ein Vergleich zwischen meinem Konosuke Wa-Kiritsuke und meinem Kohetsu Wa-Gyuto:
Wie man recht gut sieht, hängt die Spitze sehr tief und das Profil ist sehr flach, mit sehr wenig Bauch. Und das Konosuke ist da noch eines der bauchigeren Wa-Kiritsuke auf dem Markt. Wenigstens rein von den Photos her, würde ich die Messer von Moritaka und Tojiro z.B. als noch flacher ausgeschliffen vom Schneidprofil einschätzen. Was das in der Praxis bedeutet sollte klar sein: Wiegeschnitt ist nicht die Stärke des Kiritsuke-Profils, da man gerade bei hohem Schnittgut nicht genug Bauch hat und so schnell Gefahr läuft, die Spitze ins Brett zu bohren und schlimmstenfalls zu beschädigen.
Es ist als eher eine Kreuzung aus Nakiri und Sujhiki (analog zur Usuba-Yanagiba Kreuzung des traditionellen Kiritsuke), als ein Gyuto mit Schwertspitze. Ich greife da jetzt etwas meine eigenen Erfahrungen und auch den folgenden Abschnitt vorweg, aber aus meiner Sicht ist ein Wa-Kiritsuke primär eine Alternative für all jene Freunde der Nakiri-Form, die sich ab und zu etwas mehr Länge und vor allem eine Spitze wünschen. Wer auf der Suche nach einem echten Allrounder ist, sollte besser bei der klassischen Gyuto-Form bleiben und einen großen Bogen um ein Wa-Kiritsuke machen.
Kaufmotivation
Bevor ich gleich zur eigentlichen Vorstellung des Konosuke übergehe, möchte ich noch kurz was zu den Faktoren sagen, die letztendlich zum Kauf dieses speziellen Messers geführt haben.
güNef hat vor einigen Wochen recht treffend in der Diskussion zu meinem Kohetsu-Gyuto gesagt, daß eben jeder mit wachsender Erfahrung seine eigenen ganz speziellen Vorlieben und Ansprüche an ein Kochmesser entwickelt. Das ist natürlich gewissermaßen ein kleiner Teufelskreis, denn solange man nicht an irgendwelchen Messerzirkeln teilnimmt, sammelt man als Hobbykoch meistens seine Erfahrung über die eigenen Käufe. Mit der Gefahr eben, daß der eine oder andere Kauf sich auf lange Sicht als ein Schubladenhüter entpuppt. Bei mir sind so mit der Zeit eine ganze Reihe an Messern zusammengekommen, die nicht oder nicht mehr ganz meinen Ansprüchen genügten. Chinesische Kochmesser sind mir zu schwer & hoch. Mein Herder Nakiri ist mir manchmal mit seinen 16,5cm zu kurz... das Yoshihiro Suji hat den falschen Griff, wird aber zu selten genutzt das sich die Anschaffung eines Wa-Sujihikis lohnen würde. Naja und das Kohetsu ist eine richtige Baustelle und macht mir auf dem Brett auch vom Profil her weniger Spaß als mein geliebtes ähnlich langes Wa-Petty von Ashi.
Ein Wa-Kiritsuke in 24-27cm hatte für mich auf dem Papier folgende Vorteile (gegenüber einem 24er Gyuto):
1. Ich bin kein großer Mensch, arbeite deswegen ungerne mit dem Wiegeschnitt, also ist das weniger bauchige Profil kein wirklicher Nachteil für mich.
2. Ich arbeite gerne mit Nakiris, vermisse da aber beizeiten eine Spitze und etwas mehr Länge. Dummerweise fallen die meisten größeren Nakiris recht hoch aus (5,5cm sind da keine Seltenheit).
3. Es dürfte eine hinreichend adäquate Leistung beim Zugschnitt von Fisch&Fleisch schaffen, das es als Ersatz-Sujihiki taugt.
Kurz gesagt: Es besteht also eine nicht unrealistische Chance, daß ich mit einem Wa-Kiritsuke bei 2-3 meiner Messer entweder ganz ersetzen oder eine Aufwertung um längere Zeit hinauszögern kann. Zur Option stand dann entweder eine Maßanfertigung bei Ashi, oder der Kauf eines Konosuke. Da ich bei Ashi 6+ Monate hätte warten müssen, das Konosuke aber bei einem europäischen Händler zu einem sehr guten Preis verfügbar war, habe ich mich dann für letzteres entschieden. Der Kauf ging dann auch entgegen anderslautender Ankündigungen recht schnell von statten, da die Lagerbestände bei Konosuke und den europäischen Händlern fast erschöpft waren und auf absehbare Zeit auch nichts mehr nach-produziert werden wird.
Und damit kommen wir nun endlich zum eigentlich Testbericht....so sah das Messer übrigens jungfräulich und frisch ausgepackt aus:
Daten und Fakten
Gesamtlänge: 43 cm
Klingenlänge: 26,1 cm
Klingenhöhe am Kehl: 4,85 cm
Rückenbreite (Kehl): 2,35mm
Rückenbreite (Knick zur "Schwertspitze"): 1,5mm
Grifflänge: 15,3 cm
Griffhöhe: 2,62 cm
Griffbreite: 2,15 cm
Monostahlkonstruktion aus Shirogami 2, 61+ HRC (auf der Händlerseite stand 62-63... laut Konosuke selber wäre auch dieser Wert nicht unrealistisch, da es eben zu Abweichungen kommt)
Gewicht: 174g, behauptet meine TCM-Küchenwaage.
Schwerpunkt: 5,5cm von der Zwinge, bzw. 3,5cm vom Kehl entfernt.
Preis: 268€, aktuell aber nicht mehr lieferbar
Klingenprofil und Geometrie
Über das Klingenprofil hab ich ja schon was gesagt. Von der Geometrie her hält es, was man von einem Konosuke dieser Preiskategorie erwartet.
Ein schönes Diagramm mit Meßpunkten wird es wahrscheinlich nicht geben, da ich nach längerer Überlegung und den seltsamen Diskussionen, die wir in letzter Zeit zu Werten hinter der Wate hatten, wenig Sinn darin sehe mir diese Arbeit überhaupt zu machen. So oder so wäre das bei der Qualität meines Meßschiebers und den Widrigkeiten, die Meßpunkte überhaupt vorher erst einmal auf der Klinge millimetergenau aufgetragen und abgelesen zu bekommen, nichts mehr als gehobene Kaffeesatzleserei. Sparen wir uns also also irgendwelche Glaubenskriege, welches Messer nun dicker oder dünner hinter der Wate ist als ein Konosuke und erfreuen wir uns am Kehlbild. Letztendlich zählt eh die Performance auf dem Brett...
Verarbeitung von Klinge und Griff
Das Kiritsuke ist wie alle Konosuke, die wir bisher hier im Forum so hatten, auf extrem hohen Niveau verarbeitet. Der Klingenrücken ist sauber gerundet, ebenso der Bereich wo beim "Pinch-Grip" der Mittelfinger hingreift. Eine winzige Machi ist vorhanden, mich stört sie nicht. Zwischen Zwinge und Griffholz ist ein winziger Höhenunterschied fühlbar, der sich aber beim normalen Gebrauch in keinster Weise bemerkbar macht. Man fühlt ihn eigentlich auch nur, wenn man mit dem Finger drüberfährt. Von der Größe her empfinde ich den Griff als sehr passend gewählt. Er ist trotz meiner kleinen Hände nicht wuchtig und balanciert das Messer sehr gut aus. Bei einem kürzeren Griff läge der Schwerpunkt weiter vorne, so liegt er genau da wo mein Zeigefinger aufliegt.
Benutzung
Das Messer hatte bei Auslieferung eine sehr gute Schärfe, ich hab es aus Spaß aber am Freitag bei Krassi mal paar Züge über die 8&16k Shapton Glas Steine gejagt und anschließend auf Chromoxid-Leder abgezogen. Kopf oder Po-Rasur hab ich mir gespart, Haare in der Suppe sind auch nicht so mein Ding. Durch Tomaten ging es vor und nach der kleinen Schärfaktion problemlos durch, ich denke hier wird Krassi auch noch das eine oder andere Wort zum Schärfezustand sagen. Wie der Stahl die Schärfe hält, kann ich aktuell noch nicht zu sagen. Ich hab damit seit dem Kauf keine 20 Portionen damit zubereitet. Wenn es das nicht gepackt hätte, wäre ich auch stark verwundert gewesen...
Ich hab bisher kein Lebensmittel in meinen üblichen Gerichten gefunden, was das Messer überfordern würde. Es geht auch problemlos durch Möhren durch, hat aber eine stärkere Haftfreudigkeit was Schnittgut angeht als mein Petty. Was aber aufgrund der fast 2cm mehr Klingenhöhe bei dem Flachschliff auch nicht wirklich verwundert. Übermäßig reaktiv ist der Stahl auch nicht. Man sieht zwar das es ein Karbon und kein rostträger Stahl ist, es riecht aber weniger als meine Herder und verfärbtes Schnittgut hatte ich bisher auch keins.
Zwiebeln mag es bei der Spitze übrigens besonders gerne, man kann dank des Profils auch mit eigentlich jedem Teil der Klinge gut im Druckschnitt arbeiten, ohne dabei übermäßig aus der Schulter arbeiten, oder mit dem Arm in die Höhe gehen zu müssen. Ein US-Besitzer eines Konosuke Wa-Kiritsuke hatte das sehr passend beschrieben: Während man bei klassischen Gyutos bei der Arbeit mit dem vorderen Klingenteil den Griff in einem Winkel zum Brett führt, hat man beim Kiritsuke eher das Gefühl sich parallel zum Brett zu bewegen...so wie man es ähnlich auch bei Nakiris oder Chinesischen Kochmessern hat.
Erstes Zwischenfazit nach einer Woche
Ich bin bisher völlig zufrieden, das Messer übertrifft sogar meine Erwartungen. Wie erhofft liegt mir das Profil sehr, es macht wirklich Spaß im Druck&Zugschnitt damit zu arbeiten und es fühlt sich auf dem Brett auch nicht wie ein 26cm Messer an. Natürlich hat es etwas mehr Gewicht als mein Nakiri oder mein Petty, aber dies macht sich nicht unangenehm bemerkbar. Ich würd jetzt damit jetzt auch keinen Sack Orangen filetieren wollen, aber unhandlich empfinde ich die lange Klinge nicht.
Oder drücken wir es anders aus: Ich bin im Moment so glücklich, daß ich nicht nur dabei bin mein Herder Nakiri und das Sujihiki ersatzlos zu verkaufen, sondern das ich auch denke mich mit nur 3 guten Japanern in der Küche (+ einem Kneipchen & nem Grobian) auf längste Zeit erst einmal völlig zufrieden zu geben. Das Kohetsu werde ich zwar von Herrn Schanz noch überholen lassen, primär aber nur um es irgendwann in gutem Zustand verkaufen zu können. Eventuell -falls Interesse besteht- würde ich es vorher dem Messerzirkel für eine Testrunde zur Verfügung stellen. Das Konosuke bleibt aber hier... wer es testen will, der muß entweder zum kochen vorbeikommen oder mich zum kochen einladen.
So... genug geschrieben, die restlichen Bilder reiche ich in ein paar Stunden nach. Vorher muß ich aber erst einmal ausschlafen und aus den Unmengen an Bildern, die Krassi während unserer Kochsession am Freitag aufgenommen hat, die fürs Review passendsten raus suchen. Der wird wahrscheinlich morgen im Laufe des Tages noch seinen Senf dazu abgeben, ich glaub gut für sein Konto war mein Besuch bei ihm nicht...
EDIT: Bilder sind nun drin...
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