Das kommt davon, wenn das Forum mal drei Tage down ist...

Kübler

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Die kurze "Auszeit" des Messerforums war für mich der Anlass mein erstes Messer selbst zu bauen.


Ich möchte es hier in diesem Unterforum aus zwei Gründen vorstellen:

1. Interessieren mich die Tipps, Anmerkungen und Ratschläge der Profis und erfahrenen Messerbauer zu meinem Erstlingswerk brennend. (Ich habe für mich schon ein paar Lehren gezogen, aber mal sehen was andere sagen.)

2. Ich möchte mit diesem Beitrag jeden ermutigen, der mit dem Gedanke spielt selbst ein Messer zu bauen aber sich noch nich traut: Es ist gar nicht soooo schwer und macht vor allem riesige Freude!

(Ich habe vor 30 Jahren das letzte Mal eine Raspel in der Hand gehabt -und das war in der Grundschule als wir im Werkunterricht eine Holzmaus basteln sollten :glgl:. Gut, das Messer hat in den Asymmetrien und Toleranzen durchaus Ähnlichkeit mit der Maus von damals, aber wie heißt es so schön: Handwerk hat Seele und aller Anfang ist schwer.)


Die Theorie hatte ich mir hier aus dem Forum geholt, sowie aus den bekannten Büchern:

Steckangelmesser

Lederscheiden

Die Klinge kam fix und fertig von Jan Krauter:


a) Entwurf:
Für den Entwurf habe ich die Kontur der Klinge auf ein Blatt Papier übertragen und dann frei dazu den Griff "gestaltet". Inzwischen habe ich einen "Burmester-Satz" als Kurvenlineal, damit sollte es in Zukunft einfacher sein. Im Schreibwaren-Handel habe ich auch "flexible Kurvenlineale" gesehen. Hat damit schon jemand Erfahrungen?

Die Entwürfe habe ich dann auf Karton übertragen und ausgeschnitten. Das hat mir geholfen durch "begrapschen" schon mal heraus zu finden, welcher Entwurf mir gut in der Hand liegt. Dabei ist überraschend, das nicht alles was auf dem Papier gut aussieht, sich auch gut anfühlt.

Am fertigen Messer muss ich nun feststellen, dass die Griffform zwar sehr angenehm aber optisch irgendwie langweilig ist. :hmpf:
(Außerdem hat das Endergebnis gar nicht mehr so viel mit dem Kartonentwurf gemein. Da habe ich im Prozess noch einiges geändert.)


b) Griffmaterial
Als Griffmaterial habe ich Mooreiche verwendet, die mir Ulf Henke von FeinesHolz bei einer größeren Bestellung "extra" dazugelegt hatte. (Ich glaube es war untermaßig oder leicht fehlfarben. Für mein Erstlingswerk war es gerade recht. Die ganzen anderen Hölzer, die ich eigentlich bestellt hatte liegen jetzt in der Schublade. Die waren mir fürs "erste Mal" zu schade...:rolleyes:)

Als "Elfenbeinersatz" habe ich Taguanuss verwendet. Lies sich kinderleicht bearbeiten. Wie es dem rauhen Alltag trotzen wird, wird sich zeigen. Hat dazu schon jemand Erfahrungen gemacht?

Das vordere Abschlusselement aus Taguanuss habe ich mit Raspel, Feile und Schleifpapier grob in From gebracht. Anschließend auf die Mooreiche übertragen und diese ebenfalls nur grob in Form gebracht.

Das Loch für den Erl habe mit einer eigens angeschafften Ständerbohrmaschine und extra langen Spiralbohrern "unterkalibrig" vorgebohrt und anschließend mit Nadelfeilen und Bohrsäge angepasst.


c) Hochzeit

Zwischen Taguanuss und Mooreiche habe ich noch eine Lage weißes Fiber eingefügt. Nicht zuletzt, weil die Spaltmaße für direktes aneinader fügen nie gepasst haben :(
Verklebt wurden Griff und Steckangel mit Uhu-Endfest 300. Dabei habe ich mich weitestgehend an die Tipps vom Mikromeister gehalten: Richtig Kleben

Die Klinge habe ich zum Schleifen des Griffes mit Kreppklebeband verklebt. Den griff selbst habe ich zunächst mit Raspel, verschiedenen Feilen, 80er und 120er Schleifleinen in Form gebracht. Anschließend ein Stück Tagua als Endstück draufgeklebt. (Dieses Epoxydharz ist ein Teufelszeug :teuflisch ) und den Griff mit Schleifleinen in die endgültige Form gebracht.
Mich ärgert ein wenig, dass ich hier keinen Fiber dazwischen habe. Ich hatte hier dem Kleber nicht vertraut und deshalb auf dei Fiber-Zwischenlage verzichtet. Mach ich das nächste Mal vielleicht anders.


d) Scheide

Bei der Scheide wollte ich einen Holzkern haben. Eine perfekte Anleitung dazu gibt es hier.
Für den Holzkern habe ich abweichend von der Anleitung (geeignetes Pappelholz habe ich nirgendwo gefunden) Lindenholz verwendet. Das wird sonst gerne zum Schnitzen verwendet, läßt sich also sehr einfach verarbeiten und sit ausreichend weich um die Klinge später nicht zu zerkratzen.

Ich habe mir eingebildet unten aus der Scheide noch einmal ein Stück Taguanuss aus dem Leder "spitzeln" lassen. Das entsprechende Stück habe ich einfach auf den fertigen Holzkern aufgeklebt (richtig: Epoxy-Teufelszeug :teuflisch) und grob in Form gebracht.

Für die Scheide habe ich bereits schwarz gefärbtes Blankleder verwendet. Das hatte ich samt Lederwerkzeug von Rickert. Wer mal nach Berlin kommt, für den kann ich auch den Ledergroßhandel "Leder-Schmidt" in Spandau empfehlen. Ein wahres Leder-Eldorado. Dort gibt es zu günstigen Konditionen auch "Kleinmengen" für den Direktabnehmer.

Für den Entwurf der Lederscheide war meine Idee mit der unten rausschauenden Taguanuss natürlich die Hölle. Daran habe ich lange gebastelt und bin letztendlich froh, dass ich das Lederstück zwischendrin nicht verwerfen musste. Das jetzt so ein "eckiges" Scheidendesign rausgekommen ist war Zufall und ist meiner Unerfahrenheit geschuldet. Mir gefällt es aber inzwischen ganz gut.:steirer:

Bis ich raushatte, wie der Punzierstempel richtig verwendet wird, war die Rückseite der Scheide schon "versaut". Vorne sicht es ganz brauchbar aus.


e) Finish

Den Griff habe ich mit immer feiner werdenden Schleiflleinen (bis 220er) und anschließend mit "MicroMesh" bis 8000er "gefinished".
Besonders die Taguanuss läßt sich so sehr schön polieren.:hehe:
Die Mooreiche wurde abschließend mit Schaftöl eingölt.
Noch die Klinge geschärft, nun ist es fertig!


f) Fazit
- Uhu-Endfest ist Teufelszeug :teuflisch
- Mit Raspeln, einem Satz Feilen und genug Schleifleinen braucht man nicht viel Werkzeug um ein Messer zu bauen
- Für das Werkzeug und Zubehör, das man immer noch braucht könnte man sich viele schöne Messer vom Messermacher leisten
- Taguanuss sieht poliert aus wie Elfenbein
- Erst denken, dann punzieren.
- Insgesamt mehr Zeit lassen, dann wird es auch ordentlicher.
- Handgmemachte Messer haben Seele
- Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
 

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Respekt! :super:

Viele Erstlingswerke sehen da gaaaanz anders aus. :D

Und Du hast Dich gleich an 2 Dinge herangewagt: Griff und Scheide!

2 Details, die mir aufgefallen sind:

1. Griff: Ein Griff wird m.E. ergonimischer, wenn die Dicke variiert. Da gibt es mehrere Varianten. (dicker Anfang-dünn-dickes Mittelteil-dünn dickes Ende, dünner Anfang-dickeres Mittelteil-dünnes Ende, ect.)

2. Scheide: Mit Einlagen auf der Seite der Schneide schützt man zum Einen das Garn vor Schnitten und zum Anderen kann man zum Griff hin immer dicker werden, sodaß der Scheidenmund nicht so weit offen stehen bleiben muss. Dann noch das Leder nass anformen und das Messer sitzt.
 
Ich wußte genau, dass so etwas passiert, wenn das Forum mal aus ist.
Die Geburtenrate steigt, die Scheidungsrate sinkt und es gibt haufenweise selbstgemachte Messer zu bestaunen

Du hast die forenfreie Zeit wahrlich gut genutzt:super:.
Vielleicht sollte pitter öfter mal ne Pause einlegen:livid:

cheerio Excalibur
 
Hallo erny.

siehst Du, genau das meinte ich. Vielen Dank für Deine Tipps.

zu 1.) Ich gebe ehrlich zu, die "Dreidmensionalität" des Griffdesigns hat mich beim ersten Mal etwas überfordert. Ich habe die Möglichkeit auch über die Längsachse die Griffdicke zu modellieren schlichtweg nicht genutzt.
Der Anfang des Griffes ist etwas zu dick und dafür ist die Stelle wo der Griffg genau in der Mitte der Handfläche liegt etwas zu dünn. Hier braucht es für ein richtig ergonomisches Design einen "kleinen Bauch" (am Messer, nicht am Körper:p)

zu 2.) Die Scheide war beim Anformen praktisch trocken, kaum noch feucht. Nachdem das Messer durch den Holzkern und den relativ engen Scheidnmund schon "gut saß" habe ich auf ein feuchtes Anmodellieren der Scheide verzichtet.
Hätte ich den Holzkern zum Scheidenmund breiter werden lassen, hätte ich mehr Freiraum gehabt um das Leder feucht an den Griff anzupassen. Wahrscheinlich würde das auch gut aussehen.

Meinst Du es mach Sinn im Nachhinein noch zu versuchen den oberen Teil der Scheide anzumodellieren. Evtl. auch mit Soda? ICh habe halt Bedenken, dass ich entweder die Punzierung versaue oder das Messer dann so stramm im Leder sitzt, dass es schwer zu ziehen ist.

Wahrscheinlich hätte ich dann auch höher nähen müssen und dafür mehr Material am Scheidenmund gebraucht, oder?

Beste Grüße und nochmals Danke für die Hilfe.
 
Hi,

ich frage mch gerade, wie lange das Forum offline war. Hast Du 28-Stunden-Tage gemacht? Respekt für das Erstlingswerk.

Auch wenn ich nicht erny bin: Ja, mit einem nachträglichen Nassformen wird die Prägung leiden.

Flexible Kurvenlineale: Finde ich ideal für die Entwurfsarbeit auf Papier. Allerdings kenne ich die aus dem Link nicht, sondern nur alte Modelle mit Bleikern. Ich gehe aber mal davon aus, dass man auch mit den Bleifreien erst einmal "rumbiegen" kann, bevor der erste Strich dann schon sehr nahe an der Endform ist.

Und noch ein grundsätzlicher Tipp: Arbeite mit Prototypen. Für den Griff und den Holzkern der Scheide bietet sich z. B. Styropor an. Dann hast Du in der Findungsphase viel Spielraum und brauchst den 3D-Entwurf nur noch in Holz nach zu formen.

Gruß
Reiner
 
Servus Reiner,

das nachträgliche Nassformen der Scheide fällt also aus. Ich werde evtl. den Scheidenmund mit drei bis vier Stichen Sattlernaht weiter schließen. Das Material gibt das her.

3D-Modell klingt gut. Das Polystyrol muss aber zeimlich kleinzellig sein um noch gut bearbeitbar zu sein,oder? Wo nimmst Du das her, normales Styropor aus Verpackungsmaterial? Wie gestaltest Du die Form im Styropor. Nur mit dem Messer?

Gruß,

Kübler
 
Hi,

Verpackungsmaterial - vorzugsweise die Kantenschoner von Elektrogeräten - hat genau die richtige Dichte. Als Werkzeug reichen Cutter, feine Raspel und wenn Du ein gewisses Finish willst zusätzlich Schelifpapier. Aber Achtung, Raspeln und Scleifen gibt eine schöne Sauerei. Am besten führst Du diese Arbeitn im Freien aus. Es ist unglaublich, wo sich elektrosttisch aufgeladens Polystyrol überall festsetzen kann.

Gruß
Reiner
 
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