güNef
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Servus,
wer nur konventionelle Kochmesser mag und geometrische Kniffe an einer Klingenflanke hässlich findet, ist hier mal absolut falsch und braucht nicht weiterzulesen.
Für alle anderen kann ich endlich mal wieder über ein Messer ausgefreakt schreiben, weil es für Kochmesserfreaks gemacht wurde, ohne Rücksicht auf optische Konventionen der Klinge. Ein lustvolles Experiment eines messermachenden Geofreaks, der Wege begeht, die andere nicht mal kennen. Das Messer war kein Auftrag sondern ein Spielerei um nicht zu sagen eine Fingerübung mit Griffmaterialien ( Kaffeesack ) und einer besonderen Klingengeometrie wie ich sie nie zuvor in der Hand hatte. Da wurde gedremelt und geschliffen, ohne auf das Finish der Flanken zu achten, geschweige den eines zu vollenden. Die Oberflächen der Flanken sind roh und räudig und bei diesem Messer völlig nebensächlich. Als das Messer zum ersten mal gezeigt wurde, habe ich Mike sofort angeschrieben und deponiert das ich das Ding haben muss, das ist meine Welt, eine abgedrehte Klingengeometrie, ein Griff aus Kaffeesack, eine coole Linie und eine Klinge in Mad-Max Optik als Programm, wer braucht da schon ein cleanes Flankenfinish, wenn das Teil einen „anderen“ Schnitt prophezeit, als ich bisher gewohnt war.
Dann der Schock, ein anderer war schneller, das Messer war weg und wird so nie wieder reproduzierbar sein. Mann, was ein Jammer für mich. Ein paar Monate später schreibt mich der damalige Käufer an, erklärt mir, er hätte bei Mike angefragt, ob es ausser ihm selbst damals noch andere Interessenten gab und voila, Mike gab den entscheidenden Tipp und ich wurde mir sofort mir dem Besitzer einig und jetzt ist das Messer dort wo es immer schon hätte sein sollen, nämlich bei mir.
Ja, und jetzt braucht ich mich nix pfeifen und auch nicht sachlich an die Sache rangehen, weil es das Ding so nicht zu kaufen gibt und daher kann ich mich jetzt austoben und schreiben wie ich das Ding wahrnehme ohne auf Übertreibungen zu achten, weil das Messer eigentlich ein einzige geometrische Übertreibung ist.
Bevor ich beginne meine Eindrücke zu schildern, ein paar Geo-Bilder, ganz gegen meine übliche Gepflogenheit zuerst das ganze Messer zu präsentieren.
Kehlshot:
Flanken links:
Flanke rechts:
Die Bilder sind eigentlich selbsterklärend, die HK ist an der tiefsten Stelle nur 0,65mm Dick. Die Pfeilspitze ist an der dicksten Stelle 1,15mm. Die HK beginnt ca 6mm über der Schneide, also ideal effektiv, von der Schneide ( an der Wate 0,11mm ) nach 6mm keilt das ballig geschliffen auf 1,15mm hoch um dann praktisch zu enden. Der FR-Effekt ist dem entsprechend enorm, erreicht für mich eine neue Bestmarke und der gefühlte Schnitt ist „anders“ als alles was ich bisher hatte. Die Kürze der Keilwirkung ist abgefahren, weil nach dem überwinden der Pfeilspitze das Messer praktisch „leer“ läuft. Keine Haftung an der Flanken, keine Reibung, kein gleiten an den Flanken, kein saugen, kein kleben. Und das über die gesamte Flanke und die ballige Spitze ist überhaupt das ungewöhnlichste was man sich vorstellen kann, da knapp vor der Spitze praktisch alle Messer flach geschliffen sind um sie möglichst dünn und leicht einschneidend zu gestalten. Es geht aber auch anders. Das provoziert ein neues, mir davor unbekanntes Schneidgefühl, das mir unglaublichen Spaß macht. Schmackes ist angesagt um über den Punkt zu kommen, mit gleitendem Leichtschnitt wie „der Grieche“ von Uwe Mattern ihn demonstriert, hat das nichts zu tun. Dennoch braucht man erstaunlich wenig Druck, zumindest weniger als man erwartet, wenn man die Pfeilspitze anschaut, Wenn man dann damit schneidet begleitet ein „lautes Raaatsch“ bei Möhren jeden Schnitt. Zwiebel schneidet die ballige Spitze unerwartet locker leicht ein und selbst klein geschnittener Zwiebel klebt nicht wie gewohnt vollflächig an der rechten Flanke, auch hier merkt man einen Unterschied in der anhaftenden Menge. Es klebt deutlich weniger als an konventionellen Flanken
Jetzt das Messer:
Der Griff hat eine unglaubliche optische Tiefe:
Taper:
Mein "konventionelles" Gyuto von Mike, auch mit Coffeebaghandle zum Vergleich:
Jetzt mal zu den technischen Specs:
Gesamtlänge sind 397mm, davon entfallen 253x49,5mm auf die Klinge, davon wiederum scharf sind ca. 230mm. Der Rücken ist schön massiv. Am Griff stehen die 5mm Ausgangsmaterial fast komplett an, gerundet, versteht sich von selbst. Danach beginnt der Taper und geht zur Mitte der Länge runter auf 3,3mm, dann kommt ein etwas größerer Sprung und es geht weiter allmählich dünner werdend. Ganz vorne stehen dann knapp unter 0,50mm am Display vom Messschieber
Das Messer ist jetzt keinesfalls ein Laser, hat durch die prägnante Geometrie eher etwas Reserven, so dass man sich keine Sorgen machen muss, das die Spitze flöten geht oder irgend etwas ausbricht. Insgesamt schneidet das aber schon ordentlich und macht extrem Spaß. Die Hohlkehlen sind nicht auf ein optimal sauberes Finish getrimmt, schaut mehr nach einem Versuch aus, aber dafür sind die Ausformungen extrem ausgeprägt und hauen einen Foodrelease raus, das einem der Mund offen steht. Gewicht ist 206g. Stahl ist 1.2519.Die Härte liegt bei 63 HRC.
Zum Abschluss noch ein paar vergleichende Bilder mir anderen HK-Konzepten, bzw. S-Grind Flanken:
Mike:
Scheepersbuild:
Dalman:
Kehlshots:
Fast in die Flanke integriert ist das Konzept von Robin Dalman, daher ist die Wirkung, verglichen mit den beiden anderen Konzepten mehr homöopathischer Natur, als wirklich wirksam. Mein bis dato bestes FR-Messer kommt von Luke Scheepers. Die Kombination von klar definierter HK und gefrästen Stegen innerhalb der HK wirkt um ein vielfaches besser, als das Konzept von Dalman. Noch einmal gesteigert ist die Auswirkung auf eine Schnittgutfreisetzung durch das Konzept von Mike. Die Kontakt/Gleitflächen der Klinge sind auf zwei schmale Streifen entlang der Flanken reduziert, es gibt keine großflächigen Kontakte mehr, wie von üblichen Flanken gewohnt. Es ist die prägnanteste aller Hohlkehlen, die ich bis jetzt hatte und das über fast die ganze Länge der Klinge und die ballige Ausformung der Pfeilspitze, verglichen mit dem flachen V von Scheepers und der überhaupt nicht wahrnehmbaren von Dalman ist charakteristisch für diese Geometrie.
Und das zeigt Wirkung. Sowohl im gefühlten Schneiden, wie auch in der Freisetzung von Schnittgut. Erklären kann man das Verhalten der Klinge schwer, das muss man vergleichend erlebt haben um zu erfassen was ich zu beschreiben versuche.
Noch ein paar Gedanken dazu:
Ich würde dieses Konzept noch insofern steigern wollen, indem ich „Feather_Fräsungen“ auf dem oberen „Kontaktstreifen“ einsetzen würde. Das würde den Gesamtkontakt/Reibung zu den Flanken nochmal reduzieren. Die Pfeilspitzenform lässt sich auch individuell bearbeiten, macht man sie weniger brachial, schneidet das Messer leichter, man verringert damit aber wieder die Tiefe der HK und die Wirkung der Verdrängung. Letzte Feinheiten kann man je nach Vorliebe noch justieren, wenn man es kann.
Wenn das idealste Verhältnis/der beste Kompromiss gefunden wurde, dann kann man sich an ein reproduzieren in gefälligerer Optik wagen, sowas wird wohl nur mit CNC-Konzept umsetzbar sein.
Nur wenn interessiert das, ausser ein paar Geo-Freaks wie mich? 🤔
Ich erfreue mich jetzt erstmal an dem Messer und lerne weiter, wie sich verschiedenen HK-Konzepte positiv auf das Schneiden von Lebensmittel auswirken.
Gruß, güNef
wer nur konventionelle Kochmesser mag und geometrische Kniffe an einer Klingenflanke hässlich findet, ist hier mal absolut falsch und braucht nicht weiterzulesen.
Für alle anderen kann ich endlich mal wieder über ein Messer ausgefreakt schreiben, weil es für Kochmesserfreaks gemacht wurde, ohne Rücksicht auf optische Konventionen der Klinge. Ein lustvolles Experiment eines messermachenden Geofreaks, der Wege begeht, die andere nicht mal kennen. Das Messer war kein Auftrag sondern ein Spielerei um nicht zu sagen eine Fingerübung mit Griffmaterialien ( Kaffeesack ) und einer besonderen Klingengeometrie wie ich sie nie zuvor in der Hand hatte. Da wurde gedremelt und geschliffen, ohne auf das Finish der Flanken zu achten, geschweige den eines zu vollenden. Die Oberflächen der Flanken sind roh und räudig und bei diesem Messer völlig nebensächlich. Als das Messer zum ersten mal gezeigt wurde, habe ich Mike sofort angeschrieben und deponiert das ich das Ding haben muss, das ist meine Welt, eine abgedrehte Klingengeometrie, ein Griff aus Kaffeesack, eine coole Linie und eine Klinge in Mad-Max Optik als Programm, wer braucht da schon ein cleanes Flankenfinish, wenn das Teil einen „anderen“ Schnitt prophezeit, als ich bisher gewohnt war.
Dann der Schock, ein anderer war schneller, das Messer war weg und wird so nie wieder reproduzierbar sein. Mann, was ein Jammer für mich. Ein paar Monate später schreibt mich der damalige Käufer an, erklärt mir, er hätte bei Mike angefragt, ob es ausser ihm selbst damals noch andere Interessenten gab und voila, Mike gab den entscheidenden Tipp und ich wurde mir sofort mir dem Besitzer einig und jetzt ist das Messer dort wo es immer schon hätte sein sollen, nämlich bei mir.

Ja, und jetzt braucht ich mich nix pfeifen und auch nicht sachlich an die Sache rangehen, weil es das Ding so nicht zu kaufen gibt und daher kann ich mich jetzt austoben und schreiben wie ich das Ding wahrnehme ohne auf Übertreibungen zu achten, weil das Messer eigentlich ein einzige geometrische Übertreibung ist.
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Kehlshot:
Flanken links:
Flanke rechts:
Die Bilder sind eigentlich selbsterklärend, die HK ist an der tiefsten Stelle nur 0,65mm Dick. Die Pfeilspitze ist an der dicksten Stelle 1,15mm. Die HK beginnt ca 6mm über der Schneide, also ideal effektiv, von der Schneide ( an der Wate 0,11mm ) nach 6mm keilt das ballig geschliffen auf 1,15mm hoch um dann praktisch zu enden. Der FR-Effekt ist dem entsprechend enorm, erreicht für mich eine neue Bestmarke und der gefühlte Schnitt ist „anders“ als alles was ich bisher hatte. Die Kürze der Keilwirkung ist abgefahren, weil nach dem überwinden der Pfeilspitze das Messer praktisch „leer“ läuft. Keine Haftung an der Flanken, keine Reibung, kein gleiten an den Flanken, kein saugen, kein kleben. Und das über die gesamte Flanke und die ballige Spitze ist überhaupt das ungewöhnlichste was man sich vorstellen kann, da knapp vor der Spitze praktisch alle Messer flach geschliffen sind um sie möglichst dünn und leicht einschneidend zu gestalten. Es geht aber auch anders. Das provoziert ein neues, mir davor unbekanntes Schneidgefühl, das mir unglaublichen Spaß macht. Schmackes ist angesagt um über den Punkt zu kommen, mit gleitendem Leichtschnitt wie „der Grieche“ von Uwe Mattern ihn demonstriert, hat das nichts zu tun. Dennoch braucht man erstaunlich wenig Druck, zumindest weniger als man erwartet, wenn man die Pfeilspitze anschaut, Wenn man dann damit schneidet begleitet ein „lautes Raaatsch“ bei Möhren jeden Schnitt. Zwiebel schneidet die ballige Spitze unerwartet locker leicht ein und selbst klein geschnittener Zwiebel klebt nicht wie gewohnt vollflächig an der rechten Flanke, auch hier merkt man einen Unterschied in der anhaftenden Menge. Es klebt deutlich weniger als an konventionellen Flanken
Jetzt das Messer:
Der Griff hat eine unglaubliche optische Tiefe:
Taper:
Mein "konventionelles" Gyuto von Mike, auch mit Coffeebaghandle zum Vergleich:
Jetzt mal zu den technischen Specs:
Gesamtlänge sind 397mm, davon entfallen 253x49,5mm auf die Klinge, davon wiederum scharf sind ca. 230mm. Der Rücken ist schön massiv. Am Griff stehen die 5mm Ausgangsmaterial fast komplett an, gerundet, versteht sich von selbst. Danach beginnt der Taper und geht zur Mitte der Länge runter auf 3,3mm, dann kommt ein etwas größerer Sprung und es geht weiter allmählich dünner werdend. Ganz vorne stehen dann knapp unter 0,50mm am Display vom Messschieber
Das Messer ist jetzt keinesfalls ein Laser, hat durch die prägnante Geometrie eher etwas Reserven, so dass man sich keine Sorgen machen muss, das die Spitze flöten geht oder irgend etwas ausbricht. Insgesamt schneidet das aber schon ordentlich und macht extrem Spaß. Die Hohlkehlen sind nicht auf ein optimal sauberes Finish getrimmt, schaut mehr nach einem Versuch aus, aber dafür sind die Ausformungen extrem ausgeprägt und hauen einen Foodrelease raus, das einem der Mund offen steht. Gewicht ist 206g. Stahl ist 1.2519.Die Härte liegt bei 63 HRC.
Zum Abschluss noch ein paar vergleichende Bilder mir anderen HK-Konzepten, bzw. S-Grind Flanken:
Mike:
Scheepersbuild:
Dalman:
Kehlshots:
Fast in die Flanke integriert ist das Konzept von Robin Dalman, daher ist die Wirkung, verglichen mit den beiden anderen Konzepten mehr homöopathischer Natur, als wirklich wirksam. Mein bis dato bestes FR-Messer kommt von Luke Scheepers. Die Kombination von klar definierter HK und gefrästen Stegen innerhalb der HK wirkt um ein vielfaches besser, als das Konzept von Dalman. Noch einmal gesteigert ist die Auswirkung auf eine Schnittgutfreisetzung durch das Konzept von Mike. Die Kontakt/Gleitflächen der Klinge sind auf zwei schmale Streifen entlang der Flanken reduziert, es gibt keine großflächigen Kontakte mehr, wie von üblichen Flanken gewohnt. Es ist die prägnanteste aller Hohlkehlen, die ich bis jetzt hatte und das über fast die ganze Länge der Klinge und die ballige Ausformung der Pfeilspitze, verglichen mit dem flachen V von Scheepers und der überhaupt nicht wahrnehmbaren von Dalman ist charakteristisch für diese Geometrie.
Und das zeigt Wirkung. Sowohl im gefühlten Schneiden, wie auch in der Freisetzung von Schnittgut. Erklären kann man das Verhalten der Klinge schwer, das muss man vergleichend erlebt haben um zu erfassen was ich zu beschreiben versuche.
Noch ein paar Gedanken dazu:
Ich würde dieses Konzept noch insofern steigern wollen, indem ich „Feather_Fräsungen“ auf dem oberen „Kontaktstreifen“ einsetzen würde. Das würde den Gesamtkontakt/Reibung zu den Flanken nochmal reduzieren. Die Pfeilspitzenform lässt sich auch individuell bearbeiten, macht man sie weniger brachial, schneidet das Messer leichter, man verringert damit aber wieder die Tiefe der HK und die Wirkung der Verdrängung. Letzte Feinheiten kann man je nach Vorliebe noch justieren, wenn man es kann.

Nur wenn interessiert das, ausser ein paar Geo-Freaks wie mich? 🤔
Ich erfreue mich jetzt erstmal an dem Messer und lerne weiter, wie sich verschiedenen HK-Konzepte positiv auf das Schneiden von Lebensmittel auswirken.
Gruß, güNef