Ein Trio Gemüsemesser oder warum sich manchmal Aufwand lohnt

Taperedtang

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Hallo,

derzeit beschäftige ich mich mit dem Bau von Küchenmessern für die Familie. Das erste fertiggestellte Projekt sind drei Gemüsemesser für meine Frau. Ihr Wunsch war ein Gemüsemesser, das sich nicht hinter den Gemüsemessern der renommierten Hersteller verstecken muss, also mindestens die gleiche Leistung bringen soll. Das ist natürlich eine Herausforderung, die nicht ganz einfach zu bewältigen ist. Im Lastenheft steht, rostträge Klinge, Griff nicht aus Holz und pflegeleicht, sowie eine dünne Klinge, die hervorragend schneidet.

Bei der Stahlauswahl habe ich mich für den 14C28N entschieden, da er gut rostträge und ziemlich zäh ist. Zusätzlich habe ich mich für einen Stahl entschieden, der eigentlich bei Küchenmessern eher selten anzutreffen ist, den N690. Diese Entscheidung hatte einen praktischen Hintergrund, da ich noch ein 1,5 mm dünnes Stück N690 verfügbar hatte. Den 14C28N musste ich von 2,5 mm Stärke auf die gewünschte Stärke von 1,1 und 1,3 mm planschleifen. Somit hatte ich drei Klingen mit den Stärken von 1,1 , 1,3 und 1,5 mm verfügbar.

Als Griffmaterial habe ich Kirinite gewählt, da es unempfindlich ist, leicht zu reinigen ist und kein Wasser aufnimmt. Zuordnung der Griffschalen zu den Klingen: Grün - N690 1,5 mm, Blau - 14C28N 1,3 mm, Violett - 1,1 mm.
Gesamtlänge: ca. 19 cm Klingenlänge: ca. 8,5 cm Griffstärke: ca. 13 mm.

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Die Wärmebehandlung habe ich mit folgenden Parametern selbst durchgeführt: Austenitisieren der Klingen bei 1070° C, die Klingen waren in Härtefolie verpackt. Die Ofenzeit für die beiden 14C28N Klingen betrug 8 min., die für die N690 Klinge 15 min.. Abgeschreckt habe ich in Durixol 25 das auf 60° C erwärmt war. Alle Klingen wurden bei 180° C für 2 x 1 h angelassen.

Nachdem Herbert die Härte der Klingen geprüft hatte, habe ich über die Ergebnisse nicht schlecht gestaunt. Die beiden 14C28N Klingen lagen im Durchschnitt bei 63° HRc und die N690 Klinge sogar bei 64° HRc! Ich vermute, dass die hohen Werte mit der dünnen Stärke der Klingen und der, aufgrund der verwendeten Härtefolie um 20° C erhöhten Temperatur, verursacht wurden.

Ich habe mit einem Cubitron II Korn 150 begonnen die gehärteten Klingen in Verbindung mit Wasserkühlung zu schleifen. Obwohl die Klingen mit 1,1 1,3 und 1,5 mm nicht gerade dick sind, ging der Materialabtrag nur langsam aber stetig voran. Die N690 Klinge war etwas schwerer zu schleifen als die 14C28N Klingen.

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Bezüglich der Klingengeometrie war ich ziemlich experimentierfreudig. Die Klingen haben jetzt folgende Schneidenstärken: Die beiden 14C28N Klingen 0,10 und 0,15 mm. Die N690 Klinge hat eine Schneidenstärke von 0,20 mm. Bei der N690 Klinge bin ich bewusst nicht unter die 0,20 mm gegangen, da der Stahl nicht besonders zäh ist. Ich bin gespannt, ob die Klinge trotzdem gut funktioniert. Alle Klingen sind durchgängig nagelgehend, die N690 Klinge nur gerade so. Die 14C28N Klingen sehr deutlich.

Hier wird deutlich wie dünn die Klingen sind. Die obere Klinge ist 3 mm stark.

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Zum finishen habe ich mit 240er Schleifleinen begonnen zu schleifen, dann mit 400er und 600er fortgesetzt. Abschließend habe ich mit Korn 800 satiniert. Schleifaufwand je Klinge ca. 1 h. Geschärft habe ich mit meinem Lansky-Set mit Diamantplatte. Mit diesen filigranen Klingen wollte ich nicht an die Tormek gehen. Abschließend habe ich noch auf dem Leder mit Sic-Paste abgezogen. Die Schärfe ist ausgezeichnet.

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Für mich war es interessant festzustellen, dass es beim Finishen kaum Unterschiede zwischen dem N690 (64° HRc) und dem 14C28N (63° HRc) gab. Ich hatte vermutet, dass der N690 aufgrund seiner Legierung deutlich schwieriger zu bearbeiten ist. Ich hätte auch nicht gedacht, dass sich der 14C28N mit 63° HRc um so viel schwerer bearbeiten lässt als mit 59° - 60° HRc, da liegen Welten dazwischen.

Hier noch einige Bilder.

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Die Gemüsemesserklingen aus 14C28N sind wirklich Laser geworden, die sich auch vor renommierten Marken nicht verstecken müssen. Die N690 Klinge schneidet auch ausgezeichnet und ist mit einer Schneidenstärke von 0,2 mm auch für etwas belastentere Arbeiten geeignet. Bis jetzt habe ich bei „normalen“ Schneidarbeiten keine Ausbrüche feststellen können.

Die Frage, die sich stellt ist, macht es Sinn so viel Arbeit in ein Gemüsemesser zu investieren, obwohl es ganz hervorragende Gemüsemesser für 10 – 15 € im Fachhandel gibt? Ich antworte klar mit ja! Nicht aus wirtschaftlichen Gründen (die Herstellungskosten betragen das 2 bis 3-fache, Arbeitszeit nicht gerechnet), aber ich finde ein individuelles Gemüsemesser, mit einem Stahl, den man bezüglich der Klingengeometrie an seine Grenzen bringt, einfach toll. Wenn ausreichend Erfahrungswerte mit der Nutzung der Messer gesammelt sind, teile ich die Ergebnisse, sobald ich Zeit dazu habe, mit.

Gruß
Matthias
 
Servus,

sehr hübsches und cleanes Trio. Einfach gut gemacht. Das Grüne gefällt mir besonders und mittelspitz ist einfach universell. Kann man unbekümmert liegen lassen, wenn man mal schnell aus der Küche muss und im Garten mit einem Teller voll Obst ideal.

Gruß, güNef
 
wie schärft man am besten solche messer. mit einem bankstein oder einem stab? so oder so würde sich eine konkavität in Griffnähe ausbilden (und später auch den Bankstein in leidenschaft ziehen).

naja nicht mein problem
 
Sind ja wirklich sehr schön geworden. Lastenheft übererfüllt, würde ich mal sagen, und die Lestungsdaten sind hervorragend. Ich hatte die Klingen ja im gehärteten bei mir und war sehr angetan. Aber mit den tollen Griffen natürlich richtig gut.
Wie schon an anderer Stelle gesagt: bringt Sonne in die Küche.
 
@kreisl
Das Schärfen war mit meinem Lansky-Set und Diamantplatte, trotz der flexiblen Klingen, kein Problem. Da die Klingen relativ kurz sind, kann man bei mittig eingespannten Klingen, bei nur leichtem Druck, sehr gute Ergebnisse erzielen.

@herbert
Danke, für das Lob! Ich bin mit dem Ergebnis auch sehr zufrieden.

@güNef
Danke, freut mich sehr, dass Dir die Messer gefallen.

Gruß
Matthias
 
Ein wie immer klasse Entstehungsbericht, Matthias, zu drei überaus sympathischen Schneidfreunden (y)
Ich weiß nicht, wie es sich sonst verhält, aber meine mit Abstand am meisten genutzten Messer sind meine beiden kleinen Herder Schäl- bzw. Universalmesser.
Allein daher lohnt sich der Aufwand schon aus meiner Sicht; von der Individualität ganz abgesehen.

Beste Grüße
carrot
 
@carrot
Danke! Mir geht es genau so, die in der Küche meist genutzten Messer sind die kleinen Schnippler, da sie sehr vielseitig eingesetzt werden können. Zuerst dachte ich, das ist Wahnsinn so viel Zeit für diese "Messerchen" einzusetzen. Inzwischen sehe ich das anders, jede eingesetzte Stunde hat sich gelohnt! Der ganze Herstellungsprozess hat mich wieder ein Stück weitergebracht. :D::

@agentdan
Danke!

Gruß
Matthias
 
@Taperedtang Einmal mehr eine tolle Arbeit. Vielen Dank für deinen Bericht.

Ich denke, dass du mit diesen Messern deiner Frau eine grosse Freude gemacht hast. Diese Messer kann man nicht kaufen, die hat nur sie und erst noch nach ihren Wünsche gefertigt. Einfach toll.

Hier ein Foto von einem Bücherwurm, von meiner Frau für mich gehäkelt. So was Kleines, doch ich habe grosse Freude daran. Auf dem Foto habe ich noch ein Messer dazu gelegt, damit es nicht ganz OT ist.
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Ich wünsche euch allen einen schönen Abend.

Gruss Ulli
 
Deine Reviews lesen sich immer sehr interessant und sind auch durch die Fotos sehr gut dokumentiert. 👍
Mit diesen tollen Schnibbelschätzchen hast Du nicht nur Deiner Familie eine eine Freude gemacht, sondern auch Dir selbst und zusätzlich neue Erkenntnisse gewonnen, die Dir bei Deiner Messermacherleidenschaft von Vorteil sind.
Klasse Projekt erfolgreich gestaltet! 😎👌
 
Hallo Matthias,
Drei erstklassige Schnibbler, wie nicht anders von dir zu erwarten! „Lohnt sich das?“, ist sicher nur eine rhetorische Frage. Denn abgesehen von weiteren Erfahrungen, sind die selbst erstellten Messerchen doch Teil von Persönlichkeit und insgesamt unserer Individualität. Wären wir alle mit rationalem Solinger Standard zufrieden, gäbe es weder dieses Forum noch unser Hobby! Ich folge deinem Resümee: Es lohnt sich!

Burghard
 
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